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Venezuela, ...

Freitag, 20.09.2013
Sonnenaufgang. Unter Genua und Grosssegel "rauschen" wir mit 5kn Venezuela entgegen. Vor gut einem Jahr hatte sich Frieda aus dem guten, alten Chaco (Paraguay) gewundert, warum wir hierher wollen. "Chavéz steht dann am Strand und empfängt euch", meinte sie lachend. Tja, ist ja nun eher unwahrscheinlich. Mal sehen, wer und was uns jetzt erwartet ;) Die Islas Los Testigos sind schon am Horizont auszumachen, weit und breit kein weiteres Boot. Die Schleppangel ist draussen - hoffen wir mal, dass das nicht wieder nur Badespass für den Köder wird. - 12 Uhr. Unser Anker rassAnkern vor Isla Iguanaelt mitsamt der (immer noch alten!!) Kette ins klare, grüne Wasser vor der Isla Iguana. Kleine Häuser, bunte Fischerboote, Palmen, ein grösseres Gebäude und ein knallblauer Iglu der ESGCLT, "Estacion Secundaria Guarda Costa Los Testigos". Kein Empfangskomitee am Strand. Bei der Guarda Costa wollen wir uns anmelden, müssen dazu allerdings erst das Dingi los tüddern und runterlassen, AB anbauen und vor allem DUSCHEN (kann man ja keinem anbieten ;) Sind beinah fertig (sitze noch nackig mit Handtuch rum), da kommt ein Boot längsseits. Doch Empfangskomitee? Ein wichtig aussehender Uniformierter weist uns darauf hin, dass wir ins oficina zu kommen hätten. "Si, solo 10 minutos." Sind ja schon fast unterwegs! ... Das Büro ist leider nicht im Iglu. Wir werden von netten, jungen Männern erwartet, die sehr gewissenhaft alle Daten in ihr Formblatt eintragen. Einer sagt an, der andere schreibt. Drei Tage können wir bleiben, sollten wir mehr wollen, müssen wir uns wieder bei ihnen melden. Und in Polamar, auf Isla Margarita, haben wir danach einzuklarieren. "Naturalmente. Gracias." - Beim Dorfspaziergang kommen wir an der Schule und der kleinen Kirche vorbei (hübsche Bootsmodelle hängen an der Wand beim Altar), es gibt zwei Denkmäler - sehr beeindruckend im Verhältnis zur Einwohnerzahl - eine Mutti grillt lecker duftenden Fisch, ist aber leider grade mal genug für ihre Familie, da und dort döst jemand in der Hängematte. Wir fragen nach einem Weg um die Insel herum. "No, no hay." Gibt es nicht, geht nicht. Da müsste man sich quer durch´s Gestrüpp schlagen. Dafür sind wir heute nicht mehr in Form und ausserdem haben wir gerade unsere drei Macheten nicht dabei ;) Wir bewundern noch die schönen Boote mit dem extrem hoch gezogenen Bug, jedes hat mindestens zwei grosse Aussenborder am Heck und diverse Benzinkanister an Bord. Mit dem Vorrat kann man schon ´ne Weile unterwegs sein. - Verholen uns dann auf die Mira, das Abendessen braucht nur noch aufgewärmt zu werden und beinah anschliessend fallen wir beide hundemüde in die Koje.

Sonnabend, 21.09.2013
Dürfen heute ausschlafen. Geht aber nicht so richtig, weil schon frühs die Fischerboote des Dorfes unterwegs sind. Müssen natürlich gaaanz dicht an der Mira vorbei, um mal zu gucken - na gut, wir sind ja auch das einzige Segelboot hier. Also sitzen wir eben richtig FRÜH, noch bisschen zerknittert beim Frühstück und schmieden Pläne: wKokosnussernte ;)ohin heute? Die Wahl fällt auf Isla Testigo Grande, genau gegenüber, gerade mal 1,5sm entfernt. Auf unser Morgenbad verzichten wir lieber, denn die Strömung, die hier steht, ist beachtlich. Mein Capitano klappt so ganz nebenbei das Netbook auf und siehe da - es gibt ein Wifi-Netz der Guarda Costa! Bisschen müde und etwas schwach auf der Brust, aber immerhin! Sofort baue ich meinen Rechner auch auf, um die Website zu aktualisieren, die letzten Tage vor St. George`s konnten wir ja irgendwie nichts mehr senden. Blöde Idee - mein Programm mit der Website ist sich zwar sicher, dass es alles gesendet hat, beim “Kontrollblick” auf unsere Homepage starren wir dann auf eine weisse Seite! Das ist jetzt irgendwie nicht so gut! Wir senden noch ein paar mal, probieren es mit dem anderen Rechner - bleibt dabei, wenn wir www.symira.de eintippen, glotzen wir auf einen leeren Bildschirm! Gegen Mittag zotteln wir den Anker hoch und tuckern rüber zur Nachbarinsel. Erst in die südlichere Bucht - ach ne, Playa Tamarindo sieht doch netter aus - um das Riff herum, bisschen rumkabbeln wegen der richtigen Stelle (hätten wohl doch noch bisschen mehr Schlaf gebraucht ;), Anker einfahren, Motor aus, Schnorchel greifen, ins Wasser springen - HERRLICH! Käpt´n mimt den Fleissigen und schabt mittels Spachtel am Unterwasserschiff rum und legt sich dabei mit den drei handtellergrossen Krabben an, die während der Überfahrt nach Venezuela irgendwo ein komfortables Reiseplätzchen für sich entdeckt hatten. Ich schnorchle zum Anker, von dem guckt nur noch ein Stück Bügel raus. Perfekt! ´Ne Menge Fischchen sind schwarmweise am Rumwuseln und haben den Mira-Schatten als perfekte Tarnung auserkoren. Klar, bei den Unmengen Fregattvögeln und Tölpeln, die´s hier gibt, lebt Fisch gefährlich. Von der Seite kommt eine Schildkröte angepaddelt, stoppt auf, schaut herüber (ich hoffe, dass sie neugierig ist und näher kommt) und schwimmt ganz entspannt weiter. Cool hier! - Nachmittags entern wir den Strand. Eine Handvoll bunter Fischerhäuser unter Kokospalmen. Dazwischen sind Hängematten gespannt, in einer schaukelt ein Paar und beobachtet unseren Landfall. Wir grüssen und fragen, ob wir das Dingi hier lassen dürfen. Claro, kein Problem! Sie zeigen uns den Weg zur Ostseite der Insel, der an einer Salzpfanne vorbei führt. Der andere Strand ist recht klein, schnell abgelaufen. Viel alter Plastikmüll ist hier angespült worden. Vom Festland oder Trinidad? Das Meer verteilt es. Bisschen hier, bisschen da - Riesenschweinerei! Der Käpt´n erleichtert die einzige Kokospalme um zwei Nüsse und mit der Beute im Rucksack geht´s wieder retour. Den Tamarinden-Strand noch mal rauf und runter, dann lassen wir uns mit Saft und Keksen bei den beiden nieder. Galletas mampfend erzählen sie, dass hier jede Familie ein Boot besitzt und zeigen stolz auf ihr eigenes, grösseres, die "Dona Doris". An den Bug ist ein grosser Schwertfisch gemalt. Ja, damit fangen sie viel Fisch! Grosse Fische, die dann nach Martinique verkauft werden. -- Wenn´s hier so viel Fisch gibt, warum beisst bei uns keiner?! Liegt wohl doch am rostigen Haken.

Sonntag, 22.09.2013
Käpt´n beim Morgenbad - ein Aufschrei! Hat doch einer der riesigen Fregattvögel einen halben Meter hinter ihm ein Fischlein entdeckt und sich direkt darauf gestürzt! Hat er überhaupt `ne Badehose an? Vielleicht war da auch gar kein Fisch und der Vogel hat bloss sein Ziel verfehlt? ... Ich vergnüge mich bei 34°C unter Deck. Aufklaren, Brot backen, wühle mich durch den monströs grossen Berg dreckigen Geschirrs, das Bad achtern braucht mal wieder ne komplette Reinigung ... Sauna umsonst. Wie gut, dass Frau sich anschliessend gleich ins "kühle" Nass fallen lassen kann! - Nachmittags tuckern wir im Dingi in die kleine Nachbarbucht, wollen heut die 30m hohe Sanddüne bezwingen und an den Playa Barlovento (auch  an der Ostseite von Testigo Grande). Hernan, der hier im Casa Verde lebt, zeigt uns den Weg (immer den blauen Zeichen nach) und warnt uns vor den Manzanillo-Äpfeln. Oki, die kennen wir schon. Der schmale Pfad führt direkt durch den "Busch" und alle stachelbewehrten Pflanzen recken ihre Dornen extra in unsere Richtung während wir Kannst du irgendwo nen blauen Pfeil entdecken?über grosse Steine klettern (Mist, wieder keine Machete mit!) Die blauen Pfeile sind mit einem Mal verschwunden - egal, die Richtung stimmt! Dann stehen wir irgendwann doch im kochend heissen Dünensand und können über einen Hügel schon den Playa sehen. Weisser Sand, angespültes verwaschenes Holz, Unmengen von grossen Schneckenhäusern, weit und breit keine Menschenseele! Wir finden Fische, die offensichtlich zu hoch, zu weit gesprungen sind (jetzt ein Festmahl für die Krabben) und leider auch diversen angespülten Plastikmüll. Über lose Steine und Felsen klettern, kriechen wir auf Ziegenpfaden (altbewährt ;) südwärts, bis es nicht mehr weiter geht. Fregattvögel kreisen über uns, Tölpel stürzen sich wie Kamikaze-Flieger ins Meer, kurz darauf mit einem zappelnden silbernen Fisch im Schnabel wieder auftauchend, bei den Pelikanen sieht der Sturzflug nicht ganz so elegant aus, aber sie scheinen genauso erfolgreich zu sein. Im Strandsand entdecken wir die treckerähnlichen Spuren zweier Schildkröten, die hier wohl ihre Eier abgelegt haben. War ja auch gerade Vollmond. - Was für ein herrliches Fleckchen, gefühlt am Ende der Welt! - Der Rückweg durch den Busch ist gruselig. Winzige Fliegen umschwirren uns, kriechen in die Nase (sind dauernd am Niesen), auch in die Ohren. Während man versucht, sich der Viecher zu erwehren, tappt man schon in die nächste Dornenfalle. Wieder ein Aufschrei des Käpt´n: Ein Kaktusohr mit langen Stacheln hat sich fast mittig, vorn an seiner Hose festgebissen. Das hätte aber auch ins "Auge" gehen können! Ich bleib stehen, richte mich auf und knalle volle Kanne unter einen dicken Kaktusarm, der ganz zufällig quer über den Weg wächst. Die kompletten Stachelreihen rammen sich durch das Basecap in die Kopfhaut! Wird Zeit, dass wir hier raus kommen! Nach viermal um die Ecke und gefühlt 30 Stichen mehr landen wir wieder bei Hernan, sacken auf seine Holzbank im Schatten. Er drückt uns ein kaltes Polar-Bier in die Hand, schaukelt neben uns in der Hängematte, erzählt von seiner Familie, vom Leben auf der Insel und hat anscheinend kein grosses Problem, unser "angestaubtes" Spanisch zu verstehen. Seine Frau Ciria brutzelt uns derweil leckeren Fisch - ah, geht uns das gut!!

Montag, 23.09.2013
Irgendwie habe ich frühs um Sechs schon Ankerkettengerassel gehört, aber um die Zeit gehört das ja irgendwie in einen blöden Traum und man dreht sich einfach auf die andere Seite. Von wegen blöder Traum, als wir zum Morgenkaffee ins Cockpit stolpern, liegt da tatsächlich noch ein Boot neben uns. Wie jetzt???!!! Dann sind wir hier ja schon zu zweit - das ist ja fast so voll wie in den Buchten auf den Windwards ... Obwohl es hier jetzt so hoffnungslos “überlaufen” ist, wollen wir noch etwas bleiben und fahren mittags rüber zur Isla Iguana zwecks Verlängerung. Da liegen auch schon zwei grosse Boote, vonVor Testigo Pequeno der Guarda Costa - heute trifft sich wohl alles auf den Los Testigos. Mein Käpt´n springt in´s Dingi, kommt aber kurz darauf unverrichteter Dinge wieder an Bord. Heute geht gar nichts, die Obrigkeit ist da. Manana. Den Anker also wieder hoch, weiter geht´s zur Isla Testigo Pequeno. Wunderschöner Ankerplatz genau hinter dem kleinen Riff, das die Isla Testigo Pequeno mit der Isla Calentador verbindet, daneben weisser Sandstrand, Palmen, ... Das gibt `n Faulitag! So`n bisschen Lesen, bisschen Schnorcheln, bisschen Rumdösen, ...

Dienstag, 24.09.2013
Wieder zurück zur Isla Iguana. Nix da mit Verlängerung! Nicht mehr möglich - hätte die Obrigkeit gesagt. Maximal 48 Stunden ohne Einklarierung und wir sind schon vier Tage hier. Morgen früh müssen wir fahren. Mist! Na ja, was soll´s? Ist uns ja jetzt eh zu voll hier ;) - Zurück zur Isla Testigo Pequeno. Wir packen unsere Wander-Flip-Flops, noch ein bisschen Füssevertreten vor der Abfahrt. Auch hier gibt´s ein paar Fischerhäuser direkt am Strand, aber niemand ist zu sehen, Siesta-Zeit eben. Vier Papageien fangen laut an zu Zetern, ein paar Hunde raffen sich daraufhin zu einem halbherzigen Gekläffe auf (die Vögel sind echt die besseren Wächter!) Von Bord eines ankernden Fischerbootes winken die Männer herüber. Wir wagen einen Ziegenpfad um den Inselberg herum, natürlich wieder quer durch Kaktus und Co (und ohne Machete. Vielleicht sollten wir eine im Dingi deponieren). -  Zurück an Bord, bereiten wir alles für die Abfahrt vor - wir finden es besser, heute Abend schon zu verschwinden und auch nicht zum Einklarieren zur Isla de Margarita zu fahren, wie wir der Guarda Costa brav erzählt haben, sondern zur Isla Blanquilla. Und kurz nach Sechs, als die Sonne gerade untergegangen ist, rasselt unsere Ankerkette hoch, wir rollen die Segel aus, winken den Fischern noch mal zu und treiben gemütlich in die Nacht. Sicherheitshalber erstmal `ne Stunde lang Richtung Isla de Margarita ...

Mittwoch, 25.09.2013
Die Sonne geht auf, Bordfrau steht auf ;) Sind mit 6-7 kn unterwegs, der Wind fast achterlich, eine "nette" Welle rollt die Mira hin und her. Kurze Einweisung von wegen der Islas Los Hermanos voraus, die wir südlich umfahren wollen. "Sollte passen" murmelt gähnend mein Käpt´n und tappert in die Koje. Bin ja noch gar nicht so richtig wach ... erstmal Kaffee! Na, das ist ja spannend. Wellen und Autopilot arbeiten fleissig gegeneinander, der Bug wandert beachtlich von Backbord nach Steuerbord und wieder hin und her. Die südlichste Insel, ein winzigkleiner, von Vögeln bekackter Felsenpopel, gefühlt direkt voraus... Käpt´n hat natürlich Recht! Es passt. - 11 Uhr. Werfen den Anker in einer Bucht im Süden Blanquillas, hier ist der Posten der hiesigen Guarda Costa. Der starke Schwell lässt unser Dingi springen wie´nen wildgewordenen Ziegenbock. Na, das kann ja lustig werden! Papiere raussuchen und duschen müssen wir noch. Sitze grad eingeschäumt im Cockpit, da kommt ein Lancha mit vier Männern (zwei von der Guarda Costa). WAS FÜR EIN TIMING! Mitsamt Schaum flüchte ich unter Deck und greife das Nächstbeste zum Anziehen. Der Käpt´n, schon duftig und behost, platziert die Beamten im Cockpit. Sie haben ihr Formblatt wasserfest verpackt und nehmen gleich unsere Daten auf (dabei schreiben sie "heimlich" von einem alten ab ;) Sie sind beide sehr jung und höflich, erzählen, dass sie hier 30 THier haust die Fischer-WGage lang Dienst tun, dann wieder auf dem Festland, immer im Wechsel. Ausser den Männern von der Guarda gibt es hier noch einige Fischer, die mit ihren Booten von Margarita oder dem Festland kommen und etwa 2000 wilde Burros (Esel). Boah! Wie ich meinen Käpt`n kenne, überlegt er jetzt gerade, ob man Esel essen kann! Wir dürfen 5 Tage bleiben, oder auch eine Woche, wie wir wollen. Sollen uns nur über Funk abmelden, wenn wir weiter fahren. Das klingt ja doch supi!! Die beiden bekommen ein kaltes Feierabendbier mit auf den Weg und wir gehen wieder mal ankerauf, wollen in eine der westlichen Buchten, in denen man hoffentlich ein bisschen geschützter liegt.

Sonntag, 29.09.2013
Das war sie - die letzte Zigarette. Brüderlich geteilt zum Kaffee nach dem Frühstück. Und jetzt? Da müssen wir halt durch, die nächsten Tage werden sicher anstrengend ... Blanquilla gefällt uns. Seit Mittwoch ankern wir vor einem kleinen Sandstrand in der grossen westlichen Bucht der Insel. Geschützt vor Schwell, aber nicht vor dem Wind. Was sollte den auch aufhalten, Blanquilla ist flach, einfach nur flach. Sieht aus wie ein aus dem Meer aufgetauchtes Korallenplateau, gespickt mit Kakteen, stacheligen SträucheAU!rn und ´ner Handvoll Palmen. Die höchste Erhebung misst ca 20m - Wahnsinn! Am Strand nebenan haust die Fischer-WG in ihrer offenen Hütte. Jeden Tag bringen sie mit den kleinen Booten das grosse Netz aus, sogleich umzingelt von interessierten Pelikanen und Tölpeln, die, überhaupt nicht zaghaft, sich direkt vom Fang aus dem Netz bedienen. Die Männer sind von Isla Margarita und kampieren für zwei bis drei Monate hier. Ausserdem liegt dort noch ein venezolanisches Segelboot vor Anker, Jean-Pierre und Silvia mit uralt-Hund Lola (schon seit zwei Monaten!). Seit heute früh schaukelt ein brasilianischer Katamaran einen Steinwurf weit weg an Steuerbord von uns, Peter, Dora und Hund Lucky, und vorm letzten, südlichsten Strand, liegen zwei Franzosen-Boote - also wieder nichts mit Alleinsein ;) - Waren ein paar Mal wandern, was man so eigentlich gar nicht bezeichnen kann, denn auch hier schlängelt man sich auf Eselspfaden (die Tiere müssen sehr schmal sein!) zwischen Kakteen und anderen stachligen Gesellen hindurch. Auch wenn des öfteren ein Schrei die Stille zerreisst, auch wenn Blut fliesst, es macht Spass. Ansonsten der ganz noHUNGER!!! ;)rmale Alltag: Brot backen, aufklaren, Käpt´n kümmert sich um die Müllverbrennung am Strand, strahlt frühs in der Funkrunde mit Micha und Karl, spielt Karten am Computer, hat mal Zeit zum Lesen, “Was kochen wir? Und wer ist dran?”, schon wieder ich? ... - Heut sind wir mit Flossen, Schnorchel und Harpune bewaffnet zu den Felsen rüber. HUNGER! Nein, nicht wirklich, aber wir hatten echt mal wieder Lust auf Fisch. Und auf Grillen am Strand. Mein Jäger hat dann auch sechs rote erlegt, von denen wir zwar nicht wissen wie sie heissen, aber dass sie gut schmecken. Meinereiner ist in der Zeit hin und her "gepaddelt" und hat die Korallen nebst bunten Wasserbewohnern bewundert. Soweit es möglich war, denn in den riesigen Schwärmen silbriger winziger Fische schwimmt man wie in ´nem Haufen Aluschnipsel, Sicht = Null. - Käpt´n hat sich mächtig mit den Schuppen rumgequält und das Feuerzeug vergessen. Zurück zum Boot ... beim Sonnenuntergang ist dann der erste Fisch essbar. Lecker! Nu aber fix. Im Dunkeln Gräten pulen ist doof.

Montag, 30.09.2013
Der Watermaker ist fleissig am maken, als er auf einmal "in die Knie geht". "Warum kommt hier kein Strom mehr rein?! Alles steht auf NULL!" Bloss gut, dass der Käpt´n ´ne Menge Ahnung von dem ganzen Zeug hat. Der Fehler ist relativ schnell gefunden: beide Hauptschalter für die Verbraucher-Batteriebank sind platt. Wie das geht? Keine Ahnung. Wieder mal ist Improvisieren angesagt, die ganze Hütte ist mit Werkzeugkisten zugestellt, es flucht laut und herzhaft aus dem Durchgang zur Achterkoje, dem "Wohnort" der Batterien ...  und während er alles zusammen räumt bastle ich für meinen Helden ´ne leckere Pizza. Hmmmm!

Dienstag, 01.10.2013
(Meine Güte, schon wieder Oktober!) Der Wind hat auf NNE gedreht und ein ordentlicher Schwell steht in "unsere" Bucht. Peter vom brasilianischen Cat nebenan geht mit wehender Wäsche auf der Reling ankerauf und ruft uns noch "Los Roques" herüber. Aha. Auch die Venezolaner, Fischer wie Segler, nehmen die Anker hoch und verholen in die nächste, weiter südlich gelegene Bucht. Bei uns an Bord gibt´s erstmal Frühstück, danach machen wir uns in die selbe Richtung auf. Alle Boote liegen dort im unteren Teil der Bucht. Warum? Wir fädeln uns in den oberen Teil. Ist doch nett hier! Bisschen später kriegen wir mit, warum: Hier bei uns, hinter einer kleinen Sanddüne, ist nämlich ein See, der reichlich von den Insel-Burros besucht und rundherum zugekackt ist. Riecht echt wie im Stall und der Wind trägt die originale Landluft direktamente rüber zur Mira. Na, egal! Wir sind ja keine Weichpitties, stört uns mal gar nicht ;) Werfen uns in die Wanderkluft und ins Dingi. Das Anlanden wird zum kleinen Kraftakt, denn am Strand geht´s gleich steil bergauf, zwei Schritte vor, einen rutscht man zurück. Oki, von da oben ist der See schon zu sehen, dessen Besichtigung schnell abgeschlossen ist. Scheint BrackEcht chicwasser zu sein. So mochig wie das aussieht kommt man gar nicht auf die Idee, das mal zu testen. Danach rechts am Strand entlang und über Felsen, bis es nicht mehr weiter geht, dann die andere Richtung. Finden einen kleinen Altar der Fischer, aus dem zwei kleine Marienfiguren auf´s Meer hinaus schauen, fast nebenan zwei halb zerfallene Häuser. Drumherum die üblichen Kakteen (Käpt´n probiert unfreiwillig Akupunktur - der Lautstärke nach zu urteilen, ist das nicht so sein Ding), aber die Pfade sind etwas breiter, was darauf schliessen lässt, dass die Esel hier wohl dicker sind. Am Strand sinken wir im weichen, weissen Sand ein, das Wasser umspült die Füsse und alles, was man trifft ist ein, gar nicht mal so kleiner, flinker Einsiedlerkrebs mit einem wunderschön, modisch gestreiftem Haus auf dem Rücken. - Zurück an Bord will mein Holder mich bekochen und es schnuppert bald phantastisch - bin schon hin und weg ;) ... Aber leider misslingt die Sauce, er ist nur noch am Fluchen, ich ziehe vorsichtshalber den Kopf ein und bin mal ganz still. Er will alles über Bord kippen, ich kann ihn gerade noch davon abhalten ... Obwohl ich alles aufesse (so schlimm ist es dann doch nicht ;), ist die Stimmung nicht mehr zu retten. Er ist ziemlich gereizt, ich inzwischen auch - na dann, GUTE NACHT!

Donnerstag, 03.10.2013Wer beobachtet hier wen?
An Bord knistert es immer noch. - Den gestrigen Tag könnte man auch glatt streichen. Käpt´n schwimmt irgendwann an Land und ist dort stundenlang unterwegs. Na, so hatte ich wenigstens Ruhe, um hier für die Website was fertig zu machen.. Mein, ach, so fleissiger, spassiger Schreiberling hat darauf momentan keinen Bock. Leider. Abends gibt´s noch mal Knatsch. Liegt das am Nikotinmangel, oder was?! - Heute war´s schon mal wieder ein bisschen kuschliger und wir sind ausgezogen, die Burros zu suchen ... und haben etliche gefunden. Herrliche Wanderung, denn hier im Süden ist das Grünzeug ein bisschen lichter und die Kakteen in nicht so grosser Zahl vertreten - läuft sich einfach besser und schneller. War eine Riesenrunde, am Ende sind wir noch komplett um den See gegangen. Zwecks Abkühlung bin ich zum Boot zurück geschwommen und später warn wir am Riff nebenan schnorcheln. Ist, als ob man im Aquarium schwimmt! Fische en masse, grosse, kleine, kunterbunt, weniger bunt, alle gucken einen staunend an, manche stehen Kopf, andre machen Geräusche, die nächsten jagen sich, riesige Fächer- und Hirnkorallen (die gucken nicht, klar ;) ... kurz vor Sonnenuntergang sind wir dann zurück... und es gibt schon wieder Knatsch! Langsam fällt mir dazu nix mehr ein.

Freitag, 04.10.2013
Getrennte Tagesgestaltung - warum nicht? Käpt´n liest. Ich werfe frühs gleich ein Brot in die Pfanne, kurz alles aufklaren, Flossen, Schnorchel, Maske greifen, in den Shorti zwängen (war der mal grösser? ;) und rüber paddeln in Richtung Strand. Am vorgelagerten Riff gibt´s ´ne ganze Menge Flossenträger zu begucken, danach Aufwärmpause und später noch mal ins Wasser. Dem Leser ist´s an Bord anscheinend auch zu langweilig, er hat sich mitsamt Buch, Hängematte und zwei Döschen kalten Königsbachers zwischen zwei kleine Palmen gehängt. Coole Idee. Kann ich jetzt aber nicht so zugeben. Letzte Schnorchelrunde, dann zurück zum Boot. Jaaaa! Sturmfrei!! Was stellt Frau denn da so an? Yep! Haare schneiden! Ist schon mehr als überfällig und meinen Käpt´n mag ich wegen der derzeitigen Verstimmung nicht fragen. Also Spiegel raus, Kamm, Schere, Haarklemmen, ... hab ich schliesslich früher auch selber gemacht. Muss Frau sich natürlich ganz schön verrenken bei ;) Erster Schnitt hinten rum. Ein 6cm langes, dickes Haarbüschel fällt runter. Oh! Na ja, das wird schon. Einfach weiter schnippeln. Muss noch ´nen zweiten Spiegel holen, dann geht´s. Natürlich würde jeder echte Friseur die Hände über´m Kopf zusammen schlagen, ich bin am Ende ganz zufrieden mit dem Ergebnis :) Schwimme stolz extra noch mal zum Strand rüber, tapper klatschenass, splitterfasernackt durch den heissen Sand zu meinem Käpt´n und baue mich mit elegantem Hüftschwung vor der Hängematte auf. Er guckt bisschen verständnislos und merkt überhaupt nichts! Grrr! Möcht ihn fast anbrüllen: MANN, ICH WAR BEIM FRISEUR!!! aber das lass ich mal lieber, gibt nur Stress. Immerhin bekomme ich den letzten Schluck vom, inzwischen warmen Königsbacher. Whow! Na, denn schwimm ich mal zurück ... muss ja noch das haarige Cockpit aufklaren ... Kurz bevor ich damit fertig bin hab ich noch eine unheimliche Begegnung mit dem einen Spiegel, der ja sonst nicht da steht - verfehle knapp die grosse Ader an der Stirn. Das Blut läuft mir sofort quer durch´s Gesicht. UND WO, BITTESCHÖN, IST MEIN RETTER?! Der schaukelt in der Hängematte am Strand! Na, irgendwann hat´s doch aufgehört, zu bluten. Hab den Scheitel aber so gekämmt, dass er den Schnitt auch gleich sieht, wenn er zurück kommt. - Käpt´n kocht heute wieder. Und er hat noch gar nicht geflucht ;)

 

Sonnabend, 05.10.2013Einsamer Strand, Schatten, Hängematte, ´n Buch von Tom Sharpe und ein kühles Bier - was gibt´s besseres?
Ich muss ja echt mal feststellen, dass es in punkto "Faulenzen" bei mir einen echten Qualitätssprung gegeben hat! Ist eben ein Unterschied, ob man einfach nur so mit`m Buch in der Hand im Cockpit rum döst, oder im Schatten der Palmen beim Lesen in der Hängematte schaukelt. Einziger Nachteil: kein Kühlschrank in Reichweite! Muss Mann halt vorher drüber nachdenken, ob man jetzt zwei Bier einpackt, oder lieber drei ... ? Andererseits ist das Dritte dann warm, wenn`s dran ist ... Obwohl, heute haben wir uns wieder lieb, Marion will mit unter die Palmen - also doch drei! Sie packt auch gleich noch Schere und Rasierer ein - mein Haardesign sagt ihr nicht mehr zu. Sie musste sich ihre Haare ja gestern alleine schneiden, fängt sie am Strand wieder an zu stänkern. Na und! Ich wollte mir meine sowieso selber schneiden! Grinsend drückt sie mir die Schere in die Hand - bitte schön, ich geh dann mal den, mittlerweile schon ganz grünen Dingiboden schrubben. Da hocke ich also nackt auf einem Stein und schnippel so nach Gefühl auf meinem Kopf rum (Spiegel hab ich ja nicht dabei). Ging auch ganz fix und ich bin mächtig stolz auf das Ergebnis. Sieht supi aus - glaube ich jedenfalls, sehen kann ich`s ja nicht. Als Als Marion zurück kommt und sich die Tränen vom Lachen aus den Augen gewischt hat, will sie dann doch lieber noch `n bisschen nachschneiden. So `ne halbe Stunde lang. Ihr ist halt doch noch eher was peinlich, als mir. Jetzt sind wir beide wieder schick, was hier ausser den Eseln und Pelikanen allerdings eh keiner würdigt. Teilen uns die kalten Dosen, schaukeln in der Hängematte, springen ab und zu mit Taucherbrille ins Wasser, um die Fische zu erschrecken, lesen, wieder ins Wasser, weiterlesen, ... Jo, ist schon ein geiles Inselchen! Völlig unverständlich, warum die Segler sich auf den Karibikinseln so auf der Pelle hocken. Hier ist man fast alleine, der nächste Nachbar (wenn denn einer da ist) schaukelt einen Kilometer entfernt am Anker, ewig lange Sandstrände, ein paar Palmen, man kann Kilometerweit wandern, wenn man HungBoah! Die schon wieder!er hat sich ein paar Fische speeren, morgens wecken einen die zeternden Papageien und keine Musikboxen und abends, im Cockpit geniesst oder erträgt man das Eselkonzert. Iiiiiiaaaaah! Äh, kennt vielleicht irgend jemand ein Rezept für Eselfleisch?

Sonntag, 06.10.2013
Marion will mal wieder wandern, verkündet sie beim Frühstück und ich tue natürlich gleich so, als ob ich mir für den heutigen Tag nichts sehnlicher gewünscht hätte (wegen der Familienharmonie und so). Dafür darf ich auch den Rucksack tragen: Getränke für `ne Woche, Fernglas, Fotoapparat, Kekse, ... Diesmal Richtung Süden. Wir müssen nicht auf schmalen Eselspfaden durchs Dornengestrüpp und Kakteenwälder, um hinterher auszusehen wie nach `ner Akupunkturbehandlung, heute trampeln wir stundenlang über weite Grasebenen und sanfte Hügel, dabei argwöhnisch beobachtet von Dutzenden Eseln, könnten ihnen ja schliesslich die besten Grasbüschel wegschnappen. Machen wir nicht, wir haben ja Kekse! Wie bei Inseln nicht anders zu erwarten, stehen wir irgendwann wieder vorm Wasser, `ne kleine Bucht, Felsen, steile Abstiege, jede Menge Dornen und Kakteen. Den selben Weg zurück wollen wir Geht doch nix über uralte chinesische Behandlungsmethoden ;)aber auch nicht, quälen wir uns da also durch. Dauert ein, zwei Stündchen, wir kommen doch noch zu unserer Akupunktur, `n paar Schrammen vom Klettern auch, folgen jetzt doch lieber wieder den Eselspfaden (wenn keine Köddel mehr rumliegen, dann falscher Weg) - weil, die sind einfach klüger bei der Wahl des Weges, finden irgendwann aus dem Gewirr von Schluchten raus und stehen wieder vor den weeeeeiiiiiten Grasebenen. Der Leuchtturm ganz in der Nähe, der Guarda Costa Posten ein paar Eselspfadwindungen vor uns - da müssen wir jetzt aber nicht noch Hallo sagen - wir machen uns auf den Rückweg. Die Kekse sind eh fast alle, die Getränke auch - was das Gewicht des Rucksacks ganz erheblich reduziert und dessen Träger (also mich) davor bewahrt, sich demnächst wegen akuter Rückenprobleme in physiotherapeutische Behandlung begeben zu müssen. Wir erschrecken mehrere vor sich hindösende, gruselig aussehende Leguane, oder die uns, wenn sie so einen halben Meter vor uns los wetzen, sind auf der Sympathieskala der Esel immer noch nicht viel weiter nach oben gerutscht, sind froh, dass wir bei gefühlten 60°C und knallender Sonne einen Hut aufhaben, noch mehr, dass wir am Ende auch wieder einen Weg zu dem kleinen Salzsee finden, wo unsere Wanderung begonnen hat und am allermeisten, dass im Kühlschrank so richtig schön KALTES BIER auf uns wartet! PROSCHT!!!

Montag, 07.10.2013
Eigentlich wollten wir uns nächste Woche mit den Marlin´s treffen, aber irgendwie wechselt gerade bei jeder morgendlichen Funklaberrunde mit Micha der Treffpunkt (offensichtlich iBleiben wir eben noch ;)st dort noch nicht so richtig ausgeknobelt, wer sich durchsetzt - Micha, Nathalie, oder die Kinder :-) Man, haben wir es da gut! Der Käpt`n zeigt mit `m Finger auf die Karte und die Crew muss eben sehen, wie sie das Boot da hin bringt. Und ich hab grad wieder `ne neue Idee: Puerto La Cruz. Liegt nicht so direkt auf dem Weg zur Marlin, sind aber nur 100sm und der Wind passt hin und zurück eigentlich immer. Ich muss nur noch meine Crew überzeugen. Bei meinem geballten Optimismus gehen der natürlich schnell die Ausreden aus - alles klar, wir fahren heute Nachmittag los. Vorher tuckere ich aber noch die halbe Meile zu unseren Nachbarn, der venezolanischen Segelyacht, um mich mit ein paar Tipps und Infos versorgen zu lassen. Zwei kalte Dosen als kleines Gastgeschenk kommen immer gut und schon setzen Silvia und Jean-Pierre ihre Lesebrillen auf, klappen Karten auseinander und legen los: Welche Marina ist besser, welche sicherer, welche Werft kann was, wo einklarieren, wo Geld tauschen, wo lecker essen, wo auf`s Klo, ... ach ne, da ging`s um `nen Swimmingpool. Nebenbei bekomme ich noch etliche Tipps, was wir unbedingt im Land besuchen sollen, wie wir die Reisen am besten organisieren sollten, Namen von Freunden, die uns bei was auch immer helfen können, ... sie sind kurz davor, mir auch noch die Namen der Indios zu diktieren, die unser Gepäck auf den Trekkingtouren schleppen würden. Mein Zettel ist voll, ich bedanke mich überschwenglich, bei Silvia mit Küsschen, bei Jean-Pierre ohne, und tuckere wieder zurück, wo meine fleissige Crew schon das Essen vorgekocht hat, abgewaschen, alles weggeräumt, verstaut, abfahrbereit dasitzt ... und nur noch auf ihren geschwätzigen, sich bei der Nachbarin rumtreibenden Capitano wartet. Brauch ich eigentlich nur das Schlauchboot auf`s Deck hieven, verzurren und dann kann`s losgehen. Vorher noch schnell die aktuelle Wettervorhersage holen. Gute Idee, der Wettercomputer hat sich nämlich seine Prognose von gestern Abend noch mal durch`n Chip gehen lassen und ist jetzt der Ansicht, dass der Wind nur noch auf der ersten Hälfte der Strecke passt, danach gibt`s keinen mehr. 50sm motoren müssen wir aber auch nicht - fahren wir halt erst morgen. Also braucht das Schlauchboot doch nicht hoch und wir können statt dessen lieber mit Brille und Flossen ins Wasser springen ...

Dienstag, 08.10.2013
Nachdem wir uns die halbe Nacht mit grummelndem Wanst in der Koje gewälzt haben (ich hatte gekocht), sind wir heute früh etwas zertreten ins Cockpit geklettert. Hab sogar meine Laberrunde mit Micha verpennt. Erstmal `n schönen Kaffee - freut sich der Magen - und noch mal Wetter gucken. Der Wettercomputer bleibt diesmal bei seiner gestrigen Meinung, soll eher noch `n bisschen mehr Wind geben. Na prima, können wir den Anker also hoch leiern und uns nach zwei erholsamen Wochen von dem einsamen Inselchen verabschieden. Wir rollen die Segel aus und nehmen Kurs auf`s venezolanische Festland. Kann man auf keinen Fall hinfahren, weiss jeder zu berichten, viel zu gefährlich, es gibt nichts zu kaufen und falls doch, ist es unheimlich teuer. Die fundiertesten Reisewarnungen gibt es natürlich von den "Experten", der dauerhaft mit ihren Booten in den Karibikbuchten schaukelnden "Kleingartenvereine" - ... Da kann man vor lauter Piraten kaum treten, von morgens bis abends wird rumgeschossen, ... ! Mit Rum abgeschossen haben sich einige dieser Informanten übrigens auch von morgens bis abends :-) Und wenn man denn mal nachhakt, war keiner jemals da. Aber jeder kennt einen, der jemanden kennt, ... ! Bleibt uns also gar nichts weiter übrig, als selbst mal hinzufahren und zu gucken, wie`s dort aussieht.

 

Mittwoch, 09.10.2013
Was für `ne stressige Nacht! Nicht, weil ich in Orkanen mit zerfetzten Segeln ringen musste, nö, der Wind hat gepasst, wir sind nur so im Zickzack dahin gerauscht. Nicht etwa im Zickzack weil wir kreuzen mussten oder der Käpt`n betrunken war - die FISCHER! Fischerboote, Fischernetze, blinkende Netze ohne Fischerboot und zur Abwechslung auch mal `n paar Frachter. Da lob ich mir doch `ne geruhsame Nachtfahrt in der Karibik. Da sind die Jungs abends alle brav zu Hause. Immerhin dödeln wir vormittags so ganz gemütlich auf die Inseln des Mochima-Nationalparks zu, dem Wind ist es heute wohl irgendwie auch zu heiss, ein laues Lüftchen treibt uns mit 3kn vorwärts, dann 2, 1,5 - als das GPS 1kn Fahrt anzeigt, kann ich das Elend nicht länger mit ansehen, rolle die Segel ein und wir motoren die letzten 5sm bis Puerto La Cruz. Diesel soll dort ja billig sein :-) Meine venezolanischen Informanten hatten empfohlen, erstmal in die Marina Redonda zu gehen, da gibt`s zwei Agenturen, die das Einklarieren übernehmen, man kann Geld tauschen, liegt geschützt, grosser Swimmingpool, nettes Restaurant, ... Nützt uns aber alles nichts, wenn sie dort denn keinen Platz mehr frei haben. Stückchen weiter den Kanal hoch gibt`s noch jede Menge mehr Marinas, wir sollen es da mal versuchen. Tuckern wir also um die Ecke in den Kanal, sehen schon von weitem die, wie auf `ner Perlenschnur aufgereihten Megayachten und wissen im selben Augenblick, dass wir da eigentlich nicht hinwollen. Aber gleich hinter der Einfahrt liegen auch zwei Yachten an der Kaimauer, da passen wir doch glatt noch dahinter. Die lustigen Franzosen liegen schon seit zwei Wochen hieSchöner als in der Marina und nachmittags hat´s sogar Schattenr, ist zwar ausserhalb des stacheldrahtbewehrten Marinabereiches, aber Strom und Wasser gibt`s hier auch, sogar ein Duschhäuschen und zur Marina Redonda kann man mit dem Schlauchboot fahren. Das machen wir dann auch gleich - mit sauberem Hemd, Pässen und Papieren. Dort sitzen zwei Agenturen, die sich um die Wünsche und Befindlichkeiten der ausländischen Yachtis kümmern, die Franzosen haben Keigla empfohlen. Drücken wir ihr also unsere Pässe und Dokumente zwecks Einklarierung in die Hand (will sie gleich morgen erledigen) und zücken auch noch 200 Dollar zwecks Umtausch. Das war einer der wichtigsten Hinweise von Silvia und Jean-Pierre auf Blanquilla: auf keinen Fall in `ner Bank tauschen oder die Plastikkarte in `nen Automaten schieben! Der offizielle Kurs ist etwa sechs Bolivar für einen Dollar, der Schwarzkurs ist sechsmal höher. Am besten wäre es gleich in der Agentur zu tauschen, die sind seriös und wir können sicher sein, die Scheine dann auch zum Bezahlen nutzen zu können und nicht nur zum Feuer anzünden. Keigla gibt uns 42 Bolivar für jeden Dollar - ich kriege das Bündel kaum in die Hosentasche. Anschliessend wieder auf die andere Kanalseite, ins oficina, wo wir den Liegeplatz bezahlen müssen. 500 Bolivar für drei Tage, ungefähr 12 Dollar, inclusive Strom und Wasser :-) Und zur Belobigung noch mal zurück in die Marina, in das nette Restaurant gleich neben dem grossen Swimmingpool. Blick auf die zusammengepferchten Yachten, eisgekühltes Bier, seitenlange Speisekarte. So`n fürstliches Essen gönnen wir uns sonst ja nur zur Silberhochzeit oder `nem runden Geburtstag, aber wenn man denn am Ende, einschliesslich reichlich Getränken umgerechnet nur knapp 10 Euronen auf den Tisch legen muss ...

Donnerstag, 10.10.2013My home is my castle
So richtig friert man bei 34°C ja nun nicht. Bisschen bewegen wollen wir uns aber trotzdem, machen wir halt einen Spaziergang. Entlang der Wohnparks der Leute mit etwas ausgeprägterem Sicherheitsbedürfnis - hohe Mauern, Stacheldraht, Security am Eingang und schmückende Gitterdekorationen vor den Fenstern. Wie in Brasilien, nur gab`s da noch mehr elektonischen High-Tech-Überwachungskrempel. Ein Gewirr von Kanälen, luxeriöse Reihenhäuser an den Ufern und vor jedem eine Mega-Motoryacht. Ganz praktisch so`n Wohnsitz. Zur Abwechslung gehen wir mal zum Strand - menschenleer, Uferpromenade mit ein paar Verkaufsbüdchen. Legen wir doch gleichmal Bolivars in kaltes Bier an (bei dem Preis halten wir`s doch glatt `ne Weile im Schatten aus :) Etwas lustlos schlendern wir hinterher noch durch eine Shopping Mall, einfach unglaublich was für`n Kitsch und Krempel die Leute hier raus schleppen. Da wir grad keine Glitzerschuhe, Weihnachtsdeko oder Designerunterwäsche brauchen, machen wir uns langsam auf den Rückweg, müssen schliesslich noch unsere Papiere bei Keigla einsammeln. Die zuckt bedauernd mit den Schultern, dauert doch etwas länger, irgendein Beamter vom Zoll will sich morgen um Zehn noch unser Boot angucken. Na wenigstens hatte der nicht die blöde Idee, schon frühs um Sieben anzutraben. Und weil wir eh grad neben dem Marina-Restaurant stehen und ausserdem mal wieder Hochzeitstag haben, lade ich meine Angebetete ganz generös zu einem üppigen Dinner ein ... Für dich ist mir nichts zu teuer, Baby! (So kriegt man Frauen rum ;) !

Freitag, 11.10.2013
Sitzen wir um Zehn frisch geduscht und behördentauglich gekleidet im Cockpit und warten und warten und warten ... Das machen wir auch um Elf noch, um Zwölf, vom Duschbadduft  ist nichts mehr zu riechen, die Klamotten sind durchgeschwitzt - um Eins haben wir die Backen dick! Schnell noch mal `ne Dusche, in die Wandershorts springen, auf zum Stadtbummel. Müssen wir erstmal auf die andere Kanalseite, dafür gibts `ne kleine wacklFerry a otra bandaige Fähre. Die beste Art ins Zentrum zu gelangen, ist ein Colectivo-Taxi, erfahren wir hier und davon gibt´s reichlich. Uralte Ami-Schlitten, ewig lang und herrlich verbeult. Klettern wir also in so`n Teil, quetschen uns nebst vier weiteren Fahrgästen in die durchgesessenen Polster und stehen `ne halbe Stunde später durchgeschwitzt im Zentrum. Ein historisches Kleinod ist Puerto La Cruz nun nicht gerade, aber irgendwie hat man es geschafft, dass selbst die modernsten Hotelbauten an der Uferpromenade schon ganz schön alt aussehen. Dafür ist jede Menge Leben in den Strassen, Laden an Laden, Strassenhändler, Imbisse, Restaurants, alles voller Leute, es wird flaniert, gesessen, gekauft, geschwatzt - das pralle Leben eben. Kann man schon `ne Weile hier aushalten. Wir entdecken das Touristen-Informationcenter, zugepappt mit Chavéz-Postern, -Flyern, -Aufklebern, etc., wo uns drei nette Mitarbeiter höflich erklären, in welchem Hotel wir nachfragen müssen, wenn wir touristische Informationen benötigen. Sie wären aber schon die Touristen-Information ... Stückchen weiter gibt´s einen Yachtclub, da fragen wir doch glatt mal nach `nem Liegeplatz. Dauert schon `ne Weile bis sich der Comodore, ein weiterer Entscheidungsträger und der Obermarinero darüber einig sind, dass sie noch ein Plätzchen für uns hätten, noch länger, bis sie den beiden Damen im Sekretariat den Preis dafür entlocken können. Umgerechnet 3 Dollar pro Tag, inclusive Strom, Wasser, Dusche. Klingt supi! Aber vorher müssen wir mit Einklarierungspapieren vorbeikommen. Claro, die holen wir ja nachher bei Keigla ab. Wir lempeln noch `n bisschen durch die City. Marion will mir neue T-Shirts verpassen, ich will aber lieber `n kaltes Bier, sie kann sich nicht zwischen zwei Blusen entscheiden, ich mich dafür für `ne neue Sonnenbrille und irgendwann versinken wir wieder in einem durchgesessenen Strassenkreuzer-Polster, um uns zurückschaukeln zu lassen. Schnell bei Keigla vorbeifahren, unsere Papiere einsammeln - ne, ne, so schnell geht`s hier nicht - jetzt will uns die Migracion auch noch persönlich sehen. Sie hätten versucht, uns um Zwei abzuholen, aber niemand war am Boot und (leicht vorwurfsvoll!) per Cellular sind wir ja nicht zu erreichen. Manchmal hat man schon fast ein schlechtes Gewissen, so ohne Handy zu leben. Neuer Termin: Montag früh um Neun! Um Zehn hätte unserer Meinung nach auch gereicht :) Abendessen heute mal nicht im Marina-Restaurant (können schliesslich nicht immer so mit dem Geld rumschmeissen), wir schlendern die Strasse auf unserer Kanalseite lang, da werden jeden Abend zwei miteinander konkurrierende Strassenimbisse aufgebaut. Grosse Grills, Salattheke, Plastestühle - der Eine hat`s mit Hamburgern, aber beim Zweiten drehen schöne grosse Fleischberge am Grill. Natürlich, gehen wir zu den Fleischbergen!

Sonnabend, 12.10.2013
Schon den ganzen Morgen rauschen sie an uns vorbei, grosse Yachten, Megayachten, Monsteryachten und Megamonsteryachten - der "Durchschnittsvenezulaner" fährt mal eben nebst Familie und Freunden zum Wochenendausflug mit seinem Bötchen raus. Marion findet, wir hatten jetzt lange genug Wochenende, wir müssten wieder `n bisschen was am Boot machen. Hat sie natürlich recht und bei ihr klappt das auch gut. Ich fummele dagegen hier rum, fang da was an, möl die Ecke voll und zum Abend bin ich eigentlich ganz froh, dass sie mich nicht fragt, was ich denn den ganzen Tag gemacht habe?! Weiss ich eigentlich selber nicht. Dusche, Feierabendbier im Cockpit, die Motoryachten rauschen wieder alle an uns vorbei nach Hause und wir können deutlich eine Gesetzmässigkeit zwischen der Grösse der Yacht und der Lautstärke ihrer Musik erkennen: Je kleiner, desto lauter! Abendessen wieder am Grill, ich schaff diesmal zwei Kühe und lerne wieder was dazu: war ´ne blöde Idee!

Sonntag, 13.10.2013
Für heute habe ich endlich eine Idee, wie ich mich sinnvoll beschäftigen kann. Gefühlt sind unsere Trinkwassertanks immer ziemlich schnell alle, der Wassermacher ist beim Befüllen auch beindruckend schnell fertig und überhaupt blubbert es oft wenn wir den Wasserhahn aufdrehen. Ich könnte ja mal unser Trinkwassersystem überprüfen. Die Idee:  die Tanks rammelvoll machen (haben ja grad Trinkwasser aus Schlauch) und dann jeden der drei Tanks einzeln über einen Messbecher leeren. Weiss man immerhin schon mal, wieviel da jeweils noch raus kommt. Ist natürlich `ne stupide Beschäftigung, versuche ich also Marion überzuhelfen. Die will aber ihre Fotos am Rechner sortieren (Strom haben wir ja auch grad im Überfluss) und ich nicht solange warten. Fang ich also schon mal an, Tanks füllen, auf Tank 1 schalten, am Küchenwasserhahn `ne Schüssel voll laufen lassen, auskippen, wieder voll laufen, auskippen, ... Passen immer genau 4Liter rein, braucht man bloss noch mitzählen. Natürlich ist Marion zwischendurch am Labern, ich bin so blöd zu antworten, verzähle mich natürlich, kann den Tank noch mal vÜbeltäter gefundenollmachen, wieder mit Zählen anfangen, ... kann MANN sich echt Stunden mit beschäftigen. Hinterher weiss ich immerhin, dass aus Tank 1 mit viel Geblubber 80Liter rauskommen, aus Tank 2 100Liter und aus Tank 3 gar nichts. Da blubbert`s nur noch. Zieht die Saugleitung im Tank vermutlich Luft. Muss ich nur noch rauskriegen, welcher Anschluss an den Umschalthähnen im Motorraum zu welchem Tank gehört. Eine müde Erinnerung (der Einbau ist schliesslich schon Jahre her) sagt mir, dass der Nur-noch-blubber-tank links unter der Sitzecke ist. Also Sitzecke leer räumen, Bodenbrett abschrauben und schon sehe ich die Saugleitung. Einfachster Weg rauszubekommen, ob ich richtig liege, ist Saugleitung am Tank und am Absperrhahn abschrauben, ich puste dann im Motorraum da rein und Marion kontrolliert im Salon ob Luft raus kommt (hähä, war noch Wasser drin)! Ist aber die richtige Leitung. Tankdeckel abbauen (hatte ich natürlich mit Sika eingesetzt) und wieder einmal begeistert feststellen, wie findig doch die Hersteller bei der Auswahl der preiswertesten Materialien für ihre Produkte sein können. Die Saugleitung besteht aus geripptem dünnen Plastik, das offenkundig die Neigung hat sich in Trinkwasser zu zersetzen. Voller Löcher, am Anschluss ist das Teil schon halb durchgerissen. Da kann nur noch Luft kommen! `N anständiger Skipper hat in seiner Bastelmöl natürlich auch irgendwo Schläuche rumliegen, ich finde sogar die passende Grösse, das Ding an den Anschluss fummeln, Deckel wieder anschrauben, alle Schläuche anschliessen, Wasserhahn aufdrehen, wundern, dass kein Wasser kommt - ach ja, im Motorraum muss die Leitung natürlich auch wieder ran, neuer Versuch - Wasser läuft! Satter Strahl, kein Blubbern mehr - bueno! Jetzt kommt der Punkt, wo man in Europa das Bodenbrett unterm Salontisch abschrauben würde, um sinnvollerweise auch gleich den Blubbertank 1 zu reparieren. Hier sind wir aber in Südamerika! Da packt man einfach sein Werkzeug zusammen, räumt den Krempel zurück unter die Sitzbank, holt das Feierabendbier aus ´m Kühlschrank und murmelt ganz entspannt MANANA!

Montag, 14.10.2013
Eigentlich sollte die Überschrift heute heissen: Hurra, wir haben einklariert! Klappt aber nicht. Auf jeden Fall steht schon mal fest, dass wir einen neuen Rekord im "Langzeiteinklarieren" haben. “Mitten in der Nacht” hatten wir unseren Termin zwecks "Migracion" (die wollten uns unbedingt persönlich sehen). Um Neun! Waren wir denn also da, mit einer Mitarbeiterin von Keigla, kein Mensch hat uns angeguckt, statt dessen glotzt die Dame auf den mitgebrachten Berg von Papieren. Und schon piekt ihr Finger auf eine Zeile auf Seite 4329 - da ist was verkehrt!!!! In dem Fall das Ausstellungsdatum eines unserer Pässe. Interessiert keine Sau! Hier schon, können wir natürlich keinen Einreisestempel bekommen. Fahren wir eben wieder zurück, die Keigla-Mutti darf im Office alles noch mal richtig ausdrucken und wir fahren erstmal zum Boot, um im Cockpit rumzulungern. Gerade rechtzeitig, um anwesend zu sein, wenn die Guarda Nacional sich die Zeit mit der Kontrolle von Segelyachten vertreibt. Ist jetzt auch nicht soo anstrengend für die Jungs, da nur zwei Boote bewohnt sind - beim ersten wird schon mal "unautorisiert" mit der Flex gewerkelt und bei uns ist es noch viel schlimmer: wir haben kein "Permiso de Estadia"! Überhaupt haben wir gar keine Dokumente! Immerhin können wir wenigstens noch Kopien unserer Pässe und Schiffspapiere zücken, aber ohne das Permit sind wir hier irgendwie verkehrt. Ist aber nicht schlimm, lernt man ja schliesslich schon als kleines Kind, dass man nicht alles haben kann - bekommen wir halt einen Zettel mit ganz vielen Stempeln in die Hand gedrückt, wo draufsteht, dass wir das eben nicht haben. Morgen früh sollen wir unsere Originaldokumente nebst Permit vorzeigen und bis dahin machen die Jungs schon mal ein paar Erinnerungsfotos mit Sturmgewehr vor unserem Boot. Um Zwei stehen wir wieder frisch geduscht vor Keiglas Office, neuer Versuch bei der "Migracion". Diesmal scheinen alle Papiere in Ordnung zu sein, uns würdigt wieder keiner eines Blickes, dafür werden schwungvoll zwei Stempel in unsere Pässe geknallt. Grad wollen wir HURRA schreien, da werden wir auf den Boden der Tatsachen zurück geholt. Es fehlt ja noch die Capitaneria, zwecks "Permiso de Estadia". Dauert etwa drei bis vier Tage. Ups, das wird unseren Kumpels von der Guarda Nacional aber gar nicht gefallen! Per Taxi zurück, wir werkeln so`n bisschen am Boot rum, ich klapp den Kühlschrankdeckel hoch zwecks Feierabendbier, gibt`s den nächsten Nackenschlag. Bier alle! Nicht so schlimm, paar hundert Meter weiter in der "Americo Vespucci Marina" hatte ich einen Minimercado gesehen. “Ich bin mal kurz weg”, rufe ich Marion zu. Nettes Lädchen, die ganze hintere Reihe voller Kühlschränke mit Getränken und eine Mutti, die sich begeistert auf ihren einzigen Kunden - also mich - stürzt. Ich brauch kaltes Bier! Claro, hat sie - stolz zeigt sie auf die Kühlschränke. Vier verschiedene Sorten, das erschwert die Kaufentscheidung natürlich. Die "light"-Sorten kann ich schon mal ausklammern, bleiben noch zwei übrig. Am besten einfach mal probieren - greif ich mir also zwei Dosen und reiss sie auf. Die Mutti strahlt immer noch, fängt jetzt an, alles aus ihren Regalen und Truhen zu zerren, was ein Segler aus Deutschland ihrer Meinung nach noch so brauchen könnte. Ich brauch heute aber nur Bier! Macht nichts, vielleicht morgen und schon hält sie weiter tiefgefrorenes Fleisch, Käse, Butter hoch, ich watschel, in jeder Hand `ne offene Dose, brav hinterher, geduldig erklärt sie alles, was ich nicht gleich verstehe solange, bis ich nicke, ist mittlerweile bei den Zutaten für echt venezulanisches Essen angekommen und überhaupt, ich muss unbedingt morgen früh herkommen, da hat sie auch richtig leckere Empanadas. Ein anderer Kunde steht mit seinen zwei Bier schon `ne Weile an der Kasse und hört uns staunend zu - Whow, die hat dich aber in´s Herz geschlossen, meint er dann auf Englisch zu mir. Ich nutze die Chance, um gleich mal die Palette meiner Wahl daneben zu stellen und mich mit dem Versprechen, morgen wiederzukommen, nach draussen zu verdrücken. Bin ich aber noch nicht viel weiter, vorm Laden kann man gemütlich im Schatten sitzen und schon bin ich mit Rob, dem anderen Kunden am Labern. Rob spricht Englisch, arbeitet in der Ölindustrie (was soll man auch sonst tun in Venezuela), hat einen deutschen Grossvater und kann noch ein bisschen Deutsch. Prost, zum Beispiel. Ist dann auch schon `ne Weile dunkel, als ich mich auf den Heimweg mache (meine Palette ist etwas leichter geworden) und mit strafendem Blick empfangen werde. Für mal kurz weg, sind zwei Stunden aber ganz schön lange! Schieb ich natürlich alles auf die schladdernde Ladenmutti und ködere meine Holde mit einem lecker Abendessen im Marina-Restaurant. Klappt nicht, da sitzen alle im Dunkeln vor ihren Drinks - Stromausfall, keine Küche! Marion guckt mich an, als wenn ich das Kabel durchgeschnitten hätte - dann eben wieder zurück, wandern wir halt zum Strassenimbiss.

Dienstag, 15.10.2013
Musste ich doch glatt zweimal nachfragen: Ich bin mal rüber zur Marina-Tankstelle, um nach dem Preis zu fragen. “1Bolivar por 1Litro”. Wieviel ich denn brauche? Ungefähr 200Liter. Macht dann halt 200Bolivares! Brauch ich glatt `n Taschenrechner, um den Literpreis in Euro umzurechnen - keine 2Cent pro Liter! Kann ich den dauerjammernden deutschen Autofahrern eigentlich nur empfehlen, zum Tanken hierher zu kommen :-) Ansonsten warn wir heute auch noch bisschen fleissig, früh um Acht hatten wir ja schon den ersten Termin bei der Guarda Nacional. Dauert fast `ne Stunde eh wir uns alle einig sind, dass es ja schon mal toll ist, wenn wir jetzt ein Zolldokument und `n Einreisestempel im Pass haben. Gut, das "Permiso" ... aber wenn die Capitaneria nun mal soooo langsam arbeitet. Nachdem wir uns auf einen Schuldigen geeinigt haben, entwickeln die Jungs ungeahnte Aktivitäten. Sie schreiben einen offiziellen Beschwerdebrief an die Capitaneria. Das wird denen Dampf machen! Aber nicht jetzt, der Computador ist gerade ocupado - wir sollen um Elf wiederkommen. Machen wir natürlich brav, Sargento Taranudo (mittlerweile unser Kumpel) gibt seinem Untergebenen am Computador klare Anweisung wie so`n richtiger Dampfmachbrief auszusehen hat und schon suchen dessen Finger nach den dazu passenden Tasten. Dauert so `ne halbe Stunde, der Sargento liest sich alles noch mal durch und knallt dann zufrieden seinen Stempel unter den Schriebs. So, den schicken sie jetzt zur CapA la salude! Unsre lärmigen Nachbarn :)itaneria! Warum wir dafür nun daneben sitzen mussten, wird wohl zu den ewig ungeklärten Geheimnissen der venezolanischen Bürokratie gehören. Wir gehen erstmal zum Minimercado in der Marina, die Mutti ist sowas von hin und weg, kann Marion gleichmal ihr gesamtes Sortiment vorführen uns mit Empanadas vollstopfen und findet in Marion auch endlich eine interessierte Zuhörerin bezüglich des dazugehörigen Rezepts. Ich steh ja mehr auf die uruguayanischen Steaks in ihrer Kühltruhe. Nächster Tagesordnungspunkt: Näherei. Die haben wir auf der anderen Kanalseite entdeckt, genauer gesagt `ne Frau, die vor ihrem Minimercado eine Singer-Nähmaschine stehen hat. Sie repariert auch ropas. Genau das, was Marion sucht, sie erklärt der guten Frau wie hinterher alles aussehen soll, die nickt ganz verständnisvoll, nennt ihren Preis, jetzt nickt Marion und dann schwatzen sie noch gemütlich weiter. Vermutlich über die Probleme mit den Verursachern der zu reparierenden Risse. Paar cuadras weiter finden wir auch eine Wäscherei, versuchen das verwirrende Preissystem zu verstehen, kaufen auf dem Rückweg Brot und schaffen es gerade noch im Hellen zurück zur Fähre. Heute wird an Bord gespeist, der Käpt`n kocht!

Mittwoch, 16.10.2013Die Welt ist echt klein
Bisschen nerven tut es ja schon - während wir versuchen, IN RUHE zu arbeiten, sind unsere Nachbarn dabei, mit der Flex ihr Stahlboot zu zerlegen. Zumindest klingt es so. In Wirklichkeit trennen sie aber “nur” die Süllkante überm Deck ab - rundherum, stundenlang, seit gestern schon! Die kann dann nicht mehr rosten, erklärt Lobo, der Besitzer mit einem breiten Grinsen. Aber ausser der Neigung stundenlang Krach zu machen, haben er und sein italienischer Kumpel Biagio keine erkennbaren Macken, wir verstehen uns prima! Mittags und zum Feierabend gibt`s kaltes Bier auf der Mira, die beiden waren ebenfalls lange in Südamerika unterwegs, haben wir schon mal jede Menge zu Labern. Lobo hat sich jetzt in Santa Fé, einem beliebten Badeort in der Nähe, ein Häuschen gekauft, wo wir ihn unbedingt besuchen sollen. Marion sieht grosszügig über ihren Schleifstaub auf unserem Deck hinweg, hat sie trotz ihrer filzigen Haarpracht und dass sie den Käpt`n zum Rauchen anrüchiger Selbstgedrehter verleiten, in ihr Herz geschlossen und serviert ihnen zwischendurch kalten Orangensaft. Claro, sie mögen mein Bier lieber. Pünktlich zum Feierabend kommt dann ein Segelboot den Kanal rein, dreht mit mal und fährt auf uns zu - guck mal, die "Songerie",  ruft Marion. Tatsächlich rufen und winken Jaco und Christelle aufgeregt zu uns rüber. Mit den beiden hatten wir vor drei Jahren in Brasilien einige lustige Abende verbracht. Sie machen in der Marina auf der anderen Kanalseite fest, wenig später kommt Jaco auch schon rüber gerudert, umarmt Marion und drückt mir `ne Tüte mit einem Riesenfilet Dorada in die Hand. Hat er gerade geangelt. Da war es natürlich noch ´ne Goldmakrele und kein Filet. Lecker! (Wir sind ja inzwischen schon total Fisch-entwöhnt)!

 

Donnerstag, 17.10.2013
Immerhin schaffen wir es noch, Marions leckere Frühstückseierkuchen zu verdrücken, bevor unsere Nachbarn den gemütlichen Liegeplatz wieder in einen Werftbetrieb verwandeln. Aber nicht lange. Ihre Flex gibt den Geist auf. Lobos Reparaturversuche (aufschrauben und das Teil mal schütteln) bringen nichts, ein Boot mit einseitig abgetrennter Süllkante sieht aber selbst für seinen, nicht ganz so anspruchsvollen Geschmack blöd aus - kommt er also zu mir. Ob ich nicht vielleicht eine ... Da ringt man schon so`ne Sekunde mit sich - der Wohnkomfort ist eindeutig höher, wenn sie nebenan nicht flexen - aber logischerweise krame ich meine Flex raus und drück sie ihm in die Hand. Viel Spass beim Krachmachen! Machen wir uns einfach vom Acker. Erstmal zu Keigla, um zu erfahren, dass der Port Käpt`n jetzt gar nicht mehr da ist und unser "Permiso" also erst nächste Woche bearbeitet werden kanMira-Bar!n. Warum er der Einzige ist, der in dem riesigen Capitaneria-Gebäude unser "Permiso" bearbeiten kann und ob er jetzt Urlaub macht oder sich wegen dem Dampfmachbrief der Guarda Nacional aus dem Staub gemacht hat, weiss Keigla dann aber auch nicht. Egal, wir wandern weiter zur benachbarten Werft. Unser Unterwasserschiff ist mehr als überfällig und wenn die Preise hier so günstig sind ... ?! Unser einziges Problem, dass wir für den Aluminiumdampfer halt spezielles Antifouling brauchen. Gross wählen kann man auf der Werft eh nicht, sie haben nur eine Sorte, die sie überall drauf pinseln. Hecho en Venezuela, einfach super das Zeug - fährt hier jeder (meint der Werftchef jedenfalls). Halbe Stunde später halten wir das komplette Angebot in den Händen - umgerechnet 500Euronen für Kranen, Stellplatz, Schleifen, einmal Primern und drei Lagen Antifouling. Natürlich inclusive der Farbe!! Bueno, da bräuchten wir nur noch mit den Händen in den Tasche im Schatten stehen und zugucken, wie die Jungs werkeln. Der Weg zur nächsten Werft führt an der Songerie vorbei und weiter kommen wir denn auch nicht. Nicht weiter schlimm, Jaco und Christelle pendeln seit zwei Jahren zwischen Cuba und Venezuela und haben hier natürlich `ne Menge Kontakte. Dem ersten laufen wir gleich über`n Weg - DEM Ansprechpartner für Farben in Puerto La Cruz. Antifouling für Aluboote? Jotun wäre kein Problem, wegen Trillux von International braucht er ein paar Tage, er sagt Jaco Bescheid. Klingt doch schon mal gut. Die Werften weiter ablatschen brauchen wir nun nicht mehr, Jaco kennt die Ansprechpartner - spart schon mal jede Menge Zeit. Die nutzt Marion dann auch, um aus dem Fischfilet ein megalecker Fischcurry zu zaubern und entdeckt so nebenbei in der Tüte noch einen riesigen LobstIch bau dir ein Schloss ... :)erschwanz. Den gibt`s dann morgen!

Freitag, 18.10.2013
Lobo schleimt sich jetzt vollends bei der Bordfrau ein - er bringt ofenfrische Baguettes zum Frühstück mit! Müssen wir uns natürlich beeilen, dass wir die Dinger verschlungen haben, bevor er seine Flex wieder anschmeisst. Dann verdrücken wir uns eh, Marion hat zwei riesige Wäschesäcke vollgestopft (einfach erstaunlich, was Frauen immer so an Dreckwäsche zusammen bekommen), die wir dem Mädel im Waschsalon überhelfen wollen und ich will in die FerrAusziehn!!eteria. Also mit dem Fährbötchen auf die andere Seite und dort die Säcke gefühlte 5km bis zur Lavanderia buckeln. Bezahlt wird hier nicht per Kilo oder Maschine, sondern pro Stück. Für jedes Teil gibt es `nen Preis, also wird jedes T-Shirt, Slip oder Handtuch einzeln raus gezerrt, hochgehalten, begutachtet und auf `m Zettel vermerkt. Das liebt Marion ja besonders!!! Ich glaub, wenn sie das vorher gewusst hätte, hätte sie das Zeug schnell noch gewaschen, bevor sie`s herbringt :-) (SO´N QUATSCH!) Dafür geht`s in der Ferreteria wesentlich schneller, Schläuche haben sie nicht, die gibt`s in der Gomeria und schon folgt eine ellenlange Wegbeschreibung. Hab ich jetzt aber keine Lust mehr drauf - wir stöbern noch durch ein paar Minimercados, ich entdecke `nen Sack Holzkohle, Marion Joghurt, kaufen bisschen Obst am Strassenstand und dann winkt die Nähmaschinenmutti uns auch schon ran. Alles fertig! Marion guckt die Sachen durch, alles schön - bis auf das letzte Teil. Aus zwei Stücken von unserem alten Bimini sollte ein Rechteck genäht werden, mit sechs Laschen an den Seiten (wollen damit das hintere Solarpaneel abdecken solange wir jetzt Landstrom haben). Draus geworden ist so`ne Art Sack mit Laschen, aber rundherum zugenäht. Sieht ja nicht schlecht aus, können wir nur nichts mit anfangen :-) Trennen zusammen alles wieder auf und versuchen uns in einer neuen Erklärung. “Entiendes?” Sie nickt kräftig, lacht. Na, werden wir ja sehen ;) Zurück an Bord verkündet Lobo stolz, dass er mit Flexen fertig ist. Erleichtert reisst Marion alle Luken auf, schmeisst mich von Bord und baut uns neue, duftige Betten. Passt mir ganz gut, ich will unserem Backskistendeckel endlich mal ein Schloss verpassen. Baue ich also den Deckel ab, ziehe zu Lobo und werkel mit Bohrmaschine und FLEX an dem Teil rum. Zum Sonnenuntergang trag ich den Deckel dann stolz wieder zurück - jetzt hat er ein richtiges Edelstahl-Einbauschloss mit Zylinder und Haustürschlüssel! Nachdem Marion mich gebührend gelobt hat, hält sie mir den Lobsterschwanz hin: "Ich koche ihn, aber du ziehst ihn aus!"

Sonnabend, 19.10.2013
Ist ja eigentlich noch nicht so ganz unsere Zeit, aber was soll`s, ist ja für einen guten Zweck: Morgen ist Asado angesagt und wir wollen mit Jaco und Christelle Fleisch kaufen. Das könnte man auch beim Fleischer um die Ecke, aber noch besser geht`s in der Edelfleischerei, ein Stück ausserhalb. Düsen wir also FRÜH UM ACHT mit dem Taxi hin und tragen dem nächstbesten Verkäufer unsere Vorstellungen vor: Gross muss es sein, von `ner Kuh und auf `nen Grill passen. Schon werden die erlesensten Fleischberge an uns vorbeigetragen, T-bone, Rumpsteak, Spearribs, Lomo - das is`es! Das Kilo für 3Dollar, gut, etwas teurer (ist schliesslich `n Edelfleischer), wir nehmen 5! Der Laden hat seine Regale und Theken aber auch mit allerlei weiteren erlesenen Spezialitäten vollgestopft, ich greif gleich mal `n 5Liter-Kanister Olivenöl und dann hängt da noch SERRANO SCHINKEN!! Komme ich ja einfach nicht dran vorbei. Marion findet, dass ein halbes Kilo vielleicht doch `n bisschen viel ist, aber andererseits schleichen wir uns den Rest des Tages abwechselnd heimlich zum Kühlschrank und schieben uns edlen luftgetrockneten Jamón in den Mund. Hmmmm! Hätte vielleicht doch `n Kilo nehmen sollen?! Ist jetzt aber nicht so, dass wir den ganzen Tag nur gegessen hätten - bisschen fleissig sind wir trotzdem - ich beende mein Backskisten-Klausicher-Projekt und Marion bastelt inzwischen `ne riesige Schüssel Kartoffelsalat. Boah, sieht der lecker aus ... kloppt sie mir doch glatt auf die Finger. Der ist für morgen!

Sonntag, 20.10.2013
Gleich nach dem Frühstück überkommt mich der Bastelwahn. Salontisch abbauen, Bodenbretter hoch, Sitzpolster raus schleppen, die Staufächer darunter leer räumen, Inhalt gleichmässig im Salon verteilen, Bretter abschrauben - Wassertanks, die Zweite. So was lieben Bordfrauen! Vor allem am Sonntag. Damit sie diesen auch so richtig geniessen kann, gebe ich meiner sicherheitshalber noch ein paar Tipps - sie soll sich unbedingt einen Platz ausserhalb des Salons suchen, alle eventuellen Unmutsäusserungen meinerseits ignorieren und sämtlichen Dreck und Wasserlachen grosszügig übersehen. Kann sie ja hinterher wegputzen. Klappt auch ganz gut mit uns. Sie schleppt ihr Nähkistchen ins Cockpit und sticht dort im Schatten des Biminis mit der Nähnadel munter auf Sitzpolster ein, während ich in den akrobatischsten Positionen und Verrenkungen versuche, Schläuche zu lösen, Inspektionsdeckel abzuschrauben und mit super haftendem altem Sika-Kleber ringe. Bei den anderen beiden Tanks sind die Ansaugschläuche genauso zerfressen und der vom letzten Wochenende bekommt noch mal eine neue, verbesserte Version. Die Deckel setze ich diesmal mit Silikon als Dichtung ein (damit ich sie in fünf Jahren dann auch wieder aufkriege), Schläuche anschliessen, alle Schellen anziehen und Wasserhahn aufdrehen. Wasser sprudelt nur so, nix blubbert. Hinterher Tanks wieder auffüllen - alles dicht! Wirft der Chefmonteur sich natürlich schon so`n bisschen in die Brust. Muss ich nur noch mein Chaos beseitigen, Werkzeuge wegräumen, alles wieder in die Staufächer und Schränke räumen, BodenbretGrillmaster Jacoter rauf, Tisch anbauen, nach den Polstern greifen ... HALT!!! Nicht mit deinen Dreckpfo..., geh lieber duschen! Und während ich mich anschliessend wohlriechend mit dem wohlverdienten Bier im Cockpit räkele, versucht Marion schweissgebadet, die Spuren meiner Bastelexzesse vom Fussboden zu entfernen. Viel Zeit bleibt ihr nicht dafür, der nächste Termin ruft. Schmeisse ich also schon mal Salat, Fleisch, Teller und diverse kalte Dosen in den Picknickkorb, Frau springt unter die Dusche und dann tuckern wir auf die andere Kanalseite. Jaco hat schon den Grill angeheizt, seine gesamte (umfangreiche) BBQ-Ausrüstung daneben verteilt und (einfach unglaublich, was manche Leute auf ihren Booten so spazieren fahren), sogar einen Räucherofen aufgebaut. Da hängt frischer Fisch im Rauch, den gibt´s als Starter. Sogar jede Menge davon, schmeckt lecker und langsam kommen Zweifel in mir auf, ob ich das für mich eingeplante Kilo Fleisch noch schaffe. Wir schieben Tische zusammen, müssen immer mehr Stühle nachholen - die Runde wird immer grösser. Schweden, Kanada, Deutschland, zweimal England und Namibia sind vertreten - wir sind die Einzigen mit Dosen - hier trinkt man aus dem Glas ... und zwar Rum! Fleischberge wandern auf den Grill, Salatschüsseln werden hin und her geschoben, wir kriegen auch noch zwei Gläser, es geht laut und lustig zu, Kenner streiten über den besten Rum, Cuba-Zigarren werden gezückt, Engländer Nr.1 kriegt jetzt auch was mit, weil er sein Hörgerät auf Laut gedreht hat, Schweden und Kanada streiten übers Tauchen, Kananda verliert, Namibias Grillversuche sind eindeutig die Besten, die Rumvorräte der Leute scheinen grenzenlos, .... gegen 1.30 Uhr schleppen wir uns langsam RichtuWas wollen sie uns damit sagen? ...ng Schlauchboot ... äh, ich hab mein Kilo nicht geschafft!

Montag, 21.10.2013
Sitze nun schon `ne ganze Weile rum und überlege, wie ich es am elegantesten ausdrücke. Wir fühlen uns heute nicht so ganz frisch. Bringt es nicht ganz auf den Punkt. Ehrlich gesagt könnte man den Tag komplett streichen. Marion rafft sich immerhin noch auf, kramt unsere Bordapotheke raus. Dutzende Schachteln mit unaussprechlichen Namen werden auf dem Salontisch verteilt, sich an französischen, arabischen oder spanischen Beipackzetteln erfreut, und  dann alles in ihrer dazugehörigen Excel-Tabelle aktualisiert (last update: Oktober 2009/Malta!)... Ich leg mich wieder in die Koje, da stör ich sie wenigstens nicht!

Dienstag, 22.10.2013
Da war`n wir heute doch schon mal wieder wesentlich produktiver! Nach dem Frühstück zu Keigla - kein "Permiso", nächste Woche! Fanden wir jetzt nicht so gut - o.k., sie versuchen es morgen noch mal bei der Capitaneria. Wäscheberge in der Lavanderia einsammeln, die Nähmaschinenmutti heimsuchen (das letzte Teil hat jetzt zumindest die Form, wie es soll, nur die Laschen sind nicht da wo sie sein sollten). Wir nehmen es trotzdem mit, hat Marion eben noch was zu nähen :-) Einkaufen, in der Werft "Referenzobjekte" zwecks der Malerfähigkeiten hiesiger Anbieter anschauen - jetzt wissen wir schonmal, wen wir nicht malern lassen. Kurz Jaco und Christelle besuchen - Jaco geht`s heut schon wieder besser - für morgen zum Marktbesuch verabreden, Marion sortiert Wäsche und Apotheke ein, ich darf Mails beantworten, ... War jetzt nicht soooo viel, aber im Vergleich zu gestern doch echt `ne Steigerung.

Mittwoch, 23.10.2013
Schon wieder ein Termin: 8.30 Uhr, Christelle und Jaco wollen mit uns zum hiesigen Mercado. Cool, wir lieben Mercados! Natürlich kommen wir zu spät, weil Käpt´n erst noch die Leinen unseres lärmigen Rasta-Nachbarn los wirft. Der muss mit seinem Stahlpott in die Werft, Löcher im Rumpf! (Nebenbei sehen wir, dass auch die FranzShopping-Tagosen verschwunden sind, die Mira liegt nun ganz allein an der lauschigen Betonmauer). - Wir winken uns einen der ramponierten Strassenkreuzer-Colectivos ran und springen ´ne Viertelstunde später total verschwitzt in der Nähe des Marktes raus. An jeder Ecke ein Chinaladen oder eine Ferreteria, mittendrin der Mercado. RIESIG! Christelle mit Einkaufsliste (Früchte- und Gemüsenamen auf Spanisch) voraus, Jaco hinterher, dann wir. Ich bleib irgendwie immer weiter zurück - es gibt auch so viel zu begucken: Berge von Obst und Gemüse, Kräuter, Stände mit grossen Fleischstücken und sogar Gehacktem, zerlegte Hühner und lebendige, am Strick oder im Käfig, Eierpyramiden, Dörrfisch, Gewürze, Tabak, papelón con lemon (Melasse, aus der Limonade gemacht wird - schmeckt auch super im Rum ;), Säcke mit verschiedenen bunten Bohnensorten, Mais, Hundefutter, Kinderbekleidung, Trekkingschuhe aus Columbien, ... dazwischen immer wieder Stände, an denen man Empanadas, Perros Caliente (Hot Dogs ;) und etliches anderes mampfen kann, alles frisch zubereitet , claro. Daneben gibt´s Saft, wofür die Früchte vor unseren Augen in so ´ne Art Mixer wandern (ES MUSS JA NICHT IMMER BIER SEIN :) Die Leute sind echt nett und freuen sich, wenn wir sie mit Fragen löchern - Was ist das? Was macht man damit?... Jaco und Christelle sind schneller, aber die kennen ja auch schon alles. Am Ende sind wir voll bepackt und landen, nach einem "kleinen" Imbiss an der Strasse, gegen Mittag mit der Beute wieder auf der Mira. Da steht dann noch Abwasch und Wäschewaschen auf dem PrograVorher - nachhermm, Käpt´n schrubbt den Motorraumboden (das ist mehr als nötig!) - muss man ja ausnutzen, wenn´s mal Wasser satt gibt.

Donnerstag, 24.10.2013
"Und tschüss!" Der 3,5er-Tohatsu jault auf, da fährt er hin, mein Capitano. Wir vereinzeln uns heute. Er geht auf die "Jagd"nach unserem "Permiso de Estadia", nach Antifouling, Primer, Gas, Brot..., ich schraube alle Hölzer rund um den Niedergang ab (sehen saumässig aus) und vergnüge mich beim Schleifen. Trickse ein bisschen und nehme die argentinischen Rasquillas. Die müssen zwar dauernd angeschliffen werden und es gibt Blasen an die Finger, geht aber definitiv schneller. Anschliessend kurz mit Sandpapier drüber - fertig. Klingt fix, dauert aber, mit allen anderen Arbeiten drumherum, den ganzen Tag. Zwischenzeitlich kehrt mein Holder dreimal zurück (hat er wohl doch keine Ruhe, wenn ich hier alleine bin? ;) Als erstes hat er Wladimir aus Bulgarien getroffen, dessen Boot steht in der Werft, der kennt sich mit dem hiesigen Antifouling aus und er weiss auch, wo´s das gibt. Natürlich hilft mein Käpt´n Unser Nachbar schaut auch mal nach dem Rechten (wunderschöne Tiere, sehn echt wie Drachen aus)ihm nebenbei, das Ruder erst an- und dann wieder abzubauen. Erstes Bier! Er schaffts noch zu Keigla, von unserem "Permiso" noch keine Spur, eventuell nachmittags. Beim zweiten Mal erwischt er den Farbenmann, bekommt auch Preise dafür (an Bord angekommen hat er den vom Primer schon wieder vergessen). Dann hat er Lobo getroffen, der schon den halben Tag versucht, seinen Propeller abzuziehen. Claro, ihm kann auch geholfen werden, als Dank fahren sie gleich mal in seinem uralt Strassenkreuzer ein, zwei Bier trinken. Das dritte Mal dann zu Keigla, wieder Fehlanzeige. Er trifft Elke, eine deutsche Seglerin aus der Marina, kurzes Schwätzchen, trifft Lobo und vertieft sich mit ihm in das Thema Wellendichtung, dazu gibt´s n Bier ... und kommt erstaunlicherweise noch vorm Dunkelwerden zurück. Natürlich "erwischt" er mich dann gerade beim Plausch mit dem Marina-Gärtner.  ;) "Sch..., hab das Gas und das Brot ganz vergessen!" Egal, morgen ist ja auch noch ein Tag. Schieben uns zusammen unter die kalte Dusche, ich hab bisschen mehr zu schrubben, er weniger - aber dafür bekocht er mich dann lecker: Huhn an Reis mit edlen venezolanischen Gemüsen :)

 

Freitag, 25.10.2013Super schattiger Arbeitsplatz
WIR HABEN ES!!! Unser "Permiso de Irgendwas"! Gerade mal 15 Tage hat`s gedauert - eigentlich keine Zeit für ein, so begehrtes Dokument. Sieht beeindruckend amtlich aus, so mit Verzierungen und jeder Menge bunter Marken und Stempeln dekoriert. Ein Unikat eigentlich, mit persönlicher Widmung vom Hafenkapitän - steht sogar mein Name drin! Kriegt natürlich `n Ehrenplatz bei uns. In der Schrankwand, schön mit Lampen angestrahlt ... Gross feiern können wir das Ereignis aber nicht, haben jede Menge zu tun und am Besten klappt das, wenn wir uns vereinzeln. Hat sich gestern schon bewährt. Ich zuckel kurz zur Werft, anschliessend per Taxi in die Stadt und streunBiagio hat auch den Sch... Schleifjob erwischt und ist happy über jede Pausee durch diverse Farbenläden, um die Verkäufer zu nerven, Marion schleift an ihren Hölzern rum oder ölt oder schwatzt mit dem Gärtner - keine Ahnung, seh sie ja nicht. Ich weiss irgendwann, dass der Preis vom "Farbenmann" der Werft der Beste ist, es in Venezuela kein Aceton zu kaufen gibt und Verdünnung nur in Verbindung mit der Farbe. Hat den Riesenvorteil, dass ich auf dem Heimweg nichts zu tragen habe. Kommt sogar noch besser, der Bäcker kurz vor der Fähre kann nicht backen wegen Stromausfall, brauch ich nicht mal Baguettes zu schleppen :-) Ist jetzt für das Ego des Mannes natürlich nicht so förderlich, wenn er so völlig ohne Beute und mit leeren Taschen von der "Jagd" zurückkehrt, aber ich bin ja dickfellig und Marion glaubt mir meine Ausreden. Sie scheint immerhin doch mehr gearbeitet als geschwatzt zu haben, ihre Hölzer sind alle fertig! Und weil es für eine Beziehung ja gut ist, wenn man auch gemeinsame Erlebnisse hat, tuckern wir noch mal zusammen zur Werft. Wir bestellen beim "Farbenmann" für Montag Primer und Antifouling, halten Lobo und Biagio von der Arbeit ab, indem ich eine Tüte voller kalter Dosen vor ihrer Baustelle ausbreite, vergessen beim Schladdern fast die Zeit und schaffen es gerade noch kurz vorm Feierabend ins Werftoffice. Dauert `ne Weile, bis wir uns so richtig einig sind, was wir eigentlich alles wollen - am Ende haben wir einen Krantermin für Montag früh und das "Komplett-mit-den-Händen-in-der-Tasche-daneben-steh-Paket". Kranen, Stellplatz, Hochdruckreiniger, Schleifen und sechs Anstriche für umgerechnet 290 Eurönchen! Ist jetzt bloss blöd mit dem Sonntags-Assado ... letzten Montag hätte ich um Acht noch nicht Boot fahren wollen :-(

Sonnabend, 26.10.2013!Buen provecho!
Frühs schnell die letzte Ölung (für die Hölzer natürlich ;), nebenbei Kaffee und Banane, duschen, anhübschen, auf zum Mercado! Der ist, wie uns schon angekündigt wurde, zum Wochenende besonders voll. Stürzen uns ins bunte Getümmel und landen beim Schuhverkäufer, dessen Angebot uns das letzte Mal schon ins Auge stach: Trekkingschuhe aus Columbien. In meiner Grösse gibts 15 verschiedene, mein Capitano hat nicht die Qual der Wahl, gerade mal 1 Paar in der 42. Probiere alle an (komisches Gefühl mit Schuhen an den Füssen, wenn man nur noch Flip-Flops gewöhnt ist), bin anschliessend schweissgebadet, aber halte irgendwann doch grinsend die Auserwählten in der Hand. TIMBERLAND! Für 500 Bolivares (knappe 9 Euro!) Whow! Der Capitano weiss nicht so recht ... NIMM SIE!, helf ich ihm bei der Entscheidung :) ´Ne Stunde später sind wir vollbepackt mit Fleisch, Gemüse und Obst, essen uns an einem der Marktstände für umgerechnet 2,85 Euronen (für beide!) kugelrund und machen uns auf den Rückweg. In unserer Panaderia gibt´s heut wieder Brot (heiss, gerade aus dem Ofen :), dann mit der Lanchita ans andere Ufer, wo die Mira noch als einziges Segelboot uAu Backe!nter Palmen und Mangobaum an der Mauer liegt. - Die Hölzer am Niedergang können wieder dran, erneuere vorher rundherum unsere Ameisenfalle aus China-Kreide (unglaublich, wie das Zeug wirkt!!) Muss nur aufpassen, dass mein Mitbewohner im Vorbeigehen nicht wieder alles abwischt, davon wächst ihm vielleicht ein drittes Auge oder so. Inzwischen hat´s angefangen leicht zu regnen und in der Ferne grummelt Donner. Punkt 15 Uhr gibt´s ´nen Mordsknall. Das war jetzt aber kein Donner! Gehen beide ins Cockpit und sehen in der Marina genau gegenüber eine schwarze Qualmwolke, die schnell grösser wird. Ein zweiter Knall und Flammen schlagen hinter den Segelyachten hoch. Weia! Da möchte ich jetzt nicht liegen!! Christelle und Jaco mit ihrer Songerie sind nur ein paar Liegeplätze entfernt. ´Ne Menge Leute sind am Rumrennen, Feuerlöscher werden ausgelöst, irgendwann zieht ein Schlauchboot die, inzwischen lichterloh brennende, Motoryacht langsam aus der Marina in den Kanal und hinaus auf´s Meer. Eine riesige Feuerwalze (hab noch nie gesehen, dass Feuer sich "drehen" kann!) und eine gigantische, pechschwarze Qualmwolke hinterher. Hoffentlich wurde niemand verletzt dabei! - Puh, gut, dass wir so weit weg waren. Vonwegen, unser Platz hier ist nicht sicher!

Sonntag, 27.10.2013
Böckchen-Tag. Warum?? Hitze? Wechseljahre des Mannes ;)? - Frühs hockt Käpt´n vor der Funke, ruft die Maia, danach die Marlin - nichts. Rauschen. Er brubbelt und knurrt vor sich hin, noch ein Blick auf die Uhr ... die hat sich mal eben automatisch eine Stunde zurückgestellt. In Deutschland beginnt ja heut die Winterzeit, aber hier doch nicht!!! - Ich mache mich vormittags auf den Weg ins Marina-Büro und breite stolz alle, nun vollständigen Dokumente aus. So ´n Pech, der Kopierer geht nicht. Erfrage den Preis für die 14 Tage, die wir am Mäuerchen verbracht haben und vergesse selbstverständlich nicht, nach descuento, einem Preisnachlass zu fragen. O.k. den eigentlichen Preis sagt sie mir, den Nachlass handeln wir aus, wenn wir Montag oder Dienstag bezahlen kommen (müssen erst noch Dollar tauschen). Bueno. - Wir haben am Boot bisschen vorzubereiten, noch mal die Wassertanks auffüllen, etc. mo15 Tonnen in der Schwebe - Millimeterarbeit (Achterstagen - Windgenerator)rgen früh geht´s nach Varadero - so nennt man hier die Werft. Käpt´n stürzt sich auf die Winchen, baut sie auseinander, reinigt sie, hat die Schmiere schon bis hoch zu den Ellenbogen, ... "Wäre das nicht nach dem Werftaufenthalt sinnvoller? ", traue ich mich zu fragen. "Gibt ja doch noch ´ne Menge Dreck ..." Statt einer Antwort gibt es einen vernichtenden Blick. O.k., geh ich eben unter Deck, da gibt´s auch genug zu tun. Den absoluten Tiefpunkt erreicht die Stimmung, als er sich gegen 16 Uhr zum Bierkauf entschliesst und sämtliche Mercados beiderseits des Kanals geschlossen haben (ist ja schliesslich Sonntag). Nix mit Feierabendbier! Wir wählen das Assado drüben bei Christelle und Jaco auch gleich ab, sind ja schliesslich lernfähig - Assado am Sonntag = Kopfschmerzen am Montag. Und da haben wir gleich frühs unseren Krantermin.

Montag, 28.10.2013
Viel besser, können uns nach der Dusche schon mal wieder angrinsen. Geht doch :) 8.30 Uhr haben wir Krantermin. Blödsinn, zu denken, dass 8.30 Uhr auch 8.30 Uhr meint. Sind schliesslich in Südamerika. Sehen schon von weitem, dass die "Box" besetzt ist und noch ein weiteres kleines Motorbötchen dahinter wartet. Kurven wir eben noch bisschen rum. Vielleicht war auch ein anderer Wochentag, oder Monat gemeint? Die Marina-Seglergemeinde gerät in Aufregung, denken, wir wollen auf einen Liegeplatz dort und wollen alle helfen. Aufgereiht stehen sie am Steg und winken. "Ne, wir müssen da rüber, in die WKuschliges Unterwasserschiff, aber immerhin keine Seepockenerft". Irgendwann ist es doch soweit und wir gehen mit dem Heck zuerst in die Box. Unsere Lieblingsdisziplin! Dann heisst es wieder warten ... Zwischendurch kommt Jo aus Deutschland vorbei und erzählt uns in ca. 15 Minuten das Wichtigste über Venezuela, wo es Klopapier gibt, Zucker, Milch, ... Reisetipps und wo er bisher überall war. Auch in Argentinien ... Der Kranfahrer winkt, jetzt wird´s ernst. Käpt´n erklärt ihm, dass wir zwei Kiele haben und an welche Stellen die Gurte müssen. Dafür ist der Kran zu klein, er will die Gurte direkt hinter dem Ruder. Käpt´n greift schon nach Maske und Schnorchel, um in die ölige Brühe zu springen, aber sie haben einen eigenen Taucher, der kurz darauf in der Suppe verschwindet. Brrrrr! Dann heben sie die dicke Mira aus dem Wasser (immer wieder spannend!!), die Gurte sitzen perfekt, tropfend wird sie an Land gefahren und erstmal geschrubbt. Das macht allerdings mehrere Dutzend Krabben obdachlos, die sich ja schon länger bei uns heimisch fühlten und jetzt völlig entnervt, auf der Suche nach einem neuen Zuhause, in Richtung Kaikante flüchten. Am Ende sieht sie RICHTIG sauber aus (obwohl das Zitrone-Salz-Peeling des YCA in Buenos Aires ihr auch mal wieder gut getan hätte). Gegen 15 Uhr steht sie auf ihrem neuen Varadero-Platz, bereit, sich am Bauch kratzen, schleifen und bepinseln zu lassen. Zum Nachmittag gibt´s hier sogar Schatten, echt perfekt! Wir müssen noch rüber zu Keigla, Dollar umtauschen. Der Kurs steht heute bei 1:50! Cool! Gehen wir gleichmal ins Werft-Office und bezahlen die Hälfte des veranschlagten Preises - Preis von voriger Woche, Umtauschkurs von dieser - grins!

Dienstag, 29.10.2013Wort des Tages: lijar - schleifen
WAS SOLL DER LÄRM!? Ist ja nicht auszuhalten! 6.14 Uhr falle ich aus der Koje. Direkt neben meiner Luke sitzt ein winziger, quietschgelber Vogel mit rotem Kopf (garantiert rot vor Anstrengung) und schmettert sein Lied. Lautstärke gefühlt = Trompete. Wie macht der das?! O.k., o.k., hast es geschafft! Wir haben ja auch ´ne Menge zu tun heute. - Gegen 8 erwacht dann auch das Werftleben, nebenan wird Fiberglas geschliffen, der Wind steht "günstig", passt prima zum Frühstück. Schnelle Dusche - dürfen die der Marina nutzen, gibt sogar warmes Wasser! Wie lange hatten wir das denn nicht mehr?! Anschliessend natürlich auf kalt drehen, draussen warten schon mal satte 28°C. Unsere Schleiftruppe ist mit vier Mann angetrabt und beginnt ihre Arbeit. Sie schleifen per Hand, was irgendwie zu erwarten war. Käpt´n brubbelt vor sich hin und kramt den Schwingschleifer raus. Dafür brauchen wir 220V, ergo einen Adapter, ergo trabe ich ins oficina und komme mit 20m Kabel (mittig durch nackte, zusammengedrehte Kabelenden verlängert) nebst Stecker zurück. Am anderen Ende grinsen uns drei "blanke" Kabelenden an. Who is who? Wieder einmal. Dem Nachbarn unter die Nase halten, dem von gegenüber auch, aha, das müsste also Erde sein ... Dem Käpt´n stehn nicht die Haare zu Berge als er den Stecker einsteckt, war also richtig. Er fängt an, abgeplatzte Stellen im Primer zuAlle war´n fleissig, Zeit für das Feierabendbier aus der Mira-Bar schleifen, ich such mir und dem Propeller ein schattiges Arbeitsplätzchen unterm Nachbarboot - bald sehn wir alle aus wie S.. Die Jungs quälen sich echt, besonders zwischen den Kielen (ist ein Sch...job, das wissen wir, aber darum lassen wir es ja machen ;) Darwin, der Farbenmann kommt zwischendurch und wuchtet in einem unbeobachteten Augenblick die Primer-, Verdünner- und Antifoulingdosen auf´s Boot. Primer ist bisschen viel geworden, da haben die Männer wohl aneinander vorbei geredet. Egal. Lobo und Biagio sind auch fleissig, einer klatscht weisse, der andere schwarze Farbe auf´s Boot, dementsprechend sehen sie auch aus :) Zwischendurch kommt Wladimir von nebenan, er braucht ´ne Feile und fragt ganz nebenbei, ob René denn Ahnung von Mechanik hat, denn er bastelt schon seit Wochen an seiner Steuerung rum. Käpt´n schüttelt tapfer den Kopf (momentan müssen wir erstmal zusehen, dass wir fertig werden). So ganz nebenbei ist unser Schleiftrupp verschwunden. Mittagspause? Ist wohl noch zu früh. Dem Käpt´n schwillt schon der Hals - ich will nach dem Mittag mal im oficina fragen. "Nein! Dann können wir das gleich alleine machen!!" Oh, tranquillo! Es Ameria del Sur! ;) Hüpfe in die Dusche, danach duftig (!!) ins Marina-Office und schildere nett unser Problem. Der Jefe nimmt sich dessen persönlich an, kommt gleich mit, sieht sich den Mira-Bauch an und hat zwei andere Jungs, die dann fleissig weiter schleifen. No problem! No pagar mas. Soll nichts extra kosten. Bueno! Wir haben noch für 14 Tage in der anderen Marina zu bezahlen, mache mich mit den Dokumenten und abgezählten Bolivares auf den Weg. 2 Bolivares für die Lanchita. Im anderen Marina-Office sitzen zwei gelangweilte Damen, die über Internet gerade ihre Weihnachtsgeschenke bestellen. ICH STÖRE! Blöd. Mann hat ja auch gern mal was jüngeres im Arm ;)Leider ist die Nette, mit der wir sonst alles klargemacht haben, nicht da. Also fange ich beim Urschleim an ... angekommen am 10. usw. Ich kriege den Preis, über 3000 Bolivares. "No, es no correcto!" (hab ja auch nur 2400 mit). Hin und her, am Ende landen wir doch bei eben diesen 2400 Bolivares. Blöde Tussen, denke ich mir, bezahle, bedanke mich und gehe. Noch ein Abstecher zur Guardia Nacional gleich um die Ecke, die freuen sich, unser "Permiso de Estadia" zu sehn, kurzer Plausch auf der Kunstledercouch im tiefgekühlten Empfangszimmer und ich darf wieder gehen. Unsere ehemaligen Nachbarn von den Pilotbooten winken und fragen, wo wir hin sind und ob wir zurück kommen. Echt lieb, die Leute hier! - Wieder die Lanchita über den Kanal, schnell zum Bäcker und frische Pancitos kaufen (denkt René eh nicht dran), auf dem Rückweg fahren sie an mir vorbei: lässig den Arm im Fenster, im dicken fetten Amischlitten von Lobo. MÄNNER eben! Da kann ich winken soviel ich will, sie gucken nur nach den Chicas ;) Claro. Zurück auf dem Boot sind die Jungs noch fleissig am Schleifen, neben dem Niedergang stehen zwei monströse Bolzen - aha, war er also doch nicht nur am Quatschen. Wir brauchen ein neues Ruderlager und anscheinend hat er eine Werkstatt mit Drehbank gefunden. Material dafür haben wir da. - Stunde später kehrt mein Käpt´n MIT frischen Baguettes heim! Wir schicken die Lobo-Arbeitscrew duschen und anschliessend sitzen wir alle bei uns zwecks Feierabendbier (später beim Grappa - DER LETZTE!). Lustiger Abend, wir blödeln schön rum, bekommen von Biagio und seiner Claudia zwei Kettenanhänger mit irgendwelchen mystischen Steinen als Abschiedsgeschenk, haben Spass ohne Ende und lachen wohl irgendwann so laut, dass die Werft-Security leicht nervös wird und doch mal nach dem Rechten sieht. Upps! ;)

 

Mittwoch, 30.10.2013
Heut reisst uns ein Kompressor aus dem Schlaf. Also dann doch lieber der Vogel! -  Käpt´n verschwindet morgens im Motorraum und demontiert die kompEr hat einen Plan ...lette Wellenanlage. Er hat wohl einen neuen Plan ... Ich nehme mir den Paddelradgeber der Logge vor  und versuche, das Lebewesen, das dort wohnt, herauszupulen. Vom Paddelrädchen keine Spur mehr, da ist nur noch ein glibberiges, stinkendes Etwas und das hält sich fest! Kommt er halt in ´ne Tasse mit Essig, wollen wir doch mal sehen. Der Bolivares-Stapel ist schon wieder alle, also sprinte ich zwischendurch rüber zu Keigla, Dólares tauschen. Bin kaum zurück, fängt es an zu schütten und dabei bleibt`s dann auch für den Rest des Tages. Nicht weiter schlimm, wir haben drin auch genug zu tun. Räume ich also die Schränke unter der Spüle und die Bilge darunter leer, der Abflussschlauch braucht dringenst ´ne Reinigung. Schlauchschellen lösen (hoffentlich kriegen wir ihn anschliessend wieder richtig dicht), Schlauch raus schleppen und mit Wasserstrahl, Lappen und Stock solange drin rumpulen, bis das Teil wieder blank ist. Mein Käpt versucht inzwischen, den Ruderquadranten zu lösen, damit wir das Ruder ziehen können (das obere Lager ist auch ausgeschlagen). Lempeln dann trotz Regen noch mal los in die Stadt, um Lager Nr.1 einzusammeln. Tolle Bude, und die haben richtig viel zu tun! Unsere Buchse ist trotzdem fertig, sieht prima aus, gute Arbeit! Käpt´n überreicht dem Meister dafür gleich das nächste Teil. In der Ferreteria gegenüber sacken wir Schleifpapier und Abklebeband ein, essen Mittag bei der Mutti paar Häuser weiter, frische Brötchen, Bier und Zigaretten kaufen, zurück zur Werft. Da steht Lobo mit seiner Frau Gabi im Regen. Er versucht, sein Ruder zu streichen, geht natürlich nicht, ist zu nass. !Mierda! Und überhaupt! Gestern Nacht wurde er (ziemlich betrunken, da er mit Biagio ja noch `ne Flasche Rum auf dem Heimweg trinken musste) von Polizisten gestoppt, die ihm Handy, eine Palette Bier und den Winkelschleifer, der im Auto lag, abgenommen haben (vermutlich statt Strafe). Na ja, in Europa hätten sie ihm die Fahrerlaubnis abgenommen (und er hat nicht mal eine!) - was ist jetzt schlimmer? Ziemlich bedröppelt zieht er wieder ab, wir werkeln noch rum - das Ruder kriegen wir so nicht raus, das Boot müsste ein Stück angehoben werden. Oder graben wir eine Grube? ... Das verschieben wir auf morgen - FEIERABEND!

Donnerstag, 31.10.2013
Heutige Hauptbeschäftigung: wir graben ein Loch. Nicht, dass wir nichts besseres zu tun hätten, wir brauchen das Loch, um das Ruder ziehen zu können. Ein halber Meter fehlt. Der Travellift kann uns nicht so hoch heben wegen der achterlichen Aufbauten und Stagen. Also dreschen wir auf den, von der Werft liebevoll aufgeschüttetem Boden, mit Hammer und altem Schraubendreher ein. Mühe haben sie sich gegeben, das muss man sagen. Stein an Stein. Hoffen, irgendwann auf Öl zu stossen. Wär doch was, ´ne eigene Ölquelle (haben ja schliesslich den Stellplatz bezahlt)! Leider sprudelt nichts, aus der Traum von einer nie versiegenden Einnahmequelle. Der Jefe läuft paarmal an uns vorbei, sagt aber nichts. Löcherbuddeln findet er bestimmt nicht sooo toll. Lobo ist heut wirklich zum letzten Anstrich erschienen, am Nachmittag soll die "Océan" ins Wasser. Was Farbe so ausmacht! Sie sieht recht gut aus. Kaum noch Einschläge und Löcher zu sehen, der Anstrich hält alles zusammen. Käpt´n guckt noch mal durch, der Propeller ist jetzt richtig gesichert und kann nicht nach ´ner Woche wieder abfallen, ...die Sicherungssplinte am Ruder fehlen. Lobo zuckt mit den Schultern. Die alten hat er weggeschmissen oder verloren, geht sicher so. Rasta eben! Wir kramen welche aus unseren Kisten und mein Käpt´n baut sie sicherheitshalber auch gleich selbst ein ;) Danach ziehen die beiden aus, Schrauben, Muttern und Sikaflex zu suchen, heisst sie schwingen sich auf die weichen Sitzpolster von Lobos himmelblauen 76er Ford Landau Kombi, der V8 startet und die zwei entschweben in Richtung Stadt. Zweieinhalb Stunden später sind sie zurück. Käpt´n sieht reichlich geschafft aus, bringt aber Schrauben, Sikaflex und sogar Verdünnung als Beute mit. Er kann gar nicht sagen, in wievielen Geschäften sie waren. Allein hätten wir damit bestimmt einen Tag zugebracht, aber Lobo kennt sich hier ja aus. Als Belobigung gehen wir drei anschliessend bei der Mutti um der Ecke was essen, dann ist wieder buddeln angesagt. Die "Océan" hängt gerade in den Gurten des Kranes als der Himmel die Schleusen öffnet. Soviel zum Thema Loch! Morgen früh haben wir vielleicht ´nen eigenen Pool ;) Die Männer fahren das Boot zusammen rüber in eine andere Marina und kommen danach auf ein Bier an Bord. Sofort steht die Security bei Fuss und will Lobo wegschicken. Es ist Feierabend, alle Arbeiter haben die Werft verlassen, alle Tore sind verschlossen, nur die, die auf den Booten wohnen dürfen noch hier sein. Man, die passen aber auch auf! Lobo quatscht die Männer so zu, dass sie abziehen. O.k., 10 Minuten hat er bekommen. A la salud!!

Freitag, 01.11.2013
Hock ich also wieder vor meinem Loch, höre mir die Bemerkungen der vorbei schlendernden Werftarbeiter an und dresche mit Hammer und Meissel munter auf die Steine ein. Nö, ich grabe nicht nach Gold oder Öl, das ist für meine Frau! Gucken doch einige tatsächlich rein, ob sie da unten liegt. Irgendwann ist es dann endlich tief genug - nicht für Marion, sondern damit wir das Ruder nach unten rausziehen können. Klappt super, dafür wird`s mit den alten Ruderlagern wieder spannend. Die Dinger sind so fett mit Sika eingeklebt, da hilft nur noch brutale Gewalt, sprich Hammer und Meissel. Während ich Marion dann generös Wer andern eine Gräbe grubt, ...das Entfernen der Klebereste überlasse, krame ich aus den Tiefen meiner Ersatzteillager schon mal die neuen Lagerbuchsen raus. Über den Ruderschaft schieben - passt perfekt, null Spiel. Wäre natürlich zu schön, wenn`s ganz perfekt ist, am Ruderkoker passt es nicht. Lager zu dick! Aber kein Problem, kann man schliesslich abdrehen (ich weiss ja jetzt, wo `ne Drehbank steht). Schnell noch meine Mitarbeiterin motivieren: "Das muss ordentlich sauber und fettfrei sein! Bin gleich zurück!", schnappe mir den Rucksack und zieh los. Die kleine Werkstatt ist rammelvoll, einige Schlosser sind am Werkeln, andere am Schwatzen, ein paar Kunden versuchen, noch jemanden zu überzeugen ihre Radlager, Getriebedeckel oder sonstwas doch noch kurz vor Feierabend zu reparieren, der Meister an der Drehbank schüttelt gleich den Kopf als ich meine Lagerbuchsen hochhalte. Natürlich überrede ich ihn, die Dinger doch noch heute abzudrehen. Dauert aber `ne Stunde. Kein Problem! Wladimir, unser bulgarischer Werftnachbar hat auch gerade jemanden gefunden, der sich seines Steuergetriebes annimmt - können wir also zusammen warten. `N Bierchen? Gute Idee! Wir auch, rufen gleich die Schlosser. Schlendern wir also die Strasse runter zum nächsten Bierstand, unterstützen die lokale Brauerei und sacken anschliessend noch `n paar Dosen für die Werkstattjungs ein. Das bringt uns auf der Warteliste schlagartig nach ganz oben ;) Einer dreht gleich mal die letzten Gewinde in meinen neuen Adapter für den Wellenflansch (der sonst erst Montag fertig wäre), Wladimirs Schlosser kann mit `ner Dose vor sich auch viel schneller feilen, der Meister hat die Lagerbuchsen in die Drehbank gespannt und nimmt noch mal `n Schluck bevor er loslegt - hätten die anderen Kunden ja auch drauf kommen können! Die Dosen sind schnell alle, zwei Jungs holen `ne Kiste Nachschub, alle langen kräftig zu, wir auch. Während die Stimmung weiter steigt, nimmt die Arbeitsmoral im direkten Verhältnis zum Kisteninhalt ab. Irgendwann sind die Schlosser ausschliesslich mit Flaschenöffnen beschäftigt (da ist mein Adapter aber fertig) - die Einzigen, die noch arbeiten sind der Meister an meinen Buchsen und `ne Putzmutti, die verzweifelt versucht, Metallspäne und Kronkorken zwischen unseren Füssen wegzufegen. Dann nur noch die Putzmutti, die Jungs holen `ne neue Kiste, draussen ist es stockdunkel, meine Teile sicher im Rucksack, wir sind noch `ne Weile am Labern und irgendwann mach ich mich mit Wladimir auf den Heimweg. Ist `n langer Weg! Kurz vor der Marina überlegen wir, ob wir nicht noch ein Feierabendbier trinken sollten. Super Idee, Wladimir kennt `ne nette Kneipe direkt am Strand. Kühle Brise, Seeblick, das Meer rauscht - perfecto! Hier sitzen die Jungs, sind gemütlich am Schwatzen, trinken ihr Bierchen und damit die Kellnerin sich nicht soviel merken muss, bleiben die leeren Flaschen immer auf dem Tisch stehen. Wenn Tisch voll, wird `ne Kiste daneben gestellt, leere Flaschen rein und die Jungs können weiter trinken, bis Tisch wieder voll :-) Sooo lange sitzen wir dann natürlich nicht! Als wir uns dann mal wieder auf den Heimweg machen, kommen wir noch an einer anderen Kneipe vorbei, was auch ganz gut geklappt hätte, wenn Wladimir da nicht ein paar Jungs kennen würde. Muss man ja kurz Hallo sagen und Schwups, stehen zwei Flaschen vor uns. Aus Anstand müssen wir dann natürlich auch `ne Runde holen und jetzt haben die restlichen Jungs den Ehrgeiz der Reihe nach den Tisch mit Bierflaschen voll zu stellen. Können wir ja nichts dafür, wenn das hier so Tradition ist! Jedenfalls kommen wir dadurch etwas später nach Hause als geplant und als ich dann so die Bootsleiter hoch klettere und meiner Holden stolz zurufe "Alle Teile fertig!" habe ich das Gefühl, dass mein diesbezüglicher Einsatz nicht richtig gewürdigt wird. Merkwürdigerweise haben Frauen wohl immer die Angewohnheit, sich nicht über das Ergebnis (die passenden Ersatzteile) zu freuen, sondern sich über das Drumherum (also den Mann) zu ärgern.

Sonnabend, 02.11.2013Geschafft!
Wenn ich zum Frühstück Rührei mache ist das meist ein Zeichen, dass ich mich bei meiner Crew einschleimen will. Heute auch wieder! Klappt aber meist. Da Marion ja gestern genug Zeit zum Putzen hatte, sieht der Ruderkoker natürlich aus wie geleckt, halte ich gleich mal die abgedrehten Lagerbuchsen rein - passt! Zum Glück haben wir die geniale Idee, bevor wir die Dinger einkleben erstmal alles "trocken" zusammenzubauen. Ruder in die Grube stellen, nach oben schieben und die untere Befestigung anschrauben. Dauert natürlich viel länger, weil schöne Quälerei zu zweit - dafür passt es auch nicht! Bei der Befestigung bleibt ein Spalt und das Ruder ist regelrecht festgeklemmt. SCH...! Wühlt Marion also noch mal in der Mülltonne (ist ja zum Glück Wochenende und keiner da), um die Reste vom alten Lager zu suchen. Der obere Rand ist nur 5mm, beim neuen 10! Das kann nicht passen! Schnapp ich mir also wieder den Rucksack, werde mit einem liebevollen "Pass auf, dass du Wladimir nicht triffst!" verabschiedet und flitze in die Stadt. Wladimir wartet schon in der Werkstatt! Aber nicht auf mich, sondern auf sein Getriebe. "Sein" Schlosser hatte gestern doch vorschnell die Feile zuBeweisfoto! Ich tu hier auch wasgunsten der Bierflasche eingetauscht :-) Ich beschwatze den Meister, meine Buchse unbedingt als nächstes in die Drehbank zu spannen, plausche mit Wladimir über das mangelnde Verständnis unserer Ehefrauen für die Schwierigkeiten bei der Ersatzteilsuche und Werkstattaufenthalten, wander irgendwann mit dem fertigen Lager ALLEINE wieder zurück, vergesse nicht einmal noch Brot zu kaufen und hab sogar noch einen Arm frei für `ne Stiege Kaltgetränke. Diesmal klappt auch der probeweise Ruderzusammenbau, wir schleifen alle "Einschläge" im Unterwasseranstrich noch mal nach, klatschen die erste Runde Primer drauf, ich darf sogar noch mein Lieblingsspielzeug, die Flex, auspacken und die ganzen Schrauben für den neuen Wellenadapter zuschneiden und nachdem wir uns in der Marinadusche auf zivilisationstauglich getrimmt haben, lade ich meine Holde zum romantischem Abendessen ein. Kleine Kneipe am Meer - Seeblick, der Mond scheint, die Wellen plätschern, leere Flaschen auf dem Tisch ...

Sonntag, 03.11.2013
Wir sind weiter fleissig am Werkeln, verpassen den "Einschlägen" auf der Backbordseite die zweite Runde Primer, kleben die Ruderlager ein, montieren das Ruder und ich bau unsere Wellenanlage fast wieder zusammen. Dauert den halben Tag, ich darf auch noch mal flexen und würde das normalerweise ausgiebigst schildern, aber Marion findet, dass ich zuviel über Technik schreibe. Ich könnte stattdessen auch mal erwähnen, dass ihr heute beim Reinigen der Lenzrohre `ne Klobürste drin stecken geblieben ist. Gibt`s also statt dessen die Klobürste. Und um die Würdigung der weiblichen Leistungen des heutigen Arbeitstages noch abzurunden, lobpreise ich an dieser Stelle auch noch den vorzüglichen Braten, den sie aus dem anderthalb Kilo Fleischbatzen, der seit einer Woche in unserem Kühlschrank rumlag, gezaubert hat. Lecker!!!!!Umzug

Montag, 04.11.2013
Na, da sind wir doch schon mal `n ganzes Stück weiter! Ungefähr 50 Meter! Irgendwie hat die Schleiferei auf dem Kunststoffdampfer nebenan ja vorige Woche schon genervt, aber heute legen die Jungs richtig los - alles voller Fiberglasstaub - da hilft auch keine halbherzig vorgehaltene Plane. Stört mich im Motorraum nicht unbedingt, aber wir müssen alle Luken zu rammeln und wo immer MANN das vergisst, haben wir den Staub auch drinnen. Erzürnt natürlich die Bordfrau! Draussen, in den Fiberglasstaubwolken arbeiten kann sie auch nicht Einigen wir uns mit der Werft also darauf, dass unser Schiff an einen anderen Platz gestellt wird. Blöd ist nur, dass unsere erste Lage Primer gerade drei Stunden vorher gestrichen wurde. Da konnte ich den Jungs beim Streichen noch soviel auf die Finger schauen - für die abgeschabten Stellen, von den Krangurten können sie nichts. Darf ich morgen also gaaaanz früh aufstehen und noch mal nachschleifen. Um Acht streichen sie die nächste Runde! Aber dafür haben wir jetzt Seeblick! Auch nicht schlecht.

Dienstag, 05.11.2013Mittagspause
Irgendwie war der Plan ja, dass wir die Schleif- und Malerarbeiten machen lassen (weil´s natürlich so billig ist) UND damit wir in der Zeit andere Arbeiten erledigen können. Geht natürlich mal wieder nicht auf. Zumindest für mich nicht. Während Marion gemütlich im Schatten sitzt und fröhlich am Ruderquadranten rumschleift, bin ich für die vier Jungs am Farbe anrühren und krieche hinterher rum, ob sie die auch überall drauf streichen. NERVT! Bei der ersten Runde gestern war das ja noch recht einfach - wo alte Farbe zu sehen war, mussten sie noch mal rüber - aber jetzt sieht alt und neu natürlich gleich aus. Hocke ich also fast mit der Nase vorm Rumpf, fass probeweise mal an ob`s klebt und erkläre zum x-ten Mal, dass es nicht um Geschwindigkeit, sondern um einen KOMPLETTEN Schutzanstrich geht. Vier Jungs sind eindeutig zu viel und eigentlich arbeiten auch nur zwei von ihnen gut. Die beiden dürfen dann auch am Nachmittag zur dritten Streichrunde wiederkommen. Sind die anderen beiden zwar `n bisschen beleidigt, aber da sie ihr Geld von der Werft ja auch bekommen wenn sie im Schatten stehen und schwatzen, hält sich ihr Ärger in Grenzen. Und jetzt, wo sie nur noch mit "auf-den-Feierabend-warten" beschäftigt sind, suchen sie den Rumpf ab, auf der Suche nach nicht glänzenden Stellen, um mit dem Finger drauf zu zeigen "Da muss noch!" Entlastet mich natürlich ungemein :-) Feierabendbier gibt`s dann auch für alle.

Ruderquadrant zieht wieder auf seinen Platz, unter die Koje achtern

Mittwoch, 06.11.2013
Der Käpt`n hat Geburtstag und was kriegt er?! ´Nen Werftaufenthalt und ´ne Runde Antifoulinganstrich! Na gut, auch noch Spiegeleier zum Frühstück - aber andere Männer kriegen `ne Rolex oder ´ne knallbunte Krawatte oder wenigstens den Fein-Werkzeugkoffer (den ich immer besonders ausgiebig preise, wenn ich Marion unauffällig die Seite im Katalog hinhalte). Jo, die haben auch andere Frauen, grinst sie mich an und wenig später hat sie mir die Vorzüge meiner Wahl wieder in Erinnerung gebracht... Sie hätte mir sogar noch den zweiten Antifoulinganstrich geschenkt, aber statt dessen gibts `nen Regenschauer. Auch nicht schlecht, wäscht wenigstens mal den Schleifstaub vom Deck. Dafür darf ich noch den gestrichenen Ruderquadranten einbauen, mit unserer Malertruppe `n Feierabendbier trinken und zum Abendessen lädt sie mich stilvoll ins Marina-Restaurant ein. Ich muss bezahlen. Sie hat ja schliesslich kein Geld - sie hat andere Vorzüge :-)

Freitag, 08.11.2013
Gestern hat unser Bötchen die letzen beiden Runden Antifouling verpasst bekommen und schon trampeln die Jungs hier, ob wir nicht bald ins Wasser wollen? Nö, wollen wir noch nicht. Die Farbe soll ruhig ein bisschen aushärten und ausserdem haben wir noch so`n paar Bastelprojekte, die wir vorher erledigen wollen. Vertrösten wir sie also auf Montag. Der Ruderkoker kriegt `ne schöne Fettinjektion, was ´ne ziemlich schmierige Angelegenheit ist, zumal ich dafür auch noch zweimal die Fettpatrone wechseln muss. Der Auspuff vom Generator muss wieder runter, hatte ich in Buenos Aires ja gerade erst "restauriert". Gut, ist jetzt auch schon wieder zwei Jahre her. Trotzdem irgendwie merkwürdige Geschichte: Hinter der Gummimanschette sammeln sich Unmengen von Salzkristallen und dem SEEWASSERBESTÄNDIGEM Alu fällt dazu nichts besseres ein, als sich vor Schreck aufzulösen. Wieder jede Menge Löcher! Zum Glück gibt`s ja Aluspachtel (DANKE SVENi!!!), `n Stück von der Wurst abschneiden, durchkneten, in die Löcher scGammelei am Auspuffhmieren, Stunde warten und dann glattschleifen. Einfach genial das Zeug! Ein MUSS auf jedem Alu-Dampfer! Hat sich schon mehrfach bewährt - z.B. wenn der Skipper noch nicht so ganz auf der Höhe ist und Löcher bohrt, wo keine hin sollen :-) Diesmal ziehe ich um die Manschette `ne schöne Sika-Naht, damit kein Wasser darunter kriechen kann. Mal sehen ob`s hilft. Das Ruder der Windfahnensteuerung zeigt auch leichte Auflösungserscheinungen - kriegt `nen Epoxi-Einlauf! So gefühlt bin ich bei den Dingen, die wir am wenigsten benutzen (sprich, die man eigentlich auch über Bord schmeissen könnte) am meisten am Reparieren - wie Waschmaschine, Windfahnensteuerung, ... Oder kommt mir das nur so vor?

Sonnabend, 09.11.2013
Das Chaos nimmt kein Ende! Der Auspuff vom Motor müsste unbedingt auch mal abgenommen werden, die Gummimanschette drückt`s schon richtig hoch!, bemängelt die Bordfrau. Hat sie Recht, aber sie muss das blöde Ding ja auch nicht abbauen! Das Teil hab ich irgendwann mal montiert, da waren da noch kahle Wände. Aber jetzt ist `ne Kabine davor! Natürlich habe ich eine Inspektionsöffnung gelassen, aber entweder hatte ich damals kleinere Hände oder der Plastikschwanenhals (das ist so`n Ding, das hinter der Auspufföffnung sitzt und verhindert, dass Wasser von aussen in den Auspuffschlauch läuft) ist grösser geworden. Da liege ich also die nächsten Stunden “gemütlich” auf dem Lattenrost der Achterkoje, stecke mit zwei Händen und Werkzeugen in der InspektionsöffnArbeitsplatz Backskiste - gibt nichts tolleres bei 35°C!ung, versuche irgendwelche Schrauben zu ertasten, fluche schweisstriefend vor mich hin und träume mal wieder von einem grösseren Schiff mit riesigen Inspektionsdeckeln und jeder Menge Platz zum Arbeiten. Marion hat sich klugerweise weit weg, unters Boot in den Schatten verzogen, um voller Hingabe mittels Sandpapier und irgendwelchen merkwürdigen Schabern ihrem geliebten Cockpittisch zu neuem Glanz zu verhelfen. Irgendwann hab ich aber alles abgebaut, entdecke unter der Gummimanschette des Auspuffs `n schöne fette Salzkruste und unter der eine Alu-Bordwand im Auflösungsprozess. Ist jetzt nicht wiklich `ne Überraschung, dafür gibts ja den Aluspachtel. Drahtbürste in die Flex spannen, alles schön blank machen, Stück von der Wurst abschneiden, durchkneten und in die Löcher damit. Muss ich nur noch darüber nachgrübeln, wie ich das Auspuffendstück noch retten kann. Von der Gummimanschette ist nicht mehr viel übrig und damit soll das Ding ja wieder angeschraubt werden. Ich könne jetzt ruhig mal schreiben, dass sie die entscheidende Idee zur Reparatur hatte, findet Marion. Mach ich doch promt! Also, Marion hatte die tolle Idee, wie ich das Teil reparieren kann: Aus `nem alten Fender (das sind die Dinger, die in den Häfen immer an der Seite von den Schiffen runterbaumeln) einen gleichgrossen Ring schneiden und diesen unter die alte Manschette kleben. Klingt jetzt ganz einfach, dauert aber schon zwei, drei Stunden bis alles geschnitten, gebohrt, dick mit Sika eingeschmiert, in eine Hilfskonstruktion geklemmt und, zwecks gleichmässigem Anpressdruck, verschraubt ist. Müssen wir jetzt nur noch warten, bis der Kleber fest ist. Bis morgen also!

Sonntag, 10.11.2013Fast fertig. Sieht doch echt schnittig aus in schwarz :)
Endspurt! Die Gummimanschette sieht wieder aus wie neu, diesmal schmier ich das Ding schön fett mit Sika ein, bevor ich es einsetze, liege erneut schimpfend vorm Inspektionsloch, um mit kleberverschmierten Händen die acht Muttern festzukriegen, baue alles wieder auseinander, weil ich die Isolierpaste für die Schrauben vergessen habe, bekomme irgendwie auch den Schwanenhals wieder da ran und mit gereinigten Händen sogar die Wandverkleidung . Nebenbei "erwische" ich Marion, wie sie neben dem Cockpittisch auch noch die Frühstücksbretter abschleift und verkneife mir grosszügig `n Kommentar bezüglich der Prioritätenliste der Arbeiten bei einem Werftaufenthalt. Schliesslich hatte sie ja gestern die tolle Idee :) Das Ruder der Windfahnensteuerung muss noch zusammengebaut und auf`s Boot gewuchtet werden, der Propeller nebst Anode montiert werden, lauter Kleinigkeiten fallen uns noch ein - langsam wird`s hektisch, morgen früh wartet schliesslich der Kran! Marion leiert noch die Ankerkette runter, um die Markierungsbänder zu erneuern und sie nebenbei einer Schnellinspektion zu unterziehen - prompt findet sie natürlich zwei Kettenglieder mit Lochfrass. “Die solltest du dir unbedingt mal ansehen!” Mach ich ... davon werden sie aber auch nicht besser - die müssen raus! Genau das fehlte uns ja noch :-(

Montag, 11.11.2013
Die keifenden Vögel auf dem Deck sorgen zumindest dafür, dass wir früh wach sind. Schnelles Frühstück, Kaffee schlürfen, Dusche fällt heut aus, ich spring gleich in die Bastelhose und und flitze zur kleinen Edelstahlwerkstatt gegenüber. Dem Meister erkläre ich mein Problem (so ganz perfekt war mein spanischer Vortrag dann wohl nicht, er guckt sich die Sache lieber am Schiff an). Alles klar, er hat die selbe Eingebung wie ich, die zwei Schrottkettenglieder rausschmeissen, zwei weitere auftrennen und alles wieder zusammenschweissen. Sag ich doch! Er lässt gleich jemanden damit anfangen, dauert zwWerfthund Negra, wird uns und die kleinen Leckerbissen bestimmt vermissenei Stunden und soll umgerechnet 5 Euro kosten. Ich muss ja langsam aufpassen, dass ich bei den Preisen nicht zu auffällig grinse. Schleppe ich also Kette nebst Anker in die Bude rüber, versichere dem drängelnden Kranfahrer, dass wir jeden Augenblick fertig sind, rolle ganz demonstrativ das Stromkabel ein, stelle die Leiter zur Seite und versuche auch sonst den Eindruck zu vermitteln, dass es sich nur noch um Sekunden handeln kann. Marion macht sich inzwischen (geduscht!) auf zur Bürorunde: Ins Marina-Office zwecks Liegeplatz, zu Keigla zwecks Geldtausch und in die Werft zwecks Bezahlung. Das Kettenbündel liegt auch endlich vor der Werkstatt, ich bezahle und will mir die zwei geschweissten Kettenglieder ansehen. Wieso zwei?! Der Schlosser weiss nur von einem! Nachdem das innerbetriebliche Kommunikationsproblem geklärt ist, zotteln wir die Kette also wieder rein, der Schlosser macht sich an die Arbeit und ich vertröste wiedermal den Kranfahrer. Stunde später ist er fertig, ich schleppe den Berg zurück zum Boot, mit Hilfe der Ankerwinch verschwindet sie wieder im Kettenkasten. FERTIG! Jetzt will aber der Kranfahrer nicht mehr, halb zwölf, da ist Mittagspause! Um zwei geht`s weiter. Gehen wir also auch erstmal was essen und trampeln ab halb zwei vorm Boot rum. Das tun wir auch noch um halb drei, um drei - halb vier trudelt er endlich ein, startet den Travellift, wenig später hängen wir in den Gurten und kurz darauf auch im Wasser. Schnell die Borddurchlässe kontrollieren ... die Wellenabdichtung leckt. Ich zottel noch so`n bisschen dran rum - natürlich ist keine funktionierende Taschenlampe aufzutreiben! - keine Ahnung, wo genau das Rinnsal herkommt, aber auf jeden Fall müssen wir wieder raus. SO EINE SCH...!!! Stehen wir wenig später also wieder auf unserem alten Platz, ich verschwinde im Motorraum, um die Welle und Wellendichtung zu demontieren, Marion überhört wohlwollend meine Flüche, bastelt mir aus mehreren eine funktionierende Taschenlampe zusammen, bringt Werkzeuge, sucht benötigte Teile, reicht kaltes Bier rein, ´n trocknes Tuch zum Schweissabwischen, verbindet die aktuellsten Verletzungen, ... Drei Stunden später ist das Problem gelöst, Welle wieder dran, Abdichtung auch, ich krieche ich aus meinem Keller - FERTIG! Da ist es dann aber auch stockdunkel und ausser dem Nachtwächter und uns keiner mehr auf der Werft. Dann eben morgen!

Dienstag, 12.11.2013
Eigentlich hat die Bordfrau ja heute Geburtstag, können wir aber keine Rücksicht drauf nehmen - Krantermin, der Zweite! Kurz nach acht hängen wir in den Gurten, ich haste gleich als erstes in den Motorraum - die Stopfbuchse ist dicht! UFFF!!! Noch so`n bisschen dran rumfummeln, Gummibalg trocken, unter der Gleitfläche trocken ... mit mal ein kleines Rinnsal! Diesmal hab ich ja zum Glück `ne Taschenlampe - das Wasser läuft am Stevenrohr lang und kommt eindeutig durch die kleine Öffnung zur Achterkabine. Die beiden einzigen Borddurchlässe dort sind aber dicht, kann also nur irgendein Schlauchanschluss, Wasserleitung oder was weiss ich lecken - kümmer ich mich später drum. Marion`s Blick sagt mir, dass sie nicht ganz überzeugt ist, egal, die Gurte können ab. Ich stell mich ans Steuer und rufe meiner Crew die Befehle zu: Motor starten! Klick machts, mehr nicht. So´n Mist, haben wir uns bei der Kettenhoch- und -runterzuckelei doch glatt die Starterbatterien leergelutscht! Zum Glück können wir den Motor per Umschalter auch mit den Servicebatterien starten, Sekunden später brummelt der Diesel, die Leinen werden losgeschmissen und wir gleiten langsam aus der Kranbox. Jetzt müssen wir gleich scharf links rum, lässig dreh ich am Steuerrad, es geht weiter geradeaus! SCH...! Mit Vollgas zurück stoppe ich das Boot, ruf meiner, schon leicht panisch guckenden Crew zu, dass sie aufpassen soll, dass wir nirgends gegen knallen und sprinte unter Deck. Hatte ich Blödmann doch bei meiner Ruderbastelei den Sperrblock der Hydrauliksteuerung geöffnet undAb, in´s Wasser!! vergessen, ihn wieder zu schliessen! Sekunden später steh ich wieder an Deck, jetzt können wir auch scharf links rum fahren und tuckern langsam zu unserem neuen Liegeplatz. Dass unsere Spezialdisziplien, mit Seitenwind rückwärts an den Steg und vorher noch `ne Leine in die Mooringtonne fädeln, auch erst beim zweiten Anlauf klappt, war ja irgendwie klar - aber irgendwann liegt der Dampfer vertäut am Ponton, alle Leinen sind dran und der Käpt`n spendiert seiner etwas verzweifelt rumhockenden Crew `n Rum zur Nervenberuhigung. JA, ES GIBT TAGE, DA TRINKEN WIR AUCH SCHON VORMITTAGS! Heute zum Beispiel! Ich mach mich dann in die Achterkabine, nehme Bodenbretter hoch, schraube einen Schrank halb auseinander, eine Wand im Gästeklo ab - immer schön dem Rinnsal nach - und da entdecke ich endlich den Übeltäter: Der Kacktank! Hatte ich beim Ausbau natürlich so brav und ordnungsgemäss (ist ja Vorschrift in Deutschland) für`s Gästeklo einen schicken Edelstahl-Fäkalientank eingebaut. Und das blöde Ding tropft munter vor sich hin. Nicht, dass da jetzt IRGENDWAS drin wär, aber das untere Ende befindet sich unterhalb der Wasserlinie und soweit steht jetzt natürlich Seewasser drin. Und irgendwo ist da vermutlich `ne Schweissnaht korrodiert oder sonstwas, jedenfalls tropft`s da fleissig wieder raus. Immerhin beruhigt es die Nerven des Geburtstagskindes weiter und sie bekommt natürlich auch gleich Lösungsvorschläge präsentiert: Tank ausbauen, schweissen lassen und wieder einbauen. Haben wir das selbe Problem vermutlich irgendwann wieder. Zweite Variante: Tank ausbauen, wegschmeissen und Zu- und Ablaufschlauch einfach verbinden. "Genau, so machen wir das und du kannst auch gleich anfangen! Mein Geburtstag ist dann aber Morgen!" Hocke ich also die nächsten Stunden schweissgebadet im Mini-Gästklo, kämpfe verzweifelt mit Verschraubungen die ich nicht sehe, bin begeistert, zu was für Verrenkungen der menschliche Körper fähig ist, hol mir jede Menge neuer Schrammen und stehe irgendwann klatschnass und stolz mit dem Kacktank vorm Geburtstagskind: HAPPY BIRTHDAY! Kann ich jetzt nicht so mit punkten und auch der Hinweis, dass das braune nur Rost ist bringt sie nicht dazu das Geschenk freudestrahlend an sich zu drücken ... Erfolgreicher bin ich da mit der Einladung zum Abendessen. Marina-Restaurant gleich neben dem Pool, Blick auf`s Meer ... nächstes Jahr muss ich nur noch `n Typ mit `ner Geige auftreiben :-)

Mittwoch, 13.11.2013
Hat Marion eben heute Geburtstag! Gibt auch gleich das volle Verwöhnprogramm, so mit Kaffee ans Bett, Rühreier zum Frühstück (diesmal nicht wegen Einschleimen), Kerze auf`m Tisch und mit Schmuck überhäufen! Nach dem fürstlichen Frühstück rede ich ihr dann ein, dass sie sich zu ihrem Geburtstag nichts sehnlicher wünscht, als einen Stadtbummel - schmeissen wir uns also in die Ausgehkluft und fahren in die City. Bisschen durch die Strassen schlendern, in den Geschäften rumstöbern, bisschen shoppen (Zahnpasta, Haartönung, Deo-Roller - eben alles Dinge, die Frauen glücklich machen) und ganz unauffällig steuer ich so Richtung Markt. Wenn wir schon mal hier sind können wir auch gleich Fleisch kaufen. Heute ist ja Mittwoch und da trifft sich die Seglergemeinde der Marina immer zum Asado. Hatten wir bisher ausfallen lassen wegen Werft und keine Lust, aber heute zuckeln wir da auch mal hin. Nettes Plätzchen, ´ne Menge Leute - mein Fleischbatzen ist der mit Abstand grösste auf dem Grill! Bringt mir anerkennende und neidvolle Blicke der anderen Männer und spitze Bemerkungen zweier Frauen. "Na, das dauert ja bestimmt zwei Stunden", sticheln sie, während sie die 50 Grämmchen-Stücke für ihre, mit hungrigen Augen wartenden Männer ankokeln. Von wegen - Dreiviertelstunde, dann ist so`n 1,6 Kilo Batzen perfekt! Zugegebenermassen sind die Anderen da schon mit ihrem Essen fertig. Meine Angebetete lobt mich trotz knurrendem Magen überschwenglich und haucht mir hinterher liebevoll ins Ohr, dass sie mich auch lieben würde, wenn ich beim nächsten Mal nur ein kleineres Stück für sie hätte. Heisst in der Übersetzung: ein dünnes Steak, das schneller fertig ist, wäre ihr vieeeeel lieber! Sagt sie aber nicht so plump! Man, was sind wir heute wieder harmonisch!

 

Donnerstag, 14.11.2013Wieder Klo-Tag
Verbringe ich also den ganzen Tag im Klo! Nicht etwa, weil das Fleisch beim Asado schlecht war, sondern weil ich ja die Kacktankproblematik noch beenden muss. Den Tank zerlege ich mit der Flex in handliche Einzelteile, um das Steigrohr herauszutrennen. Hat genau den Durchmesser der Anschlussschläuche - ist das Problem der Verbindung von Zu- und Ablauf schonmal gelöst. Bleibt nur noch der Ablauf vom Grauwassertank, der bisher ja einfach in den Fäkalientank abgepumpt wurde. Bau ich einfach die, jetzt überflüssige Kacktankentlüftung für um. Muss ich natürlich noch `ne Wand für abbauen, das Teil ein bisschen umwerkeln - plöttert der Grauwassertank jetzt eben aus einem Meter Höhe das Dreckwasser raus. Ist dem aber egal! Und wie ich so wieder am Zusammenbauen bin, Wände ran, Dreck wegwischen, Werkzeug einsammeln, entdecke ich unterm Klo `ne neue Pfütze. Hatten wir eigentlich immer mal wieder, aber da das Teil so gut wie nie benutzt wird, war`s wenig später auch wieder trocken und das Problem somit erledigt. Jetzt weiss ich auch warum: Ein klitzekleiner Haarriss im Plastiksockel der Toilette! Da rinnt solange Wasser raus, bis der leer ist und wenn`s Klo nicht benutzt wird bleibt`s eben auch trocken. Da wir ja unter vielen anderen Dingen auch eine komplette Reservetoilette in Einzelteilen spazieren fahren und ich es mir in dem Mini-WC ohnehin gerade so schön gemütlich gemacht habe, kann ich das Teil ja auch gleich ausbauen und ins Cockpit tragen. Da ist es zum Zerlegen und Umbauen a) gemütlicher und b) erhöht so`n Porzellanbecken auf der Cockpitsitzbank auch die Arbeitsproduktivität, da es `ne gewisse abschreckende Wirkung auf benachbarte Segler, die mal so auf`n Plausch an Bord kommen wollen :-) Neuer Sockel drunter, alles wieder zusammenbauen, im Bad anschrauben, Schläuche wieder ran, Seeventile auf und munter drauflos pumpen. Hätte ich lieber probeweise etwas zaghafter machen sollen! Es spritz nur so nach allen Seiten! Hab mir gleich gedacht, dass die Pumpe nicht genau auf den neuen Sockel passt. Zum Trockenlegen des Bades kann ich mich ja noch durchringen - aber mehr auch nicht. MANANA!

Freitag, 15.11.2013
Wir haben ein neues Problem! Diesmal tropft`s nicht irgendwo raus, die Bordfrau hat Zahn-Aua! Is sie jetzt so`n bisschen am Jammern, aber alles nicht so schlimm - als ich Elke, unsere Bootsnachbarin  wegen `nem Zahnarzt ausquetschen will, gibt`s die gute Nachricht, dass sie genau heute einen Termin in der Zahnklinik hat. Kann sie Marion also gleich mitnehmen! Das hat auch den Riesenvorteil, dass Marion gar nicht erst sieht, wie ich im Bad rumsaue. Ist halt `ne ganze Menge Wasser, was in den Schläuche steht, die ja im Bogen bis über die Wasserlinie verlegt sind. Und das läuft nunmal raus, wenn MANN die Schläuche abschraubt! Heute aber kein Problem, da Frau ja nicht da - kann ich so richtig ungestört rumplanschen. Pumpe wechseln, beim zweiten Anlauf auch alles dicht bekommen, bisschen mit Hermann dem Nachbarn schladdern (der hat ja auch sturmfrei), gleich noch die Silikonnähte erneuern, noch mal putzen ... und pünktlich zum Sonnenuntergang, als die Frauen endlich von ihrem Date mit dem Doctore zurück sind, ist alles dicht, das Bad blitzeblank und das Männchen sogar geduscht. Marion`s Tagesbericht klingt dann etwas weniger euphorisch - stundenlang frieren in Warteräumen, die temperaturmässig vermutlich auch die EU-Norm für Tiefkühlräume erfüllt hätten, paar schicke neue Fotos von ihrem Gebiss und zwei neue Termine. Erstmal Abdruck, dann Wurzelbehandlung, Provisorum, neue Krone anfertigen, anpassen, ... und dann ist da noch ein Zahn, der auch gleich ... Hört sich an, als ob sie das nächste halbe Jahr dort in der Klinik wohnen würde. Passt jetzt irgendwie nicht so ganz in unsere Pläne - eigentlich wollten wir am Wochenende unsere Rucksäcke packen und ab nächster Woche durchs Land ziehen. Kommt eben immer anders ...

Sonnabend, 16.11.2013
Unser erstes Mal! Und es war echt geil! Nein, ihr seid nicht versehentlich auf der falschen Website - wir waren bloss im Kino. In 3D!!! Den Tip hatten wir von anderen Seglern beim Asado bekommen (da sitzt man ja nicht nur und stopft sich Fleischbatzen in den Mund, da unterhält man sich auch ... nachdem das Fleisch mit`m Schluck Bier runtergespült wurde :-), dass hier oft Filme im (englischen) Originalton mit spanischen Untertiteln laufen. Haben wir uns also zu dem Kino in der Stadt durchgefragt. Riesiges Einkaufscenter mit Kinopalast, acht grosse Kinosäle und Boutiquen ohne Ende. Acht Filme stehen zur Auswahl, die spanisch synchronisierten fallen schon mal aus. Schön flach soll er sein, bloss keine komplizierten Dialoge, schliesslich will ich ja auch noch mitkriegen, wer die Guten sind und sooo gut ist unser Englisch dann auch nicht. Bleibt "THOR II" übrig. Perfekte Auswahl! Die Jungs quatschen nicht viel, haun die ganze Zeit mit grossen Keulen auf sich ein und die Bösen sehn so schön böse aus, dass man das auch mitkriegt, wenn man mal ein Wort nicht versteht. Gut, der Film wird vermutlich nie `ne Oscar-Nominierung kriegen, aber so zugedröhnt vom Dolby-Surround, mit der 3D-Brille auf der Nase im Plüschsessel hockend, ist das schon ein krasses Erlebnis! Noch realistischer wär`s ja gewesen, wenn die Handlung in der Antarktis gespielt hätte. Wegen der Temperaturen im Kinosaal! Was haben wir gefroren! Nächstes Mal nehmen wir uns die Schlafsäcke mit!

Montag, 18.11.2013
Marion ist ja ganz begeistert von den neuen, weissen Silikonnähten im Gäste-WC - die will sie in unserem Bad jetzt auch haben. Hocke ich mich also mal wieder ins Klo und pule das alte Silikon aus den Fugen, während sie probiert, welche Hose ihr denn am besten zum heutigen Zahnarzt-Date steht und welche Bluse dazu passt :-) Und überhaupt ist mein Geläster wenig hilfreich - sie will nicht den Zahnarzt bezirzen (der nach ihrer Beschreibung aussieht wie ein Schlachter), sondern braucht schliesslich lange Klamotten, weil`s in der Klinik a...kalt ist! Die Modenschau war dann aber umsonst, kurz bevor sie los will, kommt Elke mit der Nachricht, dass die Klinik den Termin abgesagt hat. Elke hat ja ein Telefon! Mein hämisches Grinsen ist jetzt nicht unbedingt förderlich für ihre Stimmung, als sieEr wartet geduldig auf Fische, wir warten ungeduldig auf Zahnarzttermine sich wieder auspellt und zum Werftdreck-Beseitigungsputz in der Achterkabine verschwindet. Da singt sie mit dem Staubsauger um die Wette, ich quetsch die Silkonpatrone aus, hab irgendwann überall schicke, weisse Nähte, putz die Kleberreste da weg, wo sie nicht hinsollten und beim Zuschlagen der Tür muss ich natürlich noch `n bisschen rumstänkern: DA darfst du jetzt 24 Stunden nicht rein!!!

Dienstag, 19.11.2013
Marion darf wieder ins Bad, was sie natürlich gleich ausnutzt, um sich mit Lappen und Scheuermilch darin auszutoben. Sie putzt sich auch ansonsten grad `n Wolf, mit Staubsauger, Eimer und Tüchern “wütet” sie in den Kabinen rum - Werftdreckbeseitigung! Ich finde ja, dass das gar nicht so schlimm aussieht, aber ich habe ja keine Ahnung davon. Ich bin bei uns für`s Dreckmachen verantwortlich. Überlege ich mir also, was ich noch so rumbasteln könnte, haben ja jetzt Zeit. Warten auf Zahnarzttermine! Ich brauch auch gar nicht lange nachdenken, die Probleme kommen immer von ganz alleine! Beim gelangweilten Durchtippen der Daten vom schönen neuen Monitorsystem gibt`s den Nackenschlag des Tages: Die Starterbatterien haben noch 10,3 Volt!!! Äh, das ist jetzt nicht so gut! Sollte man vielleicht öfter mal drauf gucken. Das Problem ist nur, dass die Batterien nur über die Lichtmaschine vom Motor geladen werden und den will ich logischerweise jetzt nicht den ganzen Tag extra dafür vor sich hin stinken lassen. Bastel ich also erstmal aus den Resten Batteriekabel, die ich noch finde eine Ladeleitung, die quer über den Flur gespannt, vom Ladegerät zu den Batterien im Motorraum reicht. Vorher ziehe ich eine neue Datenleitung ein (schliesslich hatte ich an den Batterien schon einen Mess-Shunt installiert) und klemm die an den Batteriemonitor. Kann ich jetzt auch den Ladestrom überwachen. Servicebatterien vom Ladegerät abklemmen, Ladekabel der Motorbatterien ran und schon fliessen schlappe 5 Ampere Strom. Ist ja mal `n bisschen wenig bei 200 Ah Kapazität! Bereite ich meine Putzfee schon mal schonend auf unsere nächste Neuerwerbung vor: zwei schicke neue Batterien! Andererseits brauchen wir ja gar nicht die volle Kapazität. Die Dinger müssen bloss den Motor oder Generator starten und wenn wir die Ankerwinch benutzen läuft der Motor sowieso immer mit. Vertagen wir die Problematik also erstmal und beobachten das. Kann ja jetzt öfter mal auf die Anzeige schauen :)

 

Mittwoch, 20.11.2013
Meine neue Flurdekoration löst nicht bei allen Besatzungsmitgliedern Begeisterungsstürme aus: Wie lange muss das blöde Kabel denn da hängen?! So`ne Frage ist meist ein Zeichen von Missgefallen! Das will ich heut noch umbauen, brauch bloss noch Kabel! Ziehen wir also nach dem Frühstück beide los - sie in Schuhen und langer Gala, um sich in der Zahnklinik runterkühlen zu lassen, ich in Flip-Flops in die City, um Kabel, Kabelschuhe und natürlich Fleisch zu kaufen. Ist schliesslich Mittwoch! Ich bin sogar lernfähig und kauf diesmal ein kleineres Stück. Nur 960 Gramm. Lass ich gleich in drei Teile schneiden - eins für Marion, zwei für mich :-) Noch etwas Grünzeug einsacken, in ein Sammeltaxi springen und zurück zur Baustelle. Marion ist auch schon da. Sie haben BLOSS einen Abdruck gemacht, jetzt darf sie auf den nächsten Termin warten. Klingt so`n bisschen genervt. Den Abdruck hätte ich ihr auch machen können, schön mit Epoxi, hält ewig! Findet sie nicht lustig. Und dass ich im Flur die Bodenbretter hochreisse und es mir mit meinem Werkzeugen dort gemütlich mache, auch nicht. Der war gerade sauber! Hähä, aber nicht mehr lange :-) Quäl ich mich also mal wieder damit rum, `ne fette Strippe durch einen viel zu engen Kabelkanal zu quetschen, presse Kabelschuhe an, flexe und bohre `ne Brücke für zwei Abgänge des Ladegerätes zurecht, schliess am dritten jetzt die Starterbatterien an und weil ich noch einen in meiner Elektrobastelkiste habe, verpasse ich ihnen auch noch einen Batteriepulser. Vielleicht erweckt der sie doch wieder zu ein bisschen mehr Leben? Marion stellt zeitgleich die Vorderkabine auf den Kopf, schleppt Matratzen hin und her, wirbelt mit Lappen, Schüssel und Staubsauger rum, trällert mit Stöpseln im Ohr irgendwelche Liedchen mit und ist grosszügig bemüht, darüber hinweg zu sehen, dass ich mich mit meinem Bastelkram, wie üblich, immer weiter ausbreite. Der Grillabend ist dann heute ein Erlebnis der besonderen Art: Modenschau! Jetzt nicht so, dass die Marinaleitung zur Beglückung rauhbeiniger Segler knackige Models angeheuert hätte, die über den Laufsteg stöckeln - ne, die Seglerfrauen sind offensichtlich einem kollektivem Kaufrausch erlegen und statt, wie sonst in ausgebleichten Shorts winzige Fleischstückchen für ihre Männer zu verkohlen und aufzupassen, dass die in der Zwischenzeit nicht zu viel trinken, laufen sie heute ganz aufgeregt hin und her, drehen sich voreinander auf ihren hochhackigen Neuerwerbungen, wedeln mit knappen Kleidchen, berichten stolz wo sie welches Schnäppchen ergattert haben und versichern sich selbstverständlich gegenseitig, wie toll ihnen das doch steht. Boah, dagegen ist Marions Leidenschaft für neue Flip-Flops ja echt harmlos! Da siehst du mal, wie gut du es mit mir hast (flüstert sie mir ins Ohr)

Donnerstag, 21.11.2013
Macht Fleisch essen Kopfschmerzen? Eine Frage, mit der sich die moderne Medizin meiner Meinung nach noch viel zu wenig beschäftigt hat. Wir haben jedenfalls mehrfach  festgestellt, dass wir nach fröhlichen Grill-Abenden mit anderen Seglern am nächsten Morgen mit Kopf-Aua aufwachen. Heut auch wieder. Muss ja am Fleisch liegen! Auf jeden Fall such ich mir heute lieber eine nicht so anstrengende Arbeit (sowas, wo man mit Kopf nach unten irgendwie in `ner Bilge hängt), stopfe mir stattdessen `ne Packung Zigaretten und `n Bündel Bolivares in die Hosentaschen und ziehe los. Organisieren! Ist Marion auch ganz froh, kann sie endlich auch da wischen, wo ich sonst im Weg bin. Ströpe ich erstmal über die Werften zwecks Erkundigungen, latsche oder fahre zu diversen Läden und frag mich zu Leuten durch, "die wissen wo`s was gibt". Und ich suche einen Aussenborder. Rumfragen ist in Venezuela die, mit Abstand effektivste Form, spezielle Dinge zu bekommen. Besonders seit den letzten Wochen geht`s hier etwas chaotisch zu. Der Präsident, ein ausgewiesener Kompetenzbrocken in ökonomischen Zusammenhängen, hat endlich die wahren Schuldigen an der galoppierenden Inflation ausgemacht: Die Händler! Die verkaufen ihre Waren nämlich viel zu teuer und erhöhen auch noch ständig die Preise! Ist ja auch böse von denen. Hat er also schnell ein neues Gesetz gemacht, das sie verpflichtet, ihre Waren zu "angemessenen Preisen" unters Volk zu bringen. Ordentlich in den Medien "ausgeschlachtet" kommt das natürlich beim potentiellen Wahlvolk gut an (dass Anfang Dezember landesweit Kommunalwahlen anstehen, ist aber vermutlich purer Zufall :-) Regierungsbehörden rücken den Einzelhändlern auf die Pelle, verdonnern sie zu Preissenkungen und beschlagnahmen auch schon mal den ganzen Warenbestand, weil Händler unbelehrbar. Hängen also jetzt in den meisten Läden grosse Schilder mit 20, 30 oder 50% Preisnachlass, bei besonders begehrten Artikeln mit entsprechenden Schlangen davor und einige Geschäfte machen eben einfach dicht und "sitzen die Sache aus". Aber denen kommt der Präsident bestimmt auch noch auf die Schliche! Und dann müssen sie wieder aufmachen und mir den Aussenborder zum halben Preis verkaufen. Ich hab ja Zeit und Käpt´n reisst sich den A... aufkann warten :-)

Freitag, 22.11.2013
Ich glaub, je älter MANN wird, umso blöder! Hatte ich heute die geniale Idee, mal unsere Radaranlage zu zerlegen. Das Ding benutzen wir zwar kaum, aber wenn ich es probeweise doch mal eingeschaltet hatte, waren kaum Echos zu sehen, obwohl z.B. grad `n Fischkutter 200 m an uns vorbei tuckert. Hab ja jetzt Zeit, da muss ich das mal untersuchen. Schraub ich also, auf wackligen Kisten stehend, in 2 m Höhe die Schüssel auseinander, Kabel abklemmen und entdecke dabei schon mal den möglichen Übeltäter: Der Anschlussstecker sieht `n bisschen "zerwürgt" aus, zwei Kontakte hängen daneben. Klarer Fall für`n Lötkolben! Also Kabel aus dem Rohr der Radarhalterung ziehen, reicht jetzt bis ins Cockpit und munter daran rumlöten. Ist jetzt nicht so meine Stärke, aber am Ende sieht`s zwar nicht schön, aber haltbar aus. Wo ich eh schonmal dabei bin, bau ich auch noch den, schon seit langem leckenden Schwingungsdämpfer ab, verpasse ihm neue Dichtringe, Öl auffüllen, wieder zusammen- und anschrauben - es ist später Nachmittag als ich endlich die Schüssel auf die Halterung setzen kann, das Kabel im Rohr hochschiebe, versuche meine sensible Lötkonstruktion heil durch die wasserdichte Verschraubung der Radarschüssel zu würgen, ich brauche ewig, bis ich auf meinen Wackelkisten die Steckerteile auf ihre Pins bekomme, Stromkabel anklemmen, runterklettern, Probelauf. Der Reflektor dreht sich fleissig und auf dem Bildschirm ist kaum noch Platz vor lauter Echos. Na ja, Hafen eben. Stolz setze ich den Deckel auf die Schüssel, schraub alles fest und brauch jetzt nur noch die Radarhalterung `n halben Meter nach oben schieben ... SCH...!!!! Ist das Kabel doch einmal um den Heckkorb gewickelt, bevor es im Rohr der Halterung verschwindet! Wie kann MANN so blöd sein???!!! Kann ich den ganzen Mist wieder auseinander bauen, Kabel aus dem Rohr ziehen, um den Heckkorb rum, wieder ins Rohr ... Aber nicht mehr heute!

Sonnabend, 23.11.2013
Ich könnte auch mal wieder ein neues Kleid gebrauchen, wollen wir heute nicht shoppen gehen? - umgarnt mich mein Weibchen, während ich den Frühstückstisch abräume (um meine häusliche Seite mal geschickt mit im Text unterzubringen). War ja klar, dass sie sich irgendwann vom Kaufrausch der anderen Frauen hier anstecken lässt. Verteile ich also Bolivares-Bündel im Wert von 40 Euronen in meinen Hosentaschen und schon zuckeln wir ins Zentrum. Marion weiss auch ganz genau, wo wir hin müssen - die Boutiqen in dem riesigen Shoppingtempel beim Kinopalast! Stehe ich also die nächsten zwei Stunden geduldig im Weg, wenn die Frauen zwischen den Kleiderständern umher hasten, jedes Teil unbedingt mal hin- und herdrehen müssen, mit den erwählten Stücken zur Umkleidekabine drängeln, doch nicht das Passende finden ... in einigen Boutiqen gab`s auch Sessel. Die fand ich besser. Einmal konnte ich auf dem Weg zwischen zwei Kleiderläden sogar die Schaufensterauslage eines Computergeschäfts angucken. Aber nur kurz. Schade, dass der keine Kleider führt, sonst wär`n wir da bestimmt reingegangen. Am Ende trage ich ein gaaaanz schickes Kleid, eine Bluse, die einfach zu allem passt und zwei hochmodische BHs (vermutlich von irgendeinem Stardesigner) spazieren. Also, ich hab das Zeug nicht an, in Tüten natürlich! Geht aber noch weiter, jetzt schlendern wir durch die Geschäftsstrassen, genauer gesagt drängeln wir uns da durch - ist nämlich rammelvoll, überall wird mit Disconto gelockt - ein Volk im Kaufrausch! Die paar Elektronik-Läden sind natürlich alle zu, stört ausser mir aber niemanden, dafür können ja hunderte Schuh- und Klamottenläden gestürmt werden. Schuhläden lassen Marion ja zum Glück kalt, ich glaub von den anderen schaffen wir die Hälfte :-) Stimmt gar nicht, wir waren höchstens in zehn - wird Marion jetzt wieder dazuschreiben - kann ich es also gleich selbst machen :-) Auf jeden Fall schleppe ich noch mehr Tüten UND ... ich hab auch was bekommen: ´ne neue Hose. Ging aber ganz schnell, sehen, anprobieren, kaufen. Und genau jetzt entdeckt Marion noch die Bluse aller Blusen! Da ist das Geld aber alle ... hähä!

Sonntag, 24.11.2013
Die Bordfrau leidet! So`n bisschen ja sowieso, weil die böse Zahnklinik sich nicht meldet, ihr Papa grad im Krankenhaus liegt, das kleine Kind nicht auf die mütterlichen Mails antSo ganz nebenbei wieder gesund gepflegtwortet ... aber heute ist sie richtig krank! So mit Bauch-Aua - also wo das Essen, stark beschleunigt oben und unten wieder rauskommt. War sie die Nacht schon fleissig am Wandern - immer schön zwischen Bett und Klo hin und her und heute ist auch nichts mit ihr anzufangen. Entweder hockt sie im Bad, liegt auf `m Salonsofa oder im Bett. Und DA kommt der fürsorgliche Mann ins Spiel! Wenn sie wach ist frag ich sie brav alle fünf Minuten wie`s ihr denn geht, ob ich ihr einen Tee kochen soll oder `ne Tablette holen, wenn sie aus`m Bad schleicht mach ich ein mitfühlendes Gesicht "... du Arme, schon wieder?" ... Fühlt sie sich genervt. Gut, wenn ich gefragt hätte, ob sie auch gespült hat ... Ich soll sie einfach in Ruhe lassen. Hab ich auch schon mal probiert, war aber auch verkehrt, da hiess es dann: Du pflegst mich gar nicht richtig! So als Krankenpfleger hat MANN es einfach nicht leicht!

Montag, 25.11.2013
Trotz meiner Pflege geht`s der Patientin besser! Nicht, dass sie jetzt singt und herumhüpft, aber sie verpennt den Tag schon mal im Cockpit und rennt nicht mehr dauernd auf`s Klo. Dafür hat sie jetzt rote Punkte. Rücken, Bauch, dazwischen auch :-) Kommt von den Tabletten meint sie. Hab ich also keine Schuld, ich hab ihr die Dinger ja nicht gegeben! Auch mal schön, den Tag so gemeinsam im Cockpit zu verbringen - Marion schläft auf der einen Seite, ich bastel auf der anderen. Radaranlage, die Zweite. Natürlich reiss ich beim Kabelrausziehen meine Lötkostruktion wieder ab, selbstverständlich gibt der Gaslötkolben den Geist auf und ich muss beim Nachbarn schnorren, meine “Bierkistenleiter” wackelt immer noch, ich quäl mich wieder ewig, die angelöteten Behelfsstecker in die entsprechende Buchse zu fummeln, dafür hab ich das Kabel dieses Mal VORHER um den Heckkorb geführt, kein Teil beim Zusammenbau versenkt und auf dem Bildschirm wieder ganz viele gelbe Punkte. Da soll das auch so sein :-) Und als mein "Rotpünktchen" etwas zerknittert erwacht, fühlt sie sich schon vieeeeel besser und hat HUNGER!Der Einkaufsstress ist ihm hier deutlich anzusehen

Dienstag, 26.11.2013
Warten auf Zahnarzttermine ist nicht gut für Frauen. Bringt sie bloss auf komische Ideen. Die Sitzpolster im Salon könnten einen neuen "Schonbezug" gebrauchen! Also einen Bezug über dem Bezug! Weil - jetzt kommt`s - es ja Personen an Bord gibt, die sich immer wieder mit ihren dreckigen Hosen da rauf fläzen. Damit bin ich gemeint! Stimmt so natürlich gar nicht, weil Marion ja immer schon aufschreit, BEVOR ich drauf sitze. (Anmerkung: Da seht ihr mal, wie schwer er es hat! ;) Aber als verständnisvolles Männchen nicke ich die Notwendigkeit natürlich ab und wir ziehen los in die City. Alles rammelvoll, die venezolanische Durchschnittsfrau versucht auch gerade, ihre Bolivares in den Einkaufsstrassen durchzubringen, die Hälfte von ihnen in Stoffläden. Pilgern die Frauen also schwatzend an den Stoffballen vorbei, grabbeln alles mal an, Marion natürlich auch - ich immer hinterher. Der Stoff ist nicht "strapazierfähig" genug (geht logischerweise gegen mich, weil: nur Männer strapazieren Stoffe!), der fusselt, auf dem sieht man jeden Krümel ... nach dem zweiten Laden schlag ich vor, es bei einem Geschäft für LKW-Planen zu versuchen - gibt `n strafenden Blick! Im dritten Laden dann endlich das Passende: Weich auf der Haut, strapazierfähig und sogar die Farbe gefällt ihr. Daraus will sie die Bezüge nähen lassen. Jede Wette, dass ich mich dann trotzdem nicht mit meinen öligen Bastelhosen drauf setzen darf! Ach ja, ich hab auch noch was bekommen: fast hätte ich jetzt geschrieben vier neue Schlüpper! Ne, die sind aus `ner Underware-Boutique, die heissen da anders. Muss ich abends dann noch auf `ner Modenschau im kleinen Kreis (also Marion und Model René) vorführen. Fotos gibt`s aber nicht - wir waren auch noch essen und ich hab den Bauch nicht eingezogen :-)

 

Mittwoch, 27.11.2013
Ein Tag zum streichen! Jetzt nicht so mit Pinsel und Rolle - aus dem Kalender! Marion ist pappensatt! Die Zahnklinik meldet sich nicht, ihr Zahn ist immer noch vereitert, sie zieht sich jetzt an und fährt da hin!!! Ehe sie da irgendwem auf die Nase boxt, bitte ich Elke für uns noch mal dort anzurufen. Gleicher Stand. Sowie das Provisorum fertig ist, melden sie sich sofort! Hebt jetzt Marions Stimmung nicht unbedingt. Mich nervt die Warterei auch - aber ich kann nichts dafür! Irgendwann bin ich dann auch stinkig und rede nicht mehr mit ihr, sie ärgert sich, dass ich rumstinke ... streichen wir den Tag einfach!

Donnerstag, 28.11.2013
Früh um acht klopft Patrick an unserem Schiff, um die Rettungsinsel abzuholen. Patrick ist von der Werft nebenan und einer "der alles organisiert" und überall jemanden kennt. Liferaft Inspection steht auch auf seiner Visitenkarte und die Wartung für unserer Inselchen ist schon seit drei Jahren überfällig. Kriegt Elke natürlich mit, wie das Teil weggeschleppt wird und fragt, was wir denn bezahlen sollen. Etwa 400 Dollar. WAS????!! Sie kennt eine amerikanische Yacht hier in der Marina, die haben ihre Insel vorige Woche für ca. 80 Dollar warten lassen. Fällt mir ja fast die Kaffeetasse aus der Hand. Latsch ich also mit Hermann, ihrem Mann, zur Ami-Yacht. Keiner da. Ich trotzdem gleich zur Werft und greif mir Patrick. Sein Preis ist natürlich nur `ne Schätzung, die Wartungsfirma macht seriöse Preise und überhaupt, die Segler erzählen ja auch viel bullshit wenn der Tag lang ist. Da hat er zwar Recht, aber ich will die Insel trotzdem wiederhaben. Die ist logischerweise schon unterwegs. Wir einigen uns darauf, dass die Wartungsfirma ihm den Preis nennt und ich dann entscheide, ob Wartung oder nicht. Kann ich erstmal etwas beruhigter meinen Kaffee austrinken und versuche noch mal mein Glück bei der Ami-Yacht. Diesmal treffe ich Herold an. In der nächsten halben Stunde erfahre ich nicht nur seinen Lebenslauf, sondern bekomme auch die Wartungsrechnung seiner Rettungsinsel, nebst Zertifikat und genauer Wegbeschreibung zur Firma präsentiert. Als er auch noch Taxifahrer empfehlen will, verdrücke ich mich gekonnt - ich muss unbedingt zu Patrick. Von wegen bullshit! Ich habe das Zertifikat gesehen und die Rechnung (74 Dollar hat Herold bezahlt) - die Insel soll zurück! Patrick, leicht beleidigt am Telefonieren - natürlich ist gerade Mittag, geht keiner ans Telefon. Den Rest des Tages renn ich dann zwischen Mira und Werft hin und her, irgendwann weiss ich, dass es sich um die selbe Wartungsfirma handelt, die Rettungsinsel wurde inzwischen geöffnet, zwei Stunden später bekomme ich auch den Kostenvoranschlag. 8500 Bolivares, etwa 120 Euro. Soll sie wieder verschlossen werden? Nein, auf keinen Fall, natürlich sollt ihr die Wartung machen! Wie kommen die bloss darauf, dass sie die Insel wieder zurückschicken sollen :-) Watt`n stressiger Tag. Da weiss ich aber noch nicht, dass `ne halbe Stunde später, als wir vom Duschen zurück sind drei 60L-Kanister Diesel am Ponton vor unserem Boot stehen. Hatte Marion gestern bestellt! Sollten ja eigentlich schon früh kommen - jetzt wuchte ich die schweren Dinger im Dunkeln auf`s Boot, hantiere im Schein der Stirnlampe abwechselnd mit Schlauch, Trichter oder Kanistern, plansche mit Diesel auf Deck und Füssen rum, bekomme aber doch das Meiste in den Tank und bin heilfroh, als Marion endlich hinter mir die Spuren meines Wütens mit Wasserschlauch, Fit und Bürste beseitigt und ich wohlverdient mit Füssen hoch und Feierabendbier im Cockpit sitze. Duschen müsste ich eigentlich auch noch mal ...

Freitag, 29.11.2013
Ich will jetzt nicht behaupten, dass es die Lieblingsbeschäftigung der Venezolaner wäre, aber sie tun es andauernd und überall: Warten! Geduldig steh`n sie in ewig langen Schlangen vor einem Geschäft, das vielleicht gerade die Preise gesenkt hat, oder irgendein Sonderangebot hat, oder einfach auch nur, weil ein Lkw davor gerade irgendwas auslädt. Ich glaub ja, manchmal stell`n sie sich einfach nur an `ner Schlange mit an - weil, es könnte ja was Besonderes geben, um dann drei Strassenkreuzungen weiter vom Laden zu stehen und zu erfahren, was es denn gab. Da hat dann der Vordermann natürlich das letzte Stück vor der Nase weggekauft :-) Mach ich heute also auch mal. Warten. Nicht so typisch venezolanisch in `ner Schlange, ich sitze gemütlich in der benachbarten Marina an der Bar im Schatten. Ich warte auch für einen guten Zweck: Jeden Donnerstag kommt hier ein LKW und verkauft direkt von der Ladefläche Bierpaletten an die Segler. Gestern war er nicht da, muss er also heute kommen. Macht er aber nicht. Jedenfalls nicht bis halb zwölf. Dann hab ich keine Lust mehr. Wandere ich lieber zu meinem Lieblings-Bierverkäufer im Dorf und schachere mit dem ein bisschen rum. Der freut sich immer riesig wenn wir bei ihm auflaufen, um den Rucksack mit Flaschen vollzustopfen oder auch einfach nur wie die anderen Männer ein schnelles Bier vorm Laden nehmen. Seit er weiss, dass wir aus Deutschland sind, zählt er uns jedesmal freudestrahlend diverse Fussballgrössen aus Alemania auf und in welchem Club die spielen. Heute fiel ihm auch noch Angela Merkel ein. Da wusste er aber den Club nicht. Zehn Paletten Bier bestellt er gerne für mich, wir einigen uns auf einen Preis, der pro Palette 30 Bolivares unter dem vom LKW-Direktverkauf liegt und das Bier, das ich während der Verhandlungen geleert habe, schenkt er mir auch noch. Geht doch nichts über lokale Kontakte :-) Marion war inzwischen auch fleissig, hat ihre Stoffberge zur Näh-Mutti geschleppt zwecks Sitzbezüge, im Waschsalon `nen kleinen Wäscheberg abgekippt und im Chinesen-Mercado sechs Tetrapack Milch erbeutet. Gibt`s nicht so oft und dann meist nur ein oder zwei pro Person. Zieh ich also auch noch mal los, packe sechs Milch in den Rucksack, kaufe in der Ferreteria fünf 25L-Kanister, die ich demnächst noch mit Diesel füllen will . Und weil ich noch Platz iStrassenverkaufsstand in  Puerto La Cruz - Och, können wir die Püppi nicht mitnehmen? m Rucksack habe, besuche ich auch noch kurz Mauricio, meinen Lieblingsbierverkäufer :-)

Sonnabend, 30.11.2013
Wie vertreibt man sich am Wochenende am besten die Zeit? Genau, man geht shoppen! Fahren wir also in die Stadt und stürzen uns ins Getümmel, um Stunden später mit prall gefüllten Plastetüten stolz die Beute nach Hause zu schleppen. Wir waren gefühlt in ungefähr fünfhundert Geschäften und Kaufhäusern (die genaue Zahl weiss ich nicht, bin irgendwann beim Zählen durcheinander gekommen). Mir hätte auch ein Geschäft gereicht. Wir shoppen nämlich verschieden. Marion probiert in sechs verschiedenen Läden zwölf Kleider an, um sich dann für eins zu entscheiden. Wenn sie jetzt noch eins haben will, geht´s zu den nächsten sechs Geschäften ... Und dann kommen noch die Hosen, die Blusen ... :-) Ich sehe eine Hose - vorzugsweise an `ner Schaufensterpuppe vorm Laden - probiere die an und kauf dann davon drei Stück in der selben Grösse. Fertig!

Sonntag, 01.12.2013
Advent, Advent, ein Lichtlein brennt ... das hätten wir doch glatt verpennt, denn a) denkt man bei gefühlten 35°C im Schatten unter Palmen nicht unbedingt an Weihnachten und b) hält unser Jahreskalender (für teuer Geld in Französisch-Guayana erworben!!) es nicht für nötig, uns daran zu erinnern. Das machen stattdessen meine Eltern, die ich, dank einigermassen stabiler Verbindung, via Skype anrufen kann. Unsere Kinder sind gerade dort (natürlich ausgehungert und ganz zufällig pünktlich zum Mittagessen angekommen ;) und so wird daraus so ´ne Art kleines Familientreffen ... Ja, Vorweihnachtszeit eben. Werde mal den kleinen Tannenbaum aus den Tiefen des Schrankes hervor kramen, bisschen entstauben, zurechtbiegen (dabei an Ingrid und Fritz von der Pico denken, denn die beiden haben ihn uns vor zwei Jahren geschenkt - traurige, schöne Erinnerungen an Ingrid). Mein Capitano hämmert draussen im Cockpit auf den Laptop-Tasten rum, fleissig, fleissig! Ich hocke drin, auch am Computer, vor unserer monatlichen Zusammenstellung der Ausgaben, spüle nebenbei meinen vereiterten Zahn mit heissem Salzwasser (vielleicht hilft´s ja ;). Die Ausgaben könnten trotz Werft und diverser Reparaturen richtig gut aussehen, wenn da nicht auch noch die Jahresbeiträge der Boots-, Reisekranken- und Hausratversicherung abgebucht worden wären. Da tränen einem die Augen! Versicherungen kündigen? Wir kennen viele, die ohne unterwegs sind. Funktioniert auch. - Am besten, ich klappe den Rechner schnell zu, entfalte den kleinen Tannenbaum, zünde uns eine Kerze an und wir machen uns einen kuschligen Nachmittag. Ist ja schliesslich 1. Advent ;) ...Hm, Lebkuchen wären jetzt toll!!

Montag, 02.12.2013
Ich habe einen Plan für heute: ich geh und "mische den Zahnarzt auf"! Ne, so doof bin ich nicht. Wer schon in Südamerika war weiss, dass das eh keine Punkte bringt, man wird nett angegrinst, Schulterzucken und erreicht mal gar nichts. Mit der Adresse einer anderen Zahnärztin in der Hosentasche (Empfehlung von Andrea von der Sy Bruce) düse ich per Taxi quer durch die Stadt, erwische direkt jemanden in dieser Praxis und kann gleich mit der Doctora reden. So und so ist das Problem, ich bekomme sofort einen Termin für den Nachmittag. Na, das ist doch schon mal was!! Endlich geht´s dem Eiterbatzen an den Kragen!! Hab auch noch die Adresse einer Frauenärztin, soll irgendwo ganz in der Nähe sein. Ich frage den Nächstbesten, der berät sich mit noch jemanden, der Dritte weiss es dann: Da und da lang, ist aber weit, ich soll am Besten ein Taxi nehmen. Bueno. Weil ich weiss, dass kaum ein Venezolaner zu Fuss geht und "weit" nicht unbedingt weit meint, gehe ich mal los. Keine 5 Minuten, dann stehe ich vor so ´ner Art Poliklinik. Äusserst unübersichtlich das Ganze, jede Menge verschiedener Ärzte auf diversen Etagen. Erstaunlicherweise finde ich meine Doctora gleich, aber leider hat sie grad keine Zeit, morgen früh. Ich finde nach mehrmaligem Fragen auch wieder hinaus und mach mich auf, in die superschicke Zahnklinik, in der keiner Bock hat, zu arbeiten. Wär natürlich schneller da gewesen, wenn ich nicht erst in die falsche Richtung gelaufen wär, aber die Zeit holen die arg gestressten Damen dort zum Glück wieder raus, als sie gerade mal fast zwei Stunden brauchen, um meine Röntgenbilder und das Zahnprovisorum in den endlosen Weiten der Edelklinik zusammenzutragen. Dafür ist meine neue Doctora fürchterlich nett, macht lieber doch noch eigene Aufnahmen, erklärt mir ausführlich was es da zu sehen gibt und schafft es sogar, die Krone, unter der die Entzündung sitzt, heil abzubekommen. Die können wir dann hinterher teilweise wieder verwenden, meint sie. Mittwoch soll ich wieder kommen, Freitag noch mal, nächsten Montag ... hurra! Endlich ist die nervige Warterei vorbei :) -- Ist das nicht schön, dass unsere Capitana wieder so gut drauf ist? Hätte sie vorige Woche wohl doch nicht davon abhalten sollen, die Klinik aufzumischen. Hab ich heute natürlich gleich ausgenutzt, als sie weg war, mir Geldbündel in die Hosentasche gestopft und bin auch losgezogen. Habe nämlich erfahren, dass der grosse Bootsladen ausserhalb der Stadt seit Ende voriger Woche wieder auf hat. Ellenlange Schlangen davor, genau das Richtige für`n Montag. Ich weiss sogar, wie man da hinkommt: erst mit ´m Taxi in die Stadt, dann in einen Bus steigen wo "Intercomunales" dran steht, ganz weit fahren und wenn man den Bootsladen sieht, aussteigen. Ganz einfach. Muss man natürlich auf der richtigen Strassenseite gucken, klappt sonst nicht. Ich guck auf der Falschen! Fällt mir aber irgendwann auch auf. Ist aber nicht so schlimm, wandere ich eben zurück. Ist ja gesund. Vor allem an `ner stark befahrenen Schnellstrasse mit den Taschen voller Geld. Dafür entdecke ich schon `ne halbe Stunde später eine Yamaha-Werkstatt mit geöffnetem Tor. Die haben sogar den Motor, nach dem wir seit zwei Wochen rumrennen, fahren, fragen, telefonieren ... SUPI! Ist nicht mal für uns - Freunde aus Curacao haben gehört, dass es die Dinger hier so billig gibt, ob wir nicht mal schauen könnten ... ? Claro, machen wir doch! Ich entdecke auch zwei Werkzeugläden, die geschlossen haben (Kilometer 12) und einen Baumarkt mit fast leeren Regalen, wo ich immerhin noch 90m Kabel erbeute. Das war bei Kilometer 27. Was ich nicht finde, sind die netten kleinen Strassenimbisse, die es sonst überall gibt. Ich hab nämlich Hunger! Dafür einen Fresstempel bei Kilometer 217. Steht McDonalds dran. Versuch ich`s eben da. Da kriegt man so pappige Dinger in die Hand gedrückt, mit was in der Mitte. Das nennen sie Fleisch. Ist aber keins, war vermutlich auch nie welches. Ich kenne mich da aus. Und das Grünzeug, das einem beim Essen sowieso bloss rausrutscht, hätten sie auch weglassen können. Immerhin bin ich aber satt, als ich dann bei Kilometer 417 endlich vorm "Auto Boot Center" stehe. Alleine, ist nämlich zu!!!!! Mit `nem Zettel dran: Wegen Systemproblemen geschlossen! Die schrecken auch vor keiner Ausrede zurück, um einsame Wanderer fertig zu machen! Schaffen sie bei mir aber nicht, ich habe ja schon Kabel gekriegt. Aber als ich dann in einemBuenas noches! riesigen Einkaufscenter begeistert vor der Werkzeugabteilung stehe und aus dem Augenwinkel die Schlange an den Kassen, dreimal durch den ganzen Markt gewickelt sehe, reicht`s für heute. Den lass ich mir für nächsten Montag!

Dienstag, 03.12.2013
"En revolucion contra la especulación!" Genau, steh ich voll dahinter! Aber warum müssen die ihre Revolution nun ausgerechnet in dem Laden machen, der mir als bester Werkzeugladen von Puerto La Cruz empfohlen wurde?! Ich hätte den "Wucherpreis" von umgerechnet 70 Euronen für `ne Bohrmaschine mit zwei Lithium-Ionen-Schnellladeakkus ja gerne bezahlt! El Presidente hat ja keine Ahnung, was die Dinger in Europa kosten! Jetzt liegt das begehrte Stück hinter runtergelassenem Gitter im Schaufenster und ich komm nicht ran! Dafür klebt `n Zettel an der Scheibe, auf dem die Revolutionäre mitteilen, dass der Laden seinen Krempel viel zu teuer verhökert und deshalb erstmal geschlossen wurde. Hätte doch gereicht, wenn ihnen das nächste Woche eingefallen wäre! Ist dann auch gleich meine erste Frage beim Yamaha-Händler, wann sie ihnen denn die Bude dicht machen? Nicht, dass wir 1000 Euro aus Deutschland transferieren und ich in einer Woche vorm vergitterten Tor stehe, mit zwei Reisetaschen voller Bolivares! Gut, dafür könnten wir uns 800 Kilo Fleisch (natürlich Filet) oder 280 Bierpaletten kaufen, aber wie schleppen wir das alles ausser Landes? Und schaff ich überhaupt 800 Kilo?! Da wird Marion mitessen müssen ... Carolina aus dem Office zerstreut meine Bedenken, bei ihnen war die neue Kommission schon und ausserdem gelten die fetten Aussenbordmotoren hier nicht als Luxusgut für reiche Yachties, sonder als Arbeitsgerät. Für die Fischer. Deswegen wird auf die Teile auch keine Mehrwertsteuer erhoben. Wollte ich sowieso nicht bezahlen - Yacht in Transit! Schau ich mir das gute Stück also an und bin heilfroh, dass Marion nicht dabei ist. Wenn die den Monsterkarton sieht, den wir jetzt nach Curacao kutschieren müssen ... Im Karton alles so, wie`s sein soll - wir machen den Kaufvertrag, ich zahle 5000 Bolivares an und jetzt hoffen wir mal, dass die Revolutionäre diese Woche in irgendeinem anderen Stadtteil beschäftigt sind :-)

Mittwoch, 04.12.2013
Marion steht vorm Kleiderschrank und überlegt, was sie anziehen soll. Zahnarzttermin! Erst wartet sie drei Wochen darauf und jetzt hat sie so viele, dass sie damit handeln könnte. Montag, gestern, heute, Freitag schon wieder ... Auch nicht schlecht, kann ich noch mal zur "Intercomunales" fahren. Hatte ich doch gestern auf der Rückfahrt gesehen, dass der Bootsladen wieder auf hatte. Bin ich fast `ne Stunde für unterwegs, Gitter sind oben - freu! Als ich drin bin frag ich mich allerdings, wozu? Der Laden ist wie ausgebombt! Meterlange LEERE Regale, vereinzelt baumeln noch die Zettel mit 30, 50 oder 70% descuento,  aber die ganzen schönen Dinge, die da mal drunter lagen, haben die anderen Schnäppchenjäger schon längst raus geschleppt. Für mich haben sie noch Leinen übrig gelassen. Kauf ich gleich 30m. Vielleicht gibt´s die morgen auch nicht mehr :-) Fahr ich eben zurück in die Stadt und tröste mich mit Fleischkauf auf dem Mercado. Ist schliesslich Mittwoch. 800g - ich bin richtig stolz, dass ich so tapfer NO sage, als der Fleischer mir so`n leckeres Riesenteil hinhält. Dann noch Grünzeug zwecks Salat - beim Petersilienkauf schliess ich `ne neue Freundschaft: Die Drei sind für den "Senor" unterwegs, erklären sie mir, für Jesus. Toll! Wofür braucht der denn das ganze Gemüse in euern Plastetüten? Das ist für ihre Brüder. Wenig später gehöre ich auch zur Bruderschaft: "Hermano René"! Das klingt doch! Sie hätten auch gerne eine deutsche Bibel, hab ich natürlich grad nicht dabei. Das tut unserer jungen Freundschaft selbstverständlich keinen Abbruch und sie beten jetzt immer fleissig für ihren neuen Bruder, also mich. Cool, das wird Marion freuen - sie ist ja immer der Meinung, dass ich zu Unfällen neige und da ist es nicht schlecht, wenn jetzt der "Jefe da oben" persönlich ein Auge auf mich hat. Bei den anderen Gemüsemuttis ging`s dann aber schneller :-) Marion hat keine neuen Schwestern getroffen. Nur die Zahnärztin, aber die kannte sie ja schon. War wohl auch nicht so unterhaltsam bei ihr. Fast zwei Stunden mit Bohrer, Spritzen und was weis ich im Mund, so genau verstehe ich sie nicht, sie nuschelt so komisch. Sieht so aus, als müsste ich heute alleine zum Grillabend. Da werde ich wohl morgen Kopfschmerzen haben, wenn ich die 800g ganz alleine runterschlingen muss :-)

Donnerstag, 05.12.2013
Hat mich die nuschelnde Frau gestern tatsächlich alleine zum BBQ geschickt! So wie bei Rotkäppchen, mit gepacktem Korb, Salatschüssel drin, Fleisch, Teller, Gäbelchen, Becherchen ... hat sogar zwei Bier reingelegt (ich hab noch `ne Flasche Wein mit reingeschmuggelt :-) Hab meine 800g dann doch nicht ganz geschafft. Lag aber nicht an mir. Juanito hat Schuld, der Argentinier, der neben mir am Grill seine Fleischberge gedreht und mir davon immer Stücke zum Probieren abgeschnitten hat. LECKER! Als ich dann irgendwann zurück kam, haben wir die Rollen getauscht - Marion hat nicht mehr genuschelt ... Heute ist Bürotag. Marion sitzt im Salon vorm Computer und Drucker und macht irgendwas. Bestimmt was Sinnvolles! Ich sitze im Cockpit, auch vorm Computer und mach auch irgendwas. Ich telefoniere, stöbere im Internet und such mir ganz viele tolle Sachen raus: Wir kriegen nämlich Besuch. In sechs Wochen. Und weil ich den beiden eingeredet habe, dass sie hier nichts weiter brauchen als `ne Badehose und Bikini, versuche ich jetzt, den restlichen Platz in ihren Rucksäcken vollzukriegen. Mal gucken was es bei MediaMarkt so neues gibt ...

 

Freitag, 06.12.2013
Grad hab ich´sVielleicht doch n bisschen gross? mir im Cockpit gemütlich gemacht um darüber nachzusinnen, woran ich heute so rumbasteln könnte (hab schliesslich sturmfrei - Marion hat wieder `n Date mit der Zahnärztin), da bremst sie mich auch schon aus: Denk dran, dass du dich noch um DEINEN Aussenborder kümmern musst! Ach ja, zuckel ich also erstmal zu Keigla, ob das Geld aus Deutschland schon da ist. Ist es! Sie macht auch gleich die Überweisung für die Yamaha-Bude fertig, natürlich nicht, ohne da vorher noch mal anzurufen (könnte ja doch sein, dass die Revolutionäre dort gerade auf`m Hof stehen). So, Geld ist jetzt bei denen auf dem Konto, sieh zu, dass du den Motor heute noch abholst, gibt Keigla mir mit auf den Weg. Gute Idee! Mach ich mich also gleich nach dem Mittag auf, Taxi, Bus, die Stadt ist rammelvoll - halb drei bin ich endlich da. Tor zu! Wie jetzt???!!! Dann springt aber zum Glück irgendein Schlosser auf`m Hof rum, der mir erklärt, dass alle anderen irgendwo im Stau stecken und gleich kommen. Das ist dann `ne halbe Stunde später! Glücklich schwenke ich Keiglas Computerausdruck von der Überweisung, der nützt mir aber auch nicht viel, ihr Bürocomputer ist platt. Der Techniker ist schon da, tröstet mich Carolina. Warte ich also noch `ne Stunde. Abwechselnd im Office (zu kalt), oder draussen (zu warm)! Ob ich nicht am Montag wiederkommen könnte? Könnte ich, will ich aber nicht - ich will den Motor jetzt! Versteht sie natürlich und wir einigen uns darauf, dassDas muss doch da irgendwie reingehen ... ich den Motor heute mitnehme (ohne dass sie kontrollieren kann, ob das Geld tatsächlich auf ihrem Konto ist!!!!) und ich Montag noch mal komme, um den Papierkran zu erledigen. GRINS! Der Rest ist dann fast ein Kinderspiel: Auto organisieren, Monsterkarton dort rein wuchten, durch den Stau zur Marina fahren, das Ding auf `ner Karre da quer durch zotteln, ´ner Menge neidisch guckender Yachties stolz erzählen wieviel PS der hat, was er kostete (um natürlich jedesmal schadenfroh drauf hinzuweisen, dass es der Letzte war) und schweissgebadet vor unserem Boot abstellen. Genau da taucht natürlich Marion von ihrem Zahnarztdate auf. WO SOLL DER DENN BITTE HIN??!!! Weiss nicht, mal sehen, wo er hinpasst. Erstmal schon nicht durch die Tür! Ziehen wir das Teil also aus, schleppen die Styroporteile einzeln aufs Bett der Achterkabine, Motor und Zubehör hinterher, packen da alles wieder zusammen und jetzt wohnt er eben da. Hat natürlich viel länger gedauert. Marion fegt dann noch 2kg Styropor aus dem Schiff, aber da sitze ich schon gemütlich mit dem Feierabendbier im Cockpit. Lustig, wie die kleinen Kügelchen immer wieder von der Schippe hüpfen :-) Jetzt haben wir uns aber ein lecker Abendbrot verdient, wir gehen Pizza essen! Schnell das Duschzeug in den Rucksack schmeissen, dann können wir auf dem Rückweg gleich unter die Dusche springen. So richtig weit kommen wir aber nicht, paar Boote weiter lauern uns Corinne und Phillippe auf. Pizza essen? Das wollen sie auch! Bei Franzosen geht das aber nicht soooo schnell mit dem Aufbruch, umziehen, `n Aperitif muss auch noch sein (dabei wir haben schon soooo`n Hunger). Der Pizza-Mann übertrifft sich mal wieder selber, Bier gibt`s heute aus Plastebechern (wegen der Wahl darf von Freitag Abend bis Sonntag kein Alkohol verkauft werden), alles supi, bis auf den Heimweg: Zack, plötzlich hab ich ein Messer am Hals - keine Ahnung, woher die Jungs mit mal kamen. Sie wollen meinen Rucksack. Na gut, wenn`s weiter nichts ist. Phillippe hat Pech, er hat keinen Rucksack, bei ihm wollen sie Geld. Dann sind die Bengels weg, genauso schnell, wie sie gekommen sind. Dilettanten! Dabei hatte ich die Hosentaschen voller Bolivares. Nachteil ist, jetzt können wir nicht mehr duschen. Die haben ja unsere Handtücher uRuhisch! ´schlesgrad!nd das Shampoo!

Sonnabend, 07.12.2013
Marion will heut nicht shoppen. Sie hat grad `n Buch angefangen und das ist spannend. Passt perfekt, ich hab nämlich auch grad `ne neue Basteleingebung: Bei meinem alten Netbook ist die Festplatte platt, ich hab keine Lust `ne neue zu kaufen, liegt das Ding also nutzlos rum. Könnte man ja ein Betriebssystem auf eine SD-Card packen und das Teil damit wieder zum Leben erwecken. Funktioniert mit Windows 7 oder 8, hab ich aber nicht. Bleibt Linux (hab ich keine Ahnung von und es gibt bestimmt tausend verschiedene Versionen). Beschäftige ich mich also mal damit. Den ganzen Tag lang. Haben ja Internet. Ich stöbere in diversen Foren, recherchiere, downloade, probiere, ... Sogar noch nach dem Abendbrot. Da sind nämlich die ersten Downloads fertig. Dauert hier etwas länger, denn unser Internet ist halt seeeehr langsam. Südamerikanisch eben :-)

Sonntag, 08.12.2013
Ich hab schon ganz eckige Augen, findet Marion. Weil ich schon den zweiten Tag ununterbrochen auf den Computerbildschirm starre. Aber ich weiss jetzt auch schon viel mehr über Linux. Zum Beispiel, dass das eigentlich nix für mich ist. Ich probiere aber trotzdem immer neue Versionen, jetzt purzeln die fertigen Downloads nur so rein. Immerhin erwacht das Netbook schon mal zu neuem Leben. Aber die eine Version hat keinen WLan-Treiber, die nächste `ne Sch... Bildschirmauflösung, dann ist die Bedienoberfläche blöd, ... ich versuche Marion über meine Fortschritte auf dem Laufenden zu halten. Hat sich schliesslich gestern beschwert, dass ich den ganzen Tag nicht ansprechbar bin. Meine Kommunikationsversuche werden allerdings mit einem hochgehaltenen Lesezeichen  abgeschmettert: “Ruhisch! `schlesgrad”

Montag, 09.12.2013
Aussenborder die ???-te! Elke hat für mich in Yamaha-Bude angerufen (Computer funktionieren wieder), muss ich also noch mal hin zwecks Rechnung. Marion will diesmal mit, angeblich ist es ihr zu langweilig alleine auf dem Boot. Ich glaub ja, sie will bloss gucken, ob`s in der Gegend Kleiderläden gibt, die sie noch nicht kennt :-) Gibt es! Macht ein neues Kleid und zwei Leggins! Kann man gut unterm Kleid tragen, wenn`s mal kalt ist. Leuchtet natürlich ein - schulterfreies Kleid, aber lange Hosen drunter :-) Ich krieg auch was, ein neues T-Shirt. Will ich zwar nicht haben (hab schliesslich schon eins) aber sie kauft es trotzdem. Jetzt kann sie nämlich sagen WIR haben uns neue Klamotten gekauft. Zwischendurch waren wir aber auch bei Yamaha. Ich bekomme meine Rechnung und frag gleich nach dem nächsten Motor. Ist wieder nicht für uns, für unsere namibischen Freunde. Der (billige) Aussenborderkauf hat sich in den Marinas rumgesprochen! Carolina druckst so`n bisschen rum - Für einen guten Freund? Si! Wirklich? Siiii! - na gut, einen hat sie noch. Ich sollte einen Handel mit den Dingern aufziehen. Mittlerweile haben wir erfahren, dass einige Segler die Teile hier billig kaufen und auf Curacao oder anderen Karibikinseln mit `n paar hundert Dollar Aufpreis weiter verhökern. Da kosten sie mehr als das Doppelte! Wenn ich so überlege, wieviele Tage ich nach dem Teil rumgerannt, mit Bus oder Taxi unterwegs war, muss ich ehrlich sagen: Die Dollars haben sie sich auch verdient! Und jetzt noch ein schönes Beispiel, wie vorausschauend Marion doch ist: Haben wir uns, nachdem wir uns den ganzen Tag die Hacken abgelatscht sind, in der Stadt noch in ein nettes kleines Restaurant gehockt - Hunger! Schön grosser Teller, ordentlich Fleisch drauf, dazu Salat, Pasta, `n Bierchen - stellt die nette Kellnerin auch noch die Flasche mit der leckeren Sosse und viel Knoblauch drin, dazu. Wir lieben das Zeug! Greif ich also gleich zur Flasche, drück drauf, kommt ein Tröpfchen raus. Nochmal drücken, wieder ein Tröpfchen. Bisschen döller drücken - PLOCK!!!, fliegt der Deckel ab! Flasche war natürlich voll - Teller schwimmt, Tisch voller Sosse, Marions Bluse, mein T-Shirt, die Kneipe muss im Umkreis von 5m renoviert werden! Die Flecken krieg ich doch nie wieder raus, stöhnt Marion. Köpfe statt Posi-Lichter, warum nicht? Ob die auch leuchten, haben wir noch nicht rausgekriegtDas muss sie geahnt haben! Deshalb hatte sie mir auch das neue T-Shirt gekauft :-)

Dienstag, 10.12.2013
Ich weiss, ich schreib jeden Tag das Gleiche: Ich war schon wieder in der Yamaha-Bude! Kann ich nichts für, ist einfach so. Heute wieder, mit Jaco und Christelle. Die beiden waren so happy, dass ich noch einen Motor für sie aufgetrieben habe, am liebsten wären sie gleich frühs um sieben losgefahren. Die machen immer Verabredungen zu so komische Zeiten, ich glaub sie haben Schlafstörungen :-) Haben uns dann auf um neun geeinigt. Mit Taxi und Bus zu Carolina, Karton aufreissen, das begehrte Stück schon mal streicheln - jetzt müssen sie nur noch das Geld überweisen, dann können sie ihn sogar mitnehmen. Ich bin dann noch `n bisschen weiter, paar Geschäfte plündern - spezielle Sonnenschutzgaze kaufen, passende Druckknöpfe - wir haben ein neues Bastelprojekt, wir wollen den Decksalonfenstern endlich `n schicken Sonnenschutz verpassen. Aus der selben Gaze hatten wir uns in Trinidad ja schon Seitenteile für`s Bimini anfertigen lassen (sind wir ganz begeistert von). Und gestern haben wir die hier auch entdeckt. Haben wir natürlich gleich alles aufgekauft, 7m waren noch auf der Rolle. Das heisst, wir haben versucht alles zu kaufen - an der Kasse hab ich verzweifelt in allen Hosentaschen gekramt, Geld reicht nicht! Musste ich also heute noch mal her. Marion war auch unterwegs. Beim Zahnarzt. Ging aber schnell heute. Mund auf, reingucken, Entzündung noch nicht weg, Mund wieder zu - fertig. Sch...!

Mittwoch, 11.12.2013
Marion ist sauer. Auf mich! "So wie du schreibst, denken alle, ich bin `ne totale Shopping-Tussi!!!" Marion ist keine Tussi! Und eigentlich hasst sie shoppen. Sie macht das auch nicht freiwillig, ich hab sie gezwungen. Wenn wir so durch die Läden schlendern und da hängt zum Beispiel `ne coole Trekkinghose rum, sag ich: Kauf das Ding. Besser gleich zwei! Bei der nächsten Rucksacktour ist so `ne Hose eh nach einem Monat platt. Bei mir geht das natürlich schneller. Und eh wir so`n Teil für 25 Euro oder mehr nachkaufen ist es doch besser, sie hier für 2,50 Euro das Stück einzusacken. Macht sie dann auch. Unter Zwang, wie gesagt. Für`n Kleid fällt mir jetzt grad kein Beispiel ein :-)

 

Mittwoch, 18.12.2013
Pscht, leise! Mein Capitano ist krank. Gestern schon ein hustender, niesender "Hatschibum", kröchend und stöhnend. "Ist das arschkalt heute!", dabei wühlt er
sich ´nen langärmligen Pullover nebst langer Hose aus dem Schrank. Na ja, sind auch nur 32°C unter Deck. Ich muss halb zehn los zum Zahnarzt, komme erst 17 Uhr zurück (WIRKLICH NUR ZAHNARZT UND HIN- UND RÜCKWEG!!), bin pappensatt (muss am Donnerstag noch mal hin, das letzte Mal)! Er sitzt vorm Computer (wo sonst ;) und sieht immer noch besch... aus. Die Tabletten aus der Bordapotheke haben Auflösungserscheinungen - weg damit! Fieber messen - jawoll, auch daTMO-BBQ mit Christelle und Jaco  . "Hast du dich heut mal hingelegt?" "Nö." Ab ins Bett!! Hab heut früh noch mal in der Bordapotheke gewühlt, o.k. ist noch was Passendes da. Fieber messen, Honigtee ans Bett, essen mag er nicht, dirigiere ihn auf meine Betthälfte, wuchte seine Matratze raus in den Wind (ganz nass geschwitzt, der arme Kerl). Nun schläft er und ich bemühe mich, im Cockpit unsere Wäsche möglichst leise zu waschen. Hoffe nur, dass ich nicht auch noch die "Pest" kriege. - In der letzten Woche ist nicht gerade viel passiert. Sind Michael dem Planenmacher hinterhergelaufen, der uns Abdeckungen für die Salonfenster nähen soll (unterwegs heizt sich das Boot einfach zu sehr auf), hab 4kg Fleisch eingeweckt (Sch...-Schnellkochtopf funktionierte nicht, Käpt´n hat ihn aber bezwungen ;), diverse kleinere Einkäufe (alles einzeln im Rucksack und Hackenporsche ranbuckeln), haben Milch erbeutet (!!!), Schampoo und Duschbad, aber kein Klopapier, erwerben ein 1,70m-Brett und wandern mit dem Ding unterm Arm bis zur Marina (soll ´ne Befestigung für 5 weitere Diesel-Kanister an Deck werden), dazwischen immer mal n Zahnarzttermin in der, auf gefühlt 10°C runtergekühlten Praxis, Sonnabend Grillabend in der TMO-Marina mit Christelle und Jaco, Andrea und Richard, Corinne und Phillipe (echt lustig, dieses Mal ohne Rum, wenig Kopfaua ;), Käpt´ns Computer im Dauerlauf wg irgendwelcher downloads, die er für irgendwelche Basteleien braucht (stundenlang, tagelang ;), ... und gestern noch ein "highlight": ölige Spur in den Bilgen achtern! Das hat richtig Spass gemacht, weil ja das Weihnachtsgeschenk für Arnim und Barbara hinten auf dem Bett wohnt (gerade so reingepresst!). Und unterm Bett müssen wir halt nach der Herkunft der Spur suchen ... Schönes Ding, Herr Fink!! Nach langem Rumgewürge hat sich dann die Fettpresse als der Übeltäter entpuppt (Verpackung kaputt). Wenigstens kein Problem mit der Hydrauliksteuerung! Das hätte echt noch gefehlt... Mit letzter Kraft bringt mein Capitano dann noch im tosenden Wind die Abdeckung der Salonfenster auf der Steuerbordseite an, die andere ist auch endlich da, aber ... manana ... und sackt vor seinem Computer in die Polster...

Donnerstag, 19.12.2013
Da bin ich ihm grad noch mal so von der Schippe gesprungen, dem Gevatter ... Todsterbenskrank hab ich drei Tage lang, niesend und hustend die Polster vollgeschweisst. SCHNUPFEN!!!, die fürchterlichste aller Männerkrankheiten hatte mich niedergestreckt. Nicht mal `ne Zigarette hat geschmeckt! Dicker Kopf, dicker Hals, dicke Nase und bei 32°C in Vollkombi frieren. Hab`s aber überlebt. Marion meint zwar, ich soll mich wieder in die Koje hauen, die Decke über die Nase ziehen und brav weiter schwitzen, wenn sie heute zu ihrem (ENDLICH!!!) letzten Zahnarztdate loszieht - geht aber nicht. Muss die Chance doch nutzen, um noch ein paar Paletten Dosenbier vor unserer Abfahrt aufzutreiben. Rennen wir schon seit zwei Wochen nach rum - Bierflaschen werden einem überall hinterher geschmissen, aber mit mal hat keiner mehr Dosen. Ab Januar wieder! Solange will ich aber nicht warten, wir wollen Weihnachten los segeln! Letzte Hoffnung, das Wohngebiet der Schönen und Reichen auf der anderen Kanalseite. Fahr ich also mit dem Schlauchboot rüber und besuch die Mutti in ihrem Laden, die mich schon bei unserer Ankunft so liebevoll zugeschwatzt hat. Macht sie heute auch wieder. Stört mich aber nicht, vorm Laden steht nämlich der Getränke-LKW und die Jungs laden fleissig DOSENBIER ab. Ich brauch 15 Paletten davon, kräh ich gleich mal los, bevor die ihrWie man sieht, es geht ihm wieder bessere Plane wieder runterzotteln. WIEVIELLLL???!!!, hätte Marion jetzt gefragt (kann sie aber nicht, sie hat ja keine Ahnung und friert mit offenem Mund bei ihrer Zahnärztin :-) Die Ladenmutti freut sich dagegen, lässt 15 Paletten mehr abladen und wir einigen uns sogar über den Preis. Ich muss dann aber zweimal fahren, nicht weil die Paletten nicht ins Schlauchboot gepasst hätten, ich hatte nicht genügend Geld mit. Auf der Seite der Reichen ist eben alles ein bisschen teurer - trotz Descuento für arme Segler aus Alemania. Als die Dosen dann alle so im Cockpit stehen, sieht das doch ganz schön viel aus. Weiss gar nicht, wo die alle “wohnen” sollen? Na ja, so lange bleiben sie ja meist nicht bei uns :-) Jetzt kommen bestimmt wieder die nächsten Mails: Mensch, ihr seit ja die ganze Zeit nur am Biertrinken!!! Stimmt gar nicht, zwischendurch schlafen wir auch mal :-) Manno, das ist hier LIGHT-BIER, das hat ganze 3,2% alc. Und wer hier jemals `ne Flasche Fruchtsaft gekauft hat wird verstehen, dass man das Zeug nicht den ganzen Tag über trinken kann. Keine Ahnung, wie der hergestellt wird, aber ich tippe mal: 1kg Zucker in `ne Flasche schütten, kleine Frucht dazu werfen, mit Wasser auffüllen und ordentlich schütteln. Mit Wasser verdünnt, geht`s meist! Ich bin dann noch mal los mit dem Schlauchboot, zur Tankstelle, die beiden Benzinkanister füllen. Ist für Ausländer eigentlich nicht erlaubt, erklärt mir der Tankwart auch sofort, aber ich grinse ihn schön blöd an, versteh einfach nichts und halte freudestrahlend meine Kanister hoch. Klappt, er gibt auf, reicht mir den Schlauch runter und ich ihm hinterher 20 Bolivares hoch. Knapp 30 Cent für 40 Liter! Gut, für 20 Bolivares hätte ich auch zwei Bier bei Mauricio trinken können, oder zwei Perros Caliente (“Heisser Hund” heisst hier der Hot Dog) bei der Mutti am Strassenimbiss vor seinem Laden essen, oder `ne Familienpackung Colgate- Zahncreme kaufen, ... ach ne, die haben sie ja auf 16 Bolivares runtergesetzt (haben wir jetzt einen Jahresvorrat von). Von Duschbad auch und von Shampoo, Deo-Rollern, Spray,... Keine Ahnung, wie Marion das alles in die Badschränke gestopft hat. Eigentlich weiss ich gar nicht, warum wir bei diesen touristenfreundlichen Preisen überhaupt woanders hin segeln wollen? Ach ja, wir kriegen Besuch in Curacao. Genau! Und deswegen habe ich auch soviel Bier gekauft. Wenn die beiden dann hier in der Karibiksonne so vor sich hin schwitzen, haben sie bestimmt auch mal DURSCHT!!!

 

Freitag, 20.12.2013
Wir sind jetzt ein Lazarettschiff. Marion hustet und schnoddert nun auch vor sich hin. Hat sie von mir! Sagt sie! Glaub ich aber nicht, ich denke eher, ich hab mir die Seuche bei ihr geholt - bei ihr hat`s nur länger gedauert bis sie ausgebrochen ist.  Eigentlich müsste sie heute noch mal zu ihrer Zahnärztin, nicht, weil schon wieder ein Zahn wackelt, ihrer Ärztin ist gestern bei der Behandlung eingefallen, dass es plötzlich 2000 Bolivares mehr kostet. Schliesslich steht Weihnachten vor der Tür, da braucht jeder noch `n bisschen Geld. Mach ich natürlich sofort auf liebevollen Ehemann: "Du bleibst hier und pflegst dich, ich werde diesem raffgierigen Weib ihre Taler bringen!" Stopf ich mir also reichlich Taschentücher in die Hose und quetsch mich in die öffentlichen Verkehrsmittel, um die Grippebakterien schön gleichmässig über Puerto La Cruz zu verteilen. Die Zahnärztin lauert schon hinter der Tür, ich drück ihr das Geldbündel in die Hand und bekomme dafür ein fast genauso dickes Bündel Rechnungen. Bestimmt schliesst sie jetzt gleich ihre Praxis und zieht los, Weihnachtsgeschenke kaufen. Ich will auch noch `n bisschen shoppen. Marion hat zwar eine riesige Arzneikiste, sogar mit computergestützer Datenbank, aber wahrscheinlich ist da nur Zeug für ihre Krankheiten drin oder sie rückt mit Absicht nichts raus wenn ich mit dicker Nase und Taschentuch in der Hand auf mein Ende warte - jedenfalls kauf ich mir jetzt meine eigene Medizin. Und gegen Grippe hilft bestimmt Paracetamol. Ich also in die nächste Farmacia. Ich brauch Paracetamol! Kein irritiertes Gucken, hab ich das also zumindest schon mal richtig ausgesprochen. Aber so`n richtiger Apotheker muss natürlich noch `n bisschen klugscheissen: 500, 750 oder 1000 mg? Ich dachte so an eine Schachtel mit Tabletten drin!? Es geht um die Dosierung. Was man alles beachten muss - ganz diplomatisch entscheide ich mich für 750mg. Und wenn ich schon mal hier bin, brauch ich auch noch Nasentropfen. Gibt`s natürlich auch verschiedene. Diesmal nehme ich die mit der buntesten Verpackung. Ist aber nur so`n kurzes "warmshoppen", eigentlich will ich die mir bekannten Marlboro-Verkaufsstellen in der Stadt plündern. Ich weiss, ich hab Marion versprochen, mit dem Rauchen wieder aufzuhören - aber eben noch nicht sofort. Demnächst, irgendwann, ... Und bis dahin will ich mich noch zu den hiesigen raucherfreundlichen Preisen bevorraten. Gar nicht so einfach, genauso wie beim Dosenbier gibt`s gerade nirgendwo Marlboro. Mal krieg ich fünf Schachteln, der nächste hat noch elf, einmal erwische ich sogar zwei Stangen. Kann man sich echt den halben Tag mit beschäftigen. Und als ich zurück auf dem Boot ganz stolz meine Beute hochhalte, werde ich noch nicht mal gelobt. DAS IST GENAU DAS RICHTIGE BEI DEINEM HUSTEN! Als wenn sie weniger husten würde. Ach ja, Paracetamol ist auch nicht gegen Grippe, das ist gegen Fieber. Ich nehm trotzdem erstmal eine, kann ja nicht schaden ... Vor allem, wenn man in einem tiefgekühlten Taxi zu einem genauso runtergekühlten Office (2,5qm gross, teilweise 10 Personen drin) schaukelt, um den, in vorweihnachtlicher Stimmung schwelgenden Beamten, noch schnell seinen Pass hinzuhalten. Wir brauchen einen Ausreisestempel! Mit zusammengeknülltem Taschentuch in der Hand und den Hustenreiz unterdrückend, warten wir geduldig bis alle Papiere durchgeblättert sind. Diesmal ist alles richtig - KLATSCH, kriegen wir unsere Stempel. Ausreisedatum Sonntag!

Sonnabend, 21.12.2013
Jetzt, wo wir ausreisen müssen, kommt doch so`n bisschen Hektik auf. Ist ja ganz schön, dass du genügend Bierdosen und Zigaretten gekauft hast, aber vielleicht brauchen wir doch noch das Eine oder Andere, gibt Marion zu bedenken. Wäre ja vielleicht nicht schlecht auch `n bisschen was zu Essen einzukaufen, liefert sie auch gleich die Auflösung dazu. Super Idee! Fahren wir also zum "Unicasa", dem bevorzugten Supermarkt, der iHeut mal kein Bier ... n der Marina "dauerwohnenden" Segler. Eine riesige Shopping-Mall mit Springbrunnen, Palmen, Wasserliegeplätzen, dutzenden Restaurants und Bars, Boutiquen wohin man tritt und eben besagtem Supermarkt. Genau da schieben wir unseren Einkaufswagen durch die Regalreihen. Die haben sogar Dosenbier! Darf ich aber nicht in den Wagen werfen. Dafür wandern Nudeln und Spaghetti, Öl, Kartoffelpüree, Käse, Leberwurst, Dosenbutter, Hustenbonbons und ähnliches Zeug rein. Kriegt man so`n grossen Wagen auch mit voll. Marion findet sogar noch Platz für ein Fläschchen Eierlikör. Was sie daraus wohl kochen will? An der Kasse wird dann alles in Unmengen von Plastetüten gestopft und der Plastetütenvollstopfboy fährt einem die ganze Fuhre auf den Parkplatz. Nützt einem natürlich nichts, wenn man da kein Auto zu stehen hat. Organisiert er halt ein Taxi. Am Marina-Tor stehen glücklicherweise immer ein paar Wagen für solche Grosseinkäufe bereit, erleichtert den Tütentransport quer durch die Stadt ungemein. Beute im Cockpit abparken, Marion holt noch unsere Wäschesäcke im Dorf ab, ich düse noch mal in die Stadt. Zum Markt, Fleisch kaufen! Kann man nie genug von haben. Knapp 5kg werfe ich in den Kühlschrank - Marion ist noch damit beschäftigt, unseren Vormittagseinkauf in ihren Schränken und den Bilgen zu verteilen. Sprich, mein Aufenthalt unter Deck ist grad unerwünscht. Passt aber gut, seit drei Tagen liegt schliesslich das zweite Seitenteil unseres neuen Sonnenschutzes für die Salonfenster rum, das muss irgendwer ja mal anbauen. Also ich. Knipse ich den Rest des Tages Löcher in die Gaze, presse Druckknöpfe ein, bohre fleissig Löcher in den Deckssalon, schraube die Gegenstücke der Druckknöpfe rein ...

Sonntag, 22.12.2013
"Stihille Nacht, heilige Nacht ..." dröhnen die Toten Hosen - Marion bringt sich in Weihnachtsstimmung. Aber statt Plätzchen zu backen, kämpft sie mit den Fleischbergen, die ich gestern angeschleppt habe. Fett abschnippeln (ihr Käpt`n ist nämlich mäklig - was uns ´ne Menge Pluspunkte bei Nachbarhund Senta und Kater Tschaika einbringt), Fleisch anbraten, in Einweckgläser stopfen und im Schnellkochtopf vor sich hin köcheln lassen. Wenn T...und noch ein Loch! Ich kann gar nicht hingucken!opf dann drucklos, werden die Gläser rausgenommen und der Deckel ordentlich zugedreht. Das mach ich. Blöd für sie ist nur, wenn ich zu fest anpacke und die Deckel "überdrehe". Dann sucht sie zähneknirschend zwei neue Gläser mit passendem Deckel, wäscht die aus, füllt Fleischbrocken um, packt alles wieder in den Schnellkochtopf ... und dreht die Deckel hinterher lieber selber zu. Ist jetzt aber nicht so, dass ich heute nur ihre Arbeit sabotiere, ich bin auch fleissig. Michael, der Polsterer ist heute früh tatsächlich noch bei uns aufgeschlagen, hat die Schablone für die Vorderfenster vom Deckssalon gebastelt und zwei Stunden später den letzten Sonnenschutz abgeliefert. Kann ich also weiter fleissig Löcher ins Schiff bohren. Marion liebt das! Aber eine bessere Befestigungsmöglichkeit ist uns nun mal nicht eingefallen. Am Ende sind es 47 Löcher im Deckssalon! Dafür haben wir jetzt rundum vor allen Fenstern einen super Sonnenschutz, den wir auch beim Segeln dran lassen und trotzdem noch rausgucken können. Was stören da schon die paar Löcher ... Ich schraub trotzdem noch mal alle Druckknöpfe wieder ab, setz auf jedes Bohrloch einen Sika-Klecks und schmier jede Schraube vorm Einschrauben mit Wollfett ein. Ist das einzige Zeug, das wirklich dauerhaft jegliche Korrosion zwischen Aluminium und Edelstahl verhindert. Und man kriegt die Schrauben auch nach Jahren problemlos wieder raus. Und weil Marion soooo fleissig meine Fleischvorräte haltbar gemacht hat, obwohl sie ja eigentlich krank ist, wird sie zum Abend noch mal so richtig verwöhnt: Der Käpt`n kocht. Na ja, nicht so direkt, er wandert ins Dorf, trinkt zwei Bier während Archimedes (der heisst wirklich so!) uns eine riesige Pizza bastelt und schleppt das lecker duftende Teil dann aufs Boot ...

 

Montag, 23.12.2013
Marion hat noch ein paar Sachen auf der Wunschliste, fahren wir also noch mal in die Stadt. Die selbe Idee hatte wohl auch die Hälfte aller Einwohner Puerto La Cruz´s - es ist einfach nur brechend voll! Alles schiebt und drängelt sich auf den, ohnehin noch mit lauter Verkaufsständen zugestellten Gehwegen lang, auf den Strassen geht gar nichts mehr. Vermutlich sind auch jede Menge Zahnärzte darunter, die ihre Patienten in den letzten Tagen noch ordentlich geschröpft haben. Zum Glück müssen wir uns heute nicht in die Warteschlangen vor den Umkleidekabinen in irgendwelchen Klamottenläden einreihen, es geht ausschliesslich um praktische Dinge: Neue Designer-Unterhosen für den Käpt`n zum Beispiel. Marion hat festgestellt, dass drei Unterhosen doch zu wenig für mich sind. Krieg ich noch drei. Ich hab auch was festgestellt: Dass ich mich wohl doch öfter wasche, als ich dachte, ich brauch noch mehr Duschbad. Finden wir im "Farmatodo"-Laden. Da gibt´s, wie der Name schon andeutet, auch jede Menge Medizin. Und da wir beide noch wie blöd rumkröchen ist das ja `ne gute Gelegenheit, sich gleich mal was Passendes zu kaufen. Geht bei mir ganz schnell, `ne schöne bunte Schachtel, für den Nichtmediziner mit hübschen Piktogrammen dekoriert - Hals, Nase, Husten, die nehm ich. Steht sogar was mit Grippe drauf. Nach zwei Tagen ist man wieder gesund, vier Tabletten für den Tag, zwei für die Nacht. Perfekt! Sicherheitshalber schmeiss ich auch noch eine für Marion in den Korb. Die dachte für sich aber eher an Hustensaft. Steht sie direkt davor. Braucht man einfach nur ins Regal greifen und sich eine Flasche nehmen. Geht bei ihr aber nicht so schnell. Sie muss erst alle Packungen aufmachen und die Beipackzettel auswendig lernen. Dauert natürlich! Ein paar Stunden später hat sie sich dann für ein Fläschchen entschieden. Mit Honig! Da bin ich ja mal gespannt, wer jetzt eher wieder gesund ist :-)

Dienstag, 24.12.2013
Marion hatte zwar gestern DFeliz Navidad :)EN Hustensaft für sich entdeckt, dabei aber wohl irgendwie übersehen, wie winzig das Fläschchen ist. Dreimal `n Löffel voll genommen, ist das Ding heute schon halb leer. So wird sie den Husten natürlich nie los. Ich kauf dir jetzt `n ordentlichen Vorrat, verkünde ich, bekomme Taschentücher und `n Stück von der Hustensaftverpackung in die Hosentaschen gestopft und fahre noch mal in die Stadt. Blöde Idee! Ich hatte ja gestern schon gedacht es wäre rammelvoll, da brauchte man sich bloss die Hosentaschen zuhalten und konnte sich von den Massen vorwärts schieben lassen. Heute kann ich dabei auch noch die Füsse anheben. Braucht man dann bloss wieder runterlassen, wenn man am richtigen Geschäft vorbeigeschoben wird. Das verpasse ich natürlich. Lass ich mich also bis zur nächsten Drogerie weitertragen. Die haben zwar auch jede Menge Hustensaft, aber nicht DEN Hustensaft. Die zweite Farmacia auch nicht. Hilft alles nichts, ich muss zurück - gegen den Strom. Könnte ich zwar einfacher auf der anderen Strassenseite, aber da verpasse ich ja auf jeden Fall wieder das richtige Geschäft. Auf der Strasse geht`s, da stehen die Autos eh nur hupend rum, kommt man ganz gut vorwärts. Schnell noch mal die Packung rauskramen, damit ich auch ja den richtigen Saft in den Korb werfe - jetzt hat Marion einen ausreichenden Vorrat! Wie ich mich so aus dem Gewühle wieder rausschiebe, kommen mir doch berechtigte Zweifel, ob wir denn auch genug Fleisch an Bord haben. Besser ich geh doch noch mal zum Markt. Da ist es zwar auch immer voll, aber im Vergleich zu den Geschäftsstrassen ja fast erholsam. Schleich ich `ne Stunde lang um die unzähligen Fleischstände, lass mir hier ein Stück zeigen, kauf da mal was, dreh die nächste Runde ... ich bin ja wählerisch. Zwischendurch ein kleines Päuschen - es gibt am Marktrand so eine praktische "Männer-Abpark-Stelle". Können die Frauen ihre Männer abgeben, die kriegen dann wahlweise ein Fläschchen Bier oder Rum in die Hand gedrückt und warten geduldig und ohne zu murren darauf, dass ihre Frauen ihnen die nächsten Plastetüten mit Gemüse, Fleisch oder Fisch hinstellen. Wirklich praktisch so`n Plätzchen :-) Marions Begeisterung über weitere 5kg Fleisch fällt eher verhalten aus. Aber der Schnellkochtopf steht doch eh noch draussen und wenn du erst deinen Hustensaft ausgetrunken hast, weckt sich das wie von alleine ein - versuche ich sie zu motivieren. Ich dreh schnell noch `ne Runde ins Dorf, Getränke und Brot holen und jetzt kann Weihnachten endlich losgehen! Die "Tote Hosen"-CD ins Radio schieben, Kerzen an - man, bin ich aufgeregt! Wir schenken ja praktisch! Für Marion liegt eine Packung Hustenbonbon unterm Baum und für mich ... NICHTS. Spart Geld. Praktisch eben :-) Nein, in Wirklichkeit haben wir uns gegenseitig den tollen neuen Sonnenschutz geschenkt, der hätte nur nicht unter unseren mickrigen Baum gepasst.

Mittwoch, 25.12.2013
Wir machen Weihnachten! So richtig den Feiertag geniessen! Marion geniesst am Herd, beim Einwecken und ich geniesse so mit Nichtstun. Das aber ausgiebig. Senta, Nachbars Hund, geniesst auch. Das abgeschnitte Fett von 5kg Fleisch. 4kg kriegt Marion noch in Gläser gestopft, aus dem letzten macht sie einen Weihnachtsbraten. Den geniesse ich auch! Könnte ruhig öfter mal Weihnachten sein. So völlig unproduktiv war ich dann aber auch nicht. Du könntest ja wenigstens mal das Wetter checken, meint Marion (so aus der Küche heraus) und das hab ich dann auch gemacht. Morgen 20kn aus Nord, ruf ich ihr zu. Fahren wir eben Freitag.

Donnerstag, 26.12.2013Eigentlich sollte sie bunt werden, aber der Käpt´n sitzt lieber auf klassisch weiss
Ist jetzt nicht so, dass das `ne alte Familientradition bei uns wäre, am zweiten Weihnachtsfeiertag Klobrillen zu streichen. Aber das wollte Marion schon seit längerem machen und heute, findet sie, ist der perfekte Zeitpunkt dafür. Blöd für mich ist nur, dass ich für unser Malerzeug nach dem Werftaufenthalt ein schönes neues Plätzchen unter der Koje in der Achterkabine gesucht habe. Und da wohnt ja momentan der riesige Aussenborder drauf! Dauert also `ne Stunde, bis ich das Monster rausgewuchtet, Farbe, Pinsel und Sandpapier rausgekramt und den Motor wieder reisetauglich auf dem Bett abgeparkt habe. Marion tobt sich an der Klobrille aus, ich an der Wasserpumpe. Die leckt. Seit zwei Tagen schon, aber da hatte ich noch keine Lust drauf. Ist auch gar kein grosses Problem, man muss da aber erstmal rankommen! Davor sitzt `ne Bilgenpumpe, die abbauen, Schläuche abbauen, Wasserpumpe abbauen, Dichtung wechseln und alles wieder anbauen. Marion versucht sich inzwischen an der Hochglanzlackierung für das Sitzmöbel, ich zottel unser Schlauchboot auf den Steg, das hat sich auch mal `ne Wäsche verdient. Klar, dass gerade wieder das Wasser abgestellt ist. Kann man sich in letzter Zeit ja echt drauf verlassen - immer wenn man so schön rumplanschen will, kommt nix aus`m Hahn. Und wenn dann mal an den Pontons das Wasser wieder läuft, steht man mit Sicherheit gerade im Marinagebäude nackt unter der Dusche und dreht verzweifelt am Hahn. Gut wenn die Duschbad-Flasche dann noch zu ist :-) Kriegt das Schlauchboot eben `ne Salzwasserkur. Scheuermilch und Bürste erledigen den Rest. Das Bötchen darf anschliessend auch gleich auf`s Vordeck, brauchen wir  hier nicht mehr. Morgen wollen wir ja los. Dachte ich, bis ich noch mal nach dem Wetter geschaut habe: Freitag Nacht auch wieder 20kn aus Nord. Verschieben wir eben auf Sonnabend früh. Machen wir ja im Augenblick andauernd - die Abfahrt verschieben.

Freitag, 27.12.2013
Es wird hektisch. Zum Markt müssen wir noch, Grünzeug bunkern, ins Dorf wegen Brot und Getränken, Marina-Office zwecks Bezahlung und auf dem Dampfer sieht`s eh noch aus wie in `ner Lagerhalle ... Erstmal mit dem Hackenporsche zum Markt. Wo gibt`s die besten Kartoffeln, wer hat die grünsten Tomaten, Zwiebeln sowieso und hatten wir eigentlich noch genug Knoblauch? Auberginen, Gurken, Salat wandern in den Wagen, Mohrrüben, Mandarinen, Mangos - wieso hat heute, verdammt noch mal, keiner grüne Bananen???! An den Fleischständen komm ich dann auch nicht vorbei, ohne noch 1,5kg einzusacken (so für den ersten Tag, wenn wir noch keinen Fisch haben), dafür an der Männer-Abpark-Ecke. Was soll`n meine Kumpels denn denken, wenn ich da mit dem Hackenporsche auflaufe. Irgendwann haben wir das Wägelchen voll und mit der Beute geht`s zurück zum Boot. Zerlegen, verpacken, verstauen dauert dann fast noch mal so lange. Liegeplatz bezahlen, Duschschlüssel und Stromadapter abgeben, mit dem Restgeld und Wägelchen geht`s zur nächsten Einkaufsrunde. Diesmal den Chinesen-Mercado im Dorf plündern. Reis, Ketchup, Thunfischdosen, Margarinebecher, ... Mir fällt auch noch was Wichtiges ein: vier Säcke Holzkohle. Muss ja schliesslich mein Fleisch grillen und den ganzen Fisch, den ich demnächst fangen will. Mit vollem Wägelchen geht`s danach zum Bäcker, reichlich Brot einsacken und anschliessend zu Mauricio: Die letzten Bolivares legen wir in RUM an! Vorher pack ich aber noch 180 Bolis beiseite, für`s Abendbrot, Pizza! Nach ausgiebiger Beratung mit Mauricio und seiner Kundschaft verschwinden noch drei Rumflaschen im Wägelchen, wir schütteln ihn noch mal ausgiebig und versprechen, auf jeden Fall wiederzukommen. Und wärend Marion auf dem Boot alles noch in irgendwie in die Bilgen quetscht, mach ich mich auf zur letzten Runde: Abendbrot holen. Die Pizza kostet natürlich nur 140 Bolis, mit dem Restgeld überbrücke ich die Wartezeit :-)

Sonnabend, 28.12.2013
Das muss ich jetzt mal ganz gross schreiben, damit das nicht beim schnellen Überfliegen der Zeilen untergeht: UM VIER SIND WIR AUFGESTANDEN! Wir können einfach nicht anders. Morgenstund hat Gold im Mund, oder so. Schon vor dem ersten Hahnenschrei springen wir aus den Kojen. Meist bin ich es sogar, der die örtlichen Hähne weckt ... So, ich glaub, jetzt hat es jeder mitgekriegt. UM VIER! Kaffee schlürfen, die letze Möl unter Deck verstauen, Wasserschlauch einrollen, Leinen klarmachen - Motor starten. Das weckt auch den Wachmann, der am Ende des Stegs in seinem kleinen Wächterhäuschen schläft. Armer Kerl! Andererseits ja vielleicht auch nicht schlecht, wenn ihn seine Ablösung mal einen Morgen nicht schlafend vorfindet :-) Der Wachmann wiederum weckt mit seinem polternden Stuhl die Ponton-Ratte, die in Windeseile die Flucht ergreift und sich über die Festmacherleinen auf das französische Boot gegenüber rettet (vor dem dortigen Bordhund braucht sie keine Angst zu haben, der ist kaum nen Kopf grösser als sie). - Schnell noch Elke und Herman umarmen, Leinen los, Vorwärtsgang rein - langsam schieben wir uns zwischen den Nachbarbooten raus. Ah, doch noch nicht festgewachsen. Stockdunkle Nacht, macht nichts, wir fahren einfach nach unserem Plott (das ist die, vom Computer aufgezeichnete Fahrtroute) von der Herfahrt. So kommen wir auch super zwischen den vorgelagerten Inseln durch. Dann geht die Sonne langsam auf, was den angenehmen Nebeneffekt hat, dass es auch allmählich WARM wird. Ja, bei 22°C kann man frieren! Einzig meine Wetterprognose lässt zu wünschen übrig. Wir haben gar keinen Wind! Macht auch nix, der Diesel war billig :-) Abwechselnd hauen wir uns noch mal `ne Stunde in die Koje, sehen unsere ersten Delfine und haben irgendwann auch Wind. Kommen die Segel doch noch raus (ist auch gleich viel ruhiger, wenn der alte Stinker nicht mehr vor sich hindröhnt) und schaukeln gemütlich der Isla Tortuga entgegen. Da kommen wir `ne Stunde vor Sonnenuntergang an, suchen uns ein schönes Plätzchen vor´m Playa Caldera, lesen in der Bedienungsanleitung nach, wie man den Anker runterlässt (nein, haben wir natürlich noch nicht vergessen) und sitzen wenig später beim Feierabend-Tee (Marion), -Bier (ich) im Cockpit und beobachten unauffällig durchs Fernglas, wer hier noch so vor Anker schaukelt. Drei venezolanische Motoryachten und zwei Segelboote. In der Karibik wären es vermutlich fünfzig gewesen. Und genau neben uns, also so 200m entfernt, zottelt Lobo`s “Océan” an der Ankerkette. Marion hatte in der Werft ja schon festgestellt, dass der neue Farbanstrich die Seetüchtigkeit seines Bootes in etwa verdoppelt hatte :-) Wenig später sitzt Lobo bei uns, er hat gerade Chartergäste, die unbedingt nach Tortuga wollten. Die muss er jetzt bespassen. Aber morgen setzt er sie zum Wandern auf der Insel aus und geht dann Spearfishen. Die wollen schliesslich auch was essen. Ob ich mitkomme? Claro!

 

Sonntag, 29.12.2013Auf zur Nahrungssuche - die Gäste haben Hunger ;)
“Natürlich, bei deinem Husten gibt es ja nichts Besseres als Schnorcheln! In Deutschland verschreiben die Ärzte bei Erkältungen ja fast ausschliesslich Tauchkurse.” Ich meine da eine Spur Sarkasmus rauszuhören. Marion ist stinkig. Ich hab Harpune und Schnorchelzeug rausgekramt und will mit Lobo am Riff das Abendessen “organisieren”. Frischer Fisch! “Ciao bella, in einer Stunde sind wir wieder zurück!”, überhöre ich gekonnt ihre Bemerkungen. Haben wir uns jedenfalls so gedacht. Eine halbe Stunde braucht Lobo dann aber schon, um mit seinem Schlauchbötchen DIE richtige Stelle zu finden. Wir hüpfen ins Wasser und sehen ... NICHTS! Das Wasser völlig aufgewühlt, Sichtweite knapp 3m. Wir probieren es noch an ein paar anderen Stellen, ein Fisch und eine Conch (grosse schneckenförmige Muschel) sind das magere Ergebnis. Das kLobo sticht in Seeann Daueroptimist Lobo aber nicht entmutigen (claro, er MUSS ja was fangen für seine Chartertouris, da er nie was zu Essen mitnimmt) und er will es jetzt auf der anderen Seite, in einer Lagune hinterm Riff probieren. Machen wir dann auch. Zwei Stunden lang! Macht noch zwei Conchs und `n paar Seeigel. Lobo schlürft die stachligen Dinger echt mit Begeisterung aus! Das deprimierende Ergebnis unserer Jagd überlasse ich ihm dann auch grosszügig, damit seine Gäste nicht hungern müssen - wir haben ja Fleisch :-) Und meine alleingelassene Bordfee ködere ich mit einem Strandspaziergang. Sowas liebt sie! Latschen wir also ewig am Strand lang, wandern zur Lagune, klettern auf Dünen - stundenlang. Strandwandern geht ja neuerdings bei uns anders: Früher ist sie immer ganz aufgeregt von einer angespülten Muschel zur nächsten nächsten gehüpft, hat Krabben angeschubst, die nicht weglaufen wollten oder heimlich versucht “gaaanz hübsche” Steine in den Hosentaschen verschwinden zu lassen, um sie an Bord zu schmuggeln.  Jetzt hat sie nur noch Augen für den SAND! Ich mein, da liegt alles voll davon, kilometerweit, tonnenweise - überall weisser Sand! Ne, sie guckt jetzt wo der Schönste liegt! Für ihren neuen Brieffreund, den Michael. Der ist nämlich Sandmann! Jetzt nicht hauptberuflich - er sammelt Sand! Sowas gibt`s tatsächlich! Den schüttet er dann vor sich aus, macht Fotos davon und das sieht dann sogar richtig toll aus. Könnt ihr hier mal angucken:   www.dropbox.com/sh/m6l155t6hocijf3/WKfB_7RV10?m    Und deswegen läuft Marion jetzt immer mit kleinen Plastetütchen am Strand rum und sammelt für ihn von jedeBarrakuda - lecker!!r Insel, die wir besuchen, SAND!

Montag, 30.12.2013
KNAAAARZ!!! Das klingt doch wie Musik! Nach Monaten endlich wieder dieser Wohlklang - ein Fisch an der Angel! Ich krieg mich ja gar nicht wieder ein vor Begeisterung. Wenig später hab ich das Vieh an Bord - Marion gibt mir den Zollstock: 99 cm. Hört sich irgendwie blöd an. Zieh ich also noch so`n bisschen an der Schwanzflosse. Jetzt ist es `n Meter. Klingt doch gleich viel gewaltiger. EIN BARRAKUDA, bemerkt Marion - mit verdächtigem Unterton. Jo, schmeckt doch gut. Der kann aber Ciguatera haben! Sie legt es echt darauf an, mir meine Beute zu vermiesen. Hier gibt es kein Ciguatera! Und woher willst du das wissen??? Männer wissen sowas, murmel ich nicht ganz überzeugend. Stunde später haben wir unser Tagesziel, die halbmondförmige Cayo Herradura erreicht, schmeissen den Anker ins türkisfarbene Wasser und ich hock mich auf die Badeplattform, um den Fisch zu filetieren. Vielleicht solltest du vorher einfach mal Fischer fragen, ob es hier Ciguatera gibt - fängt meine übervorsichtige Crew schon wieder an. Würde ich ja machen, aber hier sind gerade keine Fischer. Dafür kommt von der benachbarten französischen Yacht ein Schlauchboot, um kurz Hallo zu sagen. Oh, ihr habt einen Barrakuda gefangen! Schmeckt gut und hier kann man die ja, im Gegensatz zur nördlichen Karibik, noch essen, fachsimpeln sie. Sofort drück ich ihnen die Hälfte der Filets in die Hand. Bon apetit! Sie sind ganz happy. Und Marion auch. Jetzt packen wir unsere Hälfte einfach in den Kühlschrank und wenn die beiden morgen noch auf ihrem Boot rumspringen, machen wir uns daraus ein schönes Silvester-Essen :-)

Dienstag, 31.12.2013Über Steine und Korallenbruch - nicht unbedingt DER Wanderweg
Ganz so einsam und naturbelassen, wie Christelle und Jaco uns vorgeschwärmt haben, ist Herradura doch nicht. O.k., Fischerhütten gibt´s, claro, und bei der einzigen Inselpalme eine Art Bar, vor der ein Dutzend Iglu-Zelte stehen. In der gut geschützten Bucht ankern drei Motoryachten und, mit uns, fünf Segelboote (sind eben grad Schulferien und Feiertage). Ein paar Venezolaner heizen kreuz und quer mit ´nem kleineren Boot zwischen den Ankerliegern herum, einen, mal mehr oder mal weniger begabten Wasserskifahrer hinter sich her zerrend. Wir werfen das Dingi ins Wasser und machen uns auf zur Inselumrundung (Hauptgrund ist natürlich die Suche nach einem geeigneten Grillplatz). Erstmal geht´s linksrum, in Richtung Fischerhütten. Keiner da, alle sind auf dem Festland, zum Feiern mit der Familie. Neben der Hütte steht eine kleine, mit grossen Muscheln und Lobstern geschmückte Kapelle, aus der die “Virgen de Valle” raus auf´s Meer schaut. Weiter geht´s zum Leuchtturm (rot-weiss geringelt), rundrum ist alles grün und man könnte meinen, man ist auf Hiddensee (statt Ginster gibt´s hier eben Mangroven). Im Norden kraxeln wir auf Bergen abgestorbener Korallen entlang, leider auch über angespülten Plastikmüll, neben uns Riffe und tosende Brandung, die Luft ist dermassen voller Salz, man kann es direkt schmecken. Wieder auf der Südseite angekommen, ist das Wasser total ruhig, ein traumhafter Badestrand. - Nun sind wir einmal rum gelatscht und haben immer noch keinen BBQ-Platz gefunden! Aber da landen unsere Nachbarfranzosen an (Gott sei Dank quietschlebendig!) und überreden uns, alle gemeinsam bei Pablo in der Strandbar zu feiern. Claro, warum nicht :) Gegen 20 Uhr sind alle da, zehn Feierwillige aus Italien, Frankreich, Venezuela und Deutschland, jeder hat irgendwas Ess- und Trinkbares dabei, hinter der Hütte, neben dem knatternden Generator, wird unter einem provisorischen Grill die Holzkohle angezündet, das Fleisch und Würschte auf Kückendraht drüber gehängt, durch Pablos open-air-Küche kriechen Einsiedlerkrebse aller Grössen, sie sitzen auf dem Tisch, hängen an den Wänden, der Hausherr lässt lautstark Musik laufen (erstaunlicherweise sehr modern und ziemlich schräg), von den Lichterketten im Gebälk kriegt man eine gewischt, wenn man versehentlich dran kommt, jeder erzählt mal woher und wohin, es gibt warmes duftendes Schwarzbrot, Cracker mit Kaviar, Salat, Fleisch, Fisch, Bier und Wein, immer wieder Häppchen, um Mitternacht knallen die Korken und jeder stopft sich, nach venezolanischem Brauch, 12 Weintrauben in den Mund (soll gut sein für Glück, Gesundheit, ...), alle fallen sich um den Hals, wir versuchen, keinen zu küssen wg. Grippe, gelingt aber nicht, Pablo lässt zwei original China-Raketen in den Nachthimmel zischen und mein Käpt´n versucht, die Bedienungsanleitung auf unseren letzten, schon 2008 abgelaufenen Signalraketen zu erkennen ... Zisscccchhhhhh ... und nochmal ziscccchhhh! Bei der zweiten gibt´s nur n Knall, irgendwas wird in die Luft geschleudert, aber leuchten tut da mal gar nichts mehr (heisst: wo 2008 drauf steht, ist auch nur 2008 drin)! Hoffentlich reicht der Knall, um alle bösen Geister zu verscheuchen? :) Kurz darauf erstirbt das fröhliche Lärmen von Pablos Stromversorger (wir haben ihn nicht abgeschossen), er kann auch nicht wiederbelebt werden ... und so nach und nach verschwinden alle in der stockdunklen Nacht auf ihre Boote ... dann buenas noches, bon nui, buena notte, gute Nacht!!

Mittwoch, 01.01.2014
Na, das fängt ja gut an! Seit dem Aufstehen kröchen wir beide rum (der gestrige Tag im Windkanal der Insel war wohl für unsern Husten nicht so zuträglich) und mein dicker Capitano jammert über Ohrenschmerzen, der Arme! Also wieder mal die Bordapotheke rauswühlen. Antibiotika (anders kriegen wir den Husten anscheinend nicht in den Griff) und Ohrentropfen. Nach dem Frühstück legt Mann sich gleich wieder ins Bett. Meine Güte, dabei es ist noch gar nicht so lange her, dass wir zu Silvester richtig n Fass aufgemacht und bis frühs um 6 Uhr durchgefeiert haben?! Da ist man wegen dickem Kopf im Bett geblieben und nicht wegen `ner Erkältung! Werden wir alt?! - Ich wasche möglichst leise ab, backe nach einem Vierteljahr wieder das erste Brot und versuche, Cockpit und Achterdeck von der Salzschicht zu befreien ... Mein Holder kommt irgendwann auch wieder aus der Koje gekrochen, aber so richtig zu was aufraffen können wir uns heute irgendwie nicht. Macht nichts, das Jahr ist ja noch lang ...

Donnerstag, 02.01.2014
Das wird jetzt kurz. Wir wollen zu ´nem anderen Ankerplätzchen fahren, paar Meilen weiter hinter zwei kleinen Inselchen. Machen wir aber nicht, es BLÄST! Kräftig! 20, 25kn. Der Windgenerator kriegt sich gar nicht wieder ein vor Begeisterung. Könnten wir eigentlich Strom verkaufen. Machen wir aber auch nicht. Wir machen eigentlich gar nichts. Wir sind krank, wir sind faul. Den zweiten Tag schon. Ist aber nicht weiter schlimm, bleiben ja immer noch 363 Tage, um dieses Jahr irgendwas Sinnvolles anzustellen. Oder haben wir ein Schaltjahr? Dann könnten wir morgen ja auch noch mal nichts tun :-)

Freitag, 03.01.2014
Wir sind fleissig am Zählen. Siebzehn sind es jetzt! Wir zählen Motoryachten, die vom Festland angedüst kommen, um am Wochenende das beschauliche kleine Inselchen in eine Partyzone zu verwandeln. Die nächsten drei tauchen am Horizont auf, höchste Zeit den Anker hoch zu leiern. Ist jetzt nicht so, dass nicht genug Platz wäre - in der Karibik würden an so einem Traum-Ankerplatz mindestens siebzig Yachten oder hundert rumschaukeln, aber die Motoryachten haben ja alle den Ehrgeiz, so dicht wie möglich am Ufer zu liegen. Wir können den Strand langsam nicht mehr sehen. Und ausserdem müssen wir auch nach Curacao. Demnächst. Bisschen Zeit haben wir aber noch, könnte man ja noch irgendein Inselchen besuchen. Überlegen wir also, welches. Los RoqUnterwegs endlich mal wieder Delfine :)ues! Liegt fast auf dem Weg und überhaupt muss man da mal gewesen sein. Ist ein Käpt`n-Argument, da fällt meiner Crew dann immer nichts mehr gegen ein. Versucht sie heut auch gar nicht. Packen wir also unseren Krempel zusammen, ziehn den Anker hoch und rollen die Segel aus. Wind vom Feinsten, wir rauschen nur so dahin - müssen nach `ner Weile sogar auf die Bremse treten (also die Segelfläche verkleinern), damit wir nicht zu früh da sind. So im Stockdunkeln auf ein Riff knallen ist ja nun auch nicht unbedingt jedermanns Sache. Muss man schon Liebhaber von sein. So wie die Franzosen, die ihre Yacht Heiligabend 2sm vor unserem letzten Ankerplatz auf dem Riff geparkt haben. Ihnen ist zum Glück nichts passiert, aber Weihnachten futsch, Yacht futsch ... gut, das Riff ist jetzt für alle anderen mit dem Wrack darauf besser zu erkennen. Ooops, das ist jetzt aber schon ganz schwarzer Humor, mal sehen, ob Marion das beim Korrekturlesen noch durchgehen lässt. Darüber macht man keine Scherze, sagt sie bestimmt, wenn sie morgen meine nächtlichen literarischen Ergüsse liest. Hat sie ja auch Recht. Ich will damit auch nur verdeutlichen, dass man NACHTS einfach nicht in ein Riffgebiet fährt. Auch wenn immer wieder Segler gläubig auf ihre Kartenplotter starren, die Karten stimmen eben einfach nicht überall! Aber das Thema hatten wir ja schon mal. So, noch eine kurze persönliche Erfolgsmeldung: Ich habe heute wieder Fisch gefangen! Beinah. Dreimal hat einer angebissen, dreimal haben sie sich wieder losgerissen. Der Letzte hat auch nicht vergessen Haken, Köder und Stahlvorfach mitzunehmen. Blödes Vieh! Danach hatte ich keine Lust mehr auf Angeln. Und auch keinen Köder. Soweit die Tagesnews, muss jetzt was tun. Reffen! Das GPS zeigt schon wieder beständig 7 bis 8kn an. Wir sind einfach zu schnell ...

Sonnabend, 04.01.2014
Wir sind in den Los Roques. Geil!!! Ein riesiges Riff, mit jeder Menge Inselchen dazwischen, das Wasser hellblau, grün, türkis - einfach genial! Da machen die in der Karibik immer so`n Gewese um die Tobago-Cays mit ihrem klitzekleinen Riff und den drei Inselchen dabei - hier gibt`s über vierzig Inseln und das Riff ist mehr als fünfmal so gross. Und in der Saison drängeln sich dann bis zu zweihundert Yachten in den Cays (als wir da ankerten, waren es ca. zwanzig) - hier schaukeln grad mal zwei Yachten neben uns. Kann man Wochen oder Monate drin zubringen. Machen wir aber nicht. Wir müssen ja in einer Woche auf Curacao sein. Und so ganz legal ankern wir hier auch grad nicht. Nicht, weil wir schon vor zwei Wochen ausklariert haben, hier ist ein Naturschutzgebiet! Muss man sich anmelden und die Nationalpark-Gebühr bezahlen. Auf der Hauptinsel. Die haben wir aber nicht gesehen. War ja Nacht, als wir da vorbeigerauscht sind. Stockdunkel! Sieht man so`ne kleine Insel einfach nicht.

 

Sonntag, 05.01.2014
Grad haben wir schön gemütlich unser Frühstück verputzt, ich bin dabei den Tisch abzuräumen (was für`n häuslicher Typ ich doch geworden bin ;),Lesezeit - Refugio Carenero, Los Roques da rauscht ein Motorboot in unsere beschauliche Ankerbucht. Blaulicht oben drauf, Guarda Costa steht an der Seite dran - äh, das ist jetzt `n bisschen blöd! Liegen ja noch zwei andere Segelyachten hier, bei der ersten gehen sie längsseits. In Rekordzeit räum ich den Frühstückskrempel aus dem Cockpit, schmeiss da ein paar Maulschlüssel auf die Sitzbank und wühle unsere Reserve-Pumpe für den Autopiloten aus seinem Versteck. Liegt wie immer, wenn man was braucht, ganz unten. Die Guarda Costa ist schon beim nächsten Boot. Motorraumtür aufreissen, schön dreckiges Bastel-T-Shirt überwerfen und bisschen Motoröl auf Hände und Arm schmieren ... jetzt können sie kommen! Hatten wir halt unterwegs nach Curacao ein Problem mit der Hydraulikpumpe und die musste ich eben wechseln. Nur deshalb ankern wir! Notfall sozusagen. Und was macht die Coasta Guarda???! Die drehn mit ihrem Boot eine Runde um uns, gucken und haun wieder ab! Wieso reden die nicht auch mit uns?! Hab ich den ganzen Aufriss umsonst gemacht. Jetzt muss ich mir die Hände waschen!! Am frühen Morgen schon! Muss ich dann aber noch öfter tun, wir sind nämlich fleissig: Der Wassermacher erfreut sich meiner Aufmerksamkeit, Marion sticht mal wieder auf irgendwas mit Nadel und Faden ein, wir schnorcheln zwischendurch - Marion wegen der Fische und ich wegen den Seepocken am Propeller - ich bastel mir `n neuen, bunten Angelköder, Marion verpasst meiner Badehose ´n bunten Aufnäher (da war vorher ein Riss), sie räumt in der Küche irgendwas hin und her, ich mein Werkzeug und die Hydraulikpumpe wieder weg, ich wasch mir ein letztes Mal die Hände, weil ich jetzt Feierabend mach und mit `ner Dose in der Hand den Pelikanen zugucke, wie sie sich permanent wie die Blöden ins Wasser stürzen, um ein armes Fischlein zu erbeuten und Marion hat soviel Spass in der Küche, dass sie beschlossen hat noch ein bisschen da drin zu bleiben. Sie bastelt uns `ne Pizza.

Montag, 06.01.2014
Wir warten gar nicht erst bis das Behördenbötchen heut wieder auftaucht, ganz leise zotteln wir unseren Anker hoch und verdrücken uns. Um sieben schon! Hätten wir sowieso gemacht. Schliesslich wollen wir noch ein paar Tage in Barlovento bleiben. Ist auch ein Riff-Atoll und da gibt`s keine Guarda Costa. Und vor allem ist das kein Nationalpark, wo man 3000 Bolivares Parkgebühr bezahlen muss. Das sind 300 Bier! Oder 187 Colgate-Zahnpastatuben. Aber nur, wenn man sie im Angebot kauft, in dem Laden, wo es Marion`s Honig-Hustensaft gibt :-) Mein neuer Angelköder fliegt auch gleich über Bord, natürlich mit `ner Strippe dran. Kann ich paar Minuten später wieder einrollen, ein Thunfisch fand den so toll, dass er gleich reingebissen hat. Der arme Thuna ist aber noch so mickrig, dass mir ein Angeberfoto jetzt echt peinlich gewesen wär. Er darf weiterschwimmen und noch ein bisschen wachsen, und Marion den Fotoapparat wieder einstecken. Zwei Stunden später muss sie ihn wieder rausholen. Der nächste Thuna! Der ist auch grösser und darf bei uns bleiben. Kriegt heute Abend `n schönRolling, rolling, ...es Plätzchen - in der Pfanne! Das war dann auch schon das einzig spannende von der Überfahrt. Delfine, nette Welle und jede Menge Wind. Genau von hinten. Ist fast genauso blöd, als wenn er direkt von vorne kommt. Der Dampfer rollt von einer Seite auf die andere, man rutscht auf`m Hintern hin und her und weiss nach `ner Weile auch, was alles nicht wirklich seefest verstaut war. Das fliegt irgendwann durchs Schiff. Ich hab ja die tolle Idee, erstmal von Norden in`s Riff reinzufahren und uns dann für heute Nacht genau dahinter abzuparken. Ist doch geil, wenn die Wellen sich so genau vor dem Boot überm Riff brechen und man dahinter ganz ruhig liegt. Frau findet das nicht so toll - bei dem Wind ist das Boot nach spätestens einer Stunde ein einziger Salzklumpen! Ja, aber das kann man dann abkratzen und verkaufen. Früher jedenfalls. Heut gibt`s das Zeug ja überall in 1kg-Tüten abgepackt. Gut, wenn ich mir die Brecher so angucke, die da auf`s Riff knallen und die Wasserfontänen die dabei hochgeschleudert werden - ist wirklich ´ne blöde Idee. Wir fahren auf die Südseite, da gibt es zwei, drei Inselchen, wo wir schön geschützt ankern können. Segeln wir also hin, liegt schon eine Yacht da. Gut, man kann ja nicht jedes Atoll für sich alleine haben, fahr ich also trotzdem drauf zu - ist ja ein ein nettes Plätzuchen, Sandstrand, dahinter Mangroven, links rechts ein kleines Riff - liegt man wunderbar. Dann ankern wir aber genau neben dem! Das war meine Crew. Ich will ja nicht daneben, ich will weiter links. Dann ankern wir ja direkt vor ihm! Als Kapitän hat man es manchmal nicht leicht! Wo sollen wir denn ankerm???!!! Keine Antwort. Wo, bitte schön soll ich jetzt ankern?!!! Meine Crew ist aus irgendeinem Grund beleidigt, oder hat gerade ein Schweigegelübde abgelegt. Dann schmeiss ich den Anker eben da hin, wo ich will! So, hier bleiben wir! Dann schnapp ich mir mein E-Book und hock mich mitPiiiiieeep `ner Dose ins Cockpit. Schweigen kann ich auch! Besonders, wenn ich lese ...

Dienstag, 07.01.2014
Stinketag! Nicht weil wir so müffeln, ich hab ein Böckchen und jetzt auch ein Schweigegelübde abgelegt. Fällt mir nicht schwer, hab ja über 500 Bücher auf dem E-Book. Kann ich `ne ganze Weile durchhalten und schweigend lesen. Das andere Boot ist weg, wir sind ganz alleine. Na ja, ausser hunderten von Vögeln, die in den Mangroven ihre Nester haben und sich laut kreischend gegenseitig die Fische abjagen. Den Möwen jagen Tölpeln hinterher und wenn die sich mit `nem Fisch verdrücken wollen, fliegen die noch grösseren Fregattvögel hinter ihnen her und schnappen nach deren Schwanzfedern. Nur an die fetten Pelikane traut sich keiner ran - wenn sie sich ins Wasser stürzen und hinterher genüsslich ihre Beute runterschlingen. Mir aber alles egal, mein Buch ist grad so spannend. Und welche Gehässigkeit hat Marion sich inzwischen ausgeheckt?! Sie kocht Fischcurry! Der leckere Duft zieht durchs ganze Schiff! Wie soll man sich denn da vernünftig auf`s Beleidigtsein konzentrieren?

Donnerstag, 09.01.2014
Marion will wandern. Geht auf dem Boot natürlich nicht so gut, springen wir also ins Schlauchboot, fahren um zwei Riffe rum und zotteln das Gummibötchen `ne viertel Stunde später an Land. Ewig langer Strand, ein halbzerfallenes Fischerhüttchen, drei windgebeutelte Palmen und jede Menge SAND. Hab mir gleich gedacht, dasAve de Barlovento - Ave Grandes das Wandern nur ein Vorwand war. Zückt sie schon mal ihr Sandsammelbeutelchen - jetzt muss sie nur noch die richtige Stelle finden. Das dauert ... Bis zum Westende der Insel, überall der falsche Sand! Schnecken, Krebse, Steine - wäre sie früher mit Begeisterung drumherum gehopst - heute will sie nur noch den Sandmann glücklich machen. Auf der anderen Inselseite geht`s zurück - tonnenweise Korallen, Einsiedlerkrebse in allen Grössen, Krabben und ein Leuchtturm. Eigentlich mehr ein überdimensionierter Gittermast mit Lampe oben drauf. Funktioniert aber nicht. Muss ich also mal hochklettern und die Sache untersuchen. Solarpaneel, Batterie dran und zwei Kabel zur Lampe. Mangels Werkzeug komme ich aber nicht an die Glühlampe. Hätte eh keine passende einstecken gehabt :-) Der Sandmangel auf diesem Teil der Insel beschleunigt dafür unsere Rückkehr zum Strand. Und jetzt steuert Marion auch zielstrebig auf eine Stelle zu, bückt sich und schaufelt mit zufriedenem Grinsen im Gesicht endlich den RICHTIGEN SAND in ihr Plastetütchen. Genau da sind wir vor zwei Stunden ja schonmal vorbei gelatscht und der Sand ist genau der Selbe, wie links und rechts. Weiss eben! Damit ist der Job aber noch nicht getan! Der Sand wird jetzt in eine Schale gekippt und in einer mehrtägigen Prozedur getrocknet, zwischendurch immer mal liebevoll geschüttelt und “wohnt” wohlbehütet unter der Sprayhood, damit der Wind auch ja keins der kostbaren Körnchen fortbläst. Und wenn er dann richtig trocken ist kommt er wieder in ein Tütchen und darauf wird dann Datum, Uhrzeit, Position und Schuhgrösse des Sammlers vermerkt... Da lob ich mir doch so`n anständiges Hobby, wie Spearfishen zum Beispiel :-) Davon wird man wenigstens satt! Mach ich gleich morgen!

Freitag, 10.01.2014
Unser Ankerplatz ist ganz nett - kleiner Sandstrand, von riesigen Mangroven umsäumt - da spürt man den munter blasenden Wind kaum und das Bötchen liegt auch ruhig. Einziger Nachteil: das Wasser ist trüb. Wegen der Mangroven eben. Ist aber nicht weiter schlimm, links und rechts der Einfahrt zur Bucht gibt es Riffe und da tuckern wir mal hin. Ich zwecks Nahrungssuche und Marion, weil sie die Fische auch mal sehen will, bevor sRobinson, Freitag und Würschte - Boot, Dingi und Bier denken wir uns mal wegie auf dem Grill landen. Das erste Riff ist nicht so ergiebig, macht nichts, paar hundert Meter weiter gibt`s das nächste. Schmeissen wir unseren Schlauchboot-Minianker eben da ins Wasser, setzen die Masken auf und hüpfen hinterher. Ist jetzt nicht die Traumsicht, aber bei den vier, fünf Metern Wassertiefe ausreichend. Jede Menge Papageienfische, Kofferfische, alle möglichen kunterbunten in Aquariumgrösse, ein riesiger Kugelfisch - alles ganz hübsch, aber nichts Essbares! Gigantische Hirnkorallen, Fächerkorallen - aber nicht eine Conch oder ein Lobster! Da kann ich noch soviel hin und her schwimmen, runtertauchen, um nachzusehen, wer sich alles so in  den Steinspalten versteckt - das gibt heut Würschte auf`m Grill! Dafür ist Marion begeistert, sie betrachtet die Unterwasserwelt eben aus einem anderen Blickwinkel. Passt auf`n Grill und schmeckt - kommt da nicht vor. Bei ihr sind die Fische bunt und hübsch, niedlich oder gruselig. Mein Versagen als Jäger erspart mir dafür das lästige Ausnehmen diverser Meeresbewohner, schmeissen wir eben Würschte, Teller und kalte Dosen in den Picknikkorb und tuckern zum Strand. Schnell ein paar Steine als Umrandung aufgestellt, Holzkohle rein kippen, anzünden, Rost rauflegen, dann die Würschte ... Marion untersucht den Strand nach Brauchbarem und Sand, ich dreh ab und zu den Fischersatz und hab sogar noch eine Hand frei für `ne Dose :-) Cool, so`n Robinson-Leben! Perfekt wäre es, wenn es nicht zwischendurch anfangen hätte zu regnen! Unter Mongroven geflüchtet, die den Regen nicht wirklich abhalten, kippen wir immer wieder das Wasser von den Tellern, kauen auf “schnell noch geretteten”, halbfertigen Würsten und schauen zu, wie die anderen am Strand langsam verkokeln. Der Regen hört auf, wir sind klatschnass, das Bier schmeckt wässrig, die Würste verbrannt, die Moskitos stürzen sich auf uns - SCH... Robinson-Leben! Nichts wie wie weg hier!

 

Sonnabend, 11.01.2014
Sonnenschein, das WasserKristallklar schimmert in allen erdenklichen Blautönen, die Vögel stürzen sich auf der Jagd nach Fischen ins Nass, um sich hinterher gegenseitig die Beute abzujagen - einfach idyllisch hier. WENN Frau nicht mit krausgezogener Nase im Cockpit rumschnüffeln würde. Es müffelt! Am Heck. Da hängen unsere Müllsäcke. Jetzt sind meine pyromanischen Fähigkeiten gefragt. Schmeiss ich mir also gleich nach dem Frühstück die Müffelsäcke ins Schlauchboot und tuckere zum Strand. Genug Treibholz liegt ja rum, schmeiss ich alles auf einen Haufen, Benzin drauf kippen und anfackeln. Oben kommen dann die Müllsäcke rauf und der angeschwemmte Plastikmüll vom Strand auch gleich. Das Ganze immer schön wenden und warten. Hätte mir `ne Dose mitnehmen sollen. Zwei Stunden später ist nicht mehr übrig als ein kleines Häufchen qualmender Asche. Geruchsfreies Cockpit, sauberer Strand und bloss eine Brandblase am Fuss (barfuss auf `n glühendes Holzstück latschen ist `ne blöde Idee) und knallroter Buckel (T-Shirt wäre nicht schlecht gewesen, fällt Marion dazu ein - hätte sie mir ja auch vorher sagen können). Wir schnorcheln am Riff, fahren mit dem Schlauchboot durch die “Kanäle” der Mangrovenwälder, glotzen auf Fische oder brütende Vögel (also die Fische am Riff und die Vögel in den Mangroven), faulenzen, lesen, labern, grillen nicht am Strand, haben trotzdem `ne Dose in der Hand, geniessen den Sonnenuntergang, das Gekreische der Möwen, Tölpel, Fregattvögel, die Sturzflüge der Pelikane ...

Sonntag, 12.01.2014
Vermutlich wären wir hier noch “hängen geblieben” bis die Dosen alle sind oder das Essen ... geht aber nicht, übermorgen landet unser Besuch auf Curacao. Wäre ja ganz vorteilhaft, wenn wir dann schon mal da sind, damit die auch `ne Bleibe haben. Heute Nachmittag fahren wir los, verkünde ich in meiner Funktion als Käpt`n. Dann sind wir morgen früh da, pennen ein wenig, klarieren ein und haben sogar noch `n bisschen Zeit, den Dampfer auf Vordermann zu bringen. Und vor allem, den Monster-Aussenbordmotor bei der “Shassada” loszuwerden, damit die Gästekoje überhaupt wieder bewohnbar ist. Abfahrt Nachmittags ist aber `n dehnbarer Begriff, es bleibt genügend Zeit zum Baden, Frühstücken, Kaffee, noch mal baden, rumsitzen, noch `n Kaffee ... um drei sind wir abfahrbereit. Nützt uns aber nichts, es regnet! In Strömen! Nein, wir haben keine Angst nass zu werden, man sieht bloss die Hand vor Augen nicht mehr. Geschweige denn die Passagen zwischen den Riffen. Halbe Stunde später ist der Spuk aber vorbei, das Deck schön sWir müssen rüber nach Curacaoauber und das Wasser leuchtet wieder in den gewohnten Farbschattierungen. Hellblau ist Sand, ganz hell wird`s flach, dunkelblau tief, braun Korallen bis fast an die Wasseroberfläche ... jetzt können wir los.

Montag, 13.01.2014
Gibt ja nette Überfahrten, weniger nette und dann welche, die sind richtig SCH...! Die heute, war eindeutig letzte Kategorie. Wind reichlich, Welle auch - rollen wir mit der ausgebaumten Genua so durch die Nacht - ist ja ohnehin schon recht unbequem, aber was soll`s, solange es in die richtige Richtung geht. 20 Uhr, Wachwechsel. Ich tapper aus der Koje, kurz darauf geht´s los: Der Autopilot piepst ganz aufgeregt, steuert irgendwohin, der Mond steht auf der falschen Seite - watt`n jetzt los??? Mit Hilfe des Motors den Dampfer wieder auf den richtigen Kurs bringen, Knöpfchen vom Autopilot drücken - rauschen wir wieder los. Kurz darauf dasselbe. Dauert `ne Weile, bis ich raffe, dass der Autopilot nur noch in eine Richtung steuert. Hatten wir irgendwie schon mal, das Problem. Im Rio de la Plata. Da hatte eine Kohlebürste geklemmt. Also erstmal das Segel rein, das Boot lassen wir quer zur Welle treiben und ich verschwinde mit Werkzeug im Motorraum, um den Autopilotmotor zu zerlegen. Das geht einfach. Eine Kohlebürste springt mir auch förmlich entgegen, die zweite nicht. Siehste, die klemmt! Feile ich also ein bisschen an dem Ding rum, bis sie ganz leicht in ihrer Halterung hin- und herrutscht. Jetzt bloss noch zusammenbauen. Das geht nicht mehr einfach. Das Schiff rollt wie blöd in den Wellen, ich hocke auf den Batterien, die Gewindestangen der Halterung drücken im Hintern, das Werkzeug rutscht hin und her und ich versuche dabei, den Deckel mit den festgeklemmten Kohlebürsten auf den Elektromotor zu fummeln, ohne dass sie vorher rausspringen. Klappt natürlich nie. Oder der Deckel sitzt endlich und die Kohlebürsten klemmen immer noch. Nach einer Stunde fluchend und schwitzend hab ich das Ding endlich wieder zusammen, Kabel anklemmen und drücke erwartungsvoll auf`s Knöpfchen vom Autopilot: Nach rechts schnurrt der Motor los, nach links passiert nichts. Das gibt`s doch nicht! Das Ding ist platt - verkünde ich meiner leicht deprimierten Crew! Nicht so schlimm, wir haben ja noch einen Reserve-Motor. Marion sucht das Teil aus den Tiefen meiner Ersatzteilbilge, ich mir das passende Werkzeug und fange an, mich mit den Anschlüssen der Hydraulikschläuche rumzuquälen. Bis jetzt war alles Spass. Rollendes Schiff, Gewindestange im Hintern, ständig irgendwo verschwindendes Werkzeug - jetzt kommt eine neue Komponente dazu: Hydrauliköl! Hände glitschig, das Werkzeug flutscht nur so unter Batterien, Motor oder Generator, um ein paar Rollbewegungen später wieder aufzutauchen - natürlich immer das, was man gerade nicht braucht. Das richtige ertaste ich mir in den Öllachen. Die Schraubverbindungen sind hammerfest, geölte Batteriehalterungen bohren sich auch nicht angenehmer in den Hintern, um die alte Pumpe abzunehmen ist die blöde Waschmaschine im Weg ... irgendwann ist endlich die neue Pumpe dran, alle Schläuche fest, Kabel angeschlossen, mittels Unmengen von Putzlappen die gröbsten Öllachen weggewischt und ich auch soweit ölfrei, dass ich mich aus dem Motorraum traue. Jetzt brauchen wir bloss noch Hydrauliköl auffüllen. Im Cockpit. An der Steuersäule, klitzekleines Löchlein, Trichter, 5L-Kanister, Stirnlampe - das Schiff rollt, immer wieder spritzt das Wasser bis ins Cockpit, Marion hält sich mit einer Hand fest, mit der anderen den Trichter, ich schwapp mit dem Kanister Öl in Trichter und auf den Boden, alles glitschig, Marion hält mit ihrer dritten Hand (?!) den Trichter zu, damit da auf keinen Fall Wasser reinkommt, ich dreh wie wild am Steuerrad, um die Luftblasen aus dem System zu bekommen, verschwinde im Motorraum, um die Hydraulikpumpe zu entlüften, kippe weiter Öl nach ... irgendwann steigen keine Luftbläschen mehr hoch - glücklich schrauben wir alles wieder zu, wischen uns die Hände sauber und schalten den Autopilot ein. Knöpfchen für rechts - Pumpe surrt los, Ruder dreht nach rechts. Andere Seite - NICHTS!!!! Tja, dann hat wohl der Kurscomputer seinen Geist aufgegeben! Das ist der Zeitpunkt, wo meine übermüderte Crew sich deprimiert auf`s Salonpolster fällen lässt und in einen komatösen Tiefschlaf verfällt. Ich hab ja auch noch einen zweiten Kurscomputer, aber wo? Vermutlich in dem kleinen Fach hinter den Kojen in der Achterkabine - aber da wohnt ja jetzt das Ungetüm von Motor! Erstmal Werkzeug und Cockpit putzen und dann `ne Dusche. Jetzt bin ich zwar weniger gleitfähig, um mich durch den 5cm-Spalt zwischen Motor und Kabinendecke zu quetschen, aber wenn Marion mich so voller Öl in der Koje erwischt hätte, müsste ich den Rest der Reise vermutlich schwimmen :-) Irgendwie komme ich tatsächlich hinter den Motor, räume schwitzend das Fach leer (diesmal piekt mich wenigstens nichts in den Hintern), um deprimiert festzustellen, dass da zwar jede Menge Elektronikkrempel wohnt (ich find sogar noch ein Autoradio!), aber kein Autopilot. Also alles wieder reinstopfen, noch mal über den Motor kriechen und weiter überlegen. Manchmal stopfe ich auch einfach Sachen in einen der Salonschränke. Räum ich den also auch leer und finde ... den zweiten Autopilot-Computer!!! Der Rest ist einfach. Wieder auf den Gewindestangen Platz nehmen, alle Kabel und Anschlüsse von Computer Nr.1 abschrauben, Computer Nr.2 an seine Stelle setzten, alle Kabel wieder ran und Autopilot einschalten. Erwartungsfroh Knöpfchen für rechts drücken, Pumpe schnurrt los, Ruder dreht nach links! O.k., kleiner Schönheitsfehler. Jetzt Luftanhalten und auf`s andere Knöpfchen drücken: Pumpe surrt, Ruder dreht (logischerweise) auch in die verkehrte Richtung. Brauch ich bloss noch schnell die Anschlusskabel der Pumpe andersrum anklemmen - jetzt funktioniert alles so, wie es soll!!! SECHS Stunden quäle ich mich rum und am Ende war das Problem ein Teil, das in `ner Viertelstunde ausgetauscht werden kann! Gut, wenn man es gefunden hat. Wieso hab ich Hirni nicht gleich am Anfang die Pumpe einfach mal direkt an die Batterie geklemmt??? Hatte sogar schon Kabel dafür rausgekramt ... Egal, ich roll die Genua raus, schalte den Autopilot ein und zünde mir mit zufriedenem Grinsen erstmal `ne Zigarette an. Irgendwann wird Marion kurz wach, stellt fest, dass wir wieder segeln und fragt schlaftrunken: Geht der Autopilot jetzt wieder? Und ich so gSpaanse Water-Bucht mit Tafelberg anz beiläufig (mit `ner Brust, wie Sylvester Schwarzenecker in seinen besten Zeiten): Ja sicher, wieso fragst du?

Dienstag, 14.01.2014
War ja irgendwie klar, dass wir gestern, kaum in Curacao angekommen und die Kanaldurchfahrt zum Ankerplatz in Spaanse Water hinter uns, von einer dicken Regenwand eingeholt werden. Fette Windböen, Platzregen - klatschnass, dafür mit sauberem Deck, schmeissen wir unseren Anker hinter der “Shassada” ins trübe Wasser. Arnim und Barbara sind happy, ihren neuen Motor endlich in Empfang nehmen zu können und wir, dass die Achterkabine nun wieder bewohnbar ist. Innerhalb einer Stunde werden wir mit allen wichtigen und unwichtigen Informationen versorgt, verschieben das Einklarieren auf den nächsten Tag, holen `ne Runde Schlaf nach (ich), räumen die Gästekabine leer und putzen im Schnelldurchgang durchs Schiff (Marion), basteln uns noch irgendwas zum Essen und fallen todmüde in die Kojen. Heute müssen wir dann erstmal Die beiden Erholten - Barbara und Arnim als Empfangskomiteeeinklarieren. Das macht man in der Inselhauptstadt. Willemstad heisst die. Fährt `n Bus hin, jede Stunde. Wissen wir von Barbara. Sie hat uns sogar mit Geld für`s Busticket versorgt. Aussteigen müssen wir an der Endstation, Stückchen geradeaus laufen und schon sind wir beim Zoll. Der hat fast alle Daten von uns schon im Computer, weiss, wann wir in Surinam waren, wann in Trinidad ... bisschen beängstigend! Was der Computer noch nicht weiss, wird jetzt “nachgefüttert” - beim nächsten Mal geht`s noch schneller, versichert uns die nette Dame. Wir sind uns jetzt nicht ganz sicher, ob wir nicht sieben Fragebögen in dreifacher Ausführung ohne Blaupapier besser finden. Wenn das so weitergeht, wissen die im nächsten Hafen ja schon wann ich das letzte Mal auf`m Klo war und ob ich auch gespült habe ... Egal, anschliessend geht`s über die Konnigin Emmabrug, die beide Stadthälften miteinander verbindet, dann nach rechts, immer am Wasser lang bis zur Immigration. Die wissen hier noch nicht soviel über uns, sind aber trotzdem nett, lassen uns zwei Fragebögen ausfüllen und drücken `nen Stempel in die Pässe. Supi! Jetzt noch zum Hafenmeister. Der sitzt gleich gegenüber und hier muss man auch was bezahlen. Aber nur, wenn die Computer funktionieren. Machen sie gerade nicht. Wir sollen morgen wiederkommen oder übermorgen oder ... Haben wir jetzt glatt noch zwei Stunden Zeit, bis unser Bus zum Flughafen fährt. Also lempeln wir ein wenig durchs Städtchen. Drei Kreuzfahrtschiffe liegen gerade hier und genauso sieht die Stadt auch aus. Kunterbunt, blitzeblank und voller Geschäfte, um den Touris auch das Geld aus den Taschen zu ziehen. Postkartenmotiv eben. Kann man mal durch schlendern, `n überteuertes Bier trinken und dann reicht´s auch. Zum Glück fährt dann unser Bus, sogar direkt zur Empfangshalle des Flughafens. Und da können wir endlich unseren Besuch knutschen. Bisschen blass, mit drei prallen Reisetaschen stehen sie in der Sonne: Veit, mein bester Freund seit ungefähr hundert Jahren (na ja, also seit der Schulzeit) und Hexe. Im Ausweis steht eigentlich ein anderer Name, aber alle nennen sie Hexe - gewöhnt man sich nach `n paar Tagen dran. Zurück am Boot schieben wir die zwei erstmal in ihre winzige Kabine, die Taschen passen kaum noch mit rein. Macht nichts, das Meiste ist sowieso für uns - meint Hexe jedenfalls. Sie durfte ja nur `n Bikini und zwei T-Shirts einpacken. Ein riesiges Paket Lindt-Schokolade für Marion (DANKE, CHRISSI UND SVENI!!!! :), eine prall gefüllte Arzneikiste (DANKE AN UNSERE HAUSÄRZTE, ANGELA UND ANDREAS!!!! :), ein neuer Solar-Laderegler, Tankgeber und diverses anderes “Spielzeug” für mich. Hurra, Bescherung! Ist ja wie Weihnachten! Jetzt zückt Veit noch vier Flaschen Grappa (für mich :)- schöner als Weihnachten!!! Und weil keiner Lust hat zu kochen und wir auch nichts mehr haben, was man kochen könnte, tuckern wir zu der kleinen Kneipe am Dingi-Anleger. Da kann man gut und preiswert essen, hatten Arnim und Barbara gemeint. WIE JETZT???!!! 14 Dollar für`n Essen??? Dafür haben wir in Venezuela `ne ganze Woche geprasst. Beide! Die “wirkliche” Karibik hat uns wieder. Na, lange wollen wir hier ja nicht bleiben. Bloss schnell `n bisschen was bunkern und dann nichts wie weg - zurück zu den Aves! Andererseits, zwei Bier später und als Veit darauf besteht, uns einzuladen, ist es eigentlich ganz gemütlich hier und die Conch sind wirklich lecker ...

 

Mittwoch, 15.01.2014
Immerhin haben sich alle schon mal sortiert und jeder weiss jetzt, wo er schläft, wo auf`s Klo, wo die Stullenbretter stehn und wo der Rum. Bueno! Bloss mit dem armseligen Denn ma´Prost!!Frühstück konnten wir nicht so richtig punkten. Vier Wochen nach dem letzten Einkauf ist das Angebot an Tomaten und Salami eben etwas beschränkt. Das wollen wir ändern! Machen wir uns also allesamt auf zum Supermarket. Ist ganz einfach hier, jeden Tag sammelt ein Bus die einkaufswilligen Segler am Dingi-Ponton ein. Zahlt der Markt! Hoffen die natürlich, dass die dauersparsamen Segler `ne Stunde später auch mit prall gefüllten Taschen die Gratis-Heimreise antreten. Klappt bei uns ganz gut, nachdem die Ess- und Trinkgewohnheiten der alten und neuen Crew analysiert und einkaufswagenfülltechnisch umgesetzt wurden. Hexe kriegt jetzt ihre Cervelatwurst zum Frühstück, Veit sein Wasser mit Blubber, Marion Vitamine und ich ... hab ja zur Not noch jede Menge Dosen in der Bilge :-) Und über die hiesigen Restaurantpreise brauch ich mir heute auch noch keine Kopfschmerzen machen, wir sind schon wieder zum Essen eingeladen - Barbara und Arnim wollen sich für unsere “unsäglichen Strapazen” beim Aussenborderkauf bedanken. Mit einem Essen im exquisiten Restaurante. So mit Meerblick, dekorativ angeordneten Salatstengeln auf dem übergrossen (dafür selbsWandern wir mal ...tverständlich vorgewärmten) Teller und unverschämten Preisen. Stört uns heute aber nicht. Wir müssen ja nicht bezahlen :-) Wenn ich die Schilderung vom Motorkauf noch `n bisschen mehr aufgebauscht hätte, hätt`s bestimmt auch Shampagner gegeben :-) So gibt`s den Edel-Absacker in Form eines vom Munde abgesparten Exclusiv-Rum auf der “Shassada”. Hab ich ja keine Ahnung von, aber Arnim hört gar nicht wieder auf von seinem Geschmack und Aroma zu schwärmen und er hatte auch tatsächlich noch nicht genascht davon. Na dann, SALUD!

Donnerstag, 16.01.2014
Veit ist ja auch stolzer Segelbootbesitzer. So seit `nem knappen Jahr. Und will natürlich, wie jeder Bootsbesitzer, noch jede Menge “nachrüsten”. Brauch ich ihn also nicht lange zu überreden, “mal kurz” bei Budget Marine reinzuschauen, dem Supermarkt für den Bootsbesitzer. Hatte ich gestern in der Nähe des SupermarkFür den Ausblick kann man doch schon mal den ein oder anderen Kilometer zurücklegen, oder?tes entdeckt. Und weil Marion keine Gelegenheit zum Latschen auslässt, tönt sie auch sofort: Da können wir ja hinwandern! Das war ja nicht so weit! Die Betonung liegt auf SOOO! Stimmt natürlich nicht, der Laden liegt in etwa auf der anderen Seite der Insel und der Weg dahin ist stinklangweilig. Immer schön die Hauptstrasse lang, durch`s Gras, ab und zu erschrecken wir `ne Eidechse oder die hupend vorbei rasenden Autos uns. Gehwege gibt`s hier nicht! Wozu auch, ausser uns ist niemand zu Fuss unterwegs. Zum Glück sammelt uns auf halbem Weg ein Bus auf. Auf dem Rückweg sind wir gleich so klug und steigen da ein. Aber nicht, dass wir schon ins Schlauchboot springen könnten - Marion fühlt sich wandertechnisch noch nicht ausgelastet und “zwingt” uns zum nächsten Spaziergang: Einmal um die Bucht rum, da soll´s Flamingos geben (lt. Barbara). Stimmt auch nicht. Jedenfalls heute nicht. Gut, dafür haben wir, nachdem wir uns kilometerweit bergauf geschleppt haben, eine super Aussicht über die BucShassada ankeraufht von Spaanse Water und auf´s MEER. Da ist heut Wasser drin. Damit ich von meinem korrekturlesendem Weibchen nicht gleich wieder kritisiert werde, dass ich immer alles soooo negativ schildere, gebe ich also zu: Die Aussicht war schön! Das Abendessen auch. Bei Norman, das ist die gemütliche Open-Air-Kneipe am Dingi-Anleger. Kurze Wege, lecker Essen und kaltes Bier! Wenn die Preise bloss nicht so heftig wären ...

Freitag, 17.01.2014
Arnim und Barbara tuckern winkend an uns vorbei, sie brechen auf nach Sint Maarten. Wollten ja sie schon vieeeel früher, ging aber nicht, weil wir mit dem Motor so getrödelt haben. Von wegen, wir waren nur so langsam weil unser Boot mit ihrem dicken Motor so schwer war! Wir wollen auch los. Nach Bonair. Morgen. Müssen wir also erstmal ausklarieren. Kriegen die Männer ein sauberes T-Shirt übergestreift (Frauen sind ja von Natur aus schick), Veit hängt sich die Handtasche um und los geht´s. Veit trägt neuerdings immer Handtasche. Hat er früher nicht gemacht. Muss man sich auch erstmal dran gewöhnen. Genau wie an den Namen Hexe. Ihr gehört eigentlich auch die Handtasche. Muss sGuckst du. Brücke geht auf.ie immer mit dabei haben, will sie aber nicht tragen. Das macht ja Veit. Deswegen will er jetzt auch bei jedem neuen Handtaschenkauf ein Wörtchen mitreden. Schliesslich läuft er damit rum :-) Dem Zoll tun wir unsere morgige Abreise kund und der Immigration, dass wir jetzt zwei Personen mehr sind auf der Crewliste. Müssen sie halt vier Pässe stempeln. Beim Hafenmeister lassen wir uns gar nicht erst blicken, einen Tag vor der Abreise wollen wir auch keine Gebühren mehr bezahlen. Bleibt noch genug Zeit zum Stadtbummel. Bunt, geschäftig und sehr überschaubar. Holländische Kleinstadt in der Karibik eben. Gehören natürlich auch diverse Kanäle und Klappbrücken dazu. Am spannendsten ist die “Konnigin Emmabrug”. Die wird nicht geklappt. Die Fahrbahn ruht auf unzähligen Pontons, die wie LastkähneDer venezolanische  Mercado flotando in Willemstad (die Boote liegen hinter den Verkaufsständen) aussehen und der letzte hat einen Motor. Tuckert das Ding los, dreht sich die ganze Konstruktion auf ihren schwimmenden Kähnen zur Seite, damit die dicken Kreuzfahrtschiffe auch durch passen und ihre Touris auf die Stadt loslassen können. An einem Kanal liegen einige venezolanische Boote und versuchen frisches Obst und Gemüse loszuwerden. Sind sie bei uns recht erfolgreich mit. Ein weiteres Highlight des Städtchens ist ein schattiges Plätzchen in den Gassen, wo man ein würziges, kaltes Getränk in Gläsern reicht. Mit Schaum drauf! Echt erfrischend! Und weil von unserem Haufen Dauerfaulis und Urlaubern keiner Lust zum Kochen hat, fallen wir abends wieder in Norman`s Bar ein. Heut ist BBQ-Abend. Mit Lifemusik. Angekokelte Fleischberge auf Plastikteller, coole Mugge, jede Menge schwatzender, schmatzender und trinkender Segler, super Stimmung - da stösst einem selbst der Bierpreis nicht mehr auf :-)

Sonnabend, 18.01.2014
Bevor wir den Anker hoch zotteln, müssen wir doch noch so`n bisschen was bunkern. Dafür gibt`s ja den Vreugdenhil-Supermarkt mit Bus-Shutle. Bequemer geht nicht. Wenn bloss die nasse Schlauchbootüberfahrt nicht immer wäre. Wir haben schon gepunktete Kinder-Regencapes gekauft - hocken wir jetzt immer wie die Heinzelmännchen mit Kapuze im Gummiboot. Sind wir nur noch halb so nass. Und die Einkaufsbeute steckt sicher in Plastetüten. Veit`s Handtasche auch :-) Um Eins leiern wir den Anker endlich hoch und tuckern aus der windigen Bucht. Tagesziel: Klein Curacao! Aber schon in der Kanalausfahrt ist erstmal Pause. Mir ist aufgefallen, dass die angezeigte Ruderstellung des Autopiloten nicht mit der wirklichen übereinstimmt. Kein Problem, kann man kalibrieren. Gibt ja kein besseres Plätzchen für solche Übungen, als eine schmale Kanaldurchfahrt! Klappt aber, ohne an eins der steinigen Uferseiten anzuditschen. Wenig später sind wir dann doch auf dem Meer - fetter Gegenwind, darf der Motor also den venezolanischen Diesel verheizen, der Autopilot übernimmt das Steuern - ERHOLUNG! Na ja, bloss das Hämmern des Diesel stört und die blöden Wellen und irgendwann auch das nervige Piepsen vom Autopiloten. Der hat `n Antriebs/Steuerfehler, meldet er. Sehe ich auch, wir fahren ja in die verkehrte Richtung. Wieder Einschalten - das selbe Gepiepse! Das fängt ja gut an! Gut, bis klein Curacao sind`s ja nur 12sm, kann man auch mit der Hand am Steuerrad drehen. Dafür ist das Ding schliesslich da. Bin ich bloss nicht gewohnt! So schlecht mach ich das aber wohl nicht, wir finden das Inselchen, die letzten Touris fahren gerade auf ihren Ausflugsbooten an uns vorbei zurück nach Curacao, wir lassen den Anker ins klare Wasser plumpsen - einsamer, langer Sandstrand, Palmen, ein paar strohgedeckte Hütten, ein Leuchtturm und zwei Wracks auf der anderen Inselseite. Sieht doch cool aus. Da machen wir uns doch gleich mal zu `ner schönen Inselwanderung auf. Morgen! Jetzt ist Feierabend! Ausser für die Frauen. Die müssen kochen. Und für die Männer auch nicht. Die haben keine Lust, die nächsten Tage am Ruder zu drehen und machen sich am Autopilot zu schaffen. Dauert nicht lange - Hydrauliköl fehlt! Und vor Anker kriegt man das auch fast ohne zu kleckern eingefüllt. Aber jetzt gibt`s die kalte Feierabenddose!

Sonntag, 19.01.2014
Marion ist ein bisschen traurig, der Käpt`n hat den Landgang gestrichen. Der Wind hat gedreht. Auf Südost. Rollt eine eklige Dünung längs der Insel und wir rollen mit. Hin und her, hin und her ... Rutschen einem glatt die Stullenbretter vom Frühstückstisch! Aber der Wind passt nach Bonair. Können wir hinsegeln! Machen wir dann auch. Aber vorher muss ich mit Veit noch sein neuestes Spielzeug am Mast befestigen: eine Action-Cam. Geiles Teil. Klitzeklein, wasserdicht, macht Videos in HD, Fotos, wenn man drauf besteht und das coolste ist, das Ding lässt sich per Wifi steuern. Sitzt man dann gemütlich und trocken im Cockpit, glotzt auf seinen Tablet oder Wisch-Handy und sieht, was die Kamera gerade so vor der Linse hat. Tippt man mit dem Finger auf`s Tablet und schon dreht die Kamera im Nassen ihre Videos. Macht Veit auch gleich mal. Haben wir jetzt einen tollen Film, wie Marion den Anker hochnimmt,  wir langsam lostuckern, die Segel ausrollen ... und dann ist der Akku alle :-) Kein Film, wie wir schön schräg segelnd in die Wellen krachen, das Wasser übers Deck spült, die nächste Welle heran rollt, die sich durch die unverschlossenen Deckslüfter ihren Weg ins Schiffsinnere sucht, die Betten in der Vorderkabine und die Küche flutet, eine leicht angenervt wirkende Bordfrau mit Schüssel und Lappen durch das Chaos wischt ... Ist eben nicht so einfach, so`n Neueinstieg ins Filmgeschäft :-) Aber nicht nur der Kamera-Akku hat sich gegen uns verschworen, der Wind auch. Er dreht langsam zurück auf Ost. Mit Ach und Krach schaffen wir es fast bis Erste Schnorchelversuchezur Nordspitze von Bonair und entscheiden uns gegen sportliches Aufkreuzen der letzten 8sm und für den Stinkediesel. Marion verdreht die Augen bei dem Gedanken, was in den Schränken alles so durcheinander kracht wenn wir in die Wellentäler donnern, aber irgendwann sind wir im Schatten der Insel, die Wellen werden kleiner, wir schneller und halb sechs greifen wir uns, glücklich die nasse Überfahrt hinter uns zu haben, eine Mooringboje vor Kralendijk, der Inselhauptstadt. Einklariert wird morgen!

Montag, 20.01.2014
Ist schon geil, wenn der Bootshintern so direkt über der Riffkante schwebt und man den Tag erstmal damit beginnt, mit Schnorchel und Maske ins kristallklare Wasser zu springen, um die Fische zu besuchen. Sogar Hexe macht ihre ersten Schnorchelversuche. Klappt noch nicht so ganz. Atmen durch die Nase ist eben blöd, wenn die in `ner Schnorchelbrille steckt :-) Einklarieren geht hier super, Zoll und Immigration sitzen in einem Büro, alles unkompliziert, die Beamten nett - sind wir schnell mit durch. Stadtbummel! Geht genauso schnell. Bunte Häuschen, eine Geschäftsstrasse voller Boutiquen, Souvenirläden und Restaurants - hier legen die Kreuzfahrtschiffe eben auch an. Aber alles viel kleiner und gemütlicher als auf Curacao. So richtig schön tranquillo. Gefällt uns. Was uns spontan (so genüsslich in einer schattigen Bar am Kaltgetränk nuckelnd und dem gemächlichem Treiben zuschauend) zu dem Plan verleitet, eine Inselrundfahrt zu machen. Gleich morgen! Brauchen wir nur noch das passende Gefährt. Machen wir uns also auf die Suche. Autoverleih, Fahrradverleih ... dann zuckt Veit zusammen: ein Harley-Davidson Verleih. Das ist es! Wir, gemütlich mit zwei fetten Harleys über die Insel donnernd. Mein Blick fällt auf die Preistafel, äh ... Veit lädt uns ein. Super Idee,Esel voller Kaktusstacheln - dem kann geholfen werden :) mit den Harleys! Nun wollen aber Motorradverleiher auch auf gemütlichen, kleinen Karibikinseln einen Führerschein sehen. Veit`s liegt in Hamburg. Hat er extra rausgepackt. Damit der schön warm und trocken bleibt. Braucht man ja nicht zum Segeln. Wir machen morgen trotzdem unsere Inselrundfahrt. `n Stückchen weiter war ein Fahrradverleih ...Quer durch den Busch :)

Dienstag, 21.01.2014
Nach den Gesetzen der Physik müsste sie umfallen. Hexe. Auf ihrem Hollandbike. Die Balance auf so ´nem Fahrrad zu halten setzt ja voraus, dass man eine gewisse Mindestgeschwindigkeit hat. Hat Hexe nicht. Sie fällt trotzdem nicht um. Wo kommt eigentlich ihr Spitzname her ... ? Irgendwie kommen wir trotzdem vorwärts, die grosse Inselkarte steckt zusammengefaltet in der Hosentasche, über staubige Sandwege, durch Kakteenwälder, vorbei an wilden Eseln, Ziegen, erschreckt davon hetzenden Leguanen, wir entdecken die sackförmigen Nester der Webervögel, Sittiche, jede Menge Flamingos, wandern ein Stück an der windigen Ostküste lang, entdecken riesige Muschelberge an der riffgeschützten Lac Baai und eine kleine Bar (Zisch! Zisch! Zisch! Zisch!), strampeln weiter zurück zur Westseite, zischen noch mal, aber diesmal beim Baden und sPause tellen pünktlich um fünf unserem Verleiher die staubigen Räder wieder vor die Tür. Schöner Ausflug! Werden alle prima schlafen heute :)

Mittwoch, 22.01.2014
Heut liegen sogar zwei dicke Kreuzfahrer hier. Verdoppelt sich mal schlagartig die Bevölkerungszahl des Inselchens. Na ja, fast. Fällt also nicht weiter auf wenn vier Leutchens fehlen - wir wollen weiter. Zu den Aves. Morgen früh. Ganz früh! Müssen wir also noch ausklarieren und ein bisschen was einkaufen. Ausklarieren geht einfach, Einkaufen für vier verschiedene Geschmäcker ist schon etwas schwieriger. Tomaten, Kartoffeln, Knoblauch, Zwiebeln, Mehl zwecks Brotbacken, Wasser mit Blubber, Wasser ohne, Cola die wie Cola schmeckt und Cola Zero, die aber genauso schmeckt, Cervelatwurst und Gehacktes, Fleisch und Würste, Käse für die, die ihn mögen, kein Käse für den Rest, lieblicher Wein und trockener ... verschiedene Geschmäcker wie gesagt. Und weil es der letzte Abend in der “Zivilisation” ist gehen wir lecker essen. Gemütliches Open-Air-Restaurant mit Seeblick. Der lässt sich auf einer kleinen Insel ja kaum verhindern. Da waren wir gestern auch schon. Wegen dem vorletzten Abend in der “Zivilisation” :-) Da gibt´s lecker Chivito! Nationalgericht in Uruguay! Grosser Fleischbatzen, Schinken drauf, Käse drauf, Ei drauf, dazu `n Berg Pommes und wer will, kann das Grünzeug drumherum ja auch noch mitessen.

Donnerstag,23.01.2014
Ich mein, der Tag hat ja schon Sch... angefangen: kurz vor sechs Abfahrt! Da macht sich ja keiner eine Vorstellung von, wann man da aufstehen muss! War meine Idee. Vielleicht sollteVonwegen Urlaub ... ich das mit dem Rum lassen ... Wind genau von vorne, 15 bis 20kn! Prima! Wären wir im Leben nicht auf die Idee gekommen, da gegenan zu knüppeln, aber ich will unsere Urlauber ja unbedingt zu den Aves schippern. Durch Knurren gibt Marion mir zu verstehen, was sie von meiner Idee hält. Der nächste, der nörgelt, ist der Autopilot. Der knurrt aber nicht, der piepst ganz aufgeregt. Antriebsfehler! Sind ja nur noch 40sm bis Sotavento, die kann man ja auch mit der Hand steuern. Immer schön auf den Kompass glotzen und hoffen, dass irgendwann mal `ne Insel auftaucht. Machen wir dann abwechselnd. Veit und ich. Und wie ich so in meiner Freiwache auf die Stromanzeige blicke, kommt der nächste Nackenschlag: da lädt nichts! Ich mein, der Stinkediesel dröhnt so vor sich hin, da müssten jetzt mindestens 20 Ampere Ladestrom fliessen! Unser Hightech-Lichtmaschinenladeregler blinkert lustig mit verschiedenen LEDs vor sich hin - Batterien zu heiss, meldet das Geflacker. In der nächsten Freiwache arbeite ich mich dann bis zu den Batterien vor. Die sind im Flurschrank. So unter ca. 2t Ausrüstung. Bei dem Seegang sind es eher 3. Da ist nix heiss! Ist die Lichtmaschine etwa platt??? Na wenigstens verbraucht der Autopilot keinen Strom, kommt es etwas spitz von meiner, unbequem auf der Cockpitsitzbank hin- und herrutschenden Bordfee. Aber irgendwann tauchen die Inseln am Horizont auf, irgendwann auch Delfine, die Wellen werden kleiner, das Wasser schimmert nicht mehr tief- sondern hellblau, mit den Tracks von unseren namibischen Freunden lotst Marion mich durch die Riffe, bis wir in einer geschützten Bucht vor der Isla Grande unseren Anker schmeissen. War doch gar nicht sooo schlimm. Bloss allein sind wir hier nicht. Neben uns schaukelt ein kleines Bötchen, die “Altep” von Abel und Francoise, die auch gleich zum Hallo sagen längsseits kommen. Das sind die beiden, die vor drei Wochen auf Cayo Herradura unseren Barrakuda testen mussten und überlebt haben :-)

 

Freitag, 24.01.2014
Am besten melden wir uns erstmal bei der Guarda Costa an. Die sitzen auf der selben Insel, bloss am anderen Ende. Mit dem SchlauchbötcIm Inselbüro der Guarda Costa - die Beamten sind hier, wie andernorts auch, sehr freundlich und korrekthen suchen wir uns einen schönen Platz zum Anlanden und wandern los. Ewig langer Sandstrand, ein paar Palmen, das Wasser schillert in den herrlichsten Blautönen - so sehen Postkartenbilder aus! Auf dem letzten Ende kommen uns schon zwei Guarda-Typen entgegen, die Kalaschnikow lässig vorm Bauch und zwei grossen Hunden vorneweg, was Veit zu einem spontanen Sprung ins Wasser verleitet. Nicht wegen der Hunde, die Guarda-Jungs haben ihn da reingeschickt. Sagt er:-) Immerhin weiss er jetzt, dass die modernen Wisch-Handys wasserdicht sind. Im Camp sind alle supernett - woher, wohin, warum wir uns nicht über Funk angemeldet haben und wie lange wir bleiben wollen? Ich erzähle brav, dass unsere Funke kaputt ist, wir auf dem Weg zu den Los Roques sind und wegen defekter Hydraulikpumpe hier stoppen mussten und ein paar Tage brauchen, um alles zu reparieren. Verständnisvolles Nicken, kein Problem. Jetzt werden die Papiere raus gekramt und ganz gemächlich Punkt für Punkt abgefragt. Das dauert! Damit wir auch durchhalten, gibt´s Wasser mit Eis zur Erfrischung. Wie viele Rettungsringe, habt ihr Waffen an Bord - klar dürft ihr Fotos machen - wieviel Trinkwasser, wieviel Zigaretten ... die Liste ist lang. Nach zwei Stunden sind wir endlich mit durch, der Jefe versichert noch mal, dass wir bleiben können solange wir wollen und uns bei der Abfahrt bloss über Funk abmeldTraumstrand mit Hexe und Veiten sollen. Machen wir! Ach ne, eure Funke ist ja kaputt! Jetzt hätte ich mich doch beinah verquatscht. Äh, ich hab noch `ne Handfunke, da muss ich nur die Batterien aufladen! Zurück am Boot, schmeissen wir dann das Schnorchelzeug ins Dingi und tuckern zum nächsten Riff. Bunte Fische glotzen! Davon gibt`s jede Menge, ich dabei natürlich wieder den Grill im Hinterkopf. Aber heute brauchen sich die Fischlein noch nicht vor mir zu verstecken, im Kühlschrank liegt reichlich Gehacktes aus`m Supermarkt. Da wollen die Frauen was Essbares draus zaubern. Und weil der Kühlschrank mit den schönen kalten Dosen drin durch die köchelnden Damen versperrt ist, machen Veit und ich noch einen Ausflug zum östlichen Inselende. Zwei Männer einsam am Strand, zwischen Krabben, kreischenden Seevögeln und Eidechsen - die Wellen brechen sich über`m Riff, Wasser fliegt durch die Luft, die Sonne neigt sich langsam dem Horizont zu ... und die Dosen in der Hand werden allmählich warm. Natürlich sind wir nicht los, ohne doch noch was mit rauszuschmuggeln :-)

Sonnabend, 25.01.2014
Sotavento besteht aus einem grossen, halbmondförmigen Aussenriff und `ner Handvoll Inseln darin. Heut wollen wir weiter zur nächsten. Eigentlich sind es drei kleine Inselchen nebeneinander. Wieder Postkarten-Idylle - Sandstrände, Palmen, Riffe - einfach zum Hinknien! Wenn bloss der Anker irgendwo halten würde! Wir probieren es vor der grössten Insel, zwischen zweien, immer wieder - er will sich einfach nicht in der dünnen Sandschicht über den Korallengestein eingraben. Letztendlich entscheiden wir uns für ein Plätzchen vorm Strand der westlichsten Insel, Isla Palmera. Wenn der Wind zunimmt und der Anker ausbricht treiben wir “bloss” auf`s Meer und nicht in irgendwelche Riffe. Unsere Urlauber setze ich an Land aus und verkriech mich anschliessend im Motorraum: das Lichtmaschinen-Problem! Ist zum Glück gar keins, der Keilriemen ist bloss lose. Da hilft einfach mal nachspannen. Jetzt ist er auch am Anschlag. Und so richtig gut sieht er nicht mehr aus. Müssen wir uns unbedingt einen neuen kaufen. Kommt gleich auf die “to-do-Liste”. Die wird irgendwie auch immer länger ...

Sonntag, 26.01.2014
Wieder Platzwechsel. Zur Isla Curricai. Knapp 1,5sm entfernt. Dafür mach ich nicht mal die Luken zu. Marion schon. Sie hat ihre Putzaktion nach der letzten Salzwasserdusche noch gut in Erinnerung. Der Anker hält diesmal auch besser und falls nicht, hinter uns ist ja bloss Meer ... Inselbeschreibung wie gehabt, Sandstrand, Palmen, türkisfarbenes Wasser ... und ein kleines Fischercamp. Werden Veit und Hexe wieder drauf ausgesetzt. Mir ist nämlich eingefallen, dass in den Tiefen meiner Ersatzteilbilge doch noch ein Keilriemen liegen könnte. Liegt tatsächlich einer! Wird das hauchdünne alte Modell also gleich ersetzt. Und wo Werkzeug und Ersatzteile eh schon so schön verteilt rumliegen, könnte ich doch auch gleich den neuen Ultraschall-Tankgeber einbauen, den Veit mitgebracht hat. Muss ich bloss den alten Geber abschrauben und den neuen wieder drauf - erkläre ich Marion. Stimmt auch fast. Wenn denn das Bohrloch für den neuen Geber passen würde. Ist aber zu klein. Fang ich an, mit der Feile an dem Löchlein überm fast vollen Dieseltank rumzukratzen. Wenig hilfreich. Besser geht`s dann mit dem Dremel. Mann kann eben nicht genug Werkzeuge und Maschinen mit sich rumschleppen :-) DauerWetter, Wetter, Wetter, ... aber überhaupt kein Grillwetter!t trotzdem fast `ne Stunde bis das Löchlein gross genug ist und sich der Schleifstaub schön im Dieseltank verteilt hat. Dafür den gibt´s ja die Filter. Den neuen Geber anschrauben und wo eh schon alles voller Dreck und Staub ist, kommt´s auch nicht mehr darauf an, wenn ich gleich noch ein Kabel zum Paneel in der Naviecke ziehe. Der neue Geber braucht eine Ader mehr und später kommen ja auch noch die Geber für die Wassertanks dazu ... Das Anschliessen und Programmieren am Tankmonitor ist dann schon fast Spielerei. Schnell noch das Schlachtfeld aufräumen und dann zur Insel düsen, unsere sonnenverbrannten Urlauber wieder einsammeln. Aber vorher noch ein kurzes Schwätzchen mit den Fischern. Acht sind es insgesamt, für einen Monat bleiben sie immer hier und selbstverständlich dürfen wir ihren Grillplatz mitbenutzen. Wieviele wir denn sind? Vier. Zwei Stunden später kommen sie mit ihrem Boot längsseits und reichen zwei Fische hoch. Gracias!!! Im Tausch geben wir `n Six-Pack venezolanisches Bier runter. Deutsches wäre ihnen vermutlich lieber gewesen :-) Schnell die Fische ausnehmen, Grillzeug ins Picknickkörbchen schmeissen und ... auf eine dicke, fette Regenwand starren. Äh, da kochen wir dann doch lieber an Bord!

Montag, 27.01.2014
120L Diesel in Kanistern haben wir seit Venezuela auf dem Deck spazieren gefahren - die passen jetzt alle in den Tank! Bin ich doch ein bisschen baff, was unser StinkeStrand-BBQ - voll lecker der Fisch (auch der Kalmar)diesel beim “Gashebel nach vorn” und Gegenan-Stampfen nach Klein Curacao und Satovento so verbraten hat. Schliesslich sind wir mit randvollem Tank aus Puerto La Cruz losgefahren und hatten bis Curaco gerade mal 10 gemütliche Motorstunden weg :-( Heutiges Tagesprogramm, so wie im richtigen Leben: Die Weibchen bleiben in der Höhle und machen die Hausarbeit, sprich Hexe wäscht (weil sie ja nicht soviel Klamotten mitnehmen durfte) und Marion backt frisches Brot. Zwei sogar, eins davon ist für die Fischer. Und die Männer ziehen auf die Jagd! Genauer gesagt, sie schmeissen Schnorchelzeug und Harpunen ins Schlauchboot, springen hinterher und düsen um die Insel zu einem Riff. Anker ins Wasser und wir hinterher. Korallen ohne Ende (klar, so`n Riff besteht ja nunmal daraus), Fische zwar auch, aber das Auswahlkriterium heisst nunmal: wohlschmeckend und Grillgrösse! Papageienfische, Kofferfische, Kaiserfische ... die wollen wir alle nicht! Damit ich nicht vorm leeren Grill hocken muss, schiesse ich wenigstens einen Kalmar, der gerade ahnungslos vor mir her schHat Hexe schon gelernt, die sind nicht gefährlich ;)wimmt und mit einer schwarzen Tintenwolke den Treffer quittiert. Als ich gerade durchgefroren ins Schlauchboot klettere, kommt Veit auch ganz aufgeregt angeschwommen. Einen schönen Barsch im Schlepp! Ist er natürlich stolz wie Bolle, sein erster gespeerter Fisch! Den muss er dann auch selber ausnehmen. Mit den zwei Fischen von gestern und dem Kalmar sieht der Grill auch gar nicht mehr so leer aus, dazu Folienkartoffeln, Getränk aus Dose, die Kulisse wie aus`m Werbefilm - ham wir das gut!!!

Dienstag, 28.01.2014
Es bläst kräftig, da mögen die Männer nicht auf die Jagd. Selbst die Fischer bleiben in ihren Hängematten. Marion konnte ja gestern schon mit ihrem Brot bei ihnen punkten, heute helfen wir ihnen auch noch unsere leeren Dieselkanister über. Morgen bringen sie uns auch wieder Fisch, heute ist es ihnen zu kalt. Ob wir auch ein Aggregat für Wasser haben? Claro! So`n bisschen Wasser könnten sie gebrauchen. Füllen wir ihnen also 100L in ihre Wasserkanister. Ansonsten ist kreatives Faulenzen angesagt. Jeder muss selbst sehen, wie er den Tag rumbringt. Ich verbrenne Müll, Marion verpasst mir am Strand `ne neue Frisur, Veit liest an seinem Krimi (in dem es, seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, von Bösewichtern nur so wimmelt) und Hexe sammelt fleissig weiter Muscheln, die Veit dann in seiner Reisetasche am Zoll vorbei nach Hamburg schmuggeln soll :-)

 

Mittwoch, 29.01.20Ist ja wie bei Hitchcock14
Saki Saki heisst die nächste Insel. Muss man doch unbedingt mal gewesen sein! Knapp `ne Meile entfernt, das machen wir mit dem Schlauchboot. Marion bleibt an Bord. Als Ankerwache sagt sie. Und `n Brot hat sie auch noch im Ofen. Ich denk, sie will bloss nicht nass werden. Mach ich eben unsere Urlauber nass. So richtig! An der Südwestseite soll es einen Strand zum Dingianlanden geben. Gibt`s tatsächlich, aber die Durchfahrt durch die Riffe ist ganz schön trickig. Wäre ja echt blöd, so kurz vorm Strand mit aufgeschlitztem Schlauchboot abzusaufen. Wir kommen heil durch, zerren das Bötchen den Strand hoch und werden erstmal von tausenden, aufgeregt kreischenden Vögeln begrüsstSchöner als Sandsammeln!. Die nisten hier. Und wir stören! Können wir aber keine Rücksicht drauf nehmen, Inselumrundung gehört nunmal zum Touri-Programm. Zum Glück ist die ja nicht sooo gross, aber dafür jeden Meter Fussweg wert! Traumstrände, tolles Wasser, Palmen ... kennen wir ja alles schon, aber diesmal kommen noch die nistenden Schreihälse, nach Luft schnappende Schildkröten und Traumriffe zum Schnorcheln dazu. Ein Schnorchelparadis geradezu! Da muss ich Marion unbedingt herholen. Ich verspreche Veit und Hexe, auf jeden Fall wieder zukommen, taste mich durch die Ausfahrt und krache mit Vollgas durch die Wellen zurück zum Boot. Marion will nicht. Aber ich weiss ja, wie ich sie ködern kann. DA GIBT`S SAND! Schon sitzt sie mit Plastetütchen im Schlauchboot. Hexe hat inzwischen neue Muscheln, die noch in Veit`s Reisetasche passen, gefunden, der ist am Schnorcheln Getauscht gegen Trinkwasserund ich wandere mit Marion um die Insel. Immer schön den Strand lang, auf der Suche nach DER Stelle ... Die Schildis glotzen uns aus dem Wasser an, die Vögel kreisen schimpfend über uns, irgendwann sind wir rum und Marion weiss jetzt genau, wo sie ihr Tütchen füllen muss. Sie muss noch mal zurück. Da greif ich mir lieber mein Schnorchelzeug und paddele mit Veit so`n bisschen zwischen den Riffen rum, um Fische und Schildkröten zu erschrecken. Ohne Harpunen! Und als wir spätnachmittags endlich wieder auf der MIRA ankommen, lauern die Fischer schon auf uns. Mit zwei schönen Lobstern und einem herrlichen Zackenbarsch. Boah! Das gibt heut Lobster-Curry! Ich zerlege die Untiere und mein Bordweib kocht. Und das macht sie megalecker!

Donnerstag, 30.01.2014
Veit und Hexe haben so ganz gekonnt den Wunsch, doch noch mal Bonair zu besuchen, ins Spiel gebracht. Das Wort Telefonnetz und Internet fiel dabei zwar nicht ... Kann ich aber ganz gut verstehen, beide haben eine eigene Firma zu Hause und Hexe war noch nie länger als ´ne Woche weg. Wer weiss, ob der Laden noch steht ...? Vielleicht hat sie aber auch bloss Angst, was die Fischer als nächstes für Ungetiere anschleppen :-) Und wir hätten eigentlich auch ganz gerne noch mal eine Inselrundfahrt auf Bonair gemacht. Rasselt also um acht der Anker hoch. Und die, mit Veit gebastelten, Angelköder fliegen nach hinten raus. An `ner Strippe. Genua ausbaumen, auf`s Knöpfchen vom Autopilot drücken und dann widmen sich die Männer ihrem neuen Hobby: Filmen! Diesmal mit vollem Akku, dafür mangelhafter Kulisse. Die Wellen sind einfach nicht so schön gross, wie wir sie für unsere Aufnahmen gebraucht hätten. Veit hüpft mit seiner Action-Cam hin und her, ich verfolge die Aufnahme gemütlich im Cockpit sitzend auf dem Tablet, drück ab und zu mit dem Finger auf den Bildschirm zwecks Aufnahme, aber so richtig viel her machen die Bilder heute nicht. Trotzdem echt geil so`n Teil, muss ich echt mal überlegen, wie ich Marion die Notwendigkeit einer solchen Anschaffung schmackhaft machen kann. Vielleicht: ... dann könnte ich vom Cockpit aus filmen, wie du im Seegang in den Dunstschwaden mit den Töpfen in der Küche ringst. Ne, das klappt nicht. Eher: ...dann kannst du den Kindern tolle Unterwasseraufnahmen von dir beim Schnorcheln schicken! Auf sowas fällt sie manchmal rein. ;) Wir erreichen Bonair, nehmen den Spibaum rein, knallen die Segel an und auf den letzten 10sm wird es noch mal richtig sportlich. Veit trimmt was das Zeug hält und ich bin richtig erstaunt, wie schnell unsere überladene Dame durch`s Wasser pflügt! Na gut, `n paar Bierdosen weniger sind`s ja jetzt auch schon :-) Und den überteuerten Touri-Restaurants von Kralendijk werfen wir heute nicht unsere sauer verdienten Dollars in den Rachen! Bei uns gibt`s fangfrischen Zackenbarsch. Aus`m Backofen! Mit Grünzeug. Und Seeblick haben wir auch!

Freitag, 31.01.201410, 9,5, 10, ... prima Haltungsnoten
Heut setzen wir unsere Urlauber gnadenlos an Land aus. Haben sie nicht anders gewollt! Hexe will shoppen! So richtig ausgiebig die unzähligen Boutiquen plündern und mal das Limit von Veit`s Kreditkarte testen. Hat er selber dran Schuld. Nimm doch meine Karte, Schatz - hat er ihr liebevoll zugehaucht. Beim Frühstück. Haben wir alle gehört. So ganz geheuer ist ihm das dann wohl doch nicht, er will mit an Land. Nicht shoppen. Er will sich ganz gemütlich in eine Bar setzen und dort mit seinem Tablet per Wifi die Mails checken. Bestimmt will er in Wirklichkeit online seinen Kontostand überprüfen und bei Bedarf schnell die Karte sperren :-) Ich hab auch einen Plan: ich will unsere neue Wifi-Antenne anbauen. Das Teil ist ja über den Umweg Deutschland, “Marlin”, “Shassada” in Curacao endlich bei uns gelandet. Ist auch ganz einfach, Mast hochklettern, alte Antenne abschrauben, neue dran - fertig. In der Theorie! Die neue ist fast dreimal so lang, schlägt der Windrichtungsanzeiger jetzt dran. Ist natürlich blöd. Also mit `ner Rohrzange die Antennenhalterung ein Stück nach vorne biegen, dann sollte es passen... Passt auch, weil ich die Halterung in der Hand halte. Verbringe ich den Rest des Tages also im Mast. Mit Bohrmaschine, Verlängerungskabel und der monströsen Nietzange mach ich mich wieder auf den Weg nach oben, neue Löcher bohren, mit einer Hand die Halterung festhaltend, mit der zweiten die Niete, versuche ich mit der Dritten die Dinger per Nietzange ranzuwürgen. Schöne Übung, so in knapp 20m Höhe auf dem schaukelnden Dampfer. Marion sichert mich und unterstützt mich mit wertvollen Hinweisen: Stürz bloss nicht ab! Manchmal schickt sie mir auch vergessene Teile per Strippe nach oben. Erspart mir weitere Klettertouren. Gut, einmal muss ich noch. Diesmal mit der Antenne. Das Ding anschrauben ist dann die Belobigung. Wo ich schon mal oben bin werfe ich auch gleich mal ein Auge auf alles, was da noch so rumhängt - Marion muss wieder Werkzeug und Teile “hoch schicken”, die obere Halterung der Rollreffanlage von der Genua hat sich gelöst. Auch eins der Dauerbastelobjekte auf unserem Schiff. Französische Ingenieurskunst! Mittlerweile werden die Dinger gar nicht mehr verkauft. Schade eigentlich. Jetzt wissen die, biertrinkend in der Sonne liegenden Fahrtensegler gar nicht mehr, woran sie noch basteln sollen. Kommen die bloss auf dumme Gedanken und werden noch fauler ...

Sonnabend, 01.02.20Hinter den sieben Bergen ... jede Menge Meersalz14
Ist fast wie Harley fahren. Stolz tuckern wir auf unseren heissen Öfen vom Hof der Vermietung. So mit zwei Leutchens und wenn´s leicht bergab geht, kommen die Dinger auf satte fünfzig Sachen! Scooter steht auf dem Mietvertrag. Mehr haben die Einträge in Marions Führerschein nicht hergegeben :-) Fahren muss sie aber nicht. Liebevoll schmiegt sie sich an ihren Cowboy (also mich), schlingt die Arme um ihn und lässt verwegen ihr Haar im Wind wehen! Ein Inselchen ohne Helmpflicht! Bonair, wir kommen! Lässig reissen Veit und ich den Gasgriff auf, der Nähmaschinensound entrückt uns der Wirklichkeit - stört uns nicht, dass wir zwei Verkehrshindernisse sind. Wir wollen ja was sehen. Die Salzpfannen und Salzberge ganz im Süden zum Beispiel. Wird heut noch Salz produziert. Etwas moderner als noch vor zweihundert Jahren. Da haben Sklaven den Job gemacht. Deren Unterkünfte stehen auch noch da. Direkt am Strand, unverbaubarer Seeblick. Bisschen klein vielleicht für acht Leute. Weiter geht´s, vorbei an verschiedenfarbigen Obelisken, die damals als Navigationshilfe dienten, zum Leuchtturm Willemstoren. Auch schon alt. Kann man nicht mal raufklettern. Ist die donnernde Brandung schon interessanter. Die Lac Baai kennen wir ja schon von unserer Fahrradtour. Von der anderen Seite. Auf dieser schmeckt das Bier aber auch :-) Kann man so gemütlich auf `ner Sonnenliege lümmelnd beobachten wie die Surfer hin und her segeln. Oder ins Wasser fallen ... Für die Fahrt nach NordSklavenhütteen gibt`s `ne tolle Abkürzung. Kann man auf der Karte aus der Touri-Info, zwischen den ganzen Werbeaufdrucken irgendwelcher Restaurants, genau erkennen. Verwegen reissen wir die Lenker rum und steuern unsere Feuerstühle auf die Sandpiste. Da gibts `n Abzweig, da wieder einen, jetzt `n Abzweig vom Abzweig ... links oder rechts??? Wir sind in einem Gewirr von staubigen Sandwegen, die in alle Richtungen gehen. Tapfer fahren wir weiter, nach Sonnenstand, innerer Uhr und Gefühl. Nützt nichts, wir fahren ewig sinnlos hin und her, zurück, weil´s nicht weitergeht, probieren den nächsten Weg ... wo sind wir??? Wo das Moos an den Bäumen wächst ist Norden! Die haben hier nicht mal Bäume!!! Nur Kakteen und dornige Sträucher und Sand. Und Staub!!! Irgendwann kommen wir doch wieder in die Zivilisation. Marion fragt erstmal wo wir sind. Nikiboko, Vorort von Kralendijk. Äh, das war ja nun gar nicht unsere Richtung. Weiss aber zum Glück ausser uns keiner. Wir nehmen jetzt lieber die ausgeschilderte Asphaltstrasse nach Norden. Da gibt´s ausser Kakteen jetzt auch noch Berge. `n Bayer würd sich jetzt vermutlich stundenlang auf seine Lederhosen kloppen vor Lachen und gar nicht wieder einkriegen, aber für uns Norddeutsche sind die Hügel schon ganz schon hoch! Verlangt unseren Gefährten dann auch das Letzte ab. Aufwärts. Bergab stellen wir neue Hochgeschwindigkeitsrekorde auf. Knapp über Sechzig zeigt die Nadel! Wieder Sandpiste. Diesmal wollen wir zu den Felsmalereien bei Boca Onima. Arawaken-Grafitti. Arawaken waren die Jungs, die hier die Felsen bekritzelt haben, bevor der weisse Mann kam. Ist ihnen nicht so gut bekommen, der weisse Mann. Also den Arawaken.Wat n Stress Die Kritzeleien sind heute noch da. Stückchen weiter steht ein riesiger Felsklotz. Das ist der Nabel (Eingang) zur Mutter Erde. Ich bin extra hochgeklettert. Da ist nirgends ein Eingang. Da müssen sich die Arawaken geirrt haben. Weiter durch tolle Landschaften, immer an der schroffen Ostküste lang, stehen wir irgendwann tatsächlich vorm Eingang. Zum Nationalpark. Wir entscheiden uns gegen den Park, für die Zivilistion. Rincon heisst das kleine Städtchen. Die Kirche ist vermutlich die einzige Attraktion, aber wir interessieren uns mehr für die gut florierende Strassenkneipe genau gegenüber. Hunger, Durst! Über die Kaya Para Mira am Goto-Meer vorbei stehen wir irgendwann wieder am richtigen Meer und entscheiden uns dämlicherweise, noch einen kleinen Abstecher zum Playa Frans zu machen. Da ist ein kleines Fischerdorf in die Karte eingezeichnet, da gibt`s bestimmt auch `ne kleine Bar ... Gibt es nicht! Drei Häuser, die Sandpiste dahin ist stellenweise so steil, dass Marion absteigen muss, damit unser Gefährt hochkommt, die Nadeln der Tankanzeigen treiben uns langsam den Schweiss auf die Stirn und warum die Stelle Playa (Strand) heisst, wird wohl auch ein ewiges Geheimnis der Kartographen bleiben. Wir sind heilfroh, endlich wieder auf der Asphaltstrasse nach Kralendijk zu stehen, als wir feststellen, dass die direkte Küstenstrasse eine Einbahnstrasse ist. Natürlich nicht für unsere Richtung. Müssen wir wieder zurück nach Ricon. Aber das ist dichter und da gibt es eine Tankstelle!!! Und von da geht`s dann in einem laaaangen Bogen auf dem selben Weg, den wir gekommen sind zurück nach Kralendijk. Mit Vollgas! Müssen wir ja nicht mehr gucken. Haben wir doch alles schon gesehen. Und als wir uns beim Vermieter unserer Feuerstühle entledigt haben und zwecks Abendessen in eine Kneipe einfallen wollen, stehen davor doch zwei so fette Harleys. Angeberkisten! Im Sand hätten die doch völlig verkackt! Dagegen so`n heisser Scooter ...

Landschaft bei Boca Onima

Montag, 03.02.2014
Unsere Urlauber lmachen ernst: Sie wollen wirklich wieder zurück ins kalte Deutschland! Morgen schon. Dabei waren sie gerade mal rdrei Wochen hier. Da hat man sich doch erst so langsam eingewöhnt :-) Hexe weiss, wo alles hingehört nachdem sie abgewaschen hat, Veit, wo der Rum steht. Ach ne, der ist ja alle! Aber das ist doch kein Grund wegzufahren, den kann man doch nachkaufen :-) Wer soll denn jetzt die lecker Rüberger Klopse kochen, wer steuern, wenn der Autopilot mal wieder ausfällt, wer zeigt mir, wie ich auf dem Tablet spielen kann und überhaupt, mit wem soll ich jetzt nachts Männergespräche im Cockpit führen? Mit Marion? Männergespräche???!!! Die letzten zwei Tage sind echt wie im Flug vergangen. Ins Wasser springen, in Strassenkaffees sitzen, schwatzen, Fotos austauschen, mit Veit habe ich noch das schwere Ruder für die Windfahnensteuerung angebaut, Marion war mit Hexe Mitbringsel auch für ihren letzten Mitarbeiter einkaufen, leckere Abendessen, Sundowner am Meer schlürfen, Sachen packen ... und Pläne schmieden, für ihren nächsten Besuch bei uns. Hoffentlich bald.

Dienstag, 04.02.2014
Ich glaub, jetzt bin ich einmal um die Insel rum. Zu Fuss!!! Na ja, zumindest gefühlt. Dabei sollte das so`n richtig schön entspannter Basteltag werden. Ein letztes gemeinsames Frühstück mit unseren Urlaubern, diese,  nebst prall gefüllten Reisetaschen, an Land aussetzen, noch mal kurz dem Taxi hinterher winken und schnell im Motorraum verschwinden. Macht Marion mir den ersten Strich durch die Rechnung. Wo wir doch schon an Land rumstehen, können wir  gleichmal nach den Öffnungszeiten der Wäscherei gucken. Natürlich können wir, muss man nur vorher `ne halbe Stunde lang hin latschen. Ich verstell mich aber, tu so, als wenn ich die Idee super finde und wander los. Hat jeden Tag auf, das Ding, immerzu und andauernd! Steh`n lauter Waschmaschinen drin, stopft man Wäsche rein, drückt Knöpfchen und holt sie hinterher sauber wieder raus. Wenn man die Wäsche denn dabeZeigt her eure Füsse ...i hat. Haben wir aber nicht - wir gucken ja bloss mal. Halbe Stunde Rückmarsch, jetzt kann ich endlich in den Motorraum. Hab ja `ne lange “to-do-Liste”. Generator steht da eigentlich nicht drauf, aber irgendwie steht das Ding so komisch da. Bisschen schräg. Einmal beherzt anpacken, dann weiss ich auch warum: die vorderen Silentblöcke sind platt! JETZT steht der Generator auch mit auf der Liste! Und zwar ganz oben! Braucht man ja nun nicht unbedingt, dass das 70kg-Teil im Seegang so durch den Motorraum kullert. Beim Versuch, die kaputten Gummifüsse abzuschrauben, kommt mir wieder der Verdacht, dass ich früher (also als ich die Dinger angeschraubt habe) anatomisch anders gebaut war. An die unteren Schrauben kommt man einfach nicht dran! Ach ja! Da stand der Generator auch noch nicht drauf. Irgendwann halte ich die Gummifüsse doch in den Händen, schnapp mir den Rucksack und beginne meine Odyssee... Stunden später kenne ich jeden Werkzeugladen auf der Insel, alle Autozubehörbuden, die Schlosser in den diversen Werkstätten mit Vornamen, hab `ne Menge neuer Kumpels ... und vier neue Silentblöcke! Mit dem sympathischen Typ von “Caribe Fastener” muss ich unbedingt mal `n Bier trinken gehen :-) Aber einbauen tue ich die Dinger erst morgen - heut mach ich nichts mehr! Ausser Feierabend...

Mittwoch. 05.02.2014
Ausgesetzt auf ´ner einsamen Insel wurde wohl schon manch ein Seefahrender - mir geht´s heut ähnlich, aber A), ist man auf Bonaire dann alles andere als einsam und B), durfte ich all die dreckigen Klamotten und auch das Bettzeug mitnehmen. Na ja, die letzte Wäscherei stand eben in Puerto La Cruz (unsere Waschmaschine ist ja seit Grenada - Juni 2013! - kaputt). Und hat man Besuch an Bord, stellt man sich auch nicht unbedingt hin und fängt an, die Schüsseln im Cockpit zu verteilen und die Wäsche um die Gäste herum aufzuhängen. Der Hackenporsche mit megaprall gefüllt, dazu ein Rucksack, Waschpulver, auf geht´s ... ist ja fast um die Ecke. Vorher noch ein Abstecher zur “Flamingo-Post” (die hübsche Dame hinterm Schalter braucht soo lange für die fünf bedruckten Aufkleber - nicht mal Briefmarken gibt´s hier - da liegt der Verdacht nahe, dass sie auch wirklich die armen Vögel mit den Karten in´s winterkalte Deutschland losschicken). In der Wäscherei sieht alles super modern aus, grosse Maschinen, toll! Nehme gleich mal drei in Beschlag (passt sogar alles rein ;) und als die Mutti auf´s Startknöpfchen drückt erfahre ich so ganz nebenbei, dass nur kalt gewaschen wird. Ich sacke so´n bisschen zusammen, aber na ja, besser als gar nicht waschen ist das allemal. Hinterher darf das “saubere” Zeug in zwei Trocknern seine Runden drehen (die sind wider Erwarten richtig heiss) und nach 45Lotterschiff Mira und Nobeldampfer AIDAluna vor Kralendijk Minuten kann ich alles knochentrocken da raus klauben. Na, wenn auch nicht richtig sauber, so sind denn jetzt wenigstens alle “Tiere” tot. Nicht, dass wir welche haben, ich meine Bakterie und Co ;) Das ist schon mal die 40 US$ wert, finde ich. Auf dem Rückweg beim Chinesenmercado noch was zum Abendessen “erlegen” und dann steh ich am vereinbarten Platz. Mein fleissiger Capitano schraubt im Motorraum am Generator rum und hält dann und wann mal Ausschau, aber zu ´ner ganz anderen Stelle. Das Warten wird aber nicht langweilig, denn heut ist die “AIDAluna” angekommen und hat tausende Deutsche mit grossen Kameras vorm Bauch auf die Insel ausgeschüttet. Die Insulaner freuen sich und hoffen auf gutes Geschäft und ich quatsche mal eben eine junge Frau an, die den Baum neben mir ausgiebig von allen Seiten ablichtet. Aha, sie ist aus Bielefeld ... und so erfahre ich endlich mal was mich immer schon interessiert hat: Was passiert, wenn einer der Passagiere nicht pünktlich zur Abfahrt an Bord ist... Irgendwann erspäht mein Holder mich doch und reisst mich aus der Unterhaltung. - Nachmittags setzen wir noch mal über, mein Techniker hat beim Einbau festgestellt, dass doch alle vier Generatorfüsse platt waren und will noch einen Satz Silentblöcke als Reserve liegen haben. Dann braucht er noch Kabel, irgendwelche Schrauben ... (das typische shopping bei uns, da geht´s halt nicht in Boutiquen und so ;) Im selben Laden wie gestern haben sich über Nacht die begehrten Silentblöcke auf den vierfachen Preis verteuert, was uns dann doch zu fett ist. Aber immerhin erbeuten wir die anderen Sachen. Und als die dicke AIDAluna beim Sonnenuntergang ihre Leinen einholt und zur Abfahrt nach Isla Margarita noch mal laut “ins Horn stösst”, sitzen wir “schmatzend” beim Abendessen im Cockpit und sind froh, dass wieder was auf der “to-do-Liste” gestrichen werden kann.

Donnerstag, 06.02.2014
Keine Ahnung, was Marion heut so den ganzen Tag getrieben hat. Ich mein, sie war an Bord. Sie ist auch immer irgendwie ganz geschäftig hin- und hergewuselt. Klar, sie hat ja auch `ne “to-do-Liste”. Aber was steht da drauf? Wenn ich jetzt mal so tippen sollte, würde ich schätzen: “Käpt`n ärgern”. Ganz oben auf der Liste. Jedenfalls muss sie immer genau da hin, wo ich gerade meine Werkzeuge und Ersatzteile weiträumig verteilt habe. Also, so über das ganze Schiff. Ich bau nämlich den neuen Laderegler für unser Solarpaneel ein. Arbeitsbereich im Flurschrank zur Achterkabine. Steh ich anscheinend permanent im Weg. Natürlich müssen dazu auch alle Bodenbretter hoch und der Salon mit Werkzeugkisten zugestellt werden. Dafür ist so`n Salon schliesslich da. Und warum kann sie ihre Wäsche nicht einfach über`m Ankerkasten zusammenlegen, auf dem Salontisch liegen schliesslich schon meine Kabel. Die brauch ich nachher vielleicht. Ich sag`s doch, “stänkern mit dem Capitano” - steht ganz oben und fett auf ihrer Liste ...

Freitag, 07.02.2014
Auf meiner Liste sind immer mehr Striche. Das ist gut so. Durchgestrichen heisst: erledigt! Habe heut den Plan sogar übererfüllt und noch ein extra Ladekabel vom neuen Laderegler zur Motorbatterie gezogen. So richtig schön mit Bilgenbrettern hoch und alles vollmölen ... die Bootshälfte war heut zum Bauen freigegeben! Marion streicht sich auch so durch ihre Liste. Ein Punkt ist bei ihr noch dick unterstrichen: EINKAUF! Damit meint sie jetzt nicht, so mit `nem Plastetütchen unterm Arm mal zum nächsten Chinesen-Mercado schlendern, ne, mal wieder so richtig bunkern! Holländische Supermärkte plündern und dann alles irgendwie auf`s Schiff schleppen. Die Supermärkte sind natürlich weit, weit weg, irgendwo ausserhalb. Stört die Einheimischen nicht, die fahren ja mit dem Auto rum. Hat natürlich wieder keiner an die armen Segler gedacht, als sie die Dinger da hingestellt haben. Werden wir uns also zähneknirschend ein Auto mieten müssen. Aber heute noch nicht, wir machen erstmal `nen Probeeinkauf. So mit Hackenporsche und einer Stunde Fussmarsch, um dann durch die Regalreihen zu schleichen und Angebot und Preise zu vergleichen. Im “Bonaire Warehous” werden wir das erste Mal schwach. Diverse leckere Käse fliegen in den Einkaufswagen, Leberwurst, Fleisch, ... muss man ja schliesslich alles erst testen. Warum Marion zum Probieren aber gleich fünf Lakritztüten ins Wägelchen wirft, hab ich nicht ganz verstanden. Vermutlich um zu zählen, ob auch in jeder Tüte gleich viele drin sind :-) So richtig in die Knie gehen wir dann aber im “Van de Tweel”. BOAH! Voll das Schlaraffenland! Soviel Käse und Salami können wir gar nicht durchprobieren - ist uns egal, fliegt alles in den Einkaufswagen. Auch weitere Lakritztüten und Saft zum Testen und Bier ... Passt gar nicht alles in unseren Hackenporsche. Den darf ich ziehen. Marion hatte ihn ja auf dem Hinweg. Da war er leer. Jetzt sind bestimmt 100kg drin!

Sonnabend, 08.02.2014
Als wir gestern so unser Einkaufswägelchen aus dem Schlauchboot gezottelt haben, kam doch gleichmal unser holländiscDoch nicht nur Bier ;)her Nachbar rüber. So auf ein Schwätzchen. Und `n Bier. Eigentlich wollte er uns aber bloss erzählen, dass jeden Sonnabend ein Kleinbus vom Dingi-Anleger zum “Van de Tweel”- Supermarkt fährt. Für die armen Segler, damit die nicht soweit laufen müssen. Da haben sie dann `ne Stunde Zeit ihr Wägelchen zu füllen und werden samt Beute wieder zurückgekarrt. Stehen wir heute also um zehn am Dingi-Anleger und wollen probieren, ob das auch mit zwanzig, dreissig Paletten funktioniert. Kein Problem, meint die Fahrerin. Gut, sie hat es nicht anders gewollt, haben wir also genau eine Stunde, um unsere Einkaufslisten abzuarbeiten. Bei mir geht das schnell. Getränke hatten wir gestern schon durchprobiert - ich greif mir zwei Jungs vom Mercado und lass sie Einkaufswagen mit Getränkepaletten voll stapeln. 4 Milchpaletten, 10 Orangensaft, 10 Apfel, ... Frauen kaufen nicht so effektiv ein, die haben lange Listen, wo sie immer Position für Position abstreichen und dann lassen sie sich auch ständig von dem Zeug ablenken, was zwar nicht auf ihrer Liste, aber so links und rechts in den Regalen steht ... Und es ist auch wenig hilfreich, wenn ich ihr ständig sage, wie wenig Zeit nur noch bis zur Abfahrt bleibt. Mein Genörgel wird abgeschmettert. Hilft aber letztendlich doch n bisschen, pünktlich stehen wir mit unseren Einkaufswagen am Minibus. Fünf Stück, alle randvoll - schluckt die Fahrerin doch etwas ... äh, das wird dann halt `ne Extratour, müssen wir bloss ein halbes Stündchen warten. Wäre ja nicht weiter schlimm, wenn nicht der, vermutlich einzige Regenschauer der dieses Jahr in Bonaire fällt, sich genau diesen Moment aussuchen würde, um gezielt den Platz vorm Supermarkt zu fluten. Da stehen wir. Mit unserem Einkauf! Die Pappkartons meiner Getränkepaletten zeigen bereits erste Auflösungserscheinungen, als wir sie vorsichtig in den Kleinbus balancieren. Der Prozess ist abgeschlossen, als wir den Dingi-Anleger erreicht haben. Die Verpackungen bestehen nur noch aus unzusammenhängenden nassen Fetzen, der Einkauf verteilt sich beim Öffnen der Heckklappe schön gleichmässig über den Gehweg. O.k., schubsen wir den Rest auch noch aus dem Bus, sammeln brav die nasse Pappe mit raus und stehen jetzt vor der nächsten Herausforderung: Den Haufen müssen wir irgendwie bis zum Schlauchboot kriegen. Das liegt noch `n Stückchen weiter weg. So 70, 80 Meter, am Ende der Seebrücke, die sich “Karel`s Bar” nennt und dementsprechend zugestellt ist mit mit Tischen und Korbsesseln, in denen gerade lauter Touris mit ihren Drinks lümmeln und gelangweilt auf`s Meer starren. Zumindest so lange, bis wir anfangen unsere nasse Beute in Einzelteilen durch die Tischreihen zu schleppen. Immer schön im Slalom, den Kellnerinnen ausweichend, balancieren wir allein VIERHUNDERT LITER Getränke in Tetrapacks oder Dosen da durch. Besonders ins Herz habe ich sofort eine Dame geschlossen, die ihren Sessel extra noch weiter vor rückt, um uns mit ausgestreckten Beinen besser anglotzen zu können. Muss ich mich jedesmal entscheiden, über ihre dürren weissen Stelzen zu klettern oder auf den letzten Metern noch einen Umweg um zwei Tische zu machen. Blöde Kuh! Hier lernen wir auch Rob und Brenda kennen. Die schieben ihren Tisch genau vor unserem Schlauchboot nicht nur ein Stück zur Seite, sondern helfen auch beim Einladen. Und Rob hat auch sofort, das uns Männer auszeichnende Gespür für die richtige Reihenfolge: Erst die Bierdosen, dann reicht er die 40 Liter Milch runter :-) Hat er sich doch glatt `n Bier zur Belohnung verdient. Und wir uns sowieso! Aber natürlich erst nachdem wir alles zum Trocknen schön dekorativ im Cockpit der “Mira” verteilt haben :-)

Sonntag, 09.02.2014
War gar nicht so einfach, das ganze angeschleppte Zeug noch irgendwie in die Bilgen, Schränke und sonstigen Hohlräume unseres Bootes zu treten. Hatte mich bei den Getränken irgendwie verkalkuliert. Jetzt wohnen überall Tetrapacks (bin gespannt, wie lange wir noch zufällig über deren Verstecke "stolpern" werden) und Marion knurrt mich an, da sie nicht mehr weiss, wo sie ihre Nudeln, Mehl, Kokosmilchdosen und sonstigen Krempel unterbringen soll. Verdrück ich mich lieber in den Motorraum, um Wassermacher und Generator anzuschmeissen. Der brummelt zwar jetzt schön ruhig auf seinen neuen Füssen dahin, erfreut den Skipper aber sogleich durch ein neues Gebrechen. So`n Generator ist für den ambitionierten Hobbybastler doch ein ständiger Quell der Freude. Irgendwas geht daran immer kaputt. Falls also irgendjemand gerade seine Yacht ausrüstet um damit auf "grosse Fahrt" zu gehen und sich noch so`n bisschen Sorgen macht, wie er denn später unterwegs die Zeit totschlagen soll: unbedingt einen Generator einbauen! Am besten gleich zwei. Da kommt nie Langeweile auf :-) Als ich so nach zwei Stunden erneut in den Motorraum schleiche, um den Wassermacher auszuschalten, steh ich in `ner Dampfsauna. Ist ja prinzipiell nichts dagegen einzuwenden, so`n Mooringfeld vor KralendijkDing an Bord zu haben, aber erstens sind wir grad in den Tropen, da hält sich die Vorfreude auf `nen Saunabesuch ohnehin in Grenzen und zweitens war das beim Ausbau gar nicht so gedacht. Sollte wirklich bloss ein Motorraum werden. Viele Verdächtige für das Dampfbad gibt`s grad nicht - ich tippe mal auf meinen alten Kumpel, den Generator ... und liege richtig: am Edelstahlauspuffkrümmer ist ein kleines Rohr angeschweisst, wo das Kühlwasser eingespritzt wird. Und die Schweissnaht hat ein klitzekleines Löchlein, aus dem jetzt feiner Salzwassernebel sprüht, was halt besagtes Dampfbadfeeling aufkommen lässt. Kurze Beratung, Sauna? Ja, nein? Wir entscheiden uns dagegen. Ist vermutlich auch besser für die verbaute Elektronik im Motorraum :-) Brauch ich also eine Werkstatt, die Inox schweissen kann. Und unser holländischer Nachbar weiss sogar wo. So zwei, drei Meilen weiter ist eine kleine Werft, da brutzelt ein Skandinavier alles mögliche wieder zusammen ... Düse ich natürlich gleich mal hin. Kein Wikinger da, morgen wieder, erfahre ich immerhin. Und da mich Marion immer noch bisschen anknurrt, weil sie auf der Suche nach Stauräumen für ihre Spaghetti-Packungen auf Tetrapacks trifft, hole ich zum grossen Frauenbesänftigungs-coup aus: Ich koche! Rüberger Klopse! Eigentlich heissen die Dinger ja Königsberger Klopse und Marion liebt sie ... aber ich nicht. Da sind Kapern drin! Normalerweise. Veit hatte für uns die kapernfreie Version gekocht, mit süsssauren Gewürzgurken. Schön klein geschnipselt ... Megalecker! Und das koch ich jetzt! Und morgen räume ich vielleicht sogar noch einen Schrank für sie leer ...

Montag, 10.02.2014
Hat alles super geklappt mit dem Wikinger. Seine Werkstatt sieht zwar ein bisschen abenteuerlich aus, aber er hat tatsächlich ein WIG-Schweissgerät, zieht mir zwei schöne neue Nähte um das Einspritzrohr - das hält jetzt ewig! Gut, der Generator wird sich natürlich demnächst irgendwas anderes ausdenken, um bei mir keine Langeweile aufkommen zu lassen ... :-) Jetzt sind wir eigentlich fast abfahrbereit. Noch `n bisschen Grünzeug auf`s Boot schleppen, ein, zwei Tage vorm Rechner hocken - könnten wir Mittwoch losfahren. Marion klappt ihren Laptop gleich mal auf ... und bisschen später wieder zu. Kein Wifi heute! Mist! Dann ist eben die Wäsche dran. Die muss in einen dunklen Sack und wird von ihr zur Lavanderia gekarrt. Bei mir steht auch nur noch “Autopilot” auf der Liste. Sprich, die auf der Fahrt nach Curacao ausgebauten Teile zu überprüfen. Die Hydraulikpumpe klemm ich einfach direkt an die Batterie, schon schnurrt sie los. Kabel andersrum, funktioniert auch. Wegen dem Geschmadder mit dem Öl hab ich aber keine Lust sie jetzt wieder einzubauen. Den defekten Kurscomputer kann ich aber nur testen, wenn ich ihn einbaue. Mach das mal, hab ja Zeit und sturmfrei. Steuert das blöde Ding doch jetzt brav nach links und rechts, als ob nie was gewesen wäre. Solche Fehler liebe ich ja! Weil ich aber keine Lust habe ihn wieder auszubauen, bekommt er noch mal eine Chance. Er darf uns nach Cuba steuern.

Dienstag, 11.02.2014
Hocken wir beide den lieben, langen Tag vor den Rechnern. Sogenannter Bürotag. Mails ohne Ende, einige Sachen sind per Skype mit unserer "Bodenstation" in Stralsund abzusprechen und die website müsste ja auch mal wieder auf einen aktuelleren Stand gebracht werden. Drei Wochen Besuch an Bord, da bleibt vieles liegen. Läuft auch nicht weg. Ne. Vielleicht sollten wir unsere Touris in Zukunft einfach die Tagebucheinträge schreiben lassen. Und wir lümmeln währenddessen mit `ner Dose faul im Cockpit und kontrollieren anschliessend auf Rechtschreibfehler :-) ´Ne Stunde vor Sonnenuntergang haben wir echt eckige Augen - Feierabend! Nichts geht mehr! Wir werfen uns in`s Dingi, “fangen” uns ein paar Hühnerbrüste im Supermarktregal, der Blumenkohl sieht lecker aus, ... HUNGER! Grad, als wir vor “Karel´s Bar” ins Dingi springen wollen wollen, ruft es hinter uns. Ah, Brenda und Rob beim Sundowner. Zeit für`n Bier haben wir natürlich immer :-) Wann wir denn losfahren? Jaaaa, äh, vielleicht morgen? Oder übermorgen? Besser Chivito-Fanklub-Kralendijikübermorgen, dann können wir morgen alle zusammen lecker Chivito essen!

Mittwoch, 12.02.2014
Bürotag, der zweite. Wir telefonieren, hämmern auf den Tastaturen rum, schimpfen weil die Druckerpatrone leer ist oder weil wir in irgendeinem Büro in Deutschland niemanden erreichen, sind froh noch eine Ersatzpatrone zu haben und unsere “Bodenstation” mit Sven und Christiane, die uns jede Menge Arbeit abnehmen und am allermeisten, dass wir die Rechnerdeckel endlich runterklappen können. Feierabend! Wir gehen Chivito mampfen. Mit Rob und Brenda. Das kennen die nämlich noch nicht. Klar, als Holländer essen sie ja immer nur Kippling mit Pommes. Oder Gouda :-) Jetzt sind sie auch begeisterte Fans der uruguayischen Methode, sich den Bauch vollzuhauen. Vor allem, wenn man das Menü durch unzählige Flaschen gut gekühltem Gerstensaft abrundet.

Donnerstag, 13.02.2014
Erstmal machen wir das, was wir eh grad jeden Tag machen: wir verschieben die Abfahrt. Auf morgen! Nicht wegen dem Kopf vom Capitano, wir werden mit unserem Bürokrempel nicht fertig. Marion fällt noch ein, dass ich `ne neue Kreditkarte brauche (auf die alte gibt mir keiner mehr was :-), Anoncen müssen aktualisiert werden (verzweifelte Suche nach Zugangs-Codes und Passwörtern beginnt), rumtelefonieren, neue Mails, ... Nebenbei schonmal alles wegräumen, was nicht mehr gebraucht wird, die letzten Venezuela-Kanister umfüllen, Wetter gucken, einen Touri “befreien”, der beim Versuch mit seinem Motorbötchen genau zwischen unserer Ankerkette und Bug durchzufahren mit seinem Biminigestänge am Ankerbeschlag hängt (hoffe, der hat `ne Versicherung für seine gemietete Plasteschale, die jetzt ein paar schöne Schrammen zieren), zwischendurch zwecks Abkühlung ins Wasser springen, Marion macht sich `ne Liste, was sie noch alles an GrünzHm, lecker!!!!eug braucht, ich überlege, ob`s in Cuba überhaupt Dosen gibt oder ich lieber hier noch ein paar nachkaufe ... stressiger Arbeitstag! Und statt mich jetzt zwecks Feierabend mit `nem Bierchen ins Cockpit zu fläzen um auf den Sonnenuntergang zu starren, steh ich am Herd. Ich koche! Einen riesigen Topf “Rüberger Klopse”. Die gibt`s aber erst unterwegs. Für heute muss Marion sich was ausdenken. Immerhin ist die Küche jetzt schön vorgeheizt :-) Morgen nur noch den Vitaminkrempel einsacken, ausklarieren und dann kann`s losgehen.

Freitag, 14.02.2013
Das war jetzt aber wirklich der allerletzte Einkauf! Marion hofft mit dem erbeuteten Grünzeug die nächsten zwei Wochen zu überleben, bei mir würde das ja mindestens für zwei Monate reichen. Mit dem Einkaufswägelchen immer schön die staubige Strasse lang, als wir endlich am Ponton sind, bin ich mir sogar sicher, einen Dreimonatsvorrat hinter mir her zu ziehen. Marion schafft tatsächlich das ganze Zeug noch irgendwo seefest unterzubringen. Zwecks Abkühlung noch mal ins Wasser hüpfen, in die Behördenhose springen und ab geht`s zum Ausklarieren. Ein einsamer Beamter, wo sonst drei rumspringen - wir können unseren Papierstapel ruhig wieder einpacken, die Immigrationsleute sind alle am Flughafen. Wenn wir heute noch unbedingt `n Stempel im Pass brauchen müssen wir dahin, ansonsten: manana! Äh, das ist blöd, eigentlich wollten wir in ein, zwei Stunden lossegeln. Aber mit `nem Taxi extra zum Flughafen und wieder zurück? Verschieben wir lieber die Abfahrt. Machen wir eh jeden Tag. Ist ja auch ein gemütliches Städtchen, Kralendijk. So richtig schön verschlafen, jeder döst vor sich hin, bis das nächste Kreuzfahrtschiff seine Touris ausspuckt. Dann herrscht schlagartig hektische Betriebsamkeit. Boutiquen öffnen, Verkaufsstände werden aufgebaut, Boots- und Taxi-Unternehmer preisen ihre Dienste an, jeder versucht kitschige Souvenirs, selbstgebastelten Krimskram oder sonstige “Kunst” an den Mann oder die Frau zu bringen, in den Bars herrscht Hochbetrieb ... bis gegen fünf vom Schiff das gewaltige Nebelhorn dröhnt und der Betriebsamkeit ein jähes Ende bereitet. Passagiere drängeln sich die Gangway hoch, Souvenirverkäufer packen ihren Krempel zusammen, Verkaufspavillons werden abgebaut, die Boutiquebesitzer klappen ihre Läden runter ... alles verfällt in einen kollektiven Dämmerzustand.

Sonnabend, 15.02.2014
Wir sind vom Glück verfolgt: die Dame der Immigration steht draussen, vor der Tür des Office. Sie will doch nicht gleich wieder los? Da legen wir noch mal `n Schrittchen zu und sie folgt uns tatsächlich ins Innere des Hauses. Ausklarieren geht fix, wir bekommen den vierten Flamingo-Bonaire-Stempel in die Pässe gedrückt, der Zollbeamte möchte ganz genau wissen, wieviel Zeit wir bis hoch nach Cuba benötigen und wo genau wir da hin wBonaire noch in Sichtollen. Na, eine Woche oder zwei und wohin wissen wir noch nicht so genau. Ach so, na dann gute Fahrt, das war´s. Auf dem Rückweg zum Boot kommen wir am Zigarettenautomaten von Karel´s Bar vorbei und mein Holder nestelt ganz hippelig in den Hosentaschen “Muss noch Zigaretten kaufen!” Glaub ich jetzt nicht! Dabei erzählt er mir schon seit Venezuela, dass, wenn die dort gekauften Zigaretten alle sind, er aufhört zu rauchen. So mit dickem Ehrenwort und so. Ja ja. Hier kostet ´ne Schachtel mal locker flockig 7 US$ - schon allein bei dem Preis vergeht einem doch alles. Dafür kann ich um die Ecke glatt n lecker Goat-Stew essen. “Das mache ich ja nur für dich, damit du unterwegs nicht meine 3 Tage schlechte Laune ertragen musst, wenn die Zigaretten alle sind!” Whow! O.k, verschieben wir die guten Vorsätze auf Cuba. Was es da dann wohl für einen Grund gibt? ;) - Gegen 11 Uhr sind wir startklar, fädeln die Leine aus der Mooring, drehen den Bug nach Nord und setzen Segel. Noch sind wir in der Inselabdeckung, die Wellen sind klein. Anderthalb Stunden später sieht das schon ganz anders aus. Käpt´n verholt sich noch mal in die Koje, um `ne Stunde später vom Geschrei des Autopiloten wieder rausgeschmissen zu werden. Mit den Autopilotmacken kennt er sich ja mittlerweile gut aus - ein Blick genügt, um mit dem zweiten Rechnerteil im Motorraum zu verschwinden. Ich darf steuern! Gar nicht so leicht, das Steuerrad dreht sich merkwürdig schwer. Nach zehn Minuten taucht mein Käpt`n wieder aus seiner Bastelhöhle auf, kalibriert noch schnell die Mittelstellung des Ruders und dann darf der Autopilot wieder das Steuern übernehmen. Das geht ja gut los. Wieviel Seemeilen sind´s gleich noch mal bis nach Cuba?

 

Sonntag, 16.02.2014
4 Uhr. Ganz schön fix unser leicht übergewichtiges Mädchen. Nicht Marion. Die liegt in der Koje und schnarcht vor sich hin. Unser Dampfer. 7,5kn, 8, 8,5 (das GPS zeigt schon seit Stunden Spitzenwerte). Zumindest für so`n Reisemobil mit den Bilgen voller Bier. Gibt zum Wind natürlich auch ganz nette Welle. Zum Glück sieht man die nicht. Ist ja dunkel. Eine ist vorhin extra bis ins Cockpit gekommen. Bestimmt, damit ich sie besser sehen kann. Zum Glück hatte ich alles dicht. Ist dann noch `ne Weile im Cockpit rumgeschwabbert, bis endlich alles abgelaufen war. Ansonsten alles perfekt, bloss der blöde Autopilot macht mir Sorgen. Da gibt man dem Teil noch mal `ne Chance und nach gerade mal vier Stunden Arbeit gibt der seinen Geist auf. Das Gehäuse war heiss. Ich vermute mal, dass die Mosfets ihre 17.2. SonnenuntergangWärme nicht loswerden und irgendwann wegen Überhitzung aufgeben. Zwischen dem Kühlsockel und Gehäuse fehlt auch die Wärmeleitpaste. Vielleicht sollte ich da noch einen kleinen Lüfter einbauen. Den könnte ich ja über den Clinch-Ausgang ... Auf jeden Fall schreib ich unseren Cuba-Urlaubern erstmal `ne Mail, dass sie Wärmeleitpaste mitbringen. Hat Stephan `ne anspruchsvolle Aufgabe. In Cuba krieg ich das Zeug vermutlich eh nicht. Und irgendwie ist es ein beruhigenderes Gefühl einen FUNKTIONIERENDEN Reserveautopiloten zu haben. Hab ja noch zwei Stunden bis zur Wachablösung ...

Mittwoch, 19.02.2014
Moin, moin - hab verschlafen heut. Hab eiskalt meinen Wecker ignoriert und mich noch mal umgedreht. Pfui über mich! Aber jetzt steckt mein Capitano in der Kiste, so wie er sich hingelegt hat, ist er auch sofort weggeratzt, der Arme! Er hätte ja mal an mir rütteln können. Dann erstmal `n Kaffee kochen für Augen auf und so, Mist, die Milch ist in Bröckchen gefroren und ploppt da so rein, hab dann natürlich Tasse mit “Berg” drauf. Licht aus, mit Tasse und Berg durchs Schiff tabbern (klappt wider Erwarten), dann vorm Steckschott stehen ... noch mal Mist! Hab vergessen, das Ding vorher aufzumachen. Darüber balancieren, Tasse auf Cockpitbank abstellen. Suuuuper, immer noch nicht geplempert! Dann kommt ´ne Welle, ... Jo, schönen guten Morgen! Bisschen laut heute. Halb drei hat mein Capitano den Motor angeworfen wegen Null Wind! Und der dröhnt mir jetzt die Ohren zu. Natürlich ist auch noch die “alte” Welle da, geht aber. Gestern hatten wir Mega-Wellen, und mal wieder direkt achterlich, was für ein Gerolle! Nervt auf Dauer. Ich geb´s zu, ich war bisschen unleidlich ;) Am Spätnachmittag hatten wir dann eine Goldmakrele an der Angel. Mein geplagter Capitano hatte sie schon bis zur Bordwand ran, hübsches Fischchen, so schillernd bunt. Ich fand ihn bisschen klein, er nicht. Und während wir darüber gefachsimpelt haben, hat der Kleine sich wieder losgezappelt und ist abgedampft. Glück gehabt. Er. Nicht wir. - So, muss mich mal wieder meinen navigatorischen Pflichten widmen und aufpassen, dass wir nicht am “Navassa Island” langschürfen. Das gibt sonst Mecker ...

Donnerstag, 20.02.2014
Hach, immer dieser Stress am Morgen! Musste grad mal gucken gehen, was die da draussen spielen. Ja gut, der Wind hat bisschen zugelegt und da muss Welle natürlich mitmachen! Dreht uns immer “so schön” mit dem Hintern raus und der Autopilot rennt sich `nen Wolf. Dafür geht´s zügig vorwärts. Sehr zügig sogar! Ist auch gut, wollen ja endlich mal in den “Jardines de la Reina”, den “Gärten der Königin” ankommen. Momentan “hängen” wir so ziemlich in der Mitte zwischen Haiti und Cabo Cruz, dem Südwest-Kap von Cuba. Ja ja, mühsam ernährt sich das Eichhörnchen ;) Gestern war fast nur Motorfahrt angesagt, der Wind war weg, aber die Welle war noch da. Noch dazu aus zwei Richtungen. Ost, vom Atlantik durch die Windward Passage und von Süd, von der Karibischen See durch den Jamaica Channel. Sehr, sehr hübsch! Aber am späten Nachmittag durfte dann die Genua endlich wieder raus. Wie erholsam, diese Stille!!! :) - Ist immer noch zappenduster. Ich stand schon um vier auf der Matte, konnte nicht mehr schlafen. Hat der Capitano wieder getoddert mit mir. Ist dann aber doch in die Koje geklettert. Wenn er gewusst hätte, dass es nach Ortszeit erst drei Uhr ist, hätt ich glatt wieder abtreten können. Draussen gibt´s  nur noch so´n Dreiviertelmond und jede Menge Wolken. Wird Zeit, dass wir ankommen. In stockdunkler Nacht segeln ist nicht wirkliDie Köder brauchen eben ne Ansage :)ch schön. Für mich jedenfalls. Die Wellen haben sich wieder weisse Mützen aufgesetzt und ich mach mal lieber das Schiebeschott dicht, ab und an landet eine im Cockpit. Hunger hab ich auch schon wieder. Um die Zeit? Seefahrt macht hungrig! Werd mir nachher gleich `n paar frische Brötchen backen. Gestern war nix mit Fisch, obwohl wir noch die zweite Angel mit rausgelassen hatten. Abends, als wir die Köder rein geleiert haben, “grinsen” die uns an. Hatten ja auch viel Spass den Tag über, beim Wellenreiten und so. Ist doch wirklich wichtig, sie morgens darauf hinzuweisen, wozu sie im Wasser sind. Sonst dödeln die da bloss rum! ;) Achtern wird´s langsam hell. Kann man die grossen Wellen gleich viel besser sehen. Haben bis jetzt 640sm geschafft. ICH HAB HUNGER! Muss jetzt erst was spachteln, sonst fall ich um ...

Freitag, 21.02.2014
Landfall!!! Nach 814sm und fünf Tagen Überfahrt platscht unser Anker kurz vor fünf in das kristallklare Wasser vor Cayo Anclitas. Das ist `ne Insel. Irgendwo in den “Jardines de la Reina”. Davon gibt`s hier hunderte. Die heissen alle Cayo. Und Riffe ohne Ende. Ewig langer Sandstrand, Palmen, türkisfarbenes Wasser und wir. Ganz alleine! Echt geil! Cabo Cruz haben wir schon gestern Abend passiert und die Nacht, schön im gebührenden Abstand an den Riffen und Inseln die cubanische Küste längs. Heute dann den ganzen Tag über Bilderbuchsegeln: Sonne satt, leichter Wind, fast glatte See und kurz vor der Einfahrt ins Riff beisst auch noch ein Barrakuda. Einfach perfekt! Jetzt muss ich das Vieh noch schnell ausweiden, dann gibt`s das Willkommens-Bier, Sonnenuntergang glotzen und lecker Fisch zum Abendbrot. Ach ne, ich trink erst das Bier und nehm dann den Fisch aus ...

 

Cayo Anclitas - unsere Insel!

Sonnabend, 22.0Neugierige Krabbe2.2014
Wir geniessen unsere Robinsoninsel. Stundenlang latschen wir am Strand rum, die Sonne knallt auf die Birne, Seesterne liegen im flachen Wasser, Rochen sonnen sich dort, Conch kriechen langsam über den Meeresgrund, am Ufer bringen sich Krabben vor uns in Sicherheit, Leguane hasten aufgeschreckt in den Palmenwald, wir verkriechen uns immer öfter unter Palmen - es ist einfach nur HEISS! Aber dafür haben wir das alles ganz für uns alleine! Jedenfalls bis zum späten Nachmittag. Da tauchen plötzlich zwei Segelyachten auf und schmeissen einfach ihren Anker. Das ist unsere Insel! Gut, die ankern bestimmt `n Kilometer entfernt von uns, aber das Robinsonfeeling ist weg :-( Und um uns die Stimmung vollends zu vermiesen, taucht kurz vor Sonnenuntergang noch `ne riesige Motoryacht auf und schmeisst auch ihren Anker. Auch vor unserer Insel!!! Selbst der Rochen, der genau neben unserem Boot mit kühnem Sprung einen Meter aus dem Wasser schnellt und platschend wieder aufschlägt kann uns nicht mehr umstimmen. Auf so einer “überlaufenen” Insel bleiben wir nicht. Gibt schliesslich noch geUnser heutiger Fangnug andere hier. Wir fahren. Gleich morgen.

Sonntag, 23.02.2014
Boah!!! Das haben wir bisher noch nicht erlebt. Kaum sind wir ankerauf, schmeiss ich natürlich den Angelköder über Bord. Knaaarz! Ein Biss! Ein kleiner Thuna. Während ich noch darüber sinniere, ob der auch gross genug für meine Ansprüche ist, hat er sich schon wieder losgeschüttelt. Frage geklärt. Aber dann geht es Schlag auf Schlag. Knaaaarz, Käpt`n springt zur Angel, fängt an zu kurbeln, kurz vorm Boot reisst sich ein Barrakuda mit einem gewaltigen Satz los und während ich noch den lädierten Köder in Form bringe, knarzt es auf der anderen Seite. Wieder kurbeln ... Wir hatten bestimmt zehn Bisse auf der Fahrt! Zeitweise sogar an beiden Angeln gleichzeitig. Wohin zuerst???!!! Und während der Käpt`n im Fangrausch ist schmückt sein Bordweib das Schiff: sie baut Girlanden. Eine an der Reling, eine im Salon, wo passt noch eine hin? Und so tuckern wir am Nachmittag hübsch dekoriert durch die Riffeinfahrt, um uns ein Ankerplätzchen vor Cayo Alcatraz zu suchen. Zwei prachtvolle Barrakudas baumeln am Heckkorb und dutzende Klopapierrollen schmücken, zur Girlande aufgefädelt die Reeling. Um jetzt Spekulationen vorzubeugen, das ist jetzt nicht so, dass wir die nach Benutzung auswaschen und trocknen um sie dann wieder ...Klopapiergirlande ne, Marion hat ihre Klopapiervorräte alle in einen Badschrank gestopft und genau da ist auch das Entlüftungsventil der Toiletten-Pumpe. Und das war undicht. Deswegen die Dekoration. An unserem geplanten Ankerplatz schaukelt schon ein Fischerboot. Ob wir über Nacht bleiben wollen? Si! Der Platz ist nicht gut, es gibt einen viel geschützteren in der Innenlagune. Und weil die Einfahrt dahin schwierig ist, fahren sie auch gleich vor uns her. Erst geradeaus, dann ganz plötzlich nach links auf einen Stock im Wasser zu, an dem ganz scharf rechts und auf einen zweiten Knüppel zusteuern, den man aber auf der linken Seite passiert ... der Tiefenmesser treibt uns Schweissperlen auf die Stirn ... aber nach noch einem unerklärlichen Schlenker sind wir in der Lagune. Hätten wir alleine nie reingefunden! Das Wasser ist ruhig wie auf`m Ententeich, wir sollen einfach in der Mitte ankern. Braucht ihr Lobster? Nein, wir haben Fisch - ruft Marion blöderweise und zeigt stolz auf den Fang ihres Käpt`ns. Bringt ihr einen bitterbösen Blick von mir ein. Lobster können wir immer gebrauchen, zische ich ihr zu. Und wie zum Beweis, versenke ich beim Ausnehmen der Fische auf der Badeplattform gleich einen. Versehentlich natürlich. Siehste, jetzt müssen wir hungern! knurre ich, bevor ich den zweiten 1m-Barrakuda sicherheitshalber vorm filetieren an der Schanzflosse festbinde :-)

 

Montag, 24.02.2014
Marion knurrt mich an: heut Nacht war`n Mosquitos in unserer Kabine. Weil JEMAND die eine Luke ohne Mosquitonetz drüber auch noch aufgemacht hat! Mir war eben warm. Und dass um halb acht, vorm Frühstück schon, ein Fischerbötchen in die Lagune tuckert um uns Lobster anzudrehen, heitert sie auch nicht grade auf. Aber diesmal bin ich schneller. Jo, was braucht ihr denn? Rum!!! Rum hab ich nicht, ein Sixpack Bier kann ich anbieten. Sie sind aber sieben. Pack ich noch `ne Dose drauf und schon ist der Handel perfekt. Und weil die Gefahr des Verhungerns damit abgewendet ist, beschliessen wir, noch einen Tag zu bleiben. Bisschen faulenzen ist ja immer gut und unsere nächsten Gäste kommen eh erst am 3.März in Havanna an. Jetzt müssen wir uns nur noch endgültig einigen, wo wir die beiden denn einsammeln. Entweder sind die zwei sich noch nicht ganz einig, oder haben etwas falsche Vorstellung von der Grösse Cubas und der Reisegeschwindigkeit eines Segelbootes, und die hiesigen Marina-Preise sind augenscheinlich auch kein Kriterium bei ihren Überlegungen. Bei uns schon! Bin ich also zum x-ten mal am Mail schreiben ... Hast du unseren Untermieter schon gesehen?, lockt Marion mich nach draussen. Unterm Boot schwimmt ein riesiger Barrakuda. Ein Monster! Der ist schon den ganzen Tag da, erwähnt sie beiläufig. Und ich spring da andauernd ohne BWir werden heut bekocht :)adehose rein!!! Traue ich mich jetzt natürlich nicht mehr. Spätnachmittags, wir ham uns grad das Feierabendbier aus`m Kühlschrank geangelt,  kommt das Fischerbötchen von gestern  in die Lagune getuckert und schmeisst seinen Anker hinter uns ins Wasser. Logisch, dass gleich das Beiboot angerudert kommt, zwei Fischer, vier Lobster. Hol ich noch zwei Bier. Nö, Lobster wollen wir nicht. Wollen die Jungs zum Bier auch eine rauchen. Unsere letzte halbvolle Schachtel hat Marion ja zum Glück versteckt. Rufen sie kurz was zum Boot rüber, kommen die nächsten beiden angerudert. Ich wieder zum Kühlschrank, neues Bier holen. Jetzt haben wir ja auch Kippen dazu. Nun sind die Biervorräte unseres Kühlschranks ja begrenzt, die nächste Runde kommt warm. Finden jetzt alle blöd. Aber kein Problem, sie haben Eis drüben. Ob sie ihren Padrone auch mitbringen dürfen? Ja sicher! Rudert also noch mal einer los, um reichlich Eis und ihren Capitano einzusammeln. Jetzt wird`s richtig lustig, eiskalte Bierdosen aus dem Eiskübel fischen macht viel mehr Spass, ich bin reichlich am Nachfüllen, Marion dreht Musik auf ... rudert noch mal einer rüber. Fisch holen. Weil wir ja keinen Lobster wollten, haben sie beschlossen für uns Fisch zu brutzeln. Und die Lobster kommt in den Backofen! Roberto will kochen. In Marions Küche! Das treibt ihr doch so`n bisschen die Schweissperlen auf die Stirn. Vor zehn Jahren haben uns schon mal kubanische Fischer auf `nem Boot bekocht, was eine mehrstündige Intensivreinigung der Kombüse nach sich zog... Aber tapfer zeigt sie ihm wo alles steht, rückt das Öl raus und eine Stunde später steht ein lecker Abendessen auf dem Tisch. Die Lobster müssen wir alleine essen, die Dinger können die Jungs nicht mehr sehen ;) Das Essen ist lecker, die Stimmung sowieso, ich kipp in bierseliger Spendierlaune reichlich Dosen ins Eis, wir singen lauthals “Comandante Che” und “Guantanamera” und nur die Grösse unseres Cockpits und die leeren Dosen, die sich überall stapeln verhindern, dass wir dazu auch noch tanzen ...PS: Party-Fotos gibt`s keine, die Jungs haben uns gebeten, keine ins Internet zu stellen

Dienstag, 25.02.2014
Marion schwärmt von Roberto dem cocinero, wie lecker der doch gekocht und gar nicht so mit dem Fett gespritzt und auch alles wieder sauber gewischt hat, ... ich sammle im Cockpit leere Dosen ein, knüll sie zusammen und stopf sie in Plastiksäcke. 48 Stück. Zwei Paletten!!! War`s aber wert, echt lustiger Abend und Lobster zumHamburgesa-Sonne Essen hat nun mal seinen Preis :-) Aber wo die Kopfschmerzen bloss herkommen ... Neue Mail von unseren beiden Urlaubern, sie wollen erst noch ein paar Tage in Varadero bleiben. Damit ist die Frage geklärt, wo wir jetzt hinsegeln. Nach Cienfuegos, um da `ne Woche für 20 $ die Nacht auf sie zu warten - müssen wir nicht haben. Segeln wir eben direkt nach Cayo Largo. Da wollten wir eh mit ihnen hinsegeln. Einklarieren geht dort auch unkomplizierter, man kann umsonst ankern und von Varadero dahin gibt`s `nen Inselflieger. Fein. Kurz vor zehn tasten wir uns vorsichtig aus der Lagune, immer schön dem Plott von der Einfahrt folgend, rechts, links, Knüppel eins, Knüppel zwei, irgendwann haben wir richtig tiefes Wasser, zotteln die Segel raus und lehnen uns entspannt zurück. Bisschen wenig Wind heute. Was soll`s, sind ja nur 140sm. Marion kocht uns ein lecker Fisch-Curry, kitschiger Sonnenuntergang, allein auf dem Meer dann teilen wir uns feierlich die allerletzte Zigarette. Marion hatte die Kippen ja schon seit ein paar Tagen rationiert und nur ab und zu eine rausgerückt (weicher Entzug ;). Und eigentlich haben wir die letzte ja schon zweimal geraucht, weil jeder so`n bisschen geschummelt und heimlich noch eine Schachtel versteckt hatte. Aber diesmal ist es wirklich die Allerallerletzte! Wie soll ich bloss die Nachtwache überstehen?

Mittwoch, 26.02.2014
Ich bin mir nicht sicher, ob wir segeln oder bloss treiben. 2,3 kn Fahrt zeigt das GPS. Aber ich bin eisern. Der Stinkediesel bleibt aus! Dann schaffen wir es eben heute nicht bis Cayo Largo. Gibt ja auch noch ein paar andere Inseln davor. Cayo Inglés zum Beispiel. Das schaffen wir noch bis zum Sonnenuntergang und dann segeln wir eben morgen die letzten 12sm. So machen wir das! Aber DEIN MICHA wartet doch auf dich, kommt von Marion. Wir haben uns mit “Marlin´s” verabredet! Allerdings auch schon auf den Roques, auf Curacao, ... irgendwie schaffen wir es nie, die Verabredung einzuhalten, Mein wieder entspannter, sprechender Jäger :)weil wir dann noch mal hierhin müssen oder da hängenbleiben ... Aber diesmal kann ich ja nichts dafür, ist echt kein Wind da. Und der Stinkediesel bleibt aus! Cayo Inglés!

Donnerstag, 27.02.2014
Der Tag beginnt etwas gesprächsarm. Also der Käpt`n ist so`n bisschen mürrisch. Findet Marion! Und schiebt meine ANGEBLICHE schlechte Laune auf Nikotinmangel. So`n Quatsch! Ich mag grad nicht rauchen. Dass die Zigaretten alle sind, hat damit überhaupt nichts zu tun! Ich will auch gar nicht reden. Ich will meine Ruhe haben! Am besten ich geh schnorcheln, da muss ich mit keinem quatschen! Glotz ich also so`n bisschen durch die Brille den Fischen zu. Ein Barrakuda, zwei kleine Thunas schwimmen gemächlich vorbei, diverse Conch kriechen über den Sandboden ... und dann plötzlich zwei lange Fühler aus einer Höhle! LOBSTER! Ruckzuck bin ich zurück zum Boot und sammel meine “Jagdausrüstung” zusammen. Die Abfahrt wird verschoben, ich besorg was zu essen! Wenig später klettere ich mit der ersten Beute die Badeplattform hoch. “Ich brauch `n Eimer!” Hört, hört, er spricht wieder! Ich schmeiss das Riesenvieh in die Pütz und spring wieder ins Wasser. Nächster Lobster! Wir haben doch noch Lobster von den Fischern, versucht Marion meinen Beutezug zu sabotieren. Aber meine sind grösser und wir kriegen doch Besuch! Ja, aber erst irgendwann ... Platsch, ich bin schon wieder im Wasser. Als ich mit dem dritten Tier auftauche verkündet Marion lautstark, dass auf keinen Fall mehr Tiere in den Kühlschrank passen und rettet damit dem Rest der hiesigen Population das Leben. Schade! Und während ich die Dinger auf Kühlschrankgrösse bringe, zieht Marion mit Schnorchel und Brille los. Vermutlich, um den restlichen Tieren zu sagen, dass keine Gefahr mehr droht ...

Freitag, 28.02.2014
Es regnet! Findet Marion ja immer gut, weil dann das Salz der Überfahrt vom Deck gespült wird, aber meistens passt der Zeitpunkt nicht. Heut auch nicht! Wir sind grad dabei den Anker hoch zu zotteln! Dafür passt der Wind. Und wie! Wir fliegen nur so nach Cayo Lago, heizen durch die Riffeinfahrt - aus 1000m Wassertiefe werden plötzlich 3! - hoch am Wind und schön schräg segeln wir die letzten 2sm bis zum Ankerplatz. Sieht cool aus! Da schaukelt auch schon die “Marlin”, die komplette Familie winkend an der Reling aufgereiht. Hatte ganz vergessen, dass Lena so laut schreien kann :-) Knutschen und drücken kommt später, erstmal müssen wir in die Marina zwecks Einklarieren. Und das dauert! Vom Boot dürfen wir natürlich noch nicht. Irgendwann taucht der Doctore auf, schaut uns vom Steg aus in die Augen und fragt, ob wir gesund sind. Claro, aber wir frieren! Ja, er auch, kein schönes Wetter heute. Haben wir den Gesundheitscheck schon mal hinter uns. Nummer zwei ist eine uniformierte Dame, den Steg langstöckelnd, die unsere Pässe einsammelt. Als nächstes tauchen wieder zwei Doctores auf. Diesmal nicht im weissen Kittel. Sie sind von der Agricultura. Aha! Sie müssen unser Boot inspizieren und auch die Lebensmittel. Aber gerne! Nathalie hatte uns über Funk ja schon “vorgewarnt”, dass bei ihnen Fleisch, Gemüse und ähnliches eingeschweisst und verplombt werden sollte und sie es erst bei der Ausreise hätten wieder öffnen dürfen. Zwei Monate später! Da freut man sich doch so richtig drauf, die Fleischtüte dann wieder aufreissen zu dürfen :-( Haben wir also gestern schon so ziemlich alle Lebensmittel versteckt und halten den beiden stolz unsere Reste hin. Eine Gurke, zwei Zwiebeln, zwei Eier und drei Kartoffeln! Im Kühlschrank liegt ein einsames Stückchen Käse. Nicht mehr? Nö. Der Rest wohnt im, auf Minimum gestelltemLena und René werden laufend rausgeschmissen, strahlen trotzdem Gefrierschrank unter der Salonsitzbank. Da sitzen die Jungs gerade drauf :-) Das Gemüse und Eier überstehen dieMaya gewinnt! eingehende Untersuchung unbeanstandet und den Käse lassen sie uns auch durchgehen. Jetzt nur noch ein paar Seiten Protokolle, Belehrungen, diverse Unterschriften und schon sind wir fertig. Mit der Agricultura. Jetzt müssen wir nur noch zur Aduana. Dafür dürfen wir aber von Bord. Wir sind ja gesund und haben keine Läuse an Bord. Das geht schnell und unkompliziert. Bisschen Schreibkram, woher, wohin, ein paar Stempel, Visa ausschreiben und bezahlen müssen wir auch noch. Aber erst manana. Und jetzt können wir endlich Micha drücken, Nathalie knutschen, die Kids auf die Schulter nehmen und die Dosen austrinken, die Micha uns schon die ganze Zeit hinhält. Seit Grenada haben wir uns nicht gesehen, das ist jetzt ... äh, wie lange her? Jeden Morgen über die Funke quatschen ist eben nicht das selbe, wie zusammen im Cockpit hocken. Micha ist grad Nichtraucher. Zumindest solange, bis ich mit `ner Schachtel Zigaretten vom Mercado zurück bin :-) Kurz vor Sonnenuntergang werfen wir noch schnell die Leinen los, schmeissen vor der Insel die Anker und schon hocken die Kids nebst Micha bei uns im Cockpit, Mensch-Ärger-dich-nicht spielen! Na unbedingt! Wie immer voller Einsatz, Lena schreit am lautesten, Micha verdrückt sich nach Hause, Marion kocht, Maya gewinnt und ich darf alles wegräumen. Wegen mehr Platz , hocken wir den Rest des Abends doch lieber auf der Marlin. Ausser Lena, die hockt meist auf mir :-)

 

Sonntag, 02.03.2014
Marion stellt gerade dieAusgesetzt vor Cayo Rico ofenfrischen Brötchen auf den Frühstückstisch, da klopft es. Micha nebst Kindern. Wollt ihr mitessen? Ne, sie haben schon gefrühstückt. Ist ja immer bisschen doof, wenn man so ganz gemütlich seine Brötchen verschlingen will und drei Leute gucken zu, aber als ich mir die Leberwurst auf`s erste Brötchen schmiere klärt sich das. Das will Lena haben. Sie hat doch noch Hunger! Maya jetzt auch, sie nimmt mir das nächste weg. Dann wieder Lena ... langsam werden die Brötchen knapp :-) Aber eigentlich sind sie nur hier, um uns zum Tagesausflug zu überreden. Komplette Belegschaft mit Dingis zum Cayo Rico. Machen wir! Wir mit den Kids vorneweg, Micha und Nathalie mit dicker Kamera bewaffnet hinterher. Nathalie braucht noch ein paar Fotos für ihren "Yacht"-Artikel und perfekte Motive gibt`s hier reichlich. Von den Kindern lautstark angefeuert heizen wir ganz fotogen an Palmenstränden vorbei, tuckern durch seichtes Wasser, jede Menge Seesterne zum Anfassen, Rochen, die wir lieber nicht anfassen - bis Cayo Rico ist es weit. Dafür reichlich Inseln bis dahin - müssen wir natürlich überall mal rauf - eine halbe Segelyacht im Gebüsch, vor der nächsten ein gestrandeter Katamaran - echt spannend hier! Irgendwann kommen wir tatsächlich zum Cayo Rico. Strand, Palmen, türkisfarbenes Wasser - die "Reizende" eben. Aber das Beste steht genau in der Mitte: ein Dutzend Holzstämme, Palmendach oben drauf und `n Tresen mit ein paar Holzbänken unten drunter. Eine richtige Strandbar! Und die ist sogar geöffnet! Bestellt Nathalie gleich mal ein Essen für uns, dauert aber so`n halbes Stündchen. Kein Problem, für Unterhaltung ist auch gesorgt, Leguane dösen für´s Foto im Schatten vor sich hin, jede Menge Sand zum Burgen bauen für die Kids (und mich) und Dosen aus der Eisbox gibt´s auch. Ein neugieriges Aguti (keine Ahnung, wie die auf deutsch heissen, im Amazonas landen sie jedenfalls im Topf) lässt sich sogar mit Brot füttern, was Lena einen blutigen Finger einbringt. Man muss das Brot eben rechtzeitig loslassen. Haben die Frauen natürlich sofort eine Erklärung für: so`n Aguti kann halt schlecht gucken und wenn der das Brot schnuppert, beisst der einfach drauf los. Diese Theorie muss ich gleich mal durch ein zoologisches Experiment überprüfen, Brotkrumen unterm Tisch bis zu Micha`s Fuss gestreut und warten. Frisst sich das Vieh doch tatsäch... und irgendwann kommt Australien ...lich von Krume zu Krume und Zack, landen die Beisser in Micha`s Zeh. Dass so`n grosser Kerl so jammern kann! Vielleicht hätte ich ihn doch in mein Experiment einweihen sollen ... Ich bin mir auch nicht ganz sicher, ob damit die Theorie von dem halbblinden Vieh untermauert wurde oder ich nur bewiesen habe, dass die Fresslust von Agutis grösser ist, als die Hemmschwelle vor Käsefüssen. Micha behauptet keinen Käsefuss zu haben, bekommt zum Trost noch `ne Dose, die Fischplatte steht auch endlich auf dem Tisch, wir hauen uns alle die Bäuche voll und dann Strandspaziergang. Der dauert! Muscheln, Sanddollars, Krebse, angespülte Badelatschen - Frauen und Kids finden immer neue Gründe so `ne Wanderung in die Länge zu ziehen. Irgendwann geht`s nicht mehr weiter, ist die Insel halt zu Ende. Weil sie so tapfer durchgehalten haben dürfen die Männer mit den Kindern baden und dann das ganze Ende wieder zurück. Die Bar-Jungs haben ihren Laden inzwischen dicht gemacht und gehässigerweise auch die Eisbox mit den lecker Dosen mitgenommen. Das beschleunigt unsere Rückfahrt natürlich ungemein. VOLLGAS! Wir haben Durst!

Montag, 03.03.2014
Mira-Arbeitstag. Eigentlich. Aber mein Käpt´n ist heut nicht sooo effektiv weil er dringend mit Micha an Land muss ... aber immerhin waren sie doch schon VORM Dunkelwerden zurück ;)  ... So klingt das, wenn Marion die Ereignisse des Tages zusammenfasst. Irgendwie leicht abwertend. Dabei waren wir nicht EINFACH SO an Land, wir hatten einen wichtigen Grund! Micha brauchte ein Stück Holz für seine Cockpittisch-Befestigung. Und jeder Mann weiss, dass Holz sich zu zweit nunmal einfacher finden lässt. Eigentlich ist das alleine sogar fast unmöglich. Und wir waren erfolgreich. Na ja, fast. In dem kleinen kommerziellen Hafen, gaaaanz weit weg, wo sich sonst nie ein Touri hin verirrt, gibt`s nämlich eine kleine Werkstatt. Die haben auch Holz. Und eine Säge. Damit wollen sie einen passgenauen Holzkeil für den Cockpittisch basteln. Aber erst morgen. Und dass der Weg vom Dingi-Ponton an Land und wieder zurück genau über die kleine gemütliche Marina-Bar führt ... dafür können wir doch nichts!

Dienstag, 04.03.2014
Frauentag. Ja klar, der ist normalerweise erst am 8. Nathalie übergibt die Mädels nach der Schule an Micha und René, wir greifen unsere Rechner, ein paar CUCis, hüpfen in den nächsten Bus und beim Hotel Sol wieder raus. Nicht schlecht die grosse luftige Lobby, noch dazu hat´s hier Internet (NUR 8 US$ die Stunde, wenn das nichts ist! ;) Nathalie zerstreut mittels e-mail die letzten Bedenken ihrer Mutter, die Donnerstag in Havanna ankommt, um ein paar Wochen mit den Marlin´s auf dem Boot zu leben und ich stöbere kurz in unseren mailboxen (die "Schnelligkeit" der Verbindung nimmt einem jegliche Lust, noch andere Seiten zu öffnen). Irgendwann stehen wir wieder draussen und haben einen Plan: wir gehen zu Fuss zurück. Und zwar zum Punta Sirena, von wo uns unsere Holden dann einsammeln können. Die Sonne knallt, gefühlte 45°C, kein Wind, kein Schatten - wir quatschen über Gott und die Welt, werfen dann und wann einen Blick auf Nathalies Inselplan, auf dem bei weitem nicht sooo viele Wege eingezeichnet sind, wie es hier wirklich gibt, auch gibt es nirgendwo ein Schildchen ... Egal, die Insel ist ja nicht so gross. Die Sonne steht da, wir müssen in die Richtung! Also nach rechts. Nach einer weiteren halben Stunde sind wir immer noch nicht dichter am Meer ... noch mal nach rechts. Hm. Wir entdecken einen grossen Baum, in dessen Schatten wir unsere Wasser- und Keksvorräte niedermachen. Beim Herumgucken entdecken wir kleine Püppchen, bunte, an den Baum gebundene Bänder, Kerzenstummel, kleine Gaben - oh, da sitzen wir grad mitten drin in einer Opferstätte für, ja für wen eigentlich? Oups, machen wir uns mal lieber aus dem Staub ... Auf einmal haben wir rechterhand einen Zaun. O.k., das war dann wohl doch nicht DER Weg, den wir eigentlich gehen wollten: wir kommen beim Flugplatz raus. Auch nicht schlecht, da ist die Marina-Bar nicht mehr weit - vom Erzählen, Wandern und der Hitze sind wir fast vor der Dehydrierung ... "Dos cervezas por favor!"... und danach einen Mojito, den haben wir uns verdient! :) So finden uns die Männer (die irgendwie auffallend lustig sind - Rum????) und die Mädels. Ja, sie hatten auch ´ne prima Zeit und albern weiter herum. Sie spielen zu viert Billard, lachen sich schlapp dabei. Beim Zusehen merke ich, dass mein Käpt´n hinkt. Ach ja, er hat sich an einem Stein den linken grossen Zeh aufgerissen. Ist aber nicht sooo schlimm! ;) ... Als wir ziemlich spät zurück an Bord sind schauen wir noch mal nach Post. Der neue Besuch hat geschrieben: sie kommen am Donnerstag. Ups, das ist in zwei Tagen!

 

Mittwoch, 05.03.2014Tritt mir bitte nicht noch mal auf den Fuss  ;)
Klugerweise brüht Marion jetzt immer gleich eine Tasse mehr auf. Nathalie macht mit Maya und Lena Schule und Micha hat sozusagen frei. Da sitzt er dann eben bei uns im Cockpit. Deswegen die Tasse mehr. Marion ist immer wieder beeindruckt, was Männer sich so alles erzählen können, nachdem sie sich seit einem Jahr fast jeden Morgen an der Funke volllabern, fällt ihnen beim Kaffee im Cockpit doch immer noch was ein. Und wenn nicht, können sie auch einfach so, mit der Tasse in der Hand auf`s Meer starren .... während Frau die Achterkabine leer räumt wegen Besuch. Aber heute schmieden wir Pläne. Was wir alles machen können, wenn Nathalie heute Nachmittag nach Havanna fliegt. Also ab heute Abend. Die Kinder wissen das schon seit Tagen. Jeden Abend “Mensch-ärger-dich-nicht” spielen, laut Musik hören, tanzen und gaaaanz lange aufbleiben sowieso. Und genau so machen wir`s! Ich koche das Lieblingsgericht unserer Kinder, “Eier mit süsssaurer Sosse” (gut, heute lieben sie wahrscheinlich etwas raffiniertere Gerichte), wir klappen das “Mensch-ärger-dich-nicht”-Spiel auf dem Salontisch der Marlin auf und dann wird mit vollem Einsatz gewürfelt, geschrien, gekämpft, geschummelt, rausgeschmissen, “gepustet”, jubiliert und geärgert. Ich am meisten. Ich hab verloren :-( Dafür hab ich (gefühlt) bessere Haltungsnoten beim Tanzen als Micha. Meine Dame (Lena) führt vermutlich besser. Lange Aufbleiben war ja der Plan, es wird also spät und bei dem ganzen Rumgetobe haben wir irgendwie die Sache mit dem Wind nicht so ganz mitgeschnitten. Der bläst draussen. Und ganz gut sogar. Die Marlin liegt jetzt nicht mehr weit vor der Mira, sondern genau daneben. Tendenziell hat Micha`s Dampfer bei Wind einen gewissen Hang zum Wandern. Was, wenn der Wind dreht? Micha sieht´s gelassen. Gut, unser Rumpf ist ja nicht hochglanzlackiert.

Donnerstag, 06.03.2014
Kurz nach neun sehen wir den Flieger. Der kommt immer um die Zeit, aber heute sitzen unsere Besucher drin. Höchste Zeit, ins Schlauchboot zu springen und die beiden einzusammeln. Stephan und Tina werden erstmal ordentlich geknutscht und weil Marion so schlau war unsere Bootspapiere mitzunehmen, schleppen wir sie anschliessend gleich zur Aduana. Jetzt stehen sie auch ordnungsgemäss in der Crewliste. Zurück zum Boot, die beiden verteilen den Inhalt ihrer Rollenkoffer (absolutes no-go an Bord!) in der Achterkabine und schon gibt`s den nächsten dicken Minuspunkt: sie haben weder Bettzeug noch Handtücher dabei! Kleine Schwester, du hast keinen Hotelurlaub gebucht und was war dann in den dicken Taschen??? Ist ja jetzt nicht so, dass wir das Zeug nicht haben, aber für uns ist es meist mega-umständlich das irgendwo mal wieder zu waschen, während unsere Besucher das zu Hause einfach in die Waschmaschine schmeissen. Maya und Lena kreieren eine neue Frisur für RenéIch mach mich mit Stephan erstmal vom Acker, Micha beim “Umparken” seines Dampfers helfen. Revanchiert der sich umgehend für die Hilfe, indem er anschliessend die Kinder bei uns abparkt und sich zwecks Internet an Land verdrückt. Genau so hatte sich Stephan seinen Urlaub vorgestellt - mit zwei schreienden Kindern im Cockpit sitzen. Wir spielen “Mensch-ärger-dich-nicht”. Stunden später hat Stephan einen Hörschaden. Ist er eben nicht gewohnt, mit den beiden zu spielen :-) Geht bei uns halt nur mit vollem Einsatz. Aber so`n bisschen kann er jetzt auch schon aufschreien, vor Freude rumhüpfen, mit den Füssen stampfen, ...  und weil keiner mehr Lust hat zu kochen, ziehen wir abends alle in die Marina-Bar. In dBegeisterung auf den Zuschauerrängener Friteuse ertränkter toter Vogel mit Chips, Bier für die Grossen, Saft für die Kleinen, Billard spielen, rumlabern, neue Dosen für die Männer, die Frauen schwenken auf Mojito um, bisschen tanzen mit den Kindern, `n Bier für die Männer, die Kids schlafen langsam am Billardtisch ein ... Lange aufbleiben ist eben ganz schön anstrengend.

Freitag, 07.03.2014
Dauert halt schon bis Mittag, eh wir alle so durch sind mit Morgenbad, Frühstück, Kaffee, noch `n Bad, noch `n Kaffee ... die Aduana hat inzwischen zu. Mittagspause! Gut, die stehen vermutlich auch nicht erst um neun auf ... Eine Stunde später haben wir dann aber doch unser Permit zum Besuch der anderen Cayos, tuckern zurück zum Boot und Halb drei rasselt dann endlich der Anker hoch. Wir wollen unseren Touris schliesslich was bieten: schnorcheln in kristallklarem Wasser, einsame Palmenstrände, barbusige Eingeborene ... Fahren wir mit ihnen also zur Cayo Pedraza, liegt gleich neben Cayo Rico. Anker runter und wir springen ins Wasser. Das ist schon mal nicht kristallklar. Aber zum Anfänger-Schnorcheln reicht´s. Ein paar Fische, Gras, Seesterne und zwei Conch. Hole ich die grossen Schneckenhäuser gleich mal hoch. Habt ihr sowas schon mal gegessen? Ist total lecker! Haben sie noch nicht. O.k., dann gibt es heute Conch! Nun beschränken sich unsere Erfahrungen mit den Schnecken darauf, dass sie lecker schmecken. Wie man sie ausnimmt und zubereitet ist mehr so theoretisches Wissen. Mit der stumpfen Seite einer Machete eine Kerbe in die vorletzte Schneckenwindung hauen, mit einem Messer den Muskel durchtrennen und dann das Fleisch am Fuss aus dem Gehäuse ziehen. Hack ich also mit der Machete drauf los. Tolle Kerbe, aber kein Muskel zu sehen. Hack ich in die nächste Windung auch `ne Kerbe. Da ist Fleisch. Schneid ich mit dem Messer drin rum, zieh am Fuss - nichts passiert. Eine Zange muss her! Damit reiss ich den Fuss ab - Fleisch bleibt im Gehäuse. In der nächsten Halben Stunde zerhacke ich das komplette Gehäuse mit der Machete, hab irgendwann das Fleisch in der Hand und bin mir sicher, irgendwas falsch gemacht zu haben. Zweiter Proband! Wieder eine Kerbe hacken und diesmal weiss ich, was ich falsch gemacht habe. Der Muskel ist nicht zu sehen, man muss mit dem Messer schräg nach oben in die Kerbe und dann erwischt man ihn auch. Am Fuss fassen und das Schneckenfleisch lässt sich rausziehen. Ist doch ganz einfach! Mit Tina und Stephan düse ich zum Strand, wir brauchen mehr Conch! `Ne Weile später haben wir zwölf zusammen, abwechselnd hacke ich mit Stephan auf den Dingern rum - für so`n eingespieltes Team stellt die Schneckenfleisch-Massenproduktion kein Problem mehr da. Alles zum Boot bringen und schon bereut Marion, dass sie nicht mitgekommen ist, um mich zu bremsen. Die Hälfte wäre auch ausreichend! Darf ein Teil eben erstmal im Kühlschrank bei den Bierdosen wohnen. Stephan will kochen, weiss aber nicht wie. Na ja, die Rastas auf den Karibikinseln haben die Dinger erstmal ordentlich weich geklopft, bevor sie die in den Kessel geworfen haben. Mangels Fleischklopfer drück ich ihm also einen Hammer in die Hand, er klopft so`bisschen auf dem Fleisch rum und verschwindet dann in der Küche. Erwartungsvoll hocken alle im Cockpit, Teller, Besteck, Rotwein - fehlt nur noch der Koch. Der taucht auch irgendwann schweissgebadet auf und fängt schon mal an, sich zu entschuldigen. Wieso, duftet doch lecker! Ja, aber das Fleisch wird irgendwie nicht so richtig weich. Tapfer kauen wir auf den Fleischbrocken, schmeckt schon lecker ... aber, “nicht so richtig weich” ist eine nette Umschreibung für ZÄH! Irgendwie kommt mir plötzlich die Szene aus dem  “Seewolf” in den Sinn, in der der Koch kielgeholt wurde ...

Sonnabend, 08.03.2014
Gruppenausflug zum CCayo Ricoayo Rico. Mit dem Schlauchboot tuckern wir zur Nachbarinsel und zwingen unsere Urlauber zur Strandwanderung. Die ganze Insel längs! Glücklicherweise kommt man irgendwann unvermeidlich bei der Strandbar vorbei. Die, mit den kalten Dosen in der Eisbox. Nur, dass wir diesmal nicht die einzigen Gäste sind, das Teil ist rammelvoll! Weit draussen ankert ein Dreimaster und der hat seine kompletten Touris hier abgeladen. Da hocken die Silberlöckchen vor ihren kalten Drinks, lauschen andächtig einem Gitarre zupfendem Sangesbarden, am Grill brutzeln die Fleischberge und wir überlegen gerade, uns am Buffet mit zu bedienen. Aber eigentlich haben wir nur DURST und ausserdem warten an Bord ja lecker Schnecken auf uns. Ich habe nämlich Stephans Zubereitungsmethode analysiert und als Schwachstelle eindeutig seine Klopftechnik erkannt. Das mache ich heute. Und da der Hammer sich als nicht so vorteilhaft erweist, benutze ich die leere Weinflasche von gestern. Was wiederum beweist, dass Alkoholkonsum vielleicht schädlich, aber andererseits zur Essenzubereitung manchmal einfach notwendig ist. Jedenfalls dresch ich mit der Flasche solange auf dem Fleisch ein, bis es fast zerfällt, Stephan schmeisst alles nebst diverser anderer Dinge in den Topf, rührt drin rum und das Ergebnis unserer Gemeinschaftsproduktion landet als Abendessen auf dem Tisch. Fast perfekt! Wir nähern uns eindeutig den Ergebnissen anderer Sterneköche ... aber die Frauen wollen morgen trotzdem mal was anderes essen!? Frauen sind eben schwer zufrieden zu stellen :-)

Sonntag, 09.03.2014
Wieder Strandwanderung! Diesmal auf Cayo Pedraza. Die ist vieeeel länger und hat keine Bar. Dafür Sand. Und Muscheln, Leguane, ein Adlerpärchen, .... Jedenfalls sind alle froh, wieder auf der Mira zu sein, den Kühlschrankdeckel hochzureissen, eine kalte Dose runterzustürzen, ins Wasser zu springen, neue Dose zu holen ... Heute kocht Marion. Stephan hätte zwar auch gerne, aber der kann ja nur Schneckengerichte ... :-)

 

Montag, 10.03.2014
So`n bisschen Bordalltag muss auch mal wieder sein. Marion nimmt sich sämtliche Luken vor, alle abwaschen, Dichtgummis fStatt Blumen :)etten, Scharniere ölen ... Der Skipper hockt mit wichtiger Mine vorm Navi-Rechner, holt Wetter rein, liest Mails, schreibt am Tagebuch ... Und unsere Urlauber? Die liegen jeder in einer Ecke im Cockpit, dickes Buch vor der Nase ... “Ihr könnt das Schlauchboot nehmen und zum Strand fahren. Bisschen wandern ... “ “OCH NÖÖÖÖ!” Fahr ich mit Marion eben alleine. Links liegt schliesslich auch eine Insel, auf der wir noch nicht waren. Gut, wenn wir die jetzt nicht gesehen hätten ... aber so`n bisschen Beine vertreten ist immer gut und ausserdem ist es heute bewölkt, da vermisst man nicht mal die fehlende Strandbar. Ist jetzt nicht so, dass unsere beiden Urlauber ständig auf`s Handy starren, ob sie denn endlich Funknetz haben, aber ins Internet müssten sie schon mal. Also nix mehr mit Robinsonfeeling und da wir morgen eh zur Marlin-Geburtstagsparty eingeladen sind, fahren wir zurück nach Cayo Largo. Micha winkt schon mit einem Döschen aus dem Cockpit, darauf fall ich mit Stephan natürlich sofort rein. Ihr habt euch ja auch sooooo viel zu erzählen nach ganzen drei Tagen, lästert Marion ;) Gemütliche Männerrunde und nur das Eintreffen seiner Frauen verhindert, dass wir Micha´s Dosenvorräte restlos dezimieren. Nathalie, die Kids und Oma Brigitte. Kaum Zeit Nathalie zu knutschen, da klettert Lena auch schon auf mir rum. Ich soll auf keinen Fall ihren Geburtstag morgen vergessen, schreit sie mir ins Ohr. Vermutlich will sie auf Nummer sicher gehen, könnte ja sein, dass ich inzwischen schwerhörig geworden bin. Und da mein Erinnerungsvermögen ja auPUSTEN!!!ch gelitten haben könnte, krieg ich zur Sicherheit auch gleich noch mal DIE Hinweise zum Geburtstagsgeschenk. Lena ist gerade in der Froschphase. Irgendwas mit `nem Frosch sollte es also sein.

Dienstag, 11.03.2014
KINDERGEBURTSTAG! Pünktlich zum Kaffee knüppern wir unser Schlauchboot an die Marlin, wo das aufgeregte Geburtstagskind schon sehnsüchtig darauf wartet, endlich weitere Geschenke auffetzen zu können. Mit der Froschkönig-Tasse können wir ja schonmal punkten, aber als sie die Leberwurst auswickelt, rennt sie damit schreiend durchs ganze Schiff. Eindeutig ihr zweitbestes Geschenk, kommt gleich nach dem Lego-Kasten von Oma Brigitte! Der riesige Salontisch der Marlin ist fast zu klein für die ganzen Geburtstagsfrösche, Stempel, Spiele, ... Du trägst mich doch heut den ganzen Tag?und den grossen Geburtstagskuchen, den Maya für ihre Schwester gebacken hat. Neun Leute finden gerade so Platz - Lena blässt die Kerzen aus und verteilt schnatternd die Kuchenstücke. Lecker! Und weil man sich mit vollem Wanst ja so`n bisschen bewegen soll, geht`s anschliessend auf zur Schnitzeljagd. Auf zwei Schlauchboote verteilt jagen wir, den Hinweisen auf den Zetteln folgend, kreuz und quer durch die Bucht, zum Seesternstrand, zur roten Tonne, durch die zwei Pfähle ... und landen irgendwann auf der kleinen Insel im Norden. Die Anforderungen an die Piratenschatzsucher steigen. Lena auf den Schultern quer über die Insel tragen - natürlich auf meinen - sich die Taschen mit Pinienzapfen vollstopfen - Nathalie und Maya können sich in den Büschen versteckt vor Lachen kaum halten, während wir auf einem Bein zum nächsteGeburtstagsmusikant, extra aus Kölle eingeflogenn Hinweis hüpfen, den Windgott mittels Tanz besänftigen, schreiend mit Pinienzapfen um uns werfend ... und irgendwann, schon ganz ausser Puste endlich den Geburtstags-Piratenschatz finden. Die Kinder, also Lena, Maya, Micha und ich dürfen sich noch rutschend auf der Sanddüne und im Wasser austoben bevor alle zum Sundowner zurück zur Marlin tuckern. Die neuen Geschenke müssen natürlich auch ausprobiert werden. Es gibt ein Spiel, wo man sogar noch lauter brüllen kann, als bei “Mensch-ärger-dich-nicht”. “Cookies” heisst das. Spielen die anderen im Deckshaus. Ich nicht. Ich koche mit Micha. Tortilla! Das heisst Micha kocht und ich schäle Kartoffeln. Micha kocht gerne. Mit Rum. Der kommt aber nicht in die Tortilla :-) Und nach dem lecker Abendessen greift Stephan dann zur Gitarre. Schliesslich ist er ja Musiker. Nur sein Repertoire an Kinderliedern ist etwas beschränkt. Für solche Fälle hat Nathalie das passende Gitarrenliederbuch. Mit Stirnlampe und geborgter Lesebrille haut unser Musikant in die Saiten, alle brüllen mehr oder weniger gekonnt mit, wir tanzen durchs Cockpit, wie auf jedem anständigen Kindergeburtstag kreisen Rum- und Weinflaschen, was die Sangesfreude eindeutig anregt, das Instrumentarium erhöht sich um Querflöte und Rassel, herumkullernde Dosen stören beim einbeinigen Katzentanz, das Geburtstagskind entschlummert allmählich, Micha und Stephan kommen in Musizierextase und nur die für HEUTE früh geplante Abreise der Marlins verhindert, dass wir noch bis zum Morgengrauen die Nachtruhe der umliegenden Ankerlieger sabotieren. “... und die Katze tanzt allein, tanzt und tanzt auf einem Bein ... “ vor mich hinsingend, schippere ich meine Crew auf halbwegs direktem Kurs zurück zur Mira. Geile Geburtstagsparty, hoffentlich lädt uns Lena zu ihrem Achten auch wieder ein :-)

Mittwoch, 12.03.2014
So richtig früh kommen wir heute nicht aus der Koje. Marlin`s sind tatsächlich schon weg. Gut, Micha muss in vier Tagen nach Deutschland fliegen, vorher nach Cienfuegos segeln, am Boot einiges für seine dort bleibenden Frauen vorbereiten ... da bleibt keine Zeit für ausgedehnten Schönheitsschlaf. Wir wollen auch los, nach Cayo Rosario. So nach dem Kaffee und Frühstück und wenn wir bei der Aduana die Zarpe (Genehmigung) dafür bekommen haben ... und irgendwann abfahrbereit sind. Das sind wir dann Halb vier! Da ist der Wind weg. Dröhnt der Stinkediesel. Das muss ich jetzt aber auch nicht die nächsten fünf Stunden haben - und bis Rosario wird es eh knapp. Da ist man als Käpt`n natürlich im Vorteil! Brauche ich bloss mit dem Finger auf die Karte tippen und sagen: Fahren wir eben da hin! Kann ich einfach befehlen! Auch wenn die Besatzung murrt. Macht sie aber nicht. Auf Cayo Los Ballenatos zeigt mein Finger. Klitzekleiner Felsbrocken im Meer, Leuchtfeuer drauf, links, rechts Riffe und wir schaukeln `ne Stunde später genau dazwischen. Und wir haben jetzt sogar noch Zeit, mit dem Schlauchboot zum Schnorcheln da rüber zu fahren. Hat aber ausser Stephan und mir keiner Lust drauf. Dabei ist es echt geil dort. Super Korallen, jede Menge Fische ... überlege ja fast, noch die Harpune zu holen ;)

Donnerstag, 13.03.2014
Möchtest du DEINE kleine Schwester nicht mal wecken? Marion ist unruhig. Dicke fette Wolken ringsum, es bläst schon recht kräftig und für heute abend sind 25kn Wind vorhergesagt. Ich hab uns schon ein geschütztes Plätzchen zum Ankern rausgesucht, aber erstmal müssen wir ja auch dahin fahren. Wir sitzen beide seit Halb acht beim ?ten Kaffee im Cockpit und warten, dass Tina und Stephan wach werden. Geniess doch einfach den Platz und die Ruhe, kontere ich. Möchtest du noch einen Kaffee? Möchte sie nicht, sie will los. Kommen wir dann auch. Um Halb zwölf! Der Wind hat weiter zugenommen und es REGNET jetzt. Na toll! Ich kämpfe im gepunkteten Kinder-Regencape mit den Segeln, Wind dreht, Segel wieder rein, der Motor dröhnt, neuer Kurs, Segel wieder raus, andauernd verhedder ich mich mit dem blöden Regencape, Marion will mir eine richtige Regenjacke raussuchen, ich lieber über das Kinder-Cape schimpfen, die Genua muss rein, die Fock raus, zwischendurch beisst eine Königsmakrele, die wird auch noch an Bord geleiert ... irgendwann sind wir bei der betonnten Riffeinfahrt (Segel wieder rein), tuckern ein Stück an Cayo Rosario längs, lassen den Anker plumpsen ... und kommen gar nicht erst dazu, ihn einzufahren. Das Fischerboot hat uns regelrecht aufgelauert und wirft auch schon eine Leine rüber. Wollt ihr Lobster? Äh, was braucht ihr denn dafür? Aceite. Marion stöbert in ihren Küchenvorräten, eine halbe Flasche Öl kann sie rausrücken, mehr ist nicht da. Scheint den Fischern kein gutes Geschäft zu sein. Eine Flasche Rum hab ich noch, mische ich mich in die Verhandlungen ein. Die Fischer strahlen! Das ist ein gutes Geschäft! Wieviel Lobster? Vier reichen. Sie packen fünf in den rübergereichten Eimer, nehmen ihren Rum in Empfang und tuckern weiter. Tja, das ist Cuba erkläre ich unseren ungläubig staunenden Urlaubern. Ihr mögt doch Lobster? Jetzt können wir auch unseren Anker einfahren. Und jede Menge Arbeit hab ich auch noch. Den Fisch ausnehmen, die Lobster vorbereiten ... Kochen muss Stephan. Es gibt Königsmakrele!

Freitag, 14.03.2014
Es bläst und bläst ... Da ist für unsere Urlauber Selbstbespassung angesagt. Haben die kein Problem mit, jeder hockt in einer Cockpitecke und hält ein Buch in der Hand. Sind sie ruhig und uns nicht im Weg :-) Wir sind nämlich fleissig. Unter Deck! So`n paar Bastelprojekte haben sich angesammelt und Marion hat ja eh immer irgendwas zu tun. Heute näht sie mal wieder. Mit den neuen Nähnadeln, die sie sich hat mitbringen lassen. Keine aus irgendeinem Chinesenmercado, die vor sich hin rosten, verbiegen und meist nicht mal `ne Öse haben. Europäische Qualitätsnadeln! Jetzt brauch ich auch kein schlechtes Gewissen mehr haben, wenn ich ihr mal wieder `ne Hose mit neuem Riss hinhalte. Jetzt macht Nähen ja Spass :-) Und weil alle so schön fleissig oder still waren, lässt der Wind nachmittags nach und die liebe Sonne scheint wieder. Zwing ich unsere Urlauber gleich zum Landgang. Ein Stückchen links am Strand lang laufen, dann ein Stückchen rechts. Es gibt Sand, Palmen, Muscheln ... Komisch, dass Marion mir keine Tüte für den Sandmann in die Hand gedrückt hat. Hat sie wohl bloss vergessen.

Sonnabend, 15.03.2014
Wir dachten ja immer, DIE Langschläfer der Karibik zu sein! Unsere beiden Urlauber toppen das um Längen! So gegen zehn stolpert Stephan üblicherweise aus der Kabine, um die noch länger schlafende Tina mittels Kaffeeduft aus der Koje zu locken. Klappt meist `ne halbe Stunde später :-) Heutiges Touribespassungsprogramm: Schnorcheln am Riff. Klatschnass sind wir schon, als wir nach halbstündiger Schlauchbootfahrt endlich dort ankommen. Ohne Harpune. Mal einfach nur Fische anglotzen. Einfach fantastisch die Unterwasserwelt hier. Korallen in allen Grössen und Formen, die Fische sind fast genauso neugierig auf uns, wie wir auf sie - Stephan`s nächster Plan: ein Tauchlehrgang! Gleich im nächsten Urlaub! Mein Plan ist da wesentlich fressorientierter - wir segeln heute ein bisschen durchs Innenriff und ziehen `nen Köder an der Leine hinterher. Irgendein Barracuda wird da schon drauf reinfallen. Segeln wir also ein paar Stunden bei schönstem Sonnenschein spazieren, hieven, als die Angel das dritte Mal ausrauscht endlich das Abendessen an Bord, wählen den mosquitogefährdeten Ankerplatz hinter irgendeiner kleinen Mangroveninsel ab und schmeissen den Anker statt dessen kurz vor Sonnenuntergang nach 25sm Fahrt, nur 3sm von unserem vorherigen Platz entfernt, vor Cayo Cantiles ins Wasser. Direkt vor einer Ranger-Station. Keine Ahnung, was ihr üblicher Job ist, aber für heute Abend haben sie sich vorgenommen bei uns Lobster gegen Rum einzutauschen. Klappt nicht - wir haben keinen Rum mehr. Und ausserdem Fisch! Vielleicht manana ...

Sonntag, 16.03.2014
“Dicker (das bin ich), DEIN Ruder ist ab!!!” kommt es von der Badeplattform. Da steht Marion und schaut auf die Stelle, wo eigentlich das Ruder der Windfahnensteuerung sein müsste. Ist jetzt nicht so, dass sie da ein Ruder hätte und ich eins - da gibt´s nur eins, nämlich UNSER Ruder. Das war es aber nur, solange es dran war. Die Besitzverhältnisse ändern sich schlagartig, wenn etwas kaputt ist oder weg, dann sind es immer MEINE Sachen. Gestern Abend hatte ich schon festgestellt, dass das Ding so merkwürdig klappert und mir vorgenommen, das heute mal eingehender zu untersuchen. Geht jetzt natürlich schnell. Das mit der Untersuchung. Ein Stumpf massives Alurohr mit `ner Bruchkante. SCH ....!!! Ich mein, das Teil soll so`n 15-20t-Schiff durch Stürme steuern und bricht schon wenn der Dampfer bei etwas Wind und Welle an der Ankerkette zottelt?! Die Stimmung des Käpt`n ist auf einem Tiefpunkt! Für den Mist haben wir 6500 Euro bezahlt! Dafür hätten wir uns noch zwei Reserve-Autopiloten hinlegen können! Und ohne das Ruder können wir den Rest der Windfahnensteuerung auch gleich mit über Bord werfen! Meine Stimmung wird noch mieser! Das blöde Ruderblatt ist bestimmt 1,5m lang und knapp 0,5m  breit. Das kauft man mal nicht so eben beim nächsten Heimaturlaub und klemmt es sich als Handgepäck im Flieger untern Arm. Und vermutlich kostet es dann auch soviel wie ein gebrauchter Kleinwagen. “Du kannst ja mal nach tauchen”, klugscheisst meine Crew aus dem Cockpit. “Ne, Lagune ohne Flamingoskann ich nicht, das Ding schwimmt! Das kann jetzt schon sonstwo am kubanischen Festland in den Mangroven schaukeln!” Andererseits, die halbe Nacht hatten wir noch auflandigen Wind, vielleicht ... ´nen Augenblick später sitze ich mit Stephan im Schlauchboot, lassen uns von den Wellen nass spritzen und tuckern am felsigen Inselufer längs. “DA!!!” schreit Stephan. Tatsächlich schaukelt das Ruderblatt in einer klitzekleinen Einbuchtung in den Wellen und kracht voll Hingabe immer wieder gegen die scharfkantigen, ausgewaschenen Felsen. Das tut schon beim Zugucken weh! Der Rest ist einfach: Schnell zurück zu einem kleinen Strand, uns in Flip-Flops über das spitze Gestein hangeln, Ruder retten, zum Schlauchboot schleppen und den “Geretteten” vorsichtig an Bord heben. Jetzt wohnt das Ruder festgezurrt an der Reling. Der Käpt`n ist wieder bester Laune und tanzt zu karibischen Klängen durchs Cockpit! Aus einem GROSSEN, TEUREN Problem ist ein kleines geworden! Supi! Jetzt brauchen wir beim nächsten “Heimaturlaub” nur noch das 60cm lange Alurohr mit in den Flieger schmuggeln. Und weil die Crew die Stimmungsschwankungen und Tänze des Capitano so tapfer ertragen hat wird Landgang befohlen. Halbwegs trocken kommen wir an Land und wecken erstmal die drei Bewohner der StaAktivurlaubertion von ihrer Siesta. Companero Joel freut sich über Marion`s Mitbringsel und noch mehr über meine Zigaretten. Einen Monat arbeiten sie immer hier auf der Station, einen haben sie Urlaub. Sind sie also immer ein halbes Jahr auf der Insel, rechnet er uns vor. Stimmt, hatte ich auch raus :-) Sie halten die zwei, drei Wege von Bewuchs frei, jäten Unkraut um die Hütte herum, achten, wie auch immer, auf die Tiere der Insel und lassen das eine oder andere zwecks Abrundung des Speiseplans auch schon mal in ihrer Tiefkühltruhe verschwinden. Ob wir wirklich keinen Lobster brauchen?! Wirklich nicht! Auf der Insel leben Affen, Agutis (zwei nicht mehr, die liegen gerade in der Kühltruhe), Krokodile (wir sind uns einig, wie lecker die schmecken), Leguane und jede Menge Vögel. Ein Wanderweg führt zur Innenlagune, da sind die Flamingos. “Wanderweg” ist `ne nette Umschreibung für das eigentlich unmögliche, einstündige unfallfreie Balancieren über scharfkantiges, ausgewaschenes Gestein in Flip-Flops durch die üppige Vegetation. Funktioniert nur, wenn man auf keinen Fall nach links oder rechts guckt, sondern den Blick für den nächsten Schritt stur nach unten gerichtet hat. Dafür steht man dann irgendwann vor braunem Wasser. Ohne Flamingos. Gut, die Lagune ist riesig, verzweigt sich in alle Richtungen - wir klettern noch ein ganzes Ende zwischen den Wasserlöchern rum ... und finden zumindest eine rosa Flamingofeder. Ist doch auch schon mal was :-)

Montag, 17.03.2014
Wie das bei Urlaubern immer so ist, die müssen irgendwann auch wieder zurück fliegen. Tina und Stephan morgen. Von Cayo Largo. Müssen wir also wieder hinsegeln. Heute. Der Wind weht immer noch recht kräftig aus Südost, soll aber ab Mittag mehr auf Süd drehen. Das passt dann. Mir die Windrichtung und unseren Touris, dass es erst ab Mittag soweit ist. Könnten sie sich ihrem ausgeprägtem Schlafbedürfnis perfekt hingeben, aber ausgerechnet heute leidet Stephan unter Schlafstörungen. Ist aber auch nicht weiter schlimm, er muss ja seinen Krimi noch zu Ende lesen. Den will er uns nämlich hier lassen. Kurz vor eins hält der Käpt`n den Finger in die Luft - Wind passt jetzt - das ist das Zeichen zum Aufbruch. Anker hoch, wir tuckern zur Riffdurchfahrt - echt nette Welle hier! Die ist zwar nicht kleiner als wir die Durchfahrt passiert haben, aber jetzt haben wir auch nicht mehr nur knapp 2m unterm Kiel, sondern 1000, 2000. Wesentlich beruhigenderes Gefühl! Wegen einem, auf halber Strecke vorgelagertem Riff quälen wir uns drei lange Stunden gaaaanz hart am Wind vorwärts. Ich mutiere zum Trimm-König, spring im Cockpit hin und her, knall die Schoten dichter, lass sie wieder etwas raus, zerre am Traveller, schaue mit (gespieltem) Kennerblick auf die Trimmfäden ... beeindruckt meine Touris nicht im Geringsten! Tina liest teilnahmslos in ihrem Buch und Stephan schläft einfach! Na wenigstens wird keinem schlecht. Unterwegs schafft denn auch Tina´s Rollenkoffer den Sprung unterm Salontisch hervor und knallt direkt in die Schränke gegenüber - unsere Schränke LIEBEN das ja! ... Die Lethargie der Gäste verflüchtigt sich schlagartig kurz vor Cayo Largo. Handy-Netz! Hatten wir schon bei Veit und Hexe festgestellt, dass wir dessen Wichtigkeit für die Lebensqualität des modernen Urlaubers total unterschätzt hatten. Muss ja auch nicht jeder mögen, wenn er wochenlang einfach nicht erreichbar ist. Meine Mädels aus der Firma hatten früher schon immer versucht, mir ihre “abgelegten” Handys überzuhelfen, weil es ihnen peinlich war, mit was für einem “Uraltklopper” der Chef rumlief. Und dann war das Ding auch meist noch ausgeschaltet ... Immerhin erfährt Stephan auf diese Weise, dass ihr Flieger nicht morgen Abend geht, sondern schon vormittags (manchmal viellCayo Largo, 6 Uhreicht doch nicht so schlecht, so`n Handy). Das verkürzt natürlich den Abschiedsabend ungemein. Nix mit, “bis zum Morgengrauen um die Häuser ziehen” - statt dessen “toter Vogel” aus der Friteuse der Marinabar, drei schnelle Bierchen (Stephan und ich schaffen eins mehr), statt Mojito bis zum Abwinken den Wecker auf “gaaaanz früh” stellen und Nachtruhe!

Dienstag, 18.03.2014
Ganz neue Erfahrung: frühs ist es noch dunkel :-) Unsere Touris werfen ihren Krempel in die Koffer, schnelles Frühstück (gross ist das Angebot eh nicht mehr) und schon tuckern wir zur Marina. Eine Stunde haben wir noch bis ihr Shuttle zum Flughafen fährt (den Weg schafft man auch locker in 15 Minuten zu Fuss), wiGanz fleissiger Käpt´nr müssen aber unbedingt vorher zur Aduana, um die beiden aus der Crewliste austragen zu lassen. Sieht immer blöd aus, wenn man in den nächsten Hafen kommt, vier Leute laut Crewliste an Bord sein sollen und nur noch zwei runter grinsen :-) Wir haben Glück, das Büro ist schon auf, der Beamte tatsächlich drin und der Papierkram in 5 Minuten erledigt. Hätten wir ja `ne Stunde länger schlafen können ... Weniger Glück haben wir mit der Marina-Bar, Kaffee gibt`s nicht und Mojito mag um die Uhrzeit noch keiner. Irgendwann kommt der Bus, wir drücken Tina und Stephan, winken, ... jetzt haben wir unser Bötchen wieder für uns alleine. Auch schön! Aber erstmal investieren wir im kleinen Hotel neben der Marina 10 Dollar für eine Stunde Internet. Glatte Fehlinvestition, wir kommen nicht an unsere Mailaccounts - unbefugter Zugriff! Manno, sind die bei Yahoo pingelig! Also wieder auf`s Boot, “Frühjahrsputz”! Marion zieht die Betten in der Gästekabine ab, “Putzt du das Bad? Machst du doch bestimmt gern für deine kleine Schwester. Ich kümmer mich um das restliche Boot”, lässt Marion mich wissen und verschwindet in Richtung Vorschiff. Mach ich nicht gern! Und wenn ich gewusst hätte, dass ich `ne halbe Stunde mit Schüssel und Lappen zwischen Waschbecken und Klo eingeklemmt rum wische, hätte ich sie so gar nicht von Bord gelassen. Beim nächsten Mal kassiere ich für Endreinigung! Ich bin schliesslich Käpt`n! Die wischen nicht, die lassen wischen! Irgendwann ist der komplette Dampfer aber wieder auf dem putztechnischen Level, das Bordfrauen glücklich macht und der männlichen Besatzungshälfte ein ständig schlechtes Gewissen verursacht. Es fällt nämlich sofort wieder auf, wenn Mann aus dem Motorraum kommt und irgendwas anfasst, mit nassen Füssen über die Polster klettert, seine Klamotten fallen lässt wo Mann eben gerade steht ... also all das, was wir Männer üblicherweise gern machen :-)

Mittwoch, 19.03.2014
Nischd erreichd un drodsdähm frehlich! So`ne Mail am frühen Morgen kann ja schon mal alle Pläne durcheinander schmeissen. Gestern Abend haben wir noch so gemütlich vor`m Rechner gehockt und alte Fotos angeschaut - Segeln in Kroatien, mit dem Landrover durch Albanien, Toscana, Abi-Ball der Kinder ... und darüber sinniert, wohin wir denn demnächst so segeln könnten ... und jetzt müssen wir nach Deutschland! Nicht irgendwann, demnächst! Kommt richtig Hektik auf! Einiges ist mit Sven und Christiane, unserer “Bodenstation” abzusprechen, wir brauchen Internet! Nach der gestrigen Pleite, wollen wir es in einem anderen Hotel auf der Insel versuchen. Die sollen Wifi haben. Fünf Stunden Zeitverschiebung nach Deutschland, haben wir also genug Zeit, mein z.Zt. etwas desolates Netbook noch ein wenig aufzupäppeln. Kurz nach Mittag dann per Taxi zum “Hotel Sol”, ´ne Stunde internetten kostet hier wenigstens nur 8 US$. Bisschen lahm, aber die ersten Seiten bauen sich schon mal auf. Jetzt noch Skype starten. Deswegen sind wir schliesslich hier. Nach Hause telefonieren ... Das rödelt und rödelt und rödelt ... nichts passiert. Falsches Kennwort? Probieren wir es halt mit meinem Skype-Namen. Wieder nix! Frauen probieren ja nicht rum, die fragen einfach. Skype geht hier nicht, erfährt sie an der Recepcion. Und internatinale Anrufe? Kein Problem, 4,50 US$ die Minute! Kram ich gleich mal in meinen Hosentaschen rum, 15 habe ich noch, 5 davon brauchen wir für`s Taxi - super reicht ja glatt für`n Zweiminutengespräch. Schreiben wir halt schnell noch zwei Mails, schauen kurz, was denn so`n Flug von hier kosten würde, klappen den Rechner zu und düsen zurück zur Marina. Die Bank hat schon zu, ist schliesslich nach drei. Im Marina-Office sitzt wenigstens noch jemand. Der hat zwar keine Ahnung von den Liegeplatzgebühren, weiss aber immerhin, wie man ein Telefon bedienen muss. So erfahren wir doch noch was es uns kostet, wenn wir das Boot zwecks Heimflug hier festbinden. Am Mercado steht zwar “abierto” dran, ist aber trotzdem abgeschlossen. O.k., es ist heiss, gibt`s eben erstmal eine Abkühlung in der Marinabar. Jetzt ist auch die Mercadotür nicht mehr verschlossen, die Ladenmutti strahlt, unser bestellter Käse ist da! Na ja, fast jedenfalls. Aber in einer StundMira an Bodenstation ... e können wir ihn abholen. Noch mal zur Bar! Stunde später Tür wieder abgeschlossen. Ich bin für noch mal Bar, Marion hat die Backen dick. Sie will endlich nach Hause, ins Wasser springen, Feierabend machen ... Ich glaub, so war die Reihenfolge.

Donnerstag, 20.03.2014
Wieder per Taxi zum Hotel zuckeln, den Hintern in den Polstersesseln breitsitzen, weitere 16 US$ für zwei Stunden lahmes Internet rausschmeissen und am Ende sind wir genauso schlau wie gestern. Die Ladenmutti hat zwar geöffnet, sogar der Käse liegt da, aber wir nicht genug Geld einstecken :-( Könnte man ja die halbe Meile zum Boot düsen, Euros holen, zurück fahren, in der Bank ewig warten bis man unter Vorlage des Passes und diverser auszufüllender Zettel seine Peso Convertible bekommt, dann vermutlich wieder vor verschlossener Mercadotür stehen ... so wichtig ist uns der Käse heute auch noch nicht. Wir sind lieber noch `n bisschen im Schiff fleissig. Kommen sogar richtig in Bastel- und Aufräumextase. Dafür hat dann keiner mehr Lust zu kochen. Also doch noch zur Marina tuckern. In Öl ertränktes totes Huhn mit, vermutlich im selben Fett gebrutzelten, Kartoffelchips. Kostet 3 US$. Dafür kriegen wir im Mercado grad mal drei Tomaten. Wenn denn einmal die Woche welche kommen und wir sie vorher reservieren lassen. Und wie wir uns mit der nötigen Bettschwere grad so aus dem Barstühlen hochquälen wollen, geht der Regen los. So richtig schöner Platzregen! Hat Marion sich ja schon seit Tagen gewünscht. Wegen salzfreiem Deck und so. Passt ihr jetzt natürlich der Zeitpunkt wieder nicht. Dabei hätten wir es gar nicht besser treffen können. Die Bar ist überdacht, ein paar andere Segler lungern auch rum, Bier ist noch genügend in der Kühltruhe ... gegen zwei hört der Regen auf :-)

Freitag, 21.03.2014
Jetzt wissen wir immerhin schon, welche Sessel in der Hotellobby die bequemsten sind. Schon wieder am internetten! Heut mal etwas schneller. Liegt wohl am schönen Wetter, da liegen die Hoteltouris noch alle am Strand und nicht mit ihren Wischhandys in den Hotelsesseln. Mit unseren Terminen zwecks Deutschlandbesuch kommen wir zwar nicht weiter, aber wenn das Internet mal grad so schön funktioniert, buchen wir einfach zwei Flüge. Die geh`n in fünf Tagen! Gut, ist jetzt `n bisschen knapp, aber später kostet es 150 Euro mehr und wir würden `ne halbe Weltreise über Moskau machen. Da ist`s bestimmt noch fürchterlich kalt. Was für Wetter ist jetzt eigentlich in Stralsund? Können wir die Flip-Flops anlassen? Muss man sich abends ein T-Shirt überziehen ... ? Wichtiger ist erstmal, wo wir den Dampfer lassen. Nathalie (Marlin) hat bisher erfolglos versucht, für uns einen Liegeplatz in Cienfuegos zu reservieren. Machen die nicht. Wir sollen hinkommen und wenn ein Platz frei ist, können wir den haben. 90sm bis dahin, um dann auf ein IRGENDWANN frei werdendes Plätzchen zu warten ist sogar einem Daueroptimisten wie mir zu heiss. Beschwatzen wir lieber in der Marina noch mal Pire, den Manager. Liegeplatz für zwei Monate, Strom und Wasser brauchen wir auch nicht ... wir sollen am 24. reinkommen. Und der Preis ist sogar 450 US$ günstiger als in Cienfuegos! Er kümmert sich gleich morgen (wie in Südamerika eben üblich) um die Flüge nach Havanna. Ach ja, Käsemutti hat geschlossen ...

Sonntag, 23.03.2014
Hektische Betriebsamkeit an Bord. Der Wecker klingelt richtig früh, wir haben jede Menge vorzubereiten. Der Wassermacher muss konserviert werden, die Reste der Windfahnensteuerung abgebaut und zerlegt werden, gleich noch ein paar Fotos von der Bruchstelle machen, meine Angelrollen abbauen und auch sonst ist reichlich Krempel von Deck wegzuräumen. Marion sortiert sich durch ihre Vorräte, was hält, was muss weg, schreibt ellenlange Listen, was alles mit in die Rucksäcke muss, was wir in Deutschland erledigen müssen, neue Pässe, neues Schiffszertifikat, ... Die Wintersachen werden unter der Koje rausgekramt, was soll sie anziehen ...? Wie kalt ist es dort. Und dann sackt sie zusammen. Die vakuumverpackten Klamotten haben Flecken! Na und, ich zieh das Zeug auch mit Flecken an. Bisschen Deo rauf, dann riecht man die Stockflecken nicht. Böser Blick. Sie aber nicht! Schmeisst sie ihre Lieblingssachen in dem ganzen Chaos also auch noch in `ne Waschschüssel reibt verzweifelt dran rum und jetzt baumeln dicke Pullover und lange Hosen auf dem Vordeck und trocknen in der karibischen Sonne. Ach ja, meinem ohnehin schon seit Wochen bemängelten Haarschnitt, der ja eigentlich keiner ist, sondern eine in alle Richtungen wuchernde Haarpracht hat sie sich heut auch noch angenommen. Am Strand, schön im Schatten eines Tourisonnenschirms. Damit ich mich in der Zivilisation auch sehen lassen kann. Besser hören kann ich jetzt auch wieder :-) So, brauchen wir morgen nur noch in die Marina fahren, das Boot ordentlich festzotteln, hoffen, dass mit dem Flug von Cayo Largo nach Havanna alles klappt und uns dort für eine Nacht noch `ne Koje organisieren. Und meine Sachen muss ich auch noch packen. Marion`s liegen ja schon seit gestern überall aufgestapelt bereit.

 

MWarten, warten, ...ontag, 24.03.2014
So eine Sch...!!!, schimpft Marion, als sie vom Hotel zurück kommt. So allmählich sollte sie sich bei den Taxis mal nach ner Monatskarte erkundigen. Das Internet ging mal wieder total langsam, dann haben sich auch noch irgendwelche Musiker in die Steckdose neben ihrem Lieblingssessel “eingestöpselt”, wir hätten für unsere Flüge irgendein Onlineformular wegen Überflug des US-Territoriums ausfüllen müssen, das ist aber jetzt viel zu spät ... , sie hat versucht unsere Website zu aktualisieren und dabei ist irgendwas abgestürzt ... “Und jetzt ich”, bremse ich sie! “Wir haben keine Flugtickets nach Havanna!” “WIE JETZT?!” Jo, irgendeine Antonow ist ausgefallen und sie haben hier echte Probleme, ihre Touris von der Insel wieder zurück zu bringen. Pire war schon ganz verzweifelt und hat uns geraten, doch lieber nach Cienfuegos zu fahren. Kurzer Kriegsrat, wir beschliessen, die Sache bis morgen auszusitzen und Pire will weiter versuchen, zwei Plätzchen für uns in einem der betagten Inselflieger zu erwischen. Unser Boot hatten wir ja schon heute früh in die Marina gefahren und in einer schweisstreibenden Aktion mit unzähligen Leinen nach allen Seiten abgespannt. Kostet 38 US$ wenn wir drauf schlafen, lässt Pire uns wissen. Äh, das brauchen wir dann auch nicht. Also knüppern wir kurz vor Sonnenuntergang alle Leinen wieder ab und tuckern zum Schönheitsschlaf zurück zum Ankerplatz. Für das Geld zotteln wir morgen lieber alles noch mal fest.

Dienstag, 25.03.2014
Es bleibt spannend! Frühmorgens tuckern wir erneut in die Marina. Natürlich ist die von uns auserkorene “Box” von ´nem kleinen Dingi belegt. Ich jumpe rüber auf den Ponton, zottele das Teil in die nächste “Box”, während mein Käpt´n noch ´ne Runde mit der Mira dreht. Dann wieder die unzähligen Leinen ausbringen und gleich mal rüber zu Pire. Immer noch nichts Neues. Die Männer fahren sogar gemeinsam zum Flughafen hinüber und sprechen dort persönlich mit dem Jefe, der ein Freund von Pire ist. So langsam sitzen wir wie auf Kohlen! Nebenbei, rein auf Verdacht, Sachen packen ... Am späten Nachmittag, als wir zum x-ten Mal im Marina-Office reinschauen, kommt Pire uns strahlend entgegen: er hat zwei Tickets! Für morgen Nachmittag. Puh! O.k., dann kommen wir morgen früh mit dem Boot rein, machen den Vertrag und ... das Telefon klingelt. Wir kriegen mit, dass es um die Flugtickets geht. Wie jetzt?! Doch nicht? “Temprano”. Ah, wir fliegen frühs. Schweissperlen wegwischen ... Der Vertrag wird gemacht, auf spanisch, klar. Mein Capitano unterschreibt ohne zu zögern, ich frage nach, um das ein oder andere zu verstehen. Soweit scheint alles in Ordnung, der Schlüssel wird übergeben, in einem Briefumschlag versiegelt. Bueno! Na, dann schnell die restlichen Klamotten zusammen schmeissen, Bimini runter nehmen, die alte Sprayhoud aufziehen, die Aussenborder müssen rein und finden einen Platz in der Achterkabine, Schlauchboot und Rettungsinsel bleiben draussen, ... Ein letztes Huhn im Marina-Restaurant, das Feierabendbier dazu haben wir uns mehr als verdient, mein Capitano schafft es tatsächlich auch noch, seine Sachen zusammenzusuchen und in den Rucksack zu treten, todmüde aber happy fallen wir irgendwann in die Kiste!

Mittwoch, 26.03.2014
Wir sitzen tatsächlich im Flieger. In dem Grossen! Dem nach Frankfurt. Mitten in der Nacht hatte Marion´s  unsympathischer Wecker rumgenervt. Schneller Kaffee, das restliche Gemüse der französischen Nachbaryacht ins Cockpit legen, Rucksäcke schnappen und dann wartet aucMal wieder nach Dh schon das Taxi zum Flughafen auf uns. Der Flughafendirektor begrüsst uns persönlich und schiebt uns an den Warteschlangen der Touris vorbei, zum VIP-Checkin-Schalter. Der hat nur für uns beide auf! :) Und in Havanna wäre auch schon für unseren Transfer zum Internationalen Flughafen gesorgt, lässt er uns noch wissen. Echt geil! Schon nicht schlecht, der Freund vom Freund des Direktors zu sein :) In Havanna ahnt allerdings keiner, was für wichtige Persönlichkeiten wir sind. Niemand weiss etwas von einem Transfer. Dafür stehen unzählige Taxis rum, einer fährt uns zum Terminal 3. Grosser moderner Neubau, da macht es mal wieder so richtig Spass. den halben Tag auf `m Flughafen rumzubringen. Überall mal hinlaufen, auf harten Plastestühlen sitzen, im E-book lesen, auf die Anzeigetafel starren ... letzter angezeigter Flug, 22 Uhr nach Madrid. Unser geht ja erst 23 Uhr. Der wird bestimmt später gezeigt. Langsam weiss ich nicht mehr, wo ich noch hinlaufen soll, der Hintern will sich einfach nicht mit dem Plastesitz anfreunden, es ist 18 Uhr, die Anzahl der angezeigten Abflüge auf sechs geschrumpft, der letzte ist immer noch der nach Madrid. Merkwürdig! Könnte man ja mal nachfragen ... macht dann aber Frau. Der Flug nach Frankfurt geht von Terminal 2! Manchmal nicht schlecht, dieser weibliche Hang zum Fragen :) Schnappen wir also unsere Rucksäcke, werfen die in ein Taxi und düsen los, zurück. An Terminal 2 sind wir heute früh schon vorbeigefahren. Aber in dem neuen Flughafen haben wir viel bequemer gewartet, trösten wir uns. Rucksäcke auf`s Band werfen, Checkin - wir haben gerade noch Zeit für ein gemütliches Abendessen in einem der vielen kleinen privaten Restaurants vorm Flughafen, bevor wir uns in die lange Schlange der anderen Touris einreihen, um mit gezücktem Pass in die Kamera des Emigracion-Beamten zu grinsen. Unseren VIP-Status haben wir endgültig verloren :(

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Dienstag, 06.05.2014
Jetzt sind wir schon seit fünf Wochen in Stralsund und ich hab noch nicht einen Satz ins Tagebuch geschrieben. Gut, unsere StralsundSchöbendorf, bei Veit und HexeDeutschlandbesuche waren eh immer tagebuchfreie Zeit und ins Internet stellen können wir mein Gelaber von dort ja auch nicht. Dazu brauchen wir unser “Website für Dödel”-Programm und das ist auf Marion`s Rechner. Und der ist in Cuba. Hat sie bestimmt wieder in den Backofen geschoben, falls es gewittert. Aber weil ich meinen Enkeln ja später mal erzählen muss, was Opa so gemacht hat (manchmal glaub ich ja, wir haben einfach vergessen unseren Kindern zu erzählen, wie das mit dem Enkelmachen geht), tippe ich jetzt trotzdem mal alles in Kurzform in meinen Laptop. Drei Wochen lang haben wir gebastelt, geputzt, repariert und gewienert. Die Hapi. Die ist nämlich verkauft. Nach Finnland. Muss sie zur Übergabe ja schick gemacht werden. Und wenn an der Hapi nichts mehr zu putzen war, haben wir an den Charterbooten unserer “Bodenstation” gebastelt oder an unserer Wohnung. Die hat sogar einen Namen. MamAlu! Das ist der Riesendampfer, den Sven und Chrissi sich gebaut haben und der schwimmt jetzt in bester Wohnlage direkt vor der Stralsunder Altstadt im Querkanal und wartet darauf, auch endlich auf seine erste Fahrt zu gehen. So`n paar Kleinigkeiten fehlen noch ... Nebensächlichkeiten wie Mast, Segel, Elektronik ... aber drei, vier Wochen sind wir ja auch noch hier :) So`n bisschen wollen wir aber auch noch rumreisen, Veit und Hexe besuchen, unsere Kinder sowieso, in die Schweiz zu Monika und Lukas ... Weiss gar nicht, wie wir das alles schaffen wollen. Marion schielt nebenbei immer schon nach `nem günstigen Rückflug, kümmert sich um irgendwelchen Behördenkrempel, neue Pässe, Bootszeugnis, Finanzamt, ... Die Hapi musste dann auch noch nach Finnland - gut bezahlter Überführungstörn - hab ich mit Veit gemacht. Im April nach Turku segeln! War lustig. Ersten Abend hätten wir den Kahn fast versenkt, weil ich bei der ganzen Bastelei vorher vergessen hatte, den Gasschlauch wieder an den Herd anzuklemmen. In der Nacht ist dann die HeizunHapi im Schnee - Finnlandg ausgestiegen. Für jeden potentiellen Nachahmer sei empfohlen, die Fahrt nur MIT `ner Heizung zu machen. Bei Nachttemperaturen um den Gefrierpunkt, frierend im Zickzack über die Ostsee zu segeln, muss man schon mögen. Schweden, Polen, wieder Schweden ... zum Glück ist die kleine Ostsee recht übersichtlich, dafür aber mit allem zugemölt, womit man Segler verwirren kann: Verkehrstrennungsgebiete, Schiessgebiete, U-Boot-Übungsgebiete, Munitionsgebiete, ... die Seekarte sieht aus wie ein Schnittmuster für`n Patchworkpullover. Wenn man das alles ignoriert, kommt man aber gut vorwärts. Nicht ignorieren kann man die Frachter, die wie auf `ner Perlenschnur aufgereiht vorbei brausen, die Fischer, die einem mit ihren verwirrenden Lichtern irgendwas mitteilen wollen, die blinkenden Lichter der Windparks, ... aber mit jedem Schlag kommen wir weiter nach Osten und wir haben das kleine Meer langsam für uns alleine. Ebenfalls neue Erfahrung für mich: alle paar Stunden hat man ein Funknetz. Nützt einem natürlich nur was wenn man ein Handy hat. Veit hat sowas! Damit kann er dann nicht nur alle paar Stunden seiner Hexe erzählen wie sehr er sie vermisst (Frauen hören sowas gerne), sondern nebenbei auch noch Wetterdaten runterladen. Cool! Mit solchen Informationen gefüttert - also die Wetterprognose - flüchten wir uns dann in einen kleinen Fischerhafen auf Nordgotland. Da wohnen die Goten. Die haben lange Bärte, sitzen in Gummistiefeln vor ihren Fischerhütten, warten auf besseres Wetter und trinken Tee. Mit Rum drin. Wir auch. Wir haben sogar Landstrom und träumen beim Rumtrinken von einem klitzekleinen Heizlüfter. Den gibt`s für 20 Euronen in jedem Baumarkt. Fischerdörfer auf Nordgotland haben keinen Baumarkt! Auch keine Euronen. Die Idee mit dem Aufwärmen mittels eingeborener Frauen haben wir dann auch verworfen. Ich glaub, die haben auch Bärte. Ganz sicher sind wir uns nicht, wir haben nur eine gesehen und die war ziemlich gewaltig, mit dicker Jacke und der Kopf total in ein Tuch gewickelt. Bestimmt, um den Bart zu verstecken. Wir haben jedenfalls beschlossen lieber zu frieren und sind den nächsten Tag weitergesegelt. Noch eine Nacht mit zwei Unterhosen, Fliessstrampler, Jeanshose, Segelanzug, Pudelmütze und Handschuhen mit den Zähnen klappern, dann kommt Finnland. Das heisst, erst kommen die Schären. Ist jetzt nicht falsch geschrieben, so heissen die ganzen Inseln davor. Sind ein paar tausend, oder zehntausend - vermutlich weiss das keiner so genau. So`n bisschen verwirrend sich da durch zu hangeln, aber als Skipper muss ich natürlich so tun, als ob es nichts Einfacheres gibt. Durch die Schären segeln kommt gleich nach Schnürsenkel zubinden. Ist aber schon eine beeindruckende Landschaft, Veit ist permanent am Knipsen - mir hat Marion ja einen Fotoapparat mit leerem Akku mitgegeben. Mit dem letzten Zipfelchen Licht tasten wir uns in die kleine Bucht auf Rymaettylae (die Inseln haben da alle so unaussprechliche Namen) wo Parsi, der neue Eigner, scSchweiz, bei Monika und Lukashon auf uns wartet. In der einen Hand `ne neue Pumpe fBerlin, Kinder erschreckenür die Heizung, in der anderen zwei kalte Bier. `n Grog wäre uns lieber gewesen! In Rekordzeit die Pumpe gewechselt, halbe Stunde später ist die Hütte warm und jetzt schmecken auch die (nicht mehr ganz so kalten) Bier. Nächsten Tag dann Probesegeln. Im Schneeregen! Wir dick eingemümmelt hinter der Sprayhoud versteckt, Parsi mit breitem Dauergrinsen hinterm Steuer. Der ist das gewohnt. Vermutlich ist er froh, dass die Gewässer schon eisfrei sind! Und dann schneit es richtig. Die Hapi angetüddert am kleinen Holzsteg, dick Schnee drauf, ringsherum alles weiss - stört uns aber nicht. Wir haben ja jetzt `ne Heizung. So, die Geschichte musste hier jetzt unbedingt noch mit rein, damit ich, wie gesagt, meinen Enkeln später auch erzählen kann wie Opa im Nordmeer war :-)

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Dienstag, 17.06.2014
Zurück nach Cuba. Klingt gut, klingt einfach, klingt nach Urlaub. Wir sind schon seit Wochen dabei, mit Condor abzuklären, dass sie uns OHNE das, ihrer Meinung nach erforderliche, Rückflugticket mit über den Teich nehmen. Die stellen sich stur. Micha von der Marlin, der die Rückreise ein paar Wochen vor uns angetreten hat, musste auf dem Flughafen in Berlin selbiges käuflich erwerben, denn OHNE GEHT GAR NICHT!!!(sagte ihm airberlin). Er wartet noch heute auf die Rückerstattung seines Geldes... Aber erstmal müssen wir nach Frankfurt. Die Besatzung unserer Bodenstation in Stralsund (ebenfalls Arbeit- und Obdachgeber, und, und, und, ... DANKE FÜR ALLES!!!!! :), Chrissi und Sven, bringen uns mittags nach Rostock, noch mal fest knuddeln, die Mädels wischen verstohlen ein Tränchen weg, und wir hüpfen in “MEINFERNBUS” (66 Eurönchen für beide bis nach Kölle - unschlagbar! Noch dazu bequem :) Superpünktlich in Berlin, kleiner Zwischenstopp zum Umsteigen in den Bus nach Kölle UND zum letzten Knuddeln unseres jüngsten Kindes, das strahlend am Bahnsteig steht (das Große urlaubt grad mit Freund in Italien - auch nicht schlecht!) Wieder Abschied, wieder Tränchen wischen (Frau wird wohl langsam alt?) und weiter geht´s, Stunde für Stunde, bis wir gg 22 Uhr in Kölle rausspringen. Da wartet schon Schwager Stefan mit seinem kleinen sharing-Auto auf uns, wir stopfen die Rucksäcke, Pelz, Strohhut und uns hinein, düsen ein paar Blöcke weiter, erklimmen die Treppe bis unters Dach zu Stefan und Tinas Wohnung, Stefan wirft drei Steaks in die Pfanne, Tina kommt extra noch mal aus dem Bett, um ihren GROSSEN BRUDER zu umarmen und nach dem mega-leckeren Essen fallen wir ziemlich k.o. in die Kiste.

Mittwoch, 18.06.2014
Schon am frühen Morgen wieder das Stefan-Verwöhnprogramm: leckeres Frühstück mit Café con Leche auf der Dachterrasse im Grünen! Könnte man sich direkt dran gewöhnen ;) Das kleine sharing-Auto ist heut immer noch nicht grösser, bringt uns aber dank Stefan pünktlich zum Frankfurter Flughafen. Mit der db hätten wir schon einen Tag vorher anreisen müssen, zumindest mitten in der Nacht. Supi! So haben wir jetzt aber auch genügend Zeit, uIn unserer Pension - echt chic!m mit Condor über das Rückflugticket zu diskutieren ... Am Check-in-Schalter möchte die Dame die Pässe, die tarjetas turistica (Visa) und die Rückflugtickets sehen. Ich geb ihr die Pässe, die tarjetas und lege unser ausgedrucktes HINFLUG-Ticket bisschen an die Seite. Die Rucksäcke gehen auf´s Band, das Gewicht passt genau (seit Mai darf man nur noch 20kg(!!) Gepäck mitnehmen :( Sie fängt an, die Bordkarten zu drucken, das Gepäck mit den Anhängern zu versehen, ... wir halten schön die Klappe, lächeln sie bisschen dämlich an ... Dann reicht sie uns die Bordkarten, “Gate B43, angenehmen Flug” und wir sind fertig. Schnell alle Papiere zusammen raffen und weg. YEP! Hat ja prima geklappt!!! - Der Flieger geht gegen drei Stunden später, 22 Uhr landen wir in Havanna. Mit den Rucksäcken, Pelzjacke und Strohhut stehen wir strahlend vor der Aduana-Dame, drücken ihr unser Zettelchen in die Hand (claro, wir haben nichts zu verzollen :) und sie winkt uns lachend durch. Puh! Auch an dieser Stelle hatte unser Freund Micha Probleme und ist diverses elektronisches Gerät  losgeworden (bis heute ist noch unklar wie und ob er es irgendwann mal zurückbekommt). Lediglich das versprochene Taxi, der Fahrer mit ´nem Schild MARIA in der Hand, ist nicht am Flughafen. Da hiess wohl schon jemand anderes Maria :) Kein Problem, es gibt genügend und der Preis für die Fahrt nach Habana Viejo ist o.k. In unserer Pension “Jesus y Maria” ist dann allerdings Baustelle und das begehrte Zimmer unterm Dach mit Terrasse ist ocupado. Maria tut das sehr leid, aber natürlich gibt es eine Ausweichmöglichkeit namens Yonaika, ihre Tochter, die gleich um die Ecke auch Zimmer vermietet. Der Schwiegersohn wird angerufen, kommt 5 Minuten später und buckelt meinen schweren Rucksack durch die Strassen, die Treppe hoch, zu unserem neuen Heim. Ein tolles altes, gut restauriertes Haus mit bestimmt 4m hohen Decken, Säulen und Kronleuchtern. Das Zimmer ist super, nehmen gleich mal ´ne kalte Dusche, ordern uns ein kaltes Cristal und hocken uns danach mit Yonaisis vor dem groSalud! Auf Havanna!ssen Flachbildfernseher - Fussball!!!

Donnerstag, 19.06.2014
Papaya-, Manga-, Bananenobstsalat, warme Brötchen, Spiegeleier, selbstgemachte Marmelade und Saft, Käse, Wurst, ...megaleckeres Frühstück gibt´s auch bei Yonaika. Dick und rund geniessen wir den Café auf dem Balkon, mit Blick auf die alten Mauern der Iglesia Nuestra Senora de Belén auf der anderen Strassenseite, schnappen uns dann Fotoapparat und Schlüsselbund und lempeln durch die alten, belebten Gassen, an gut erhaltenen eindrucksvollen Kolonialbauten vorbei, gleich daneben stehen halbeingestürzte, mühsam von Holzlatten gestützte Häuser, nebenan biegt sich ein Haus unter den nachträglich eingezogenen Etagen (Decken), es wird darin trotzdem gelebt, die Habaneros grüssen lächelnd, Kinder spielen mit luftleeren Bällen oder murmeln, gut gepflegte, wunderschöne amerikanische Oldtimer grummeln alle Nase lang an uns vorbei, auch mal ein Wolga, Mosquitsch, knatternde MZs mit Seitenwagen, Pferdewagen, ... zu gucken gibt´s jede Menge und irgendwann sind wir am Meer, heisst am Canal de Entrada. Hier steht das alte ZollhauIm Centros, das Rum-Museum, der Löwenbrunnen, diverse uralte Kirchen, die Promenade ist zum Grossteil schon erneuert, alles ist ein bisschen “schöner”- man kommt in die Touri-Gegend. Und natürlich wird man hier laufend angesprochen. Der eine will ein Auto vermieten, der nächste hat Zigarren, andere erzählen lange Geschichten und wollen einfach nur Geld für Medizin, Milch, Rum oder was auch immer, wieder ein anderer ist gerade Vater geworden und auf dem Weg zum Krankenhaus (vermutlich wird er mehrmals am Tag Vater ;), einer ist Schauspieler am Theater (ohne Zähne?! ;) und braucht nach halbstündigem Gespräch Rum und 5CUC für seinen Freund, etwas später habe ich plötzlich einen Amigo am Hals hängen, der mir “Besa me, besa me mucho” ins Ohr trällert und sein Kumpel springt aus dem Gebüsch mit einer Gitarre dazu, ich wimmel ihn ab, “no quiero, senor!”, aber von René will er trotzdem Geld dafür ... ist schon lustig, was sie sich alles einfallen lassen, aber auf Dauer nervt es. Wir verkrümeln uns an die Uferpromenade und (es ist schon Mittag) gönnen uns an einem winzigen Imbiss direkt am Wasser, mit Blick auf das Castillo de los Tres Reyes del Morro, einen Havanna-Ankomm-Mojito. Der Amigo am Tresen hat mit Rum nicht gegeizt und dementsprechend setzen wir unseren Weg danach etwas beschwingt fort ;) Die Avenida del Puerto entlang, vorbei an Festungen, Kirchen, Parks, der Kathedrale, den 12 Kanonen (genannt die 12 Apostel) des Castillo San Salvador de la Punta, von hier wurde nachts die Zufahrt des Hafens mit einer schweren eisernen Kette hinüber zur anderen Uferseite gesperrt, hocken uns auf die Mauer und gucken auf das stille, bleierne Meer. Neben uns springen Jungs ins Wasser, weiter draussen schnorchelt jemand, auf der Suche nach dem Fisch für das Abendessen. Bald sitzt einer neben uns und fragt nach Seife, T-Shirts usw ... Der Malecón, die berühmte fast 7km lange Uferpromenade Havannas, flirrt in der Mittagshitze. Wir treffen kaum einen Menschen, das Leben beginnt hier nachts. Früher reihte sich ein Juweliergeschäft ans andere, heute sind die alten Villen von der salzigen Atlantikluft stark “angefressen”, denn bei Sturm spritzen die Brecher meterhoch üHätten wir nicht mit gerechnet - Fussball-WM-Übertragung in Cubaber die Mauer und überfluten die ganze Strasse. Wir flüchten vor der Hitze in die kleinen Gassen und Der kubanische Fanblocksind wieder weitab der Touri-Ecke. Kleine Geschäfte und Werkstätten, Möbel werden gebaut, an Autos herumgeschraubt und -geschweisst. Dazwischen winzige Cafés, die Kuchen, Saft und kleine Snacks verkaufen. Obst- und Gemüsestände. Toll! Wenn wir die auf Cayo Largo hätten! In einem privaten Restaurant mit dem Flair einer Mitropa schlagen wir uns den Bauch mit gebratener Leber, Spiegelei, Salat und Reis voll (kostet uns ganze 3US$!) und fallen drei Strassenecken weiter, in der Calle Trocadero, auf das knochenharte Gestühl der etwas finsteren Bar “Bella Napolés” - jetzt brauchen wir einfach mal ein kaltes Cristal! Die Amigos in der Bar sind alle super freundlich UND sie haben einen kleinen Fernseher, in dem grad ein Fussballspiel läuft!! Hier bleiben wir!!!

Sonnabend, 21.06.2014
Dritter Tag in Havanna. Das Zimmer unterm Dach bei Jesus und Maria ist immer noch besetzt, egal. In Yonaikas Betten schläft´s sich fantastsich, früh´s kräht der Hahn unterm Fenster, uTeatro Garcia Lorca, dahinter das Capitolio - beides Baustellennd erst das Frühstück :)!!! Heute ruft sie für uns bei Aerogaviota an wg. der Flugbestätigung und organisiert ein Taxi zum Aeropuerto Playa Baracoa. Der liegt ziemlich weit draussen, da müssen wir frühs 4.15 Uhr los. Was für eine göttliche Zeit! - Heut stürzen wir uns ein letztes Mal in´s Stadtgetümmel. Es ist pottenheiss, wie jeden Tag. Gefühlte 40°C in den Gassen, natürlich kein Wind. Gestern haben wir mal wieder erfolgreich einen grossen Bogen um sämtliche Museen geschlagen (Havanna macht draussen viel mehr Spass :), sind über den Plaza de Armas, den ältesten Platz der Stadt mit seinem grossen open-air-secondhand-Büchermarkt gelempelt, durch die Calle Obispo, eine der beliebtesten Einkaufsstrassen, am Jose Martí-Denkmal vorbei, dem Gran Teatro Garcia Lorca zum Capitolio. Man kann wirklich sagen, Washington D.C.in Havanna, `ne gute Kopie. 3 Jahre Bauzeit, 5000 Leute, 17Mio US$. Finden die Cubaner heut nicht mehr so witzig, der frühere President Machado fand das schon. Noch ein MUSS in Havanna: der Eispalast “Coppelia”! Berühmt geworden durch den Film “Erdbeer und Schokolade”(1994) steht man dort gern stundenlang für ein Eis an. Die Cubaner. Wer mit CUC bezahlt ist gleich dran und muss dafür woanders sitzen. Da passen die drei Security-Jungs richtig auf! Und ehrlich, soooo gut ist das Eis nun auch wieder nicht. Gohr´s in Stralsund schmeckt viiiieeel besser!!! Danach ging´s kreuz und quer durch alle möglichen Gassen bis wir wieder im “Bella Napolés” landen. Natürlich läuft gerade Fussball, die Hütte ist voll, Chefin Maria strahlt als sie uns sieht und Koch Mario verscheucht mal eben gleich zwei Senores von seinem Tisch, damit wir Platz haben. Ich versuche abzulehnen, schliesslich sind die Herren ein Teil älter als wir, aber no way! Es spielt Deutschland:Ghana. Unsere Herren bekleckern sich nicht gerade mit Ruhm, die Ghanaer sind richtig schnell und gut und Deutschland kann sich gerade noch zu einem Unentschieden retten. Mannomann, wie peinlich. Wofür kriegen die eigentlich soviel Kohle?! Rene spendiert trotzdem ´ne Flasche Rum, ringsum werden die Gläser gefüllt, Koch Mario schenkt aus und schafft es irgendwie immer, in sein Glas doppelt soviel einzukippen. Gut, er ist schliesslich auch der Grösste und Schwerste im Raum :) - Heute, am Sonnabend, gibt´s keine grossartige StadtbesichImmer wieder Hinguckertigung mehr. Sitzen am Plaza Vieja auf einer Bank im Schatten der Bäume, eine ältere Mutti fegt akribisch die Blätter auf den Wegen zusammen. Wir nehmen extra die Füsse hoch, sie lacht, fegt alles blitzeblank. Holen uns eine Pizza zwei Häuser weiter, sitzen wieder auf der Bank, mampfen, gegenüber lassen sich zwei Senores nieder, die ein Gespräch anfangen ... René lässt sich beschwatzen und  spendiert den beiden Rum, dann verdrücken wir uns. In der Stadt kaufe ich für eine Senora Milchpulver und dann ist unser “Spendenfond” für heute erschöpft ;) Es gibt ein kühles Cristal und ein letztes Fussballspiel im “Bella Napoles” und als wir uns spätabends verabschieden können wir uns vor lauter Küssen und Umarmungen kaum retten. Wir sollen unbedingt wiederkommen und Mario schenkt mir einen Strauss Mariposas, Blumen mit grossen weissen, duftenden Blüten. Sind eben Kavaliere die Habaneros! Auf sowas würde Renè nie kommen.

Sonntag, 22.06.2014
Heut geht´s wieder nach Hause! Yonaisis Mama kocht uns schnell einen Café zum Augenaufkriegen und schon düsen wir ab zum Playa Baracoa, dem kleinen Inlandflughafen. In den Strassen sind noch die Nachtschwärmer unterwegs, an einer Ecke wird getanzt ... Kurz vor 5 Uhr hält das Taxi vor einem kleinen Haus mit Vorgarten. Rundherum alles zappenduster. Aber da ist wirklich ein Schild unterm Dach angebracht: Aeropuerto Playa Baracoa. Es kommt noch ein Bus an mit einer Handvoll verschlafener Touris, ist dann wohl richtig. Irgendwann schliesst jemand auf und wir dürfen in dem Raum vor einer kleinen Halle warten. Ein Kind ist dabei, es schläft. Der Fernseher wird angestellt, laut, Mord und Totschlag, Geschrei ... nun schreit auch das Kind. Toll! ... Dann geht´s in die Halle, es gibt die Bordkarten, das Gepäck wird gewogen (Renés Rucksack lehnt an der Wand - sehr vorteilhaft! 39,4kg) und weiter geht´s, in die Wartehalle. Da ist´s so richtig schön warm unWieder zu Hause :)d alle triefen vor sich hin ... “Marion Jenss” wird ausgerufen. Hä? Ah, ein Problem mit dem Gepäck. Ja cool! Renés Rucksack liegt auf dem Band hinter der “Durchleuchtung”. Den müssen wir wohl auspacken. Da kommt erstmal das 60cm Alu-Rohr zum Vorschein - sehr verdächtig - innen steckt ein Beutelchen - noch verdächtiger - der Sicherheitsbeamte pult vorsichtig alles raus - das AIS wird aus langen Unterhosen gewickelt, ein Funkgerät aus `nem Fliesspullover, div. anderes Elektronikzeugs - irgendwie nicht das übliche Tourigepäck! Wir erklären, dass unser Boot in Cayo Largo liegt, das das alles Ersatzteile sind, zücken den Marina-Vertrag - in Ordnung, wir dürfen wieder einpacken. Er ist ja nur der Sicherheitsbeamte und nicht vom Zoll ... Eine kleine Antonow rollt hinters Haus, wir hüpfen rein, Start, haben ´ne super Sicht unterwegs (bis auf den Meeresgrund - unglaublich!) und es gibt sogar ein Bonbon und ein winziges Becherchen mit Café ;) 8 Uhr, landen auf Cayo Largo. Nehmen ein Taxi vom Flughafen zur Marina (der Fahrer bricht fast unter meinem Rucksack zusammen ;) und gucken natürlich erstmal zum Steg. DA LIEGT SIE!!! :) So, wie wir sie verlassen haben. ENDLICH ZUHAUSE! Drin müffelts ein bisschen (die Wäsche, die wir vor der Abfahrt nicht mehr waschen konnten ;), aber der Käse ist noch brav im Kühlschrank und klebt nicht schon innen am Steckschott. Alles fein, alles an seinem Platz! Erstmal ins Marina-Büro uns wieder anmelden, die freuen sich und natürlich ist es kein Problem wenn wir heute draussen ankern und morgen alles bezahlen. Nein, ein Pfand wollen sie nicht, das ist in Ordnung so. Wir gehen schnell noch zum kleinen Mercado, der natürlich geschlossen hat und becircen die Jungs in der Panaderia, dass sie uns wenigstens ein Brot verkaufen. Eine kleine Käsepizza als Frühstück “verschlingen” wir gleich vor Ort. Dann Leinen los werfen und raus aus der Marina. Die Motorgeräusche sind bisschen seltsam, die Mira lässt sich schwer steuern - garantiert ist der Propeller dick bewachsen. Wir schmeissen den Ankern an unserem alten Platz vor der Einfahrt runter und René hüpft gleich mal, mit Schnorchel, Spachtel und Putzschwamm bewaffnet, ins 30°C warme Wasser. Der Propeller hat ´s nötig, ansonsten sind auf dem ganzen Unterwasserschiff gerade mal 12 Seepocken - wir sind richtig begeistert von dem venezolanischen Antifouling! Wir schaffen noch alles auszupacken, der Pelz wandert wieder in den Schrank, dann ist siesta für heute - heisst, wir düsen mit dem Schlauchboot an Land und es gibt mal wieder in der Friteuse ertränktes Huhn mit Fritten und dazu ein kaltes Cristal an der Marina-Bar.

 

Montag, 23.06.2014
Erstmal zur Bank, Geld tauschen und dann ins Marina-Office. Jefe Pire ist krank und die Jungs wirken so`n bisschen kopflos. Keiner weiss wo was liegt, aber wir haben den Marina-Vertrag dabei und so kommen wir doch relativ schnell auf den zu zahlenden Betrag. Jetzt können die Jungs das Geld wieder zurück auf die andere Strassenseite zur Bank tragen. Unser verplombter Schlüssel wird auch noch gefunden - listo! Sogar der Mercado hat auf. Rum, Bier, Klobürsten, Reis - Marion drückt dem Amigo ihre Wunschliste in die Hand. Oben gross MIRA drauf, darunter tomate, papas, cebollas, zBald gibt´s Strom aus der Dose - und zwar überall!anahorias, huevos, pan ... Schulterzucken, er hat keine Ahnung wann was kommt und ob überhaupt. Zurück zum Boot. Ich greife in die Kiste, in der ich meine mitgeschmuggelten neuen Ausrüstungs- und Ersatzteile reingeworfen habe - ganz zuerst kommt der neue grosse Inverter. Der alte hatte schon vor über einem Jahr den Geist aufgegeben. Der hatte natürlich kleinere Maße, die Batterieanschlüsse auf der anderen Seite ... ein grösseres Projekt also. Während ich den Tag über den Flur blockiere, dort alle möglichen Geräte abbaue, Löcher in die Wand bohre (BOHR BLOSS KEIN KABEL AN!!!), neue Batteriekabel presse ... verteilt Marion ihre Mitbringsel, räumt Sachen ein, verbannt einige Kühlschrankbewohner von Bord, stapelt provokativ grosse Wäschestapel auf, die DRINGEND gewaschen werden müssten und verbreitet auch sonstwie eine gewisse Unordnung ... Zum Abend sieht das dann alles schon viel besser aus, keine Rucksäcke baumeln mehr im Cockpit rum, die Wäscheberge sind aus dem Sichtbereich verschwunden, die Schränke zu, ein paar Müllsäcke liegen im Schlauchboot ... und mein Inverter ist auch angebaut! Morgen geht`s da weiter. Aber jetzt erstmal ins Wasser und danach zur Marina-Bar. Toter Vogel und n` Feierabendbier!!!

Dienstag, 24.06.2014
Marion steckt wieder in den Schränken. Räumt Zeug raus, dann wieder rein, kriecht durch die Bilgen, verteilt überall Dosen, Schachteln, Tüten ... keine Ahnung, ob sie dabei irgendeinen Plan hat. Ich hab jedenfalls einen! Inverter, die Zweite! Ich hab aus Deutschland auch noch einen neuen mehrpoligen Umschalter mitgebracht. Mit dem alten konnte ich wahlweise zwischen Landstrom und Generator umschalten, jetzt habe ich auch noch einen Anschluss für den Inverter. Vorher mussten wir immer wenn wir 230V brauchten mit dem Gerät bis zum Flurschrank latschen, Inverter einschalten, Gerät dort einstöpseln oder vorher `ne Verlängerungsschnur nach draussen legen, weil ich zum Beispiel mit der Flex drin auf dem Flur nicht arbeiten darf. Na und, ging doch auch, findet Marion. Ja, war aber umständlich! Jetzt hat sie die 230V an jeder Steckdose. Wenn sie gerade auf`m Klo ist und sich überlegt, irgendwelches Gemüse mit dem Pürierstab zu zerhacken, hat sie da `ne Steckdose. In der Küche auch. Ist vielleicht das bessere Beispiel, im Klo hätte sie kein Gemüse. Hab ich jetzt jedenfalls alles umgebaut. Und das I-Tüpfelchen ist ein weiterer kleiner Schalter (hab ich mir bei Sven auf seiner MamAlu abgeguckt). Damit kann ich wahlweise zwischen dem 300W- und dem 1600W-Inverter umschalten. War ich den ganzen Tag mit beschäftigt. Wände abschrauben, Kabel verlegen, Ausschnitt für den Schalter in den Flurschrank sägen, Staub wegfegen lassen, mangels Schaltplan Umschalter zwecks Belegung durchmessen, alles anklemmen ... aber jetzt bin ich fertig. Marion druckt noch Beschriftungsstreifen und dann erkläre ich ihr stolz, wie alles funktioniert. Grosser Umschalter auf Inverter, den daneEtwas verwackelt - Schleudergang :)ben auf Inv.300W, dann den kleinen Inverter einschalten und schon hast du auf allen Steckdosen Strom. Vorher war das einfacher ... FRAUEN!!!!

Mittwoch, 25.06.2014
Gleich nach dem Frühstück erblickt die Waschmaschine wieder mal das Licht der Welt, heisst, mein liebster, stärkster, allerbester Reparateur wuchtet sie aus dem Motorraum ins Cockpit (seit einem Jahr steht sie da schon kaputt rum). Als wir in Deutschland waren, stand natürlich auch ein Besuch des deutschen Generalhändlers der kleinen Eunovia-Waschmaschinen auf dem Plan, der Firma A.Vierling in Rostock. Die haben ein grosses Herz für Segler! Nachdem wir die Gebrechen unseres Maschinchens geschildert haben, bekamen wir prompt einen gebrauchten Motor und Hauptplatine in die Hand gedrückt. NOCH MAL GROSSES DANKESCHÖN!!! Also bastel, bastel, bastel - aus zwei Motoren mach einen, Platine wechseln - bunnebake!! und ... Sie läuft wieder! Wäscht und heizt, spült und schleudert! Es ist ein Traum!!!! Sofort verstaue ich meine chinesischen, rosa gelben Waschschüsseln GANZ UNTEN in der Backskiste, herze und küsse meinen klugen Capitano, stopfe die erste Waschladung in die Trommel, schaue verträumt auf das Bullauge in der Tür, hinter dem, in duftig schaumigem, warmen Wasser, unsere Wäsche rotiert, ziehe die Leine zwischen den Wanten und lasse mich hin und wieder zu einem Freudentanz auf dem Vordeck hinreissen ... ;) SOOOO kann Mann Frau auch glücklich machen!

Donnerstag, 26.06.2014
Gestern stürzte sich mein Angebeteter noch mittels Lötkolben auf den Rechner des Autopiloten. Seitdem “wohnen” dort vier neue Mosfets auf der Platine. Dafür hat jetzt irgendein Widerstand ´ne Macke ... Trotzdem funktioniert´s ;) Da hat er ganz schön vor sich hingeschimpft beim Löten und sich sogar meine Lesebrille geborgt! - Heute hatte der grosse Meister dann aber ´ne Schaffenskrise. Am Rechner Karten spielend, Sudokus lösend, an ´nem alten Autoradio rumbasteln, in den Elektrokisten rumstöbern ... MANN braucht ja auch mal ´ne Pause, claro! Noch dazu ist es unerträglich heiss, 32°C unter Deck. Frau erfreut sich immer noch an der Waschmaschine :), nebenbei bastel ich auch am Rechner, “repariere” die Fotoseiten, gucke alle mitgebrachten USB-Sticks durch, schreibe e-mails ... und zum Abend gibt´s Gewitter. Aber so richtig! Man freut sich ja über jeden Windhauch der da kommt, aber es müssen doch nicht gleich 36kn sein! Wenigstens schaffen es da die Mücken nicht bis zur Mira :)

Freitag, 27.06.2014
Unter dem Mira-Bauch wohnt ein Barrakuda. Ungefähr 1m lang. Fühlt sich ganz wie zu Hause und lässt sich überhaupt nicht stören wenn man vorbei schwimmt. Maximal rückt er ´nen halben Meter zur Seite, fletscht die spitzen Zähne und guckt grimmig. Appetit auf uns hat er nicht, sind wohl zu knochig. Heute kommen noch zwei Tarpune vorbei, die haben zwar keine Zähne, sind aber grösser (können bis 2,80m und 160kg werden!) Beim Marina-Restaurant sind immer ein Dutzend von den Riesen, die auf Abfälle warten. Besonders lieben sie die Hühnerknochen, die sie mit einem Happs verschlingen. O.k., denen sind wir hoffentlich zu sperrig. Bei meiner morgendlichen Schwimmrunde (das Wasser ist vom Wind etwas trübe), versucht doch glatt einer bei mir “anzudocken”! Ich hab was Weiches, mal am Rücken, mal am Bein, am Bauch, am Arm, am Nacken, ... das find ich überhaupt nicht lustig, zumal ich den zudringlichen Typen nicht mal sehen kann! Vielleicht einer, der Parasiten abknabbert ... Hab ich Parasiten?!!! Quiekend, schimpfend, im Wasser rumplantschend rette ich mich auf die Badeplattform (mein Capitano war schon kurz vorm Reinspringen). Wir sehen beide noch einen Fisch, der sich dann auf den Grund sinken lässt. WAS WAR DAS DENN?! Voll gruselig! Ab morgen schwimm ich nur noch mit Shorty!! - Jetzt, wo sein Bordweib wieder in Sicherheit ist, kann der Käpt´n sich weiter seinem heutigen Bauprojekt widmen: unserem neuen Wellengenerator. Die technische Abhandlung überlasse ich dann mal dem Meister: >>>>> Echt geile Sache! Hatte ich bei Lukas auf seiner Caracolita gesehen. Neben der Propellerwelle schwenkbar einen kleinen Motor, der mittels Zahnriemen angetrieben wird und beim Segeln reichlich Strom liefert. Wenn er den Propeller denn nicht blockiert, sondern “mitlaufen” lässt. Macht er einfach je nach Bedarf. Und als wir Lukas und Monika jetzt in der Schweiz besucht haben, haben die uns nicht nur dick gefüttert und umhergeschleppt, sondern wir haben für uns auch so ein Teil gebastelt. Das heisst, Lukas hat gebastelt und ich Wellengeneratorassistiert. Die Halterung für den Servomotor hat Sven mir dann in Stralsund geschweisst, schön mit Überlänge, weil ich den genauen Abstand zwischen Aluwand und Welle nicht wusste, und Bohrlöchern alle 2cm. Brauch ich jetzt nur noch bei der exakt benötigten Länge abzuflexen und schon passt`s. Das letzte Bohrloch hat den richtigen Abstand, Sven! Halterung nach der Welle ausrichten, Löcher bohren und an die Wand anschrauben. Daran wird dann schwenkbar der Servomotor mit kleinem Zahnriemenrad befestigt. Auf die Welle kommt das Grosse. Das hatte Lukas durchgesägt und mit Gewindebohrungen versehen. Hab ich also zwei Hälften, die ich auf der Welle zusammenschrauben kann. Mit dem Zahnriemen ist das schon etwas komplizierter. Lukas hatte zehn Zähne mit einem 1mm-Bohrer längs durchgebohrt. Dann den Riemen auf dem Ende (von oben gesehen) trapezförmig aufgetrennt. Brauch ich ihn in der Theorie jetzt nur noch um die Welle herum wieder zusammenzufügen, zehn 1mm-Bohrer seitlich durch die vorgebohrten Löcher schieben und schon ist er wieder ganz. Dauert in der Praxis über `ne Stunde diese kleinen fipsligen Bohrer mit `ner Zange in die Löcher zu drehen, ohne dass sie dabei abbrechen! Akkubohrmaschine wäre jetzt gut gewesen ... Dann noch mittels kleinem Wantenspanner eine Spannvorrichtung für den Servomotor anbringen und schon ist der Wellengenerator fertig. Na ja, fast. Jetzt fehlt nur noch die Elektronik, sprich der Laderegler. Sowas kauft Tüftler Lukas natürlich auch nicht von der Stange, sondern entwickelt es selbst. Und die war bis zu unserem Abflug leider noch nicht fertig. Das heisst, in der Theorie schon, bloss die zu ätzende Leiterplatte lag noch in irgendeiner Elektronikbude rum ... Die will er uns nachschicken. Bloss wohin????

Sonnabend, 28.06.2014
Es gibt immer noch kein Gemüse, geschweige denn Eier oder Brot im Mercado. Unsere unauffällige Frage im Marina-Restaurant bringt nichts, da liegen auch nur noch Käse und Schinken (der eigentlich Wurst ist) auf der Pizza. Keine Spur von Tomate und Co. Wir gehen zum x-ten Mal zu Ernesto vom Zoll, der schon seit Tagen versucht, den Ober-Aduana-Mann in Cienfuegos telefonisch zu erreichen. Also gibt es auch in Sachen “beschlagnahmter” Elektronik von Marlin-Micha nichts Neues. Da kann man sich nur noch einen Korbsessel vor der Marina-Bar in den Schatten zotteln, ein kaltes Cristal bestellen und eben weiter warten ...

 

Sonntag, 29.06.2014
Ist bei uns so üblich, Sonntag = Chaos-Tag. Im Boot steht alles hochkant, liegt kreuz und quer: der Käpt´n räumt auf ;) Ich versuche, mich weitestgehend unsichtbar zu machen, verkrümle mich mit meinen Nähsachen und Rechner ins Cockpit ... aber auch da holt uns das Chaos in Form dieses Mannes ein ... Er hat eine seiner grossen Elektrobastelkisten raus geschleppt und räumt auf. Heisst, er verbreitet seine ganze Möl im Cockpit und sortiert aus. Da, die alten LEDs, die brauchen wir nicht mehr! Schon landen die Dinger in einem Müllsack. Die können wir doch lieber mal einem Segler schenken, der noch keine LED-Lampen hat, versuche ich zu bremsen. Hier sind keine anderen Segler!!! Oh, ich hab DOCH noch Lötzinn, freut er sich als nächstes. Guck mal, wir hätten sogar noch einen Hauptschalter gehabt, hält er mir stolz irgendeinen Schalter vor die Nase. Meinen Rechner kann ich getrost zuklappen, dabei kann sich kein Mensch konzentrieren. Ich glaub`s nicht, wir fahren echt 25 Sicherungsautomaten spazieren; davon ist noch nie einer kaputt gegangen - schon landet die Hälfte im Müllsack. Und diese blöden Lampen, die hab ich seit sechs Jahren nicht angebaut, die können auch weg. Ich kann gerade noch die schönen Leselampen vorm Flug in den Sack retten, dann schnapp ich mir mein Nähzeug und zieh in den Salon. Da ist´s zwar pottenheiss, aber ich hab wenigstens Ruhe ...

Montag, 30.06.2014
Beschlossene Sache: wir fahren zur Isla de la Juventud. Obst und Gemüse kaufen. Schnelles Frühstück, Bootspapiere greifen, ins Dingi springen, zur Marina heizen ... und mal wieder vor verschlossenen Türen stehen. “Ach Sch...”, könnte einem da entfahren, aber wir haben ja schon Südamerikaerfahrung, also “tranquillo!” Zoll und Mercado sind zu, gehen wir eben zur Panaderia, vielleicht können wir da wenigstens ein Brot auftreiben. “No hay pan!” meint der “charmante” Amigo dort und ignoriert uns anschliessend gekonnt. In der Ruhe liegt die Kraft! Und ausserdem steht im Eck ein winziger Fernseher, in dem grad ein Fussball-WM-Spiel läuft ;) Zur Halbzeit können wir ihn dazu bewegen, uns zwei kalte Getränke und ein Hotdog zu bringen, ... am Spielende versuchen wir es noch mal mit den Brötchen und wahrhaftig, er bemüht sich in den Nebenraum und bringt uns ganze 8 Stück! Um unser Glück zu vollkommnen, taucht plötzlich der Mercado-Mann auf und verkündet stolz, dass für uns 2 Dutzend Eier angekommen sind. Er wäre aber erst in einer halben Stunde wieder im Laden. “No problem!”, strahlen wir. Gehen wir eben erst zu Ernesto, der wirklich in seinem kleinen Zoll-Kabüffchen sitzt. Über ihm rennt ein grosser Ventilator (erinnert stark an die Propeller einer Antonow ;) und die Tür des Kühlschrankes ihm gegenüber ist sperrangelweit geöffnet - Klimaanlage eben :) Der Papierkram ist schnell erledigt, ich helfe ihm, die Zettel festzuhalten, die ansonsten bestimmt vom Ventilator angesaugt und geschreddert werden würden. Aus Cienfuegos gibt´s immer noch nichts Neues, die Senores dort scheinen stark beschäftigt und sind nicht einmal mehr telefonisch zu erreichen... Die Mercado-Tür ist immer noch zu, also erstmal ein Cristal an der Bar. Warten ... Dort spricht uns Gustavo zwecks Gemüse an. Spricht sich halt rum, wenn zwei Gringos ständig nach Verdura rumfragen ... Schnell schreib ich einen neuen Wunschzettel, bis 17 Uhr will er alles bringen. Mein Capitano hält die Stellung, ich noch mal zum Mercado und stehe wieder vor verschlossener Tür. Tief Luft holen, tranquillo :) Im Marina-Office treibe ich einen jungen Mann auf, der derzeit die Schlüsselgewalt für den kleinen Laden hat. Im Gänsemarsch zurück, er zur Hintertür rein, ich komme offiziell durch die NUN OFFENE Ladentür. “Quando huevos quieres?” “24”. Und genau so viele gibt es auch nur :) Der Preis ist heiss und ich trage stolz meine gekühlte Beute durch die Hitze. Da kann mein Capitano ruhig mal staunen :) - Gustavo macht dann den Tag perfekt, als er einen grossen Sack mit Obst und Gemüse heranschleppt. Sieht supergut aus, schnuppert und hat ´n prima Preis. Muss allerdings auch nicht jeder mitkriegen, ... Zum Losfahren ist´s inzwischen eh zu spät, ordern wir uns eben eine Pizza, auf der heute, Dank Gustavo, auch wieder Tomaten und Paprika zu finden sind, machen es uns in den Korbsesseln bequem, plocken noch ein Döschen auf und warten auf deWie in ner riesigen Badewannen Sonnenuntergang. Fahren wir eben manana ...

Dienstag, 01.07.2014
Mist! Wieder genau das selbe Gedröhne und Gerassel beim Einkuppeln und langsamer Fahrt. Dabei ist der Propeller jetzt blitzblank! Bei schneller Fahrt dann wieder alles o.k. Fahren wir eben schnell. Erstmal zu den vorgelagerten Riffen bei der Einfahrt zu Cayo Largo, Fische erschrecken. Kurz vor den Korallenbänken schmeissen wir den Anker wieder raus, hüpfen ins Schlauchboot und machen uns an einer der Mooringbojen fest. Flossen an die Paddel, Brille auf und schon versinken wir in der bunten Unterwasserwelt. Umzingelt von Fischschwärmen aller Grössen und Farben, zwischen Fächer-, Hirn- und sonstigen Korallen, lassen wir uns bei Badewannentemperaturen `ne Stunde gemütlich durchs Wasser treiben. Geil! Irgendwann ist uns das Fische anglotzen dann aber doch zu langweilig, wir zotteln unser Schlauchboot hinten fest, ich ärgere mich wieder über die “hakelige” Schaltbox und das Gerassel beim Einkuppeln. Und überhaupt, lässt sich der Gashebel `ne Vierteldrehung nach vorn und zurück bewegen, ohne dass irgendwas passiert. Ordentlich Gas geben, dann ist wieder alles so wie`s muss. Das Ding muss ich zerlegen! Am besten gleich! Schmeissen wir vor Cayo Rico den Anker also wieder runter, Frau springt zwecks Abkühlung ins Wasser und ich an meine Werkzeugkiste. Stunde später liegt die Schaltbox in Einzelteilen vor mir und ich bin wieder ein Stückchen schlauer. Ich weiss jetzt, warum das Ding so blöd schaltet: an der eigentlichen Schalteinheit ist ein Zapfen mit Zahnung, wo der Schalthebel aufgesetzt wirdHeute mal die Schaltbox. Der hat dafür eine Bohrung mit adäquater Zahnung. Zumindest wenn er neu ist. Unser ist schon etwas zahnlos. Geht bei Schalthebeln wohl etwas schneller als beim Menschen. Kann ich an dem Teil natürlich erstmal `ne Weile drehen, bis sich doch noch so`n paar Zähnchen “verhaken” und die Kraft übertragen, sprich ein Gang eingekuppelt und Gas gegeben wird. Mein Werkzeugbedarf ist gerade grösser geworden, Bordfrau reicht mir gehorsam die angeforderten Teile, um zu verhindern, dass ihr nassgeschwitzter Monteur mit seinen fettigen Fingern unter Deck rumwühlt ... Jetzt kommt der Feinmechaniker-Part: mit der grossen Bohrmaschine freihändig ein Löchlein in den Zapfen der Schalteinheit bohren. Bloss nicht zu tief (um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen, ist das Ding auch noch hohl). Klappt aber irgendwie, den Schalthebel probeweise wieder rauf und jetzt passt die Madenschraube, die ihn eigentlich nur am Abrutschen hindern soll, genau in das Bohrloch. Perfekter Kraftschluss! Der Rest ist einfach, alles ordentlich ölen und fetten, wieder zusammensetzen, noch mal auseinandernehmen weil zu blöd, den Bowdenzug auf der richtigen Seite einzuhängen, dann noch mal, weil erst der andere Bowdenzug hätte eingebaut werden müssen ... irgendwann passt aber alles, die Schaltbox kann zugeschraubt werden, Hebel aufsetzen, Madenschraube festziehen und mit stolzgeschwellter Brust demonstriere ich Marion, wie geschmeidig sich jetzt die Gänge einlegen lassen. Das bringt bewundernde Blicke! :) Und während ich zwecks “Entfettungsbad” fröhlich im Wasser plansche, kann ich hören, wie sie, leise vor sich hintoddernd versucht, die Öl- und Fettflecken von den Cockpitsitzen zu schrubben ...

Mittwoch, 02.07.2014
Cayo Rosario. waren wir Wandern zur Mittagszeit - cool!ja schon öfter, aber noch nie auf der Ostseite der Insel. Das ist die mit den herrlichen langen Sandstränden. Ging sonst immer nicht, weil man dort, bei den vorherrschenden Ostwinden ungeschützt liegt. Aber heute ist es windstill! Dazu knackiger Sonnenschein, will ich natürlich gleich zum Strand rüber und wandern. ES SIND VIERUNDDREISSIG GRAD IM SCHATTEN!!! - versucht Marion sich zu drücken. Na und, wir müssen ja nicht im Schatten wandern. Damit krieg ich sie rum. Mit Strohhut, Kamera und Saftflasche bewaffnet düsen wir zum Strand und wandern los. Sonne! Sand! Überall! Eine Stunde nach links und zurück, dann nach rechts. Auch Sand. Irgendwie auch nicht kühler. Jede Menge vor sich hindösender Leguane - die sind bei der Hitze selbst zum Wegrennen zu faul, ab und zu ein Rochen im flachen Wasser, das Spannenste ist noch eine angespülte Boje. O.k., noch bis zu der Palme, dann reichts! Schleppen wir uns also noch bis zur Palme, Marion blickt herausfordernd zu den Nüssen nach oben und ich Blödmann überlege tatsächlich, da noch hochzuklettern. Vermutlich wäre ich auf halbem Weg nach oben eingetrocknet und mit der Bemerkung, dass wir ja Saft mithaben, bewahrt Marion mich davor, meinen Lebensabend als Mumie am Stamm klebend zu verbringen. Ich gebe es zu: das mit der Strandwanderung war `ne blöde Idee! Und sie war von mir. Da hat Marion eine viel bessere. Zurück am Boot schmeissen wir das Schnorchelzeug ins Schlauchbbot, tuckern zu einer Korallenbank in der Nähe und werfen uns ins Wasser. Fische anglotzen! Und Schildkröten, Korallen .... Die 31°C Wassertemperatur kühlen so angenehm ab.

Donnerstag, 03.07.2014
Wir haben uns weiterbewegt! Jetzt nicht so weit, gute 20sm. Haben wir den ganzen Tag mit zugebracht. 20sm in knapp sieben Stunden! Muss ich echt mal den Taschenrechner bemühen, um die rasante Durchschnittsgeschwindigkeit von 2,9kn auszurechnen. Peinlich! Micha hatte heute früh stolz von ihrem gestrigen 200sm-Etmal berichtet - äh, wir wären bei unserer Geschwindigkeit auf knappe 70 gekommen. Unser Dampfer kann auch nicht mehr so schnell. Lauter neue Gebrechen. Gestern war ich noch happy, weil ich dachte, das Problem mit den Wellengeräuschen wäre gelöst, heute früh beim Ankeraufgehen die selben Geräusche. Scheinbar doch das Wellenlager. Dann kommt Marion mit der Nachricht, dass das Ruderlager wieder Spiel hat. Keine Ahnung, was sie da unter den Betten zu suchen hatte, aber sie hat recht. Und was noch viel schlimmer ist, die drehbare Halterung des Hydraulikzylinders der Steuerung hat auch Spiel. Das hab ich ihr noch gar nicht gesagt. Ihr reichen schon die Sachen, die sie weiss. Der Monitor vom Navi-Rechner flackert permanent und ist kurz davor, den Geist aufzugeben, die UKW-Funke hat das bereits getan. Es gibt aber auch positive Nachrichten: eine neue UKW-Funke liegt immerhin schon da. Danke Sven! Muss nur noch eingebaut werden. Morgen. Oder doch erst später. Morgen nehm ich mir erstmal den Hydraulikzylinder vor. Und jetzt das Feierabendbier. Hab ich mir echt verdient. Nach DER Überfahrt!

Freitag, 04.07.2014
Haben mal wieder richtig gut geschlafen heut Nacht. Keine ätzige Welle, die die Mira im Quadrat springen lässt, keine Mosquitos, dafür ein bisschen Wind und die geschwätzigen Vögel der Isla Tablones haben auch ziemlich lange ihren Schnabel gehalten. Gleich nach dem Frühstück nehme ich mir den Hydraulikzylinder vor. Genauer gesagt, dessen Halterung. Zwei aufeinandergeschraubte metallenen Halbschalen mit jeweils eingefräster breiter Nut. Darin befinden sich zwei Kunststofflager, die das kugelförmige Endstück des Zylinders aufnehmen. Somit ist der leicht drehbar gelagert, kann aber nicht vor und zurück. Zumindest, solange die Kunststofflagerbuchsen kein Spiel haben. Aber so nach zig-tausend Meilen sind die dann halt ein wenig “abgenutzt” und müssen ausgetauscht werden. Geht man eben in den gut sortierten Fachhandel und holt sich zwei neue, oder, wer nicht soweit latschen will, klickt solange im Internet rum, bis er einen Händler findet, der ihm die Teile nach Hause schickt. Auf einer kubanischen Insel sieht das mit Internet und Fachhandel aber eher schlecht aus. Ist man halt blöd dran. Es sei denn, man hat eine Bierdose :) Vorzugsweise, die leergetrunkene vom Vorabend. Daraus schneidet der kreative Hobbyfeinmechaniker sich 2cm breite Streifen, die genau in die gefräste Nut passen. Darauf die Kunststofflager, alles schön mit Fett vollschmieren, Hydraulikzylinder rein und wieder zusammenschrauben. Passt perfekt. Zylinder sitzt wieder stramm in seinen Lagerbuchsen, Frau ist beeindruckt und ich habe jetzt eine unschlagbare Argumentationshilfe, wenn ich mal wieder in den Tiefen des Kühlschranks nach `nem Bier angele und Bordfrau die Stirn runzelt:Landfall auf Cayo Campos “... das trink ich doch nur, falls wir wieder `ne leere Dose brauchen :)” - Super Segelwind, wir wollen nach Cayo Campos. Während ich mich mit anspruchsvollen Segelmanövern (Segel ausrollen und anschliessend Däumchen drehen) beschäftige, schafft Marion es mittels Brotbacken, das Wohlfühlklima unter Deck auf angenehme 35,2°C zu puschen. Der Kanal an Cayo Campos längs erfordert noch mal die volle Aufmerksamkeit des Skippers, aber dann fällt der Anker im Lee der Insel. Das macht er noch zwei weitere Male, bevor wir endlich eine Stelle finden, wo er auch hält. Perfektes Plätzchen. Vor uns ein kleiner Strand, Palmen wiegen im Wind, Seevögel krakeelen, türkisblaues Wasser und davor brechen die Wellen überm Riff. Landgang! Natürlich wieder pottenheiss, aber weit führt der Weg eh nicht. Grosse Lichtung, Palmen, Strand, kleines Häuschen, darin hocken zwei Companeros vorm Fernseher und gucken Fussball. Hocken wir uns natürlich dazu. Sie würden uns ja gerne einen Kaffee anbieten, haben sie aber nicht mehr. Kein Problem, bringen wir euch morgen mit. Rum haben sie auch nicht mehr. Gibt`s auch morgen. Vier Leute arbeiten hier für jeweils einen Monat auf der biologischen Station. Zwei sind gerade im “Centro”, dem Fischerstützpunkt vor der Insel. Zum “Haushalt” gehören noch zwei Schweine mit jeweils acht klitzekleinen Ferkeln, die stolpernd und übereinander kletternd immer wieder versPutzig, die Ferkel! Ob wir eins mit an Bord nehmen? Da gäbe es verschiedene Gründe ;)uchen, bei einer der beiden Mütter ein Plätzchen zum Nuckeln zu finden, und ein kleiner Leguan, der an `ner Leine unter einem Bett wohnt. Seine grösseren Brüder dösen draussen in der Sonne vor sich hin, ab und zu tauchen Affen auf. Und Krokodile gibt´s hier auch. Die kommen aber nur nachts an den Strand. Manchmal. Beruhigendes Gefühl. Wandern können wir auf der Insel auch. Toll! Machen wir. Aber erst morgen. Jetzt haben wir Hunger! Kaum sind wir mit unserem Abendessen auf der Mira fertig, kommt auch schon ein Bötchen angetuckert. War ja irgendwie zu erwarten. Drei Leutchens von der Station, der “Jeffe” ist zum Kochen dageblieben. Rück ich natürlich ein Fläschchen Rum raus. Das reicht nicht lange. Bootsbesichtigung, fachsimpeln, Zigaretten tauschen, neue Flasche ... nur der spätabendliche Mosquitoeinfall verhindert, dass die Jungs mir sämtliche Rumvorräte wegtrinken, ich verabrede mich für morgen früh zum Speerfischen, hinterher Fussballgucken und Mittag gibts dann auch bei ihnen. Mit dem Rest der Flasche und den Zigaretten für den Jeffe springen sie fluchtartig in ihr Bötchen und wir verkrümeln uns auch unter Deck. Da ist es zwar pottenwarm, aber mückenfrei!

Sonnabend, 05.07.2014
Angenehme Überraschung, Kubaner sind nicht wie Brasilianer. Wenn man sich mit ihnen für den nächsten Tag verabredet, meinen die das auch so. Als ich mit Schnorchelzeug und Harpune um neun zum Camp düse, warten Pedro und Julio schon am Holzsteg. Mist, hab den Kaffee vergessen. Also noch mal zurück, Packung Kaffee greifen und ... dann können wir immer noch nicht los, weil erstmal alle einen schönen venezolanischen Kaffee trinken müssen. Aber jetzt! Pedro kennt die besten Plätze, tuckern wir also da hin. Mit Brille und Harpune lassen wir uns ins Wasser plumpsen und paddeln immer schön die Korallenbänke an der Riffinnenseite lang. Fische ohne Ende, Schildkröten, eine riesige grüne Muräne ... plötzlich taucht Pedro ab und hat wenig später einen schönen Zackenbarsch an der Harpune zappeln. Jetzt fühl ich mich natürlich herausgefordert. Und da sehe ich ein paar Korallenblöcke später auch einen. Zack, (deshalb sicher der Name ;) verschwindet er wieder in einer Felshöhle. Vielleicht in 5m Tiefe, kein Problem - runtertauchen und mit der Harpune vor der Felsspalte lauern. Irgendwann kommt der schon wieder raus! Hält der da unten natürlich länger durch als ich, aber als ich das dritte mal abtauche, macht er einen strategischen Fehler. Er steckt den Kopf ein Stückchen raus. So`n Zackenbarsch ist ja auch neugierig. Falls er das Erlebte geistig noch verarbeiten konnte, hat er sich bestimmt gedacht - blöde Idee, gerade jetzt rauszugucken - aber seinen eventuellen Nachkommen kann er diese Lebenserfahrung nicht mehr weitergeben. Die Harpune sitzt perfekt! Was für ein Brocken! Sieht Pedro seiner richtig mickrig aus, wie er jetzt so neben meinem an der Tauchboje hängt :-) So`n halbes Stündchen schnorcheln wir noch weiter, aber die Messlatte hängt jetzt einfach zu hoch. Was uns Fast die ganze Affenbandejetzt noch begegnet fällt unter die Kategorie “zu mickrig” und darf weiterschwimmen. Wir haben auch so genug Fisch für ein Dutzend Leute und ausserdem fängt gleich Fussball an. Stolz die Beute am Camp abliefern, Marion von der Mira einsammeln, die inzwischen noch ein Brot für die Jungs gebacken hat, Rum nicht vergessen und schon hocken wir alle auf klapprigen Holzstühlen vorm Fernseher. Die Fussballer kämpfen auf dem Rasen, wir mit dem Lobster und die Companeros nebenbei auch noch mit dem Rum. Belgien fliegt raus, der Rum ist fast alle - wir machen erstmal `ne Wanderung. Immer den Weg lang, bis zu `ner grossen Palme, dann sollen wir nach rechts zum Strand. Überall Palmen, wir finden den Strand trotzdem - grosse Überraschung, alles voller Sand, pottenheiss, Barrakudas und Rochen dösen im seichten Wasser vor sich hin, Leguane lassen sich am Strand rösten, ein frisches Schildkrötengelege, Affen, ... ich springe ins Wasser, Marion stöhnt über die Hitze - Rückweg! Das zweite Spiel fängt bestimmt bald an. Eine Sau liegt im Schatten einer Palme im Wassertrog, Papa Noel kocht schon wieder, der Rum ist alle und Marion mag keinen Fussball mehr gucken. Sie will baden, duschen, was Kaltes trinken, dann wieder baden, noch mal trinken ... Als Fussballfan taugt sie heute nicht so richtig :-) Bring ich sie also schnell zum Boot, schmuggel unauffällig ein Fläschchen raus und dann hocken wir in gemütlicher Männerrunde, jeder ein Gläschen vor sich und feuern begeistert Costa Rica an, das nach spannendem Spiel, Verlängerung und Elfmeterschiessen am Ende doch gegen Holland verliert. Papa Noel und Julio müssen noch mal zur Fischereistation und wollen vorher noch bei Marion zwei Töpfe Essen abgeben. Hat er extra für uns gekocht. Damit wir nicht verhungern, wenn wir weiterfahren. Und bestimmt glaubt er mir auch nicht, dass unser Rum alle ist... Wir anderen labern noch so`n bisschen vor uns hin und irgendwann gegen Sonnenuntergang finde ich dann auch endlich den Weg zum Schlauchboot, kriege noch ein recht passables Anlegemanöver an der Mira hin, wo ich schon sehnsüchtig von meinem “runtergekühlten” und frisch geduschtem Weibchen erwartet werde. “Puh, du hast `ne Fahne!”

 

Sonntag, 06.07.2014
Wir sind gerade aus der Koje ins Cockpit geklettert, da tuckern schon Pedro und Julio zu uns rüber. Sie wollen jetzt fischen. Jo. Um die Uhrzeit bin ich noch nicht so gesprächig. Versuchen sie es `ne Stunde später noch mal. Wir sollen unbedingt auf dem Rückweg von der Isla Juventud wieder bei ihnen vorbeikommen, dann können wir wieder speerfischen, Lobster haben sie auch noch für uns, wir könnten die Endspiele zusammen gucken ... Wie toll es wäre, wenn wir dazu ein bisschen Rum mitbringen würden, erwähnen sie natürlich nicht :) Claro! Anker hoch und dann lassen wir uns erstmal ein paar Stunden vom Stinkediesel zudröWhow!hnen. Null Wind! Aber immerhin Delfine. Und weil wir keine Lust haben, irgendwelchen Beamten den gemütlichen Sonntagnachmittag mit dem Ausfüllen diverser Formulare zu vermiesen, schmeissen wir kurz vorm Ziel in der Bucht hinter Punta Bibijagua (toller Name!) den Anker ins trübe, schwarze Wasser. Vor uns grosse Berge, zu deren Füssen steht ein riesiges gelbes Gebäude mit diversen Türmen. Sieht aus wie `ne Hotelanlage. Durchs Fernglas dann nicht mehr, irgendwie zu abgeschossen. Dauert `ne Weile bis der Groschen fällt, ah, das ist das Alcatraz Cubas. Der alter Knast, in dem auch Fidel einige Zeit zubringen durfte, nachdem es mit seiner ersten Revolution nicht so ganz geklappt hatte. Ansonsten ist die Bucht herrlich ruhig, rundherum grün, nur der Spass am Baden hält sich in Grenzen. Ist irgendwie doch angenehmer, wenn man sieht wer alles so unter einem schwimmt. Viel Zeit zum Rumtoben im Wasser hab ich eh nicht, ich hab einen Friseurtermin. Auf der Badeplattform. Nackte Friseuse! Da ist es doch völlig egal, wie die Frisur hinterher aussieht :) Die wird auch nicht so doll, der Akku vom Haarschneider reicht nur für eine Seite. Für den futuristischen Haarschnitt revanchiere ich mich dann mit einem leckeren Abendmahl: Languste an Paprika und Knoblauch im Gemüsereisbett! Aber das Beste kommt zum Schluss: als wir gerade so mit rundem Bäuchlein und Feierabendbier im Cockpit hocken, schiebt sich mit einmal eine dicke schwarze Wolkenfront auf uns zu. Wind kommt auf, noch mehr Wind ... ganz viel Wind - ich kann gerade noch das Schlauchboot hochziehen, wir retten auch sonst schnell alles was flugfähig ist oder werden könnte ... währenddessen schiebt sich aus einer Wolke so`n Zipfel nach unten ... der wird immer länger und länger - gespannt starren wir hin bis er schliesslich bis zum Wasser herunterreicht. Eine Wasserhose! Und was für ein riesiges Ding! Kommt natürlich genau auf uns zu! Hat Marion sofort das Fachbuch für den Hobbymetereologen in der Hand. Ich wusste nicht mal, dass wir sowas haben. Windgeschwindigkeiten bis 200 km/h, Segelboote sollten ihnen unbedingt ausweichen ... Wohin denn???!!! Wir sind in `ner Bucht, ringsum Land und das Monster genau davor. Hat die Wasserhose sich dann wohl auch gedacht ... arme Segler, können nirgendwohin ... und dreht verständnisvoll zur Seite ab. Augenblicke später hat sie sich dann ganz aufgelöst. Irgendwie nett, so ´ne Wasserhose :)

Montag, 07.07.2014
Damit ich die Inselschönheiten mit meinem avantgardistischem Haarschnitt nicht völlig aus dem Häuschen bringe, muss ich noch mal auf die Badeplattform. Diesmal mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad: das Schlauchboot hängt im Weg. Sieht etwas abenteuerlich aus meint die Friseuse, als sie kritisch das Ergebnis betrachtet und schiebt das auf die miserablen Arbeitsbedingungen. Mir ist das zum Glück egal, wir zotteln den Anker aus dem Schlick, rollen die Genua aus und lassen uns gemütlich bis zur Einfahrt von Nueva Gerona treiben, bevor wir den Stinkediesel wieder anschmeissen, um Mal wieder in ´nem Fluss - Nueva Geronadas kleine Flüsschen hoch zu motoren. Nicht gerade spannend. Rostige Kräne, rostige Fischerboote, Schlepper, rostige Container, kaum mal Menschen zu sehen, dafür am anderen Ufer Natur pur, Palmen, Bananenstauden, Mangroven bis ans Wasser, das mittlerweile eine schwarzbraune Brühe geworden ist. Da unsere Funke ja nicht funktioniert, erfragen wir uns einen Liegeplatz mittels der althergebrachten “zum-Ufer-rüberbrüll-Methode”. Klappt auch. Gleich hinter der grossen Ferry, sollen wir uns an der, mit dicken Treckerreifen behängten Betonmauer festmachen. Wir haben die Leinen kaum dran, da stehen auch schon drei “Weisshemden” mit Schulterstücken und Aktentasche vor uns. Da Nueva Gerona ein reiner Industrie- und Fährhafen ist, waren wir schon gewarnt worden, dass Segelboote bei den Behörden nicht gern gesehen sind. Grinsen wir also besonders nett und drücken erstmal jedem ein Glas kalten Orangensaft in die Hand. Eingehend werden unsere Papiere studiert und akribisch jeder Ankerplatz zwischen Cayo Lago und hier notiert. Auf Cayo Campos auch? wird der Jeffe munter, wart ihr dort auch an Land? Das ist doch verboten, antworten wir mit breitem Grinsen. Na ja, je nachdem, grinst er jetzt auch. Was wir in Nueva Gerona wollen? Die Frage ist einfach, Obst und Gemüse kaufen. Gut, dafür braucht ihr einen Tag, den könnt ihr bleiben! Jetzt ist Verhandlungsgeschick gefragt. Wir haben aber einen Notfall. Guckt er mich fragend an. Morgen ist Fussball!!! Das leuchtet dem Jeffe ein. Stimmt, Deutschland gegen Brasilien - gut, also zwei Tage! Aber Brasilien gewinnt sowieso. 2:0! Neeee, Deutschland gewinnt 3:1, weiss ich es besser und dann spielt auch noch Argentinien und wBerge hat´s hier auch, sogar aus Marmorir haben viele Freunde dort. Das müssen wir auch sehen. Jetzt lacht der Jeffe, wenn Deutschland wirklich drei Tore schiesst, dürft ihr auch noch den dritten Tag bleiben ... und klatscht seinen Stempel auf unser Permit. Landgang. Ein langweiliges Provinznest meint unser Mini-Reiseführer zu Nueva Gerona, wir hätten das ein bisschen netter formuliert. Alles schön quadratisch angelegt, die Häuser könnten mal wieder etwas Farbe vertragen, Trecker rumpeln über die staubigen Strassen, Fahrräder kurven bimmelnd an uns vorbei, Pferdekutscher bieten ihren Taxidienst an und ab und zu grummelt ein Uralt-Amischlitten über den Asphalt. Soooo schlimm ist es nun auch nicht. Es gibt sogar einen kleinen Park, einen Marktplatz mit noch kleinerer Kirche und eine fast komplett restaurierte Einkaufsstrasse. Wir schlendern durch die halbe Stadt, essen in einem der vielen kleinen Privat-Imbisse ´ne Pizza, tauschen uns ein paar Peso Nacionales ein, erstehen in einer Panaderia ein Brot, Marion hat mal wieder einen zotteligen Hund als Begleiter, wir finden in einem dunklen Mercado frische Eier, kaufen von einer Omi Avocados aus ihrem Garten, wissen, wo wir morgen Gemüse kaufen können, nur eins finden wir nicht: eine nette kleine Kneipe mit Fernseher, in der wir morgen das Fussballspiel gucken können! Dafür stehen vor unserem Boot zehn Uniformierte stramm. Nicht wegen uns, Appell! Ihr Jeffe hält eine knackige Ansprache, alle dürfen sich zur Begutachtung drehen und dann zur Nachtschicht im Hafen ausschwärmen. Das mach ich auch. Ganz vorne liegt noch ein Segelboot mit türkischer Flagge. Da muss ich unbedingt mal kurz Hallo sagen. Dauert bis weit nach Mitternacht ... :)

 

Dienstag, 08.07.2014Shoppen ist echt anstrengend ...
Kein Kopf-Aua, Nezihk`s Rum muss gut gewesen sein. Zum Glück, Marion hätte mich garantiert nicht bedauert und gepflegt. Wir ziehen los auf Obst- und Genüsejagd. Es gibt einen Gemüsemarkt mit eher dürftigem Angebot, aber den entscheidenden Tipp hatten wir schon gestern bekommen: in der Calle 43 stehen viele ambulante Händler. Die lungern da tatsächlich rum, haben meist auch nicht viel auf ihrem Wägelchen, aber nachdem wir sie alle “abgegrast” haben, ist unser Hackenporsche schon bedeutend schwerer. Muss Bordfrau einfach umdisponieren. Mehr Paprika statt Tomaten, Kürbis statt Papaya ... ach ne, die finden wir dann auch noch. Grosse Zwiebeln, kleine, ganz kleiner Knoblauch, davon eben viel, Bananen, Mangos, Bohnen, Grünzeug, das mir als Spinat verkauft wurde, Gurken, Avocados, ... wir zotteln mit dem Wägelchen weiter durch die Stadt, trinken frischgepressten Guavensaft, essen `ne Minipizza und werden diesmal schon mit Küsschen begrüsst, immer wieder halten Leute ein Schwätzchen mit uns, keiner nervt weil er Dollars für irgendwas braucht ... von wegen langweiliges Provinzkaff, das Städtchen ist halt gemütlich. Was ihm fehlt ist ´ne Kneipe! Mit Fernseher drin. Die haben wir nämlich immer noch nicht gefunden. Bisschen Zeit haben wir ja noch, wir schleppen erstmal unsere Beute auf`s Boot und laden Nezihk zum Kaffee ein. Türkischen! Na ja, bei uns nennt man den bloss so, ist in Wirklichkeit venezolanischer, den wir in `ne Tasse streuen, heisses Wasser drauf kippen und fertig! Muss man eben vorsichtig trinken, dann hat man die Krümel auch nicht im Mund. Und dann kommt noch eine Segelyacht rein. Käpt`n Gerhard mit zwei Freunden, eigentlich auf dem Weg nach Cienfuegos, sind sie extra wegen Fussball hierher abgebogen. Mein Stichwort. Düse ich noch mal ins Städtchen zwecks Fernseher und diesmal werde ich fündig. Die netten Leutchen vom Hotel “La Cubana” schleppen extra für uns einen Bildschirm auf die Gartenterrasse und versprechen auch genügend gekühlte Dosen zu haben. Schnell zurück zum Hafen, alle einsammeln und als wir uns dann auf den Gartenstühlen fallen lassen, haben wir auch schon das erste Tor verpasst. Nicht so schlimm, fällt gleich noch eins. Riesenjubel der kleinen deutschen “Gemeinde”, Bierdosen werden in die Luft gehalten, PROOOOST! Dann fällt schon wieder eins, dann noch eins ... langsam wird das irgendwie peinlich. Die Brasilianer stolpern völlig orientierungslos über den Rasen, sind die bekifft oder bestochen???? Noch ein Tor, die Handvoll Cubaner, die sich mittlerweile zu uns gesellt haben starren ungläubig auf die Anzeige ... Boah! Jaja, die Deutschen sind schon die allerbesten Fussballer, lassen sie uns mit Kennermine wissen! Eigentlich nicht, die Brasilianer spielen grad einfach nur peinlich. Mittlerweile jubeln wir nicht mehr wenn ein weiteres Tor fällt, die Brasilianer tun uns einfach nur leid, Bierdosen stapeln sich auf dem Tisch und auch das Ehrentor in der letzten Minute rettet nichts mehr. In Brasilien werden wir uns auf dem Weg nach Argentinien wohl lieber nicht sehen lassen

Mittwoch, 09.07.2014
Nezihk will uns zeigen wie man richtigen türkischen Kaffee macht. Na ja, die Tassen sind halt kleiner. NEIN, der schmeckt lecker! Und so gestärkt, geht`s auf den nächsten Beutezug. Für den ausgeglichenen Vitaminhaushalt braucht man nämlich noch Ananas! Und wir wissen wo`s die gibt! Von der Calle 43 Richtung Poliklinik abbiegen, dann zwei, drei Quadras - wir fragen lieber noch mal. Poliklinik ist falsch, wir müssen Richtung Hospital, dann zwei Quadras, wir finden den Verkaufsstand einfach nicht. Komisch, ausser uns scheinen den alle zu sehen. Noch eine Strasse weiter, noch eine ... eine Oma nimmt uns schliesslich an die Hand und zeigt dann auf einen Wohnblock. ÄHHH???? Und dann sehen wir endlich zwei Ananas auf der Balkonbrüstung in der zweiten Etage. Und so landen wir in einer kubanischen Plattenbauwohnung, wo wir uns auf dem Balkon den Rucksack voller Ananas stopfen können. Kostet nur anderthalb Dollar, aber muss man eAm frühen Nachmittag ist man schon gezwungen, in der Hotelbar zu hocken - FUSSBALLrstmal finden! Zurück im Hafen laufen wir Käpt`n Gerhard in die Arme, der gebürtiger Hiddenseer ist, uns spontan auf ein Bierchen einlädt, keins mehr findet und wir somit mit ihm auf unserem Dampfer landen. Gerhard lungert seit über vierzig Jahren auf allen möglichen Schiffen und Meeren rum, hat, wie es sich für einen richtigen Seemann gehört, überall Ex-Frauen und Kinder, alle nennen ihn Rotkäppchen, aber eigentlich sieht er mehr aus wie Papa Noel, der Weihnachtsmann. Oder wie Hemingway, wenn er statt der Bierdose ein Rumglas in der Hand halten würde. Das kommt aber noch. Bei dem ganzen Geschladder verpassen wir fast das Fussballspiel, hetzen zum Hotel, bloss heute steht der Fernseher statt auf der Gartenterrasse, in der schummrigen Tanzbar. Ist ja eigentlich egal, aber da gibt`s statt kalter Dosen nur RUM! Mojito, Cuba libre, Rum pur ... und das Spiel dauert! Super spannend, Argentinien ist im Endspiel und wir müssen erstmal dringend was essen! Machen wir dann in einem kleinen Restaurante und uns danach beschwingt auf den Heimweg. Eigentlich wollte Gerhard uns nur noch ein Abschiedsgeschenk rum bringen, so von Fischkopp zu Fischkopp - eine Flasche siebenjährigen Havanna Club! Gut, ein Probegläschen muss sein! Und schon hocken wir wieder im Cockpit, Gerhard erzählt weiter Geschichten, ein Gläschen geht noch, wir freuen uns über gemeinsame Bekannte, erzählen auch Geschichten, Marion verschwindet irgendwann in der Koje, wir “probieren” noch ein bisschen, labern munter weiter ... und nur weil Marion uns irgendwann weit nach Mitternacht den Vorschlag macht, unser Seemannsgarn doch vielleicht in einer Lautstärke auszutauschen, die es den Bewohnern der anderen Flussseite ermöglicht doch noch in den Schlaf zu kommen, verbleibt noch ein winziges Schlückchen in der Flasche. Damit stossen wir irgendwann mal auf dein Wohl an Gerhard :-)

Donnerstag, 10.07.2014
Als wir Lesley, dem “Oberweisshemd” mit den Schulterstücken über den Weg laufen, grins ich ihn an: 7:1 für Deutschland, jetzt können wir eine Woche bleiben! Ja, lacht er zurück, jetzt habt ihr sieben Tage. Wollen wir aber nicht. So nett es in dem Städtchen auch ist, wir haben 35°C unter Deck, es weht kein Lüftchen am Fluss, das Wasser müffelt und dann immer der Appell um Halb sieben direkt vorm Boot ... Auch morgens!!! Wir verabreden uns um Halb zwölf zum Ausklarieren und ziehen ein letztes Mal in die Stadt. Über die Brücke auf die andere Flussseite, bei Oma Eva Avocados nachkaufen, Küsschen links, rechts, den Senorinas der Panaderia acht Brötchen abschwatzen (schade, gibt kein Küsschen, Luke ist zu klein), das Restgeld auf dem Market in winzige Knoblauchhäufchen anlegen, uns von Nezihk verabschieden, Gerhard zuwinken der gerade versucht, mit seiner sichtlich geschwächten Crew abzulegen und dann steht Lesley auch schon am Boot. Gar nicht mehr so “steif” wie vor drei Tagen, die Papiere werden abgestempelt, Lesley kramt stolz Fotos raus! Sein Sohn ist knapp zwei Jahre, jeden Monat wird ein Foto gemacht, Klein-Lesley auf dem Bauch, Klein-Lesley auf dem Rücken, mit `nem Plüschteddy, mit `ner Ente, Klein-Lesley mit `nem Stoffdelfin, dann vor ´ner kitschigen Palmentapete, ... wir sehen sie alle! Zum Glück ist Klein-Lesley noch keine 14, sonst wären wir wohl erst am Abend ausgelaufen, aber so können wir irgendwann schnell die Leinen loswerfen, noch mal winken und tuckern raus aus dem Stinkefluss. Raus auf`s Meer! Noch durch die betonnte Passage vor Isla de la Juventud und dann endlich Segel ausrollen ...Wind genau von vorn! Wir kreuzen so`n bisschen vor uns hin, dann ist mir das zu blöd, Segel wieder rein, Motor an, irgendwann nervt der Stinkediesel, Segel wieder raus, auch doof ... befehle ich einfach FEIERABEND! Ist zwar irgendwo mitten auf dem Wasser, weit und breit kein Inselchen zu sehen, aber eben auch überall nur 6m tief. Schmeissen wir den Anker runter, Segel wieder einrollen, ich verschwinde in die Kombüse und bekoche meine Crew. Krokodil auf Gemüsereis! Stand schon fertig im Kühlschrank. Von Papa Noel auf Cayo Campos.

 

Freitag, 11.07.2014
Der Schlafkomfort so mitten auf dem, wenn auch flachen Wasser, hielt sich doch in Grenzen. Der Wind hat noch zugenommen, dWetter, Wetterie Wellen schaukeln das Boot hin und her, die Ankerkette rasselt dazu ... schneller Aufbruch! Ich versuch`s gar nicht erst mit Kreuzen, der Motor dröhnt und wir krachen durch die Wellen. Marion widmet sich unter Deck der Obst- und Gemüsebetreuung, ich halte draussen Ausschau. Kein Mensch weit und breit, da ist so`n Sudoku-Heft doch wesentlich spannender. Unter Deck wird das zeitgleiche Reifen der Avocados bemängelt, ich knobel über meinem Heftchen, Bordfrau widmet sich der Guacamole-Massenproduktion. Mein Fahrstil wird bemängelt, da sich einige Bananen losgerissen und vier Mangas aus dem Netz unterm Geräteträger gehüpft sind. Fische freuen sich auch über Obst! Und ausserdem bin ich Käpt`n, da bin ich für den Kurs und nicht für`s Grünzeug verantwortlich. Aber irgendwann kommen wir in die Abdeckung hinter Cayo Rosario, ich such uns ein nettes Ankerplätzchen, genau neben einem grossen Korallenblock kurz vorm Aussenriff, da können wir vorm Abendessen noch mal schön schnorcheln! Machen wir auch. Echt toll da unten, aber das Beste ist dann unser Abendprogramm: eine fette Gewitterfront, rabenschwarze Wolken, es blitz und kracht stundenlang überall gleichzeitig. Über den ganzen Horizont, zucken Blitze, teilweise schlagen drei, vier gleichzeitig irgendwo ein, zucken in alle Richtungen, seitwärts, nach oben, wir hocken mit offenem Mund im Cockpit, sind manchmal regelrecht geblendet, einfach krass! Ein 180° Spektakel vom allerfeinsten und wir in der ersten Reihe! Gegen Mitternacht dann allerdings mittendrin. Fette Gewitterböen krachen über uns weg, das Boot zerrt wie wild an der Kette, wir fangen an zu rutschen. Klar, genau auf`s Riff zu! Da liegt seit ein paar Wochen schon ein halbversunkener Fischkutter. Blöder Platz! Gehen wir also lieber ankerauf, sich an den Bojen der Riffdurchfahrt und unserem Plott orientierend steuert Marion das Boot parallel zur Insel durch die rabenschwarze Nacht und ich bereite unseren Zweitanker vor. Als ich den endlich fertig habe, sind wir gut `ne Meile vom Riff entfernt, schmeissen beide Anker leicht versetzt ins Wasser, das Boot bleibt mit einem Ruck stehen, Anker halten - supi! Zehn Minuten später ist auch die Front durch und der Wind schlagartig weg. War ja klar.

Sonnabend, 12.07.2014
Ankerauf dauert heut ein bisschen länger. Gut, der Bügelanker, der faul auf der Seite im dicken Seegras liegt, ist schnell oben, aber der Kobra-Anker will einfach nicht loslassen. Auf bewachsenem Boden ist der eben einfach die bessere Wahl. Wir tuckern durch die Riffpassage auf`s Meer, tuckern auch weiter, weil kein Wind, paar Meilen später wieder auf die Riffinnenseite, immer noch kein Wind ... wir wollen unbedingt bis Cayo Largo. Morgen ist Endspiel! Marion will, dass ich die Angel anbaue, wozu ich keine Lust habe, zwingt mich einen Papaya-Salat zu essen, Stunde später kommt sie mit `nem Mango-Milchshake, dann mit Ananas ... ihre Fruchtvorräte werden reif! Um einer VitaminvergiftuVollmondnachtng zu entgehen, schmeiss ich vor einem Inselchen namens Cayo Alcatraces den Anker. Sind zwar noch ein paar Meilen bis Cayo Largo, aber hier sind wir im März auf einem Katamaran-Wrack rumgeklettert und da ist mir der schöne Teakrahmen der Cockpittür aufgefallen. Ich brauch noch ein Teakbrett! Fahren wir also mit Hammer und Beitel bewaffnet im Schlauchboot da rüber, ich klopp mir drei Bretter ab (für die zwei mehr, finde ich bestimmt auch `ne Verwendung) und weil Frau so verständnisvoll war und überhaupt nicht gemurrt hat, gibt`s noch `ne kleine Inselwanderung. Mehrere frische Schildkrötenlegeplätze, kleine Rochen buddeln im Sand, sie rettet Muscheln vor`m Austrocknen, sammelt “Sanddollars” ... Hitze und Grösse des Inselchens verhindern, dass es zu einem mehrstündigen Aufenthalt ausartet. Kurz vor sechs kreisen wir dann wieder über unserem “alten” Ankerplatz, schmeissen den Anker runter, Schlauchboot auch, Frau springt ins Wasser und ich ins Dingi. Schnell noch an Land düsen, zwecks Anmeldung beim Zoll ... und kaltem Bier an der Bar :-) Bisschen schladdern mit Barkeeper Alex, noch `n Bierchen, ... und bin sogar noch rechtzeitig vorm Sonnenuntergang zurück, um mein Weibchen zu bekochen. Da ich ja zu faul zum Angeln war, wird ein Glas eingewecktes Fleisch aufgerissen, schnell noch `ne Dose für`n Koch aus dem Kühlschrank hangeln und dann zieh ich alle Register: Zwiebeln, Knoblauch haben wir ja jetzt reichlich, Paprika auch, ich find sogar noch pürierte Tomaten, alles schön vor sich hin köcheln lassen - Marion bricht bei den Gerüchen schon fast im Cockpit zusammen - und zum Schluss noch ein Schlückchen aus Gerhards Flasche rein. Siebenjähriger Rum, das muss Geschmack geben! Dazu ein Kügelchen Gemüsereis, dekorativ auf dem Teller drapiert - Marion ist hin und weg! Und das SCHMECKT! Den Rest des Abend grübelt sie dann, welches exotische Gewürz ich wohl in ihrem Schrank noch gefunden haben könnte ... Auf den Rum kommt sie nie :-)

 

Sonntag, 13.07.2014
Gönnen uns, ´ne halbe Stunde länger zu schlafen, ist schliesslich Sonntag. Kaffee, Sudoku, Frühstück, baden, duschen, SuNicht grad gemütlich, aber spannend!!doku, ... bisschen am Rechner schreiben, aufklaren, noch mal duschen, anhübschen und ins Dingi springen. Zum Marina-Hotel rüber wackeln und jeden mit der Frage “Hay un Tele aqui?” nerven. “No, no hay.” Sie haben keinen Fernseher. Das ist blöd! Weiter zum Taxi-Stand. Der Fahrer steht sofort parat, claro, in den anderen Hotels gibt´s Fernseher. Springen wir also ins Auto, 20 Minuten später am “Playa Blanca” wieder raus, fünf Stufen hoch und .... tatsächlich, da steht ein Fernseher in der Lobby! Eine Handvoll Fussballbegeisterter hockt schon in den Sesseln davor, wir dann auf dem Rahmen des Blumenkübels dahinter. Bisschen hart. Die paar Leutchens vor uns sind entweder für Argentinien oder gegen Deutschland. Letztere sind das Trüppchen Franzosen, die permanent Drinks nachholend, jede, aber auch jede deutsche Aktion mit hämischen Sprüchen und Schmähungen kommentieren müssen. Echter Sportsgeist eben! Das Spiel zieht sich, der erste Franzose hat Mühe, mit dem neuen Drink den Sessel wiederzufinden, die Verlängerung wird spannend, Deutschland Weltmeister und die argentinischen Männer sind echt am weinen. Tut uns ja `n bisschen leid, wir hätten euch den Titel wirklich gegönnt, aber schon allein wegen der französischen Pöbeltruppe jubeln wir jetzt für Deutschland. WELTMEISTER!!! Auf in die Marina-Bar! :)

Montag, 14.07.2014
“Weisst du, was heute für`n Tag ist?” Shit, hab ich den Hochzeitstag vergessen???? Ne, der ist erst im Oktober. Wir haben Jubiläum! Heute vor sechs Jahren sind wir losgefahren, werde ich aufgeklärt. Supi, da machen wir heute den ganzen Tag gar nichts, fahren gleich in die Marina-Bar und feiern den ganzen Tag. Mein Vorschlag wird abgeschmettert. Statt dessen hämmert der Generator den halben Tag vor sich hin, die Waschmaschine ist am Rödeln, der Wassermacher auch, Marion ständig am Rumwirbeln und dann nervt sie auch noch ständig mit irgendwelchen Obstsalaten. Hab ich keine Zeit für, ich bin mit WICHTIGEN DINGEN beschäftigt. Auf dem Salontisch Bücher verteilt, “Segelrouten der Weltmeere”, “Segelhandbuch für den Atlantischen Ozean”, auf zwei Computern gleichzeitig Seekarten auf dem Bildschirm, ... ich grüble, wo wir hinfahren. Das ist unser derzeitiges Problem. In drei Tagen läuft unser Visa aus und dann wollen wir los. Wir wissen bloss noch nicht wohin. Hocke ich also da, messe Entfernungen, vergleiche monatliche Windcharts, hole aktuelle Windprognosen, ... Nicaragua wähle ich ab, weil es auf der Atlantikseite da einfach nichts gibt, Belize und Guatemala wäre easy, aber aus der Ecke kommen wir auch blöd wieder raus, vielleicht doch in die USA? Irgendwann geht die Sonne unter, ich bin genauso schlau wie vorher - vertagen wir die Sache einfach. Wir haben ja noch zwei Tage .

 

Dienstag, 15.07.2014Zeig her deine Füsschen ...
Als wir letzte Woche so mit dem Stinkediesel unterwegs waren ist mir aufgefallen, dass die Ladespannung bis 14,8V hoch ging. Eindeutig zu fett. Machen wir uns die schönen neuen Batterien mit platt. Muss ich unbedingt vor unserer Abfahrt noch bei. Also heute. Wir haben so`n Blechkistchen voller Elektronik, ist gleichzeitig Hochleistungsladeregler für die Lichtmaschine, der berechnet selbstständig wohin er den Ladestrom schickt. Erst Motorbatterien voll, dann alles schön in die Service-Batteriebank. Intelligentes Kerlchen! Wohnt im Motorraum. Ich also mit Werkzeug da rein. Natürlich pottenheiss. Auf dem Motor liegend, lauter funzlige kleine Schrauben rausdrehen, fette Batteriekabel abschrauben, Messleitungen, Temperaturfühler ... schweissüberströmt hab ich die Kiste endlich in der Hand. Ab ins Cockpit, da sind´s nur 34°C. An dem Teil kann auch der Batterietyp eingestellt werden. Zwei kleine Micro-Schalter, jeweils Stellung 1 oder 2 möglich, für unsere AGM-Batterien sollen beide auf 2 stehen. Machen sie. Sollte das Ding mit 14,4V laden, tut es aber nicht. Und die Schalter stehen auch irgendwie schräg. Die hinteren beiden Pins sind ab. Stecken noch in der Leiterplatte aber nicht am Micro-Schalter. Vorsichtig mal hochbiegen ... da ist der dritte Fuss ab. Kann ich den letzten auch noch durchschneiden. Angelötet krieg ich die nie wieder, einen Ersatzschalter habe ich natürlich auch nicht. Mess ich den alten mal durch. Aha, in Stellung 2 ist jeweils Durchgang zwischen den Pins, in Stellung 1 unterbrochen. Deshalb die hohe Ladespannung, das Teil hat mit der Charakteristik für Blei-Säure-Batterien gearbeitet. Der Rest ist einfach. Ich bastel mir aus dünnem Kabel zwei Brücken und löte sie jeweils ein. Jetzt haben wir Schalterstellung 2. Hat natürlich viel länger gedauert und ich musste mir auch wieder Marions Lesebrille borgen. Das Ding dann wieder im Motorraum einbauen, alle Kabel ran fummeln, die kleinen Schrauben, die runtergefallenen sind, irgendwo unterm Motor ertasten ... Probelauf: Ladespannung 14,2V! Genau wie`s sein soll. Ich muss mich selber loben, Marion ist gerade Schnorcheln. Gut, hat sie sich verdient. War schliesslich auch den ganzen Tag am Wühlen - neue Betten, Waschmaschine rennen lassen, Sachen seefest verstauen ... Aber statt mich jetzt zu loben, beschwert sie sich gleich als erstes. Über den Barrakuda. Der wohnt unter unserem Boot. Jetzt guckt er sie immer so grimmig an! Na und, das mach ich auch manchmal ...

Mittwoch, 16.07.2014
Gestern Abend beim Feierabendbier in der Marina-Bar kam uns DIE IDEE. Wir hatten vorher leicht zerknirscht über den aktuellen Wetterprognosen gehockt, die jährlichen Windcharts zu Rate gezogen ... Durchgehend 20 bis 25kn SO in der Karibischen See. So richtig wissen wir zwar noch nicht wohin, aber da müssen wir in jedem Fall durch. Aber im August sind es, zumindest laut Statistik, nur noch 15 bis 20kn. Mit `ner leichten Tendenz zu NO. Ist ja viel angenehmer. Verlängern wir einfach unser Visa, bleiben noch zwei, drei Wochen und fahren dann. Bis dahin haben wir uns vermutlich auch entschieden, wo wir hinwollen und ich kann noch ein paar Bastelprojekte erledigen. Einfach genial, die Idee. Sagen wir also kurz in der Marina Vitamine - HURRA!!Bescheid, lassen uns von Gustavo noch ein Säckchen Obst “organisieren” und dann hock ich mich in meine Navi-Ecke. Neue UKW-Funke, neues AIS, der Multiplexer liegt noch rum und das Radio muss auch getauscht werden. Natürlich haben die neuen Geräte alle andere Abmessungen, einfach altes rausnehmen und neues in die vorhandenen Ausschnitte einsetzen geht schon mal nicht. Um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen, muss ich auch die Einbautiefe berücksichtigen, die Geräte mit der grössten Tiefe müssen in die Mitte. Sitz ich also den Nachmittag mit `nem Zollstock vor dem Brett, probiere, grübele, verwerfe, messe erneut, ... wenn Funke hier, passt das Radio dann da in der Tiefe, reichen die Kabel bis dahin ... irgendwann hab ich einen Plan. Sieht zwar nicht so ganz elegant aus, aber alle Geräte würden so passen, die alten Einbauausschnitte wären alle verdeckt, bloss oben links bleibt ein Loch. Da kommt einfach ein Bugs-Bunny-Aufkleber drauf! Fang ich also an, die alten Geräte auszubauen, alle Kabel abzuklemmen, den Ausschnitt für das neue AIS anzuzeichnen, die Bohrmaschine rauszukramen ... und weiter komme ich auch nicht. Ein Marina-Boot liegt neben uns. Wir sollen unbedingt ins Oficina kommen. Noch heute! Was wollen die denn von uns? Gut, es ist eh schon sechs, spring ich also ins Wasser, schnelle Dusche, greif, rein auf Verdacht, unsere Dokumentenmappe und düse rüber. Ein Glück, dass ich komme, das Aduana-Mädel war schon ganz aufgeregt wegen unserer Visa-Verlängerung. Wieso, das läuft doch morgen erst ab? Ja, aber nach kubanischem Gesetz müssen wir die Verlängerung 24 Stunden vor Ablauf beantragen, also heute. Wenn nicht, müssen wir das Land verlassen oder zahlen als “Illegale” 1000 US$ Strafe. OUPS!!! Grinsend schimpft sie mich ein bisschen aus, ich setze mein verführerischtes Lächeln auf und überlege angestrengt, was ich ihr morgen als Dankeschön mitbringen kann. Ich mein, sie hätte uns ja auch “auflaufen” lassen können. Wenn wir morgen eingetrudelt wären, gibt`s statt Verlängerung den Ausreisestempel und Tschüss! Statt dessen ist sie nach Feierabend zum Marina-Oficina, damit die ein Boot zu uns schicken. Ich glaub `ne schöne Flasche Rotwein kommt gut.

Donnerstag, 17.07.2014Playa Sirena tagsüber
Heute zum Feierabend hat das Bordweibchen einen ausgefallenen Wunsch: sie möchte mit mir am Playa Sirena lang wandern. Das ist der angesagte Strand, wo tagsüber immer die Touris mit den Booten hingefahren und abends, schön geröstet wieder eingesammelt werden. Wir machen es halt andersherum. Bilderbuchstrand - ganz für uns alleine - lempeln wir also los. Ist ganz schön lang, aber jetzt ist´s ja nicht mehr so heiss und es gibt ja auch jede Menge zu sehen. Wasser, Sand, Palmen ... die Strandbar hat zu - klar, ist ausser uns ja auch keiner mehr hier. Und wozu braucht der Mensch kalte Bierdosen, wenn einem die Natur doch mit reichlich erfrischenden Getränken in Form von Kokosnüssen beschenkt?! Die hängen genau über uns. An den Palmen. Ich also hoch. Das ist gar nicht so schwer, wenn man mit ausgestreckten Armen die Hände um den Stamm legt, die Füsse dagegenstemmt und so Stückchen für Stückchen dran hochklettert. Blöd ist, wenn man das mit sandigen Füssen macht. Da kann man nämlich (so wie ich) kurz vor den begehrten Nüssen mit dem Fuss abrutschen, um dann, mit um den Stamm geschlungenen Armen, an selbigem runterzurutschen. Das sieht ziemlich bescheuert aus. Und hinterlässt auch schöne Schürfwunden an Armen und Beinen. Macht aber nichts. Hat ja erstens keiner weiter gesehen und zweitens habe ich jetzt eine schöne Erinnerung an unseren romantischen Abendspaziergang :-)

Freitag, 18.07.2014
Ich schwitze schon den dritten Tag in meiner Navi-Ecke. Gestern mit viel Staub und Dreck, sägen, bohren, Halterungen basteln, teilweise neue Stromkabel verlegen, ... Meine Planung hatte auch Mängel. “Wie kriegst du denn jetzt das Mikrofonkabel in die SSB-Funke?”, fragt mich grinsend mein Weib. Äh, gar nicht. Da sitzt genau das Radio drunter. Hab ich auch gelöst! Jetzt geht dafür das Radio nicht mehr auf. Das neue Ding muss unbedingt seine ganze Front aufklappen, wenn man eine CD einlegen will. Wer hört denn noch CDs? Heute kämpfe ich mit Kabeln. Datenleitungen! Jede Menge. Lauter Manuels auf dem Tisch ausgebreitet - welche Farbe hat die NMEA-In-Leitung der UKW-Funke, welche die NMEA-Out vom GPS, AIS, MultiÄhm,  ja ...plexer, dazu die Daten der Navman-Geräte, Logge/Lot, Wind, die haben zusätzlich noch ihr eigenes Datenprotokoll, jeder will mit jedem kommunizieren, der Autopilot auch ein Wörtchen mitreden ... dazu die Zettel, auf denen ich klugerweise mal notiert hatte, welches Datenkabel ich wohin verlängert hatte, dass aus blauer Ader jetzt rot wird, die gelbe zu lila, schwarz zu braun ... Ein Riesenwirrwar. Aber jetzt geht`s! Die Wand ist zugeschraubt, alle Geräte zeigen brav an was sie sollen, das GPS die Position, das AIS die anderen Schiffe, Wind, Tiefe usw. Und alle melden ihre Daten an den Multiplexer, der dann den Navi-Rechner mit dem ganzen Quatsch füttert. Da seh ich dann auch meine Position, die anderen Schiffe, wie tief es ist und selbstverständlich auch die aktuelle Wassertemperatur. Weiss man was auf einen zukommt, wenn man mal reinspringen will. Aber das beste ist, die Daten werden auch noch über Wlan verteilt. Kann ich, gemütlich in der Koje liegend, das Netbook aufklappen und seh sofort auf der Karte wo ich bin. Und ob grad ein Tanker auf mich zurast. Und die Wassertemperatur. Wegen dem Morgenbad. Funktioniert auch im Cockpit. Da ist es vielleicht sogar sinnvoller :-)

Sonnabend, 19.07.2014
Unser neues AIS hat auch einen supergenialen Ankeralarm. Hat Marion gestern abend eingestellt. Geht also wirklich kinderleicht :-) Klettere ich heut früh so aus der Koje und will mal nachschauen, ob wir uns heute Nacht bei dem Wind so hin- und herbewegt haben. Zeichnet der ja auf. Kann ich nur nicht sehen. Das Ding hängt so tief, da muss ich mich mit dem Kopf fast auf den Navi-Tisch legen, um was zu erkennen. Hatte Marion schon gestern Abend festgestellt. “Hättest du lieber ganz oben einbauen sollen”, muss sie auch gleich klugscheissenLeckere Filets - das hat er nu´davon!. DAS PASST NUR UNTEN HIN! “Und wenn du das Brett einfach umdrehst?” Ich glaub`s nicht! Ich hab `nen ganzen Tag damit zugebracht, das alles auszumessen und zu durchdenken, das geht nicht anders! Bloss erstmal ´n Kaffee! Nach dem Frühstück hocke ich mich in die Navi-Ecke, schraube unauffällig die Wand ab und fange an zu messen. So`n Quatsch! Na ja, wenn ich den Navbus-Verteiler versetze und die andere Verteilerdose ... also alle Geräte wieder raus, hier ein bisschen sägen, die alte Brettunterseite mit dem Elektrohobel glätten, die Halterung der UKW-Funke umbauen ... Zum Abend ist alles fertig. AIS ganz oben, kann ich super alles ablesen und der Signalgeber, der bei Nebel “BÖHHHHHH” sagt, wohnt jetzt unten. Selbst das Radio geht auf. Können wir sogar CDs hören. Und das, obwohl ich zwischendurch brutal aus meiner Arbeit gerissen wurde: Marion beim Schönheitsbad mit Schnorchel und Brille im Wasser, kommt toddernd raus. Der Barrakuda mal wieder! Jetzt fletscht er nicht nur die Zähne und guckt grimmig, sie hat ihn auch permanent auf der Pelle. “MACH IHN WECH!!!” Was soll MANN da machen!? Gut, ich hätte versuchen können, ihm ins Gewissen zu reden ... Ich hab aber die Harpune genommen. Heute abend gibt`s Barrakuda. Also Männer, vielleicht eine Anregung, wenn eure Frauen sich demnächst mal über den Nachbarn beschweren. Irgendwann werden sie eh konkreter. Mach ihn wech!

Auf ein Schwätzchen bei den Nachbarn

Sonntag, 20.07.2014
Meine morgendliche Schwimmrunde war heut etwas ausgedehnter. Wir haben Nachbarn! Ein Katamaran. Kam gestern Abend schon. Da lag er bloss woanders. Schwimm ich also mal rüber. Bin ja neugierig. Die Jungs sprechen deutsch, was die Verständigung schon mal erleichtert. Na ja, so was ähnliches wie deutsch. Ösis. Lustige Truppe, die sich mit dem Kat so`n bisschen durch die Cayos treiben lassen will. Haben sie heute Nacht schon mal probiert. So mit rutschendem Anker bis auf die nächste Sandbank :) Da schaukelt das wenigstens nicht so beim Schlafen. War auch schon das einzige Spannende heuteWas die Jungs dabei ganz verpassen - die Wasserhose nebenan. Die Ösis sind weitergesegelt, wir sind weiter am mölen. So`n bisschen. Ist schliesslich Sonntag.

Montag, 21.07.2014
Die Entscheidung ist gefallen! Klingt immer schön spannend mit so`ner Einleitung. Haben wir heut mal wieder über Seekarten, Windcharts, etc. gehockt und über die weitere Route gegrübelt. Nervt so`n bisschen wenn man nicht weiss, wo man hin will. Ich glaub, ich bin sogar schon ein bisschen quänglig. Und heut haben wir endlich Nägel mit Köpfen gemacht! Wollen wir überhaupt in den Pacific? Ach jaaaa, schooon. Sind ungefähr anderthalb Stimmen dafür. Durch den Panama-Kanal? Nö! Hätte natürlich den Charme, dass wir jetzt ganz entspannt Richtung Mexiko segeln könnten und uns dann ein halbes Jahr lang über Belize, Guatemala, Honduras ... runter treiben lassen könnten. Keine Stimme. Also unten rum. Na ja, dann bleiben uns nicht viele Möglichkeiten. Jedenfalls haben wir nach vielem Hin und Her entschieden, erstmal nach Venezuela zu segeln. Da die Rucksacktour nachzuholen, uns anschliessend irgendwie nach Martinique oder Grenada zu hangeln und von dort versuchen, den Absprung Richtung Süden zu schaffen. So der Plan. Schön bescheuert! Mindestens dreieinhalb Tausend Meilen Am-Wind-Kurs. Und dann noch zweieinhalb Tausend bis Buenos Aires. Aber wenn man an die vielen Steaks und den guten Wein denkt, kommt einem das gar nicht mehr so weit vor ... :)

Dienstag, 22.07.2014
Der Barrakuda ist alle. Das ist gut so. Nach drei Tagen mal wieder ein schöner Grund, zum Feierabend in die Marina-Bar zu fahren. Totes Huhn und kaltes Bier. Haben wir uns auch verdient. Und als wir grade so die Knochen abnagen, macht ein Katamaran fest. Die Ösis! Können wir also nichts dafür. Wir haben schon noch versucht, mit dickem Bauch zum Schlauchboot zu kommen, aber die standen schon auf dem Steg. Und wollten in die Bar. Mit uns! Natürlich haben wir so halbherzig versucht uns rauszureden, ging aber nicht. Die hatten bessere Argumente. So von wegen, auf ein Bier ... Viele Bier und einen Mojito später sind wir dann ziemlich beschwingt wieder zum Schlauchboot. Die Bar wollte schliessen. Schon um EINS! Und ausgerechnet heute hat Marion das Ankerlicht nicht angemacht. Macht sie sonst immer. So unter dem Motto, man weiss ja nie ... Weiss man ja auch nicht. Kann ja immer mal sein, dass man auf `ne lustige Ösi-Truppe trifft, das Mojito-Glas sich auf wundersame Weise wieder füllt, es ETWAS SPÄTER wird ... und dann tuckert man durch die stockdunkle Nacht und sucht verzweifelt sein Zuhause. So wie heute. Aber `n lustiger Abend war`s ...

Mittwoch, 23.07.2014Auch hier auf der Touri-Insel darf Fidel nicht fehlen! Schön handgemalt.
Ernesto hat wieder Dienst. Das ist der hilfsbereite Aduana-Mensch, der schon mehrfach versucht hat wegen Marlin-Micha´s “Schmuggelgut” beim Zoll in Cienfuegos anzurufen. Düse ich also zur Marina, damit er die Leute in Cienfuegos so`n bisschen nervt. Wieder nur irgendein Angestellter, der von nichts weiss an der Strippe. Wir wollen es am späten Nachmittag noch mal versuchen. Irgendwann muss der Jeffe ja in seinem Oficina sein. Probieren wir dann auch. Am späten Nachmittag. Marion macht sich ans Abendbrot und ich mich erneut in die Marina auf. Ernesto telefoniert und telefoniert und telefoniert. Mit allen möglichen Leuten. Jeder verweist ihn an den nächsten, alle wissen, dass der Jeffe irgendwo im Hause ist, aber keiner weiss wo genau. Echt gut abgeschirmt der Mann! Ernesto zuckt die Schultern, versuchen wir es eben MANANA. Nun führt der Weg vom Aduana-Häuschen zum Schlauchboot ja über die Marina-Bar (eigentlich führen alle Wege über die Marina-Bar ;). Und da sitzen schon die Ösis. Ist ja unhöflich da einfach so “Hallo” rufend vorbeizulatschen, schwups, krieg ich einen Stuhl und `ne Dose hingeschoben. Wir sind schön am Labern, die Jungs waren heute tauchen, -neue Dose-, drei Lehrer versuchen mittels spezifischem Gewicht der Luft und 200 Bar Druck das Gewicht der Tauchflasche zu berechnen, einer ist schon um Kap Hoorn gesegelt, -neue Dose-, alle schon mal um Rügen, die Lehrer sind bei 3kg, ich bin mir sicher, dass so`n Ding mindestens 10 wiegt, der Skipper auch, -neue Runde Dosen auf dem Tisch- ... erst bei der Frage, wo Marion eigentlich ist, krieg ich `n schlechtes Gewissen. Oups, das gibt Ärger! War gar nicht so leicht mich da loszueisen. Aber das Argument, dass Marion mit dampfenden Töpfen auf mich lauert, fand allgemeines Verständnis (die Jungs sind auch alle verheiratet). Ich soll einfach versuchen, sie zu überreden mit herzukommen. Hab ich auch versucht. Hat nicht geklappt. Sie war zickig. So von wegen seit Stunden mit dem Abendbrot auf mich warten. Hat sie gar nicht. Sie hat schon gegessen.

Donnerstag, 24.07.20Restevernichten macht Laune ;)14
Hatten die Jungs mir doch gestern angeboten, ihr restliches Grünzeug und sonstige Küchenvorräte einzusacken. Sie geben ihren Katamaran heute ab und fliegen am Nachmittag nach Havanna. Stehen wir doch pünktlich um zehn auf der Matte. Zwiebeln, Ingwer, Nudeln, Mehl, Joghurt (!!!), Honig, Olivenöl, ... drei Plastiksäcke schleppen wir von Bord. Und der Doktor packt für Marion noch sein Notfallsäckchen mit drauf. Wir sollten öfter mal vor Charterbasen ankern :) Danke Jungs!!! Und weil ihr Flieger erst am späten Nachmittag geht, hocken wir dann alle noch in der Marina-Bar. Wo soll man hier auch sonst hin!? Wir revanchieren uns mit einer Flasche erlesenem argentinischen Wein, sie darauf mit einer Flasche chilenischem, so`n Mojito ist sowieso immer lecker, der Doktor ist sich sicher, dass das gut ist gegen Flugangst, Flaschen dürfen eh nicht mit ins Flugzeug, muss ihr letzter Rum also auch weg ... ganz gut, dass irgendwann das Taxi hupt. Marion kommt aus dem Knutschen gar nicht mehr raus, mich wollen sie nur schütteln ... und falls ihr auf eurem nächsten Segeltörn mal wieder in unserer Nähe seid, klopft unbedingt bei uns an ... !!!

Sonntag, 27.07 2014
Seit gestern beobachten wir `nen roten Kuller auf der Wetterkarte. Da gibt´s viel Wind. Der ist aber noch weit weg. So 500sm westlich der Kapverden, aber auf dem besten Weg Richtung Kleine Antillen. Da soll er am Freitag aufschlagen, so `nen Tag lang die Kokosnüsse von den Bäumen fegen und dann nach NW abdrehen. Schlecht für die Nüsse, aber eigentlich ganz gut für uns. Der bringt nämlich westlich der Antillen für zwei, drei Tage den Passat so`n bisschen durcheinander. Drehende Winde und kein strammer Ostwind mehr. Könnten wir uns ja ganz gut unterhalb Haitis Richtung O durchmogeln und wenn der Passat sich wieder durchsetzt, mit halbem Wind schön entspannt nach S, Richtung Venezuela segeln. Pech für uns wäre dann bloss, wenn sich die prognostizierte Zugrichtung ändert. Das Ding hat jetzt schon eine 50%ige Wahrscheinlichkeit, sich zum “tropical storm” zu entwickeln. Am besten, wir schnappen uns erstmal den Schnorchel, springen ins Wasser und beobachten weiter ...

Montag, 28.07.2014
Als ich heute aufwache, überkommt mich spontan die Bastellaune. Das eine blöde Loch an meiner schönen neuen Navi-Wand stört mich schon seit Tagen. Und jetzt hab ich eine super Idee, wie ich das zukriege: ich bau da einfach die Steckdose ein, die ich aus dem kaputten Inverter ausgebaut habe. Aber da sind  doch zwei Steckdosen genau unter dem Navi-Tisch, versucht Marion meinen Enthusiasmus zu bremsen. Vermutlich hat sie die Säge- und Bohrspuren meines letzten Einsatzes noch frisch im Gedächtnis. Aber dann ist das Loch weg! Ich lasse mich nicht bremsen. “Aber machst du vorher noch den Generator an, dann kann ich nebenbei die Waschmaschine anschmeissen?” Drück ich also auf`s Generatorstartknöpfchen. Röchelnd und stotternd rattert er los, ich kletter in den Motorraum, um den Wassermacher auch gleich anzuschalten, da geht der Generator wieder aus. Raus aus dem Motorraum, Startknopf vom Generator gedrückt, der rasselt los, ich zurück zum Wassermacher ... Generator geht wieder aus. Das selbe Spiel noch zweimal, dann geht gar nichts mehr. Startknopf gedrückt - kein Anlassergerassel, nichts! Gut, das Startpanel hat `ne Sicherung, Schaltwand aufmachen, Startpanel aufschrauben - Sicherung heil. Fluchend verschwinde ich mit Werkzeug im Motorraum. Alter Trick, erstmal den Anlasser überbrücken. Der rasselt los, aber ich vermisse das typische Klicken vom Zugmagneten. Ist der jetzt etwa platt? Ist er nicht, da hat sich lediglich ein Kabel losgerissen. Elektrobastelkiste rauskramen, neues Schraubterminal anpressen, anschrauben, fertig. Das war leicht. Selbstbewusst drücke ich den Startknopf, Anlasser rasselt munter drauf los - Generator springt nicht an. Immer wieder drück ich auf dem Knopf rum, das Ding will einfach nicht laufen. Wieder in den Motorraum. Die nächsten zwei Stunden schraub ich an dem Teil rum, wechsel den Filter, tausch eine Dieselleitung, dreh die Einspritzdüse raus ... hilft alles nichts, der will einfach nicht. Leicht resigniert sammel ich mein Werkzeug zusammen, spring ins Wasser und beschliesse, den blöden Generator zu ignorieren. Gut, einmal drücke ich noch auf`s Knöpfchen. Hustend, prustend, sich dabei verschluckend, springt der mit einmal an!!! Ein-, zweimal geht er noch aus, aber dann rasselt er munter vor sich hin, als ob nie was gewesen wäre! Und ich keine Ahnung, woran`s lag. Ist für `nen ambitionierten Hobbymonteur schon deprimierend, aber a) weiss das ausser mir ja keiner und b) zählt das Ergebnis. Marion kann ihre Wäsche in die Trommel werfen und ich endlich meine Steckdose einbauen. Und diesmal mach ich den Säge- und Staubdreck sogar selber weg!

Dienstag, 29.07.2014
Hab ich mir doch heut so`n richtig dicken Minuspunkt eingefangen. Marion hat gerade die leichte Form des Ankerplatzkollers und beim Frühstück so mit Schmollmund kundgetan, dass sie endlich weiter will. Noch heute. Verstell ich mich natürlich sofort als treusorgendes Ehemännchen, KEIN PROBLEM! Ich will nur noch schnell die Windfahnensteuerung zusammenbauen, dann können wir uns abmelden und fahren los. Strahlt sie! SHämmern, bohren, klopfen, flexen, ... heut gibt´s was auf die Ohren!chmeisst sie schnell noch `ne Waschmaschine an und ich such mir die Teile des Windfahnenruders zusammen. Das blöde Ding hatten wir ja glücklicherweise kurz VOR unserem Deutschlandbesuch verloren und uns das gebrochene Alu-Rohr passenderweise gleich mit in den Rucksack gestopft. Muss ich ja Förthmanns Service wirklich mal lobend erwähnen. Hock ich also im Cockpit und versuche, das alte Stück Alu-Rohr, das mit einem Kunstofflager auf ein Inox-Rohr gepresst ist, runterzuwürgen. Hammer, Rohrzange ... da geht nix! Kommt mein Lieblingswerkzeug, die Flex, zum Einsatz. Das Rohr vorsichtig auftrennen, wieder ordentlich mit Hammer und Schraubenziehern drauf rumdreschen - irgendwann hab ich das Teil ab. Hink ich meinem Zeitplan schon etwas hinterher. Altes Rohr hatte Bohrungen, um es mit dem Inox-Rohr zu verschrauben. Neues Rohr nicht. Die müssen aber in einer ganz bestimmten Position miteinander verschraubt werden, da am jeweils anderen Ende der beiden Rohre weitere Teile befestigt sind, die auch in genau der richtigen Stellung stehen müssen. Grosse Denksportaufgabe! Irgendwann hab ich alles durchdacht und ausgemessen, bohr ich die Löcher. Schön noch mit Kegelsenker, damit die Schraubenköpfe nicht überstehen, Gewinde schneiden, ... 40°C, das Cockpit sieht aus wie ein Schlachtfeld, alles vollgeschweisst, Sägespäne, Flexstaub ... Marion hat sich in den Salon verkrochen. Im Cockpit wäre eh kein Platz gewesen. Versuch ich jetzt Alu-Rohr mit Kunstoffbuchse auf das Inox-Rohr zu kriegen. Keine Ahnung, wie der Förthmann das macht, im Guten geht das jedenfalls nicht! Bestimmt `ne Stunde dresch ich mit den verschiedensten Hilfsmitteln auf dem Ding rum, fluche, schwitze ... erst Kunstoffbuchse ins Alu-Rohr würgen, dann versuchen Inox-Rohr da reinzukriegen, irgendwie die Buchse wieder rausbekommen und andersrum versuchen ... die leicht angenervten Wortfetzen, die aus dem Salon an mein Ohr dringen klingen nicht unbedingt nach Liebesbeteuerungen - ich So schön unser Ankerplatz hinterm  Punta Sirena auch sein mag ... morgen gehts endlich los :)glaub Marion ist sauer! Mit brutaler Gewalt hab ich die beiden Rohre aber irgendwann ineinander, betrachte stolz mein Werk ... falsche Position!!! Gut, auseinander bekomme ich die im Leben nicht mehr, mache ich also das, was ich von Anfang an hätte machen sollen, bohre durch die vorbereiteten Löcher des Alu-Rohres zwei neue ins Inoxteil, schneid Gewinde rein und verschraube sie miteinander. Ans obere Ende auch neue Löcher und schon passt auf der Seite alles. Jetzt bloss noch das abgebrochene Stück Rohr vom eigentlichen Ruder abkriegen, ich nehme gleich die Flex, alles schön säubern, Alu-Rohr raufkloppen und verschrauben. Das sieht schon mal supi aus. Über das ganze Gedöns kommt dann noch ein drittes Rohr, das muss natürlich auch genau ausgerichtet werden, oben dran noch der Einkuppelmechanismus, der, da die Flex eh grad da, auch ein wenig “nachgearbeitet” wird, alles festschrauben - FERTIG!!! Die Uhr zeigt halb sechs! Gut, Cockpit und Achterdeck haben ein wenig unter meiner Bautätigkeit gelitten, aber selbstbewusst präsentiere ich Marion mein Werk. Ich dachte wir fahren heute los? Lob klingt anders. Da brauch ich auch nicht versuchen, mich mit ganztägiger, schweisstreibender, harter Arbeit rauszureden, da hilft nur eins. Ich schleppe sie zu einem fürstlichen Dinner in die Marina-Bar. Chorizo con papa fritas! Das liebt sie! Und ich die kalten Dosen, die Alex mir aus der Kühltruhe über den Tresen schiebt ...

Mittwoch, 30.07.2014Walhai an stb!!!
Wie krass ist das denn?! Tuckern wir so gemütlich dahin, ruft mein Ausguck plötzlich: guck mal, wo die ganzen Vögel kreisen, da brodelt das Wasser richtig. Tatsächlich, das Wasser scheint zu kochen, kleine Fische springen in Scharen raus, um sich nach oben zu retten , wo gehässigerweise die Möwen schon lauern und grosse Fische springen hinterher. Sieht aus als ob eine Gruppe Thunas einen Fischschwarm jagt. Da muss ich mit meiner Angel im Schlepp natürlich mitten durch. “Hast du den grossen hellen Fleck gesehen?”, ruft Marion vom Vordeck. Hab ich! Was war das denn? Keine Ahnung, kriegen wir nur raus, wenn wir noch mal hinfahren und schon dreh ich den Dampfer um. Noch mal ins Gebrodel, diesmal mach ich den Motor aus und wir lassen uns langsam durchtreiben. Und dann kommt der weisse Fleck auch schon angeschwommen. EIN WALHAI!!! Mit `nem kleinen im Schlepp, ich krieg mich gar nicht wieder ein vor Begeisterung. Ist das krass!!!! Genau neben unserem Boot, taucht gemütlich ab, auf der anderen Seite wieder auf und während ich wie blöd hin und her hüpfe und mir dabei den Fuss aufkloppe (für Marion ein erneuter Beweis, dass ich zur Selbstverstümmlung neige), hat sie die geniale Idee, den Fotoapparat zu holen. Der will natürlich nicht gleich so wie er soll, aber unser Walhai hat dafür VVielleicht mit nem Want kollidiert? Total erledigt der Kleine.erständnis und kommt extra noch ein drittes Mal kurz zum Fotoshooting rangeschwommen. ECHT GEIL!

Donnerstag, 31.07.2014
Seit gestern Nachmittag schaukeln wir vor Cayo Inglés. Ein langer, grasbewachsener Felsen mit tausenden Seeschwalben, Möwen, Tölpeln, Fregattvögeln ... Die machen Krach ohne Ende. Abends, nachts, morgens, nur tagsüber sind sie vergleichsweise ruhig. Da hätten wir sie sowieso nicht gehört. Da schnorcheln wir an der Felskante lang. Stundenlang! Marion mit Kamera und ich mit Harpune. Heute gibt`s entweder Lobster oder Thuna :) Oder beides. Seit heute sind wir nämlich zu dritt. Als ich morgens so nach oben tapper, sitzt Marion mit `ner Möwe “im Arm” da. Die hockte ganz benommen auf dem Bimini. Jetzt wohnt sie im Cockpit. Mal auf ihrem Sitzkissen, mal auf meinem ... die darf sogar ins Cockpit kacken! Das müsste ich mich mal trauen ...Unter-Wasser-guck (Billigkamera ist Mist!!)

Sonnabend, 02.08.2014
Wenn wir bis Ende August in Venezuela sein wollen müssen wir ab und zu auch mal ein Stückchen weiter fahren. Haben wir gestern gemacht. 5sm! Jetzt schaukeln wir vor Cayo Sal. Die gehört zu `ner Handvoll Inselchen, die sich “Cayos de Dios” nennen, Inseln Gottes! Ja, wir sind schon wählerisch bei der Wahl unserer Ankerplätze! Karibische Palmeninsel mit klangvollem Namen sollte es schon sein. Gut, die hier hat nur eine Palme. Die steht einsam und windzerzaust mitten auf der Insel. Haben wir natürlich auch versucht, mal hinzuwandern. Geht gar nicht. Scharfkantiges Korallengestein, dick mit Kakteen bewachsen, da können wir uns beim Rumhüpfen in Flip-Flops aussuchen, ob wir uns lieber die Knöchel an den Steinen aufschlitzten oder Kakteenstachel aus den Waden ziehen. Oder beides. Da gehen wir lieber schnorcheln! Mit dem Schlauchboot zu verschiedenen Stellen vor der Insel, ins Wasser hüpfen und dort stundenlang rumplanschen. Bei 30°C Wassertemperatur wird einem einfach nicht kalt. Und falls doch, kurz ins Schlauchboot klettern, 10 Minuten in der Sonne garen, dann geht`s wieder. Die Felswände langschnorcheln, zu verschiedenen KorallenbSonnenuntergangsguck auf der Seniorenbanklöcken - Koffer-, Drücker-, Kaiserfische, Lionfisch, Makrelen, Rochen, ... rote, gelbe, blaue, schwarze Fische, ganz bunte, grosse, kleine, ... Schildkröte, Muscheln, Lobster ... Ach ja, letzteren gibt´s zum Abendbrot :) Und dann sind da noch ein paar grosse Korallenblöcke am anderen Ende der Insel. Haben wir gestern nicht mehr geschafft. Machen wir heute. Können wir natürlich noch nicht weiterfahren :) Marions Möwe kackt nicht mehr ins Cockpit. Nicht, weil sie jetzt stubenrein ist, sie ist wieder weggeflogen. Auf die Insel, zu ihren Kumpels. Da hat sie jetzt jede Menge zu erzählen.

Sonntag, 03.08.2014
“Bertha” hat Schuld! Gleich nach dem Frühstück haben wir den Anker hochgezottelt und sind losGESEGELT. Wind aus SO! Das war ja schonmal verdächtig. Nach Cayo Guano del Este. Das ist die Letzte der Inselkette, mit `nem grossen Leuchtturm drauf. Da will Marion ja unbedingt mal raufklettern. Der Leuchtturmwärter dann auch gleich am Winken, wir sollen dicht vor der Insel, genau vor seinem Türmchen ankern. Dreh ich da also ein Ründchen, überall Seegras, ein paar dicke Steine - Marion hätte es eigentlich nicht sagen brauchen, an ihrem Gesicht hab ich auch so gesehen, was sie von der Stelle hält. Tuckern wir lieber zur Nordspitze der Insel, da scheint es einige Sandflecken zu geben. Was auch immer die hellen Stellen unter Wasser sind, der Anker hält da nicht. Schliesslich schaffen wir doch noch eine Punktlandung mit dem Anker auf einem klitzekleinen Sandflecken mitten im Seegras, fahren ihn gaaanz sachte ein, dann Vollgas ... Anker hält! Lieber noch mal abtauchen, ganz weit hinten brauen sich schon wieder dicke Wolken zusammen, die heftigen Gewitterböen der letzten Abende lassen uns übervorsichtig werden. Schnell noch ein Gastgeschenk in Form eines Rumfläschchens untern Arm klemmen und so tuckern wir zu dem kleinen Strand an der Inselspitze. Schlauchboot aus dem Wasser ziehen, weit und breit nichts zum Festbinden, wandern wir eben so los. Genauer gesagt balancieren wir so `ne halbe Stunde über scharfkantiges Korallengestein - bloss nicht abrutscBei so nem Wetterchen hocken wir doch lieber an Bordhen und immer schön die Flasche festhalten, Richtung Leuchtturm. Auf dem letzten Stück kommt uns Juan-Carlos entgegen. Mit dem Gastgeschenk liegen wir genau richtig - eigentlich ist es ja nicht erlaubt, aber wenn wir wollen können wir gerne auf den Leuchtturm. Na unbedingt! Schladdernd kommen wir am Turm an, können noch Rafael, den zweiten Wärter begrüssen und haben mit mal die fette schwarze Wolkenwand fast über uns. Wie kommt die denn so schnell hierher??? Das ist jetzt echt blöd, Schlauchboot einsam am Strand, Mira alleine da draussen - äh, ich glaub den Turm gucken wir uns lieber ein anderes Mal an! Juan-Carlos lacht, winkt ab. “Passa, passa” (das zieht durch). Haben Leuchtturmwärter Ahnung vom Wetter? Nö, wir tabbern lieber wieder zurück. Und so kommt es, dass wir, statt gemütlich den Blick vom Leuchtturm aus in die Ferne schweifen zu lassen, klatschnass im Cockpit hocken, fette Gewitterböen über uns hinwegfegen, irgendwann noch den Zweitanker ausbringen, weil das felsige Ufer hinter uns einfach zu bedrohlich aussieht, später vor heftigen Regenschauern unter Deck flüchten müssen und dort den Rest des Abends bei geschlossenen Luken vor uns hin triefen. Und Schuld hat eben Bertha! Bertha ist der dicke rote Kuller auf der Wetterkarte, der gerade zwischen Kuba und den Bahamas nach N zieht. Würde uns ja nicht weiter stören, wenn er nicht hinter sich das ganze Wetter durcheinander bringen würde. Blöde Bertha!

Montag, 04.08.2014
Mit der aufgehenden Sonne springen wir aus der Koje. Heisst, Marion springt, macht zwei Kaffee und ich schlurfe dann, dem Kaffeeduft folgend auch langsam Richtung Cockpit. DBienvenidos! Einfahrt in die Bucht von Cienfuegosas Meer ist wieder friedlich, eine leichte Brise weht aus SO. Perfekt! Unser Tagesdeal lautet: bei blödem Wind bleiben wir noch `nen Tag - schnorcheln, Leuchtturmkraxeln ..., bei Segelwind fahren wir die 45sm nach Cienfuegos. Wir haben Segelwind. Schnelles Frühstück, wir wuchten den Zweitanker auf`s Deck, zotteln mit der Winch den anderen hoch, tuckern um die Insel rum, raus auf`s Meer. Schön durch`s Sperrgebiet (Schweinebucht), weil kürzer, den Angelköder im Schlepp, rauschen wir unserem Ziel entgegen. In einer Gewitterfront wird`s etwas sportlicher, zweimal rauscht die Angel knarzend aus, kein Fisch an Deck, dafür zwei zerfetzte Köder, ich hab keine Lust mehr zu angeln ... Halb fünf stehen wir vor der Einfahrt nach Cienfuegos. Ein langer natürlicher Kanal windet sich bis in die riesige Bahia de Cienfuegos, wir segeln! Das sieht cooler aus und spart Diesel. Immer schön um die Tonnen schlängeln, Segel nach links, dann wieder nach rechts ... wenigstens die letzten 2sm geht`s nur noch geradeaus. Am Marina-Ponton stehen schon zwei Uniformträger mit Mappe unterm Arm, wir treiben nur noch mit 2kn dahin - uns egal, lass sie warten, wir sparen Diesel. Genau vor der Marina dann die Segel rein - schade, dass ausser den beiden “Weisshemden” keiner unser perfektes Manöver bewundert - schmeissen den Stinkediesel an und tuckern die 20m bis zum Steg. Die Jungs sind auch nicht sauer weil sie so lange warten mussten, füllen brav ihre Fragebögen aus und schleppen uns anschliessend ins Marina-oficina. Boah, stolze Preise haben die hier! Wir wollen nicht am Steg bleiben, wir wollen ankern! Muss der arme Kerl noch mal rechnen. Macht 8,60 US$. Pro Nacht! Bei dem Preis kommt`s dann auch nicht mehr drauf an ... wir gönnen uns in der Marina-Bar erstmal einen leckeren Willkommens-Mojito :)

Dienstag, 05.08.2014
Marlin-Micha´s beschlagnahmter Elektronik-Krempel liegt hier irgendwo beim Zoll rum, den wollen wir einsammeln. Hatte Micha mCienfuegos, Calle 37 - Mittagszeit, nicht viel Volk unterwegs. Logisch ;)ir per Mail `ne Vollmacht für geschickt. Brauch ich also Internet, um mir das Ding auf `nen Stick zu laden und auszudrucken. Frag ich mich so durch die Marina, keiner hat Internet. Aber in dem Hotel, so`n Stück die Strasse runter. Ich also das Stück die Strasse runter. Tatsächlich, ein Hotel. Internet haben sie auch. Zumindest nennen sie das so. Die erste Hälfte meiner einstündigen Sitzung verbringe ich damit, irgendwie unseren Mail-Account zu öffnen. Nebenbei suche ich an dem Rechner nach `ner USB-Buchse. Fehlanzeige, als das Ding gebaut wurde, war USB einfach noch nicht erfunden. Kann ich den Stick schonmal vergessen. Dafür macht Yahoo mir irgendeine abgespeckte Notvariante des Accounts auf. 61 Posteingänge! Ein Drittel wandert in den Papierkorb, wie in Zeitlupe öffnen sich so nach und nach die Mails, die wichtigsten lese ich kurz rein, Pantaenius erhöht den Preis für unsere Bootsversicherung um 700 Euro, dem Finanzamt fehlt `ne Unterschrift, Anfragen was mit der Website los ist, drei Marlin-Mails vom Juni - keine aktuelle mit der Vollmacht. Dann ist die Stunde auch schon um. Gut, ohne Vollmacht brauch ich der Aduana auch nicht auf die Nerven gehen, wander ich mit Marion lieber in die Stadt. Halbstündiger Fussmarsch, die Sonne knallt, bestimmt 50°C! Eher 60! Cementerio de Reina - immerhin zum Monumento Nacional deklariert (1990)Nun hätte man sich ja, nachdem wir alle Sehenswürdigkeiten der hübsch restaurierten Altstadt gesehen haben, schön in eine dieser netten Freilufteinrichtungen niederlassen können, wo man gemütlich im Schatten sitzend ein gekühltes Döschen hingestellt bekommt. Nicht mit Marion! 5000 Sehenswürdigkeiten an einem Tag sind ja nicht genug - hier gibt es einen historischen Friedhof! Gleich um die Ecke, lügt sie mich frech an. Mag ja sein, dass ein gut trainierter Marathonläufer die Strecke vielleicht wirklich in `ner Stunde schafft, wir brauchen länger! Gut, hätten wir natürlich auch eins der ständig vorbeistrampelnden Fahrradtaxis oder Pferdefuhrwerke nehmen können, aber dazu sind wir ja zu geizig. Wir wandern lieber. Mittlerweile 70°C, rettet uns ein kleiner Imbiss, dessen umsichtiger Betreiber sich mit kalten Dosen bevorratet hat, vermutlich das Leben. ZISCH!!! Später noch einer :) Aber die Strapazen haben sich gelohnt! Wir haben ihn gesehen. Den Friedhof. Schön quadratisch, Mauer drumrum, Sonne knallt von oben, Gruften, Sarkophage, riesige Engelsstatuen, mehr oder weniger zerfallene Marmorplatten mit Namen drauf. Das I-Tüpfelchen dann die Mutti mit ihrem grossen Sonnenschirm, die die ganze Zeit argwöhnisch hinter uns her schleicht. Sehn wir so aus, als wenn wir uns Marmorplatten in die Hosentaschen stopfen? Marion kann auf ihrer Liste “Friedhöfe der Welt” wieder einen Haken machen und ich weiss jetzt wenigstens, dass Carmen aus der Familie Casanova 1903 gestorben ist. Als wir uns dann irgendwann im Dunkeln an der ewig langen Uferpromenade Richtung Marina lang schleppen, sind wir immerhin noch so aufnahmefähig, die endlose Reihe Buden und Imbissstände zu bemerken. Bier wird abgeladen, Rum in die Regale gestellt ... “Carnaval 2014”, steht überall dran. Da, noch mal ganz gross: “CarnavalMein Lieblingsgefängniswärter Cienfuegos, del 6 al 10 Agosto 2014”. Das ist ja morgen!!!! Na wie geil ist das denn?!

Mittwoch, 06.08.2014
Carnaval haben wir uns irgendwie anders vorgestellt. Also zumindest ich hatte da mehr an halbnackte Schönheiten gedacht, die zu ohrenbetäubender Musik, die Promenade runter tanzen. Marion hat vielleicht eher an Tänzer gedacht. Hier tanzt keiner. Volk ohne Ende flaniert die Promenade rauf und runter, man holt sich Getränke an den Buden, schwatzt miteinander, hockt auf der Ufermauer ... Knackige Schönheiten gibt`s auch jede Menge. Die sind aber nicht halbnackt. Und tanzen tun sie auch nicht. Die flanieren. Oder stehen vor den grossen Lautsprecherboxen und lassen sich zudröhnen. Marion hat mehr Spass an den Frisuren der Jungs. Vermutlich holt sie sich gerade Anregungen für meinen nächsten Haarschnitt. Also, falls ich demnächst hier auf den Fotos mit rasiertem Muster auf dem Schädel, gefärbten Haarspitzen und gezupften Augenbrauen auftauche ... :) Wir haben uns auch über die vielen kleinen vergitterten Wagen gewundert, die überall rumstehen. Sehn aus wie Gefängnisse auf Rädern, dienen aber einem viel edleren Zweck. Rundrum Gitter, in der Mitte ein grosser Tank, davor hockt dann jemand, der durch eine Luke Gefässe hochgereicht bekommt, die er den Bedürftigen dann gegen einen geringen Obolus befüllt. Mit Bier! Deshalb flaniert der kubanische Durchschnittsfamilienvater auch mit Gefäss. Alte Plastikflasche, Küchenmessbecher, grosse Henkeltasse oder Das Programm reisst uns heut noch nicht so vom Hockerwas sonst sich zum Befüllen eignet. Vor einigen “Gefängniswagen” sitzen auch geschäftstüchtige Mitbürger, die selbstgebastelte Trinkgefässe an unvorbereitete Carnaval-Besucher vertickern. Dickes Plastikrohr in Stücke gesägt und einen Boden drunter geklebt. Ich hab jetzt auch so`n Ding. Riecht `n bisschen nach Linoleum, aber nur beim ersten Bier. Dann geht`s. Mit so`nem Teil rumzulaufen bringt mir mehrfach anerkennende Kommentare. Ah, wie ein echter Kubaner! Die anderen Touris, die wir sehen, stehen immer mit `ner Bierdose in der Hand rum. Sieht natürlich total unprofessionell aus. Und dann passiert doch noch was. Um Mitternacht, auf der grossen Freilichtbühne. Musik, Flimmerlicht und eine Tanzgruppe. Mässig spannend. Dann eine übergewichtige Sängerin, ein Comedian, eine rappende Nachwuchsboygroup, noch `ne Sängerin, ... gegen halb zwei lass ich mir den Becher von meinem “Lieblings-Gefängniswärter” ein letztes Mal füllen und wir machen uns auf den Heimweg. Der richtige Carnaval ist eh erst morgen!

Donnerstag, 07.08.2014
Wir haben immer so`n Zettel an der Pinwand, auf dem wir notieren, was bei nächster Gelegenheit so alles nachgekauft werden muss. Benzinresistenter Schlauch, Simmerring, ein kleiner Inverter stehen da drauf. Heute kommt `ne neue Position dazu: ein neuer Aussenbordmotor! Steht Marion nach dem Frühstück auf der Badeplattform, um sich zwecks Morgenbad elegant ins Wasser zu stürzen, als sie mich von meinem Kaffee hochreisst: “Guck mal, DEIN Aussenborder ist weg!” Natürlich MEINER! Wir haben zwar zwei davon, aber bis dato nie darüber gesprochen, welcher denn nun MEINER und welcher IHRER ist. Gut das ist jetzt auch geklärt. Meiner ist also weg. Bisher hing er angeschlossen an der Heckreling, sogar mit einem Cover abgedeckt. Das liegt auch noch da. Und das Schlauchboot mit dem grossen Motor, also IHREM, hängt auch noch am Geräteträger. Wer auch immer sich die Mühe gemacht hat, das kleine Motörchen abzubauen, der hat sich damit richtig rumquälen müssen. So unterm Schlauchboot auf der Badeplattform kauernd, knapp `n Meter Stehhöhe ... Und das Beste ist, wir haben die ganze Sache verpennt! Türen, Luken, alles sperrangelweit auf und wir kriegen das echt nicht mit, wenn sich jemand auf der Badeplattform mit Schlösserknacken abmüht. Statt gemütlichem Morgenkaffee bin ich dann also erstmal zur Marina gedüst. Hafenmeister, Marina-Leute, Sicherheitsdienst ... immer neue Leute werden dazu geholt, ich erzähle die Geschichte zum fünften Mal, sie telefonieren hin und her - schliesslich sind sich alle einig: das ist eine grosse Sache! DPolicia an Borda müssen andere Leute ran! Mit Uniformen und so, sich den Tatort angucken, Fotos machen, Protokolle schreiben ... Die rufen sie jetzt an! Wir sollen inzwischen auf dem Boot warten. Das machen wir jetzt seit zwei Stunden! Ich hab doch noch meinen Kaffe gekriegt, Marion schön alle Dokumente, Kaufvertrag, etc. auf dem Tisch ausgebreitet, 34°C in der Hütte - wir warten! Schliesslich der erlösende Anruf über Funk, das Expertenteam ist da. Und alle müssen zum Tatort! Ich lad mir die zwei hübschen Polizistinnen nebst Hafenmeister ins Schlauchboot, drei andere Leute brausen im Marinaboot vorneweg. Die sind die Experten! Der Oberkriminologe klappt auch gleich seine Koffer auf und fängt an, Badeplattform, Heckkorb und Geräteträger einzupinseln. Schilder werden aufgestellt, Fotos geschossen, die Abdeckhaube vom Aussenborder eingepudert. Das Stück Strippe, mit dem der Motor noch mal festgebunden war, ist jetzt Beweisstück Nr.3! Die Mädels sind im Cockpit am Protokolle ausfüllen, malen Skizzen, gucken sich auf alten Fotos an, wie das Motörchen mal ausgesehen hat, pinseln akribisch den Kaufvertrag ab, Marion reicht kalte Getränke, ich unterschreibe alle möglichen Zettel, Polizistin und Marion verschwinden zur Bootsbesichtigung unter Deck, allgemein gute Stimmung an Bord, nur der Oberkriminologe schwitzt hinten in der prallen Sonne. Zwei Stunden später ist alles geknipst, bepinselt und aufgeschrieben, der Marina-Manager hat auch noch angerufen, um uns zum Ankerplatz-Preis in die Tolle Kostüme ... und kleines Bäuchlein ;)Marina zu locken, ich helfe den Mädels galant ins Schlauchboot, der Hafenmeister muss selber reinklettern, setze alle an Land ab, Marion vernichtet mit Wassereimer und Putzlappen inzwischen die letzten Beweise an Badeplattform und Heckkorb und dann kurze Abstimmung: in die Marina oder nicht? Zweimal JA für die Marina. Da haben wir es viel bequemer, wenn wir heut Nacht vom Carnaval zurück kommen :)

Sonnabend, 09.08.2014
36,7°C in der Hütte! Spitzenwert! Da rafft man sich nur schwer zu irgendwelchen Aktivitäten auf. Haben wir trotzdem gemacht. Wir sind in die Stadt gelaufen. Mehr geschlichen. Zum Mercado, Obst und Gemüse kaufen. Sehr magere Ausbeute, die waren gerade alle am Zusammenpacken. Der Bäcker hatte seinen Laden auch schon zu. Der Frisör auch. Kein Wunder, wenn Marion auch bis um zehn schläft! Und eh sie dann meinen Kaffee fertig hat, damit ich auch aufstehe ... ;) Ist ja klar, wenn sie erst so gegen drei oder vier in die Koje kommt. Carnaval! Schon den dritte Tag. Und jetzt auch mit den halbnackten Schönheiten, die gekonnt mit dem Hintern wackelnd auf bunten Wagen von Traktoren durch die Menschenmassen gezogen werden. Geht natürlich nur sehr stockend, ständig ist die Promenade verstopft, die Kubaner sind eben keine disziplinierten Zuschauer, die brav am Rand stehen bleiben. Und das ist gut so. Haben die Männer viel mehr Zeit, aufTrecker, Wagen, ne Menge Musik und schwingende Hüften :) die Hintern zu starren und die schwitzenden Mädels anzufeuern. Ich auch! Der absolute Kracher für die Leute ist dann aber der stark schwankende (vermutlich extra verstärkte) Wagen, auf dem eine Truppe übergewichtiger Damen lasziv ihre üppigen Pfunde zum Rhythmus der Musik schwingt. Die haben keine nackten Hintern. Wahrscheinlich besser so. Bis weit nach Mitternacht dauert der Umzug, dann Musik auf mehreren Bühnen. Die Leute schwofen zur Musik, wandern zur nächsten Bühne, stehen, schwatzen, tanzen oder halten ihr Trinkgefäss fest. Angesagt ist auch, mit `ner Flasche Rum unterm Arm zu flanieren. Irgendwann dann die angesagtesten Bands auf der grossen Freilichtbühne, Salsa bis zum Abwinken, das machen wir dann meist gegen drei. Da ist aber noch lange nicht Schluss ... Ach ja, mein “Lieblings-Gefängniswärter” heisst Pedro. Er hat mich auch schon seiner Mutter vorgestellt. Ich gehöre jetzt sozusagen zur Familie. Das schafft man nur durch fleissiges Becherhochreichen ;)

Sonntag, 10.08.2014
Wir haben ja jetzt Vollkomfort. Eine richtige Dusche in der Marina! Latschen wir bei den Temperaturen natürlich permanent hin. Heute früh auch. Gleich nach dem Aufstehn und “Augen-auf-krieg-Kaffee”, so kurz vor Mittag also. Carnaval eben! Marion liebt es, mit mir zusammen zu duschen und sich dann eingeseift an meinem Brustpelz zu reiben. Das schäumt so schön! Ist auch sonst ganz nett ;) Und dabei flötet sie mir doch heute liebevoll ins Ohr: “Du bist mein Waschlappen”. Ich mein, was kann ein Mann sich mehr wünschen, als dass seine Frau ihn einen Waschlappen nennt!!!??? Schöner kann ein Tag doch gar nicht anfangen. Hab ich gleich mal nachgeguckt, was das auf spanisch heisst. Manopla. Vielleicht krieg ich sie ja überredet, lieber das spanische Wort zu benutzen. Ist mir irgendwie angenehmer. Spätestens bei unserem nächsten “Heimaturlaub”, wenn sie mich dann irgendwo vorstellt “... und das ist mein Waschlappen!Gewusst? Limetten in Alu-Folie gewickelt halten viiiel länger Der heisst Rene ... “

Montag, 11.08.2014
Wir machen nix. Machen die Kubaner auch so. Alles hat zu, alle hängen in den Seilen - kein Wunder, nach fünf Nächten Carnaval!

Dienstag, 12.08.2014Käpt´n überwacht den Möhrentrocknungsprozess - voll stressig!
Keine getönten Spitzen. Auch keine gezupften Augenbrauen. Selbst mein Vorschlag, links CUBA LIBRE und rechts MOJITO POR SIEMPRE einzurasieren wurde abgewählt. Von Marion. Der Barbero fand die Idee gut. Vorher waren wir noch auf dem Mercado. Gleich frühs um acht. Gut, ist jetzt `n bisschen geprahlt. Um acht sind wir losgegangen. Nicht weit. Bis zur Strasse. Da haben wir uns dann ein Bici-Taxi gegriffen und den Jungen für 3 Dollar bis zum Mercado strampeln lassen. Super Angebot heute. Tomaten, Paprika, GROSSE Zwiebeln, sogar Kartoffeln hat Marion gekriegt. Die liegen in kleinen Tüten unterm Tresen. Kriegt man nur, wenn man vorher schon Unsummen in anderes Grünzeug angelegt hat. Karotten, Gurken, Mangos, Papaya, Kürbis, ... unser Wägelchen war randvoll, Marions Rucksack auch, zwei Plastiktüten links, rechts, sind wir dann zurück gelempelt. Mit Bierpause. War schon nach zwölf :-) Wäsche waschen, Wasser bunkern, wir bereiten uns auf die Abfahrt vor. Jeder hat noch so`n bisschen mehr oder weniger Wichtiges zu erledigen, für morgen haben wir dann noch ein paar Dinge auf dem Mercado bestellt, sieht so aus, als ob wir Donnerstag los kommen. Wenn`s Wetter passt und nicht regnet oder ein weiteres Volksfest dazwischen kommt :)

Mittwoch, 13.08.2014 Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren
Die Markt-Muttis, bei denen wir gestern unseren restlichen Krempel bestellt hatten, strahlen schon als wir mit unserem Wägelchen ankommen. Zu Fuss! Das Bici-Taxi lassen wir uns diesmal für den Rückweg. Mit 41 Eiern, 8kg grünen Bananen, unreifen Avocados und Mangos im Gepäck. Bei den gefühlt 8000 Bordsteinkanten, über die unser Hackenporsche da krachen würde, hätte vermutlich die Hälfte der Eier ein vorzeitiges Ende gefunden. So kommt alles heil an, Marion sucht verzweifelt ein Plätzchen für das ganze Grünzeug und ich mach mich noch mal auf die Socken zum nächsten Hotel. Geld tauschen. Müssen ja noch unseren Liegeplatz bezahlen. Und so ein, zwei Einkäufe stehen auch noch auf meiner Liste. Rum, Zigaretten ... Und Pan, dem hilfsbereiten Marina-Boy für alles, drücke ich unser altes Autoradio in die Hand. Der kriegt sich gar nicht wieder ein vor Begeisterung. Reparieren ist in Cuba kein Problem. Hier kennt jeder jemanden, der jemanden kennt ... Als ich vom Hotel zurück komme, sitzt schon `ne Traube von Jungs um Pan in der Marina-Bar und ist am fachsimpeln. Muss ich dazu. Schon steht `ne Dose vor mir, ich erklär kurz die Anschlüsse, -neue Dose- ... das blöde an Bier ist, das riecht gleich immer so, wenn man dann endlich wieder auf dEin letztes Mal die 37., an der Uferpromenade entlangem Boot ist, wo Marion schon sehnsüchtig auf mich wartet. Ich glaub jedenfalls, dass sie mir das sagen wollte, sie drückt sich jetzt bloss anders aus. Ganz schön verschwitzt ist sie auch. Kein Wunder bei den Temperaturen unter Deck. In der Bar war`s angenehm kühl ;) Lad ich sie einfach zu einem fürstlichen Dinner ein. In die Stadt. Zu Fuss! Ich hab noch diverse Peso Nacional in der Hosentasche, die müssen weg. Das auserwählte Restaurante ist ihr zu vornehm, wir landen am Pizza-Stand. Zwei Pizzen, zwei Saft, das Pesobündel wird davon nicht kleiner. Ess ich noch `ne Pizza! Blöde Idee. Etwas überfressen schleppen wir uns zum Marktplatz ins “Palatino”. “Dos Mojito, por favor!” “No, no hay”. Rum pur oder Dose. Wir nehmen die Bierdose. Dann noch eine. Jetzt gibt´s auch kein Bier mehr. Überhaupt, sie wollen zumachen. UM ACHT! Auch nicht schlecht, kommen wir heute eben früh in die Koje. Wollen morgen eh zeitig los.

Donnerstag, 14.08.2014
Ganz früh steht Pan vorm Boot. Mit Basilikum! Keine Ahnung, wo er das Zeug her hat, aber damit hat er sich auf jeden Fall ein Abschiedsküsschen von Marion verdient. Die Uniformierten wenig später kriegen keins. Dabei waren die auch nett. Kurz auf Socken durchs Boot stiefeln, halbherzig ein paar Schränke öffnen, ob wir da keinen Tabak oder kleine Kubaner drin versteckt haben. Klatsch, kriegen wir unseren AusreisestemWie wär´s denn mal mit Wal-Roulade? pel in den Pass - fertig! Wir können los. Ungeduscht. In der Marina war heute früh kein Wasser. Wir sind auch so eine Umweltbelastung. Seit Stunden tuckern wir jetzt mit dem Stinkediesel über´s spiegelglatte Wasser. Ohne Russpartikelfilter! Der Wind soll heute Nachmittag kommen. Mal sehen ob`s stimmt.

Freitag, 15.08.2014
Nervige Nacht! Erst schön bei leicht achterlichem Wind mit der Genua durch die Nacht gerauscht, dann dreht der Wind. Genua anknallen, Gross mit raus. Gewitterfront, Genua reffen. Dann das Grosssegel. Genua rein, Fock raus. Front durch, Fock rein, Genua raus. Neue Front, Genua rein, Fock raus ... hart am Wind krachen wir in die Wellen, in den Bilgen sortieren sich die Dosen neu, alle Luken zugerammelt, pottenheiss unter Deck - ätzend! Und heut Mittag ist der Wind dann wieder weg. Schaukeln wir blöd auf dem Meer rum. Auch doof! Aber weil ich Käpt`n bin, hab ich ja einen Plan B. Stinkediesel müssen wir eh anschmeissen, da fahren wir jetzt einfach zu den Jardines de la Reina. 30sm bis Cayo Anclitas, sind wir späten Nachmittag da, schmeissen den Anker und warten auf Wind. Perfekte Entscheidung! Kurz vor deBleiben doch lieber bei den kleineren. Lassen sich einfacher verarbeiten ;)n Cayos döst eine Gruppe Wale im Meer vor sich hin. Wir natürlich ganz hin und weg. Motor aus, lassen wir uns schaukelnd `ne halbe Stunde lang mit ihnen treiben. Sieben Wale zählen wir, ein Stückchen weg zwei weitere. Ist jedesmal aufs Neue beeindruckend, diese Riesen neben dem Boot zu haben. Zu spektakulären Sprüngen lassen sie sich zwar nicht hinreissen, sieht eher so aus, als wenn die für heute Feierabend gemacht haben. Gemütlich in den Wellen schaukeln, mal kurz abtauchen, ausblasen, so`n Stückchen nach links schwimmen, dann wieder alle zusammen kuscheln ... trotzdem geiles Schauspiel! Wir tuckern weiter. Wie gewohnt rauscht über der Riffkante die Angel aus. Ein rundlicher Fisch glotzt mich aus grossen Augen an. Marion zückt ihr Fachbuch (ich glaub, sie hat für alles eins) - eine Grossaugenmakrele. Aha deswegen. Dann noch ein Barrakuda, ich schmeiss den Köder wieder raus und ernte einen strafenden Blick. Der Kühlschrank ist voll! Dann eben nicht. Vor Cayo Anclitas schmeissen wir den Anker runter, Brille auf und ab ins Wasser. Und da schwimmt doch unter mir ein riesiger Zackenbarsch. Und dann noch ein etwas kleinerer. Lassen sich gar nicht stören. Der Traum eines jeden Spearfishers! Und unser blöder Kühlschrank ist voll ... !!!

Sonnabend, 16.08.2014
Ist ganz einfach. heute früh 20kn aus O. Warten wir bis er `n bisschen schwächer wird. Wird er dann auch und dreht auf SO. Das ist jetzt blöd. Dann ist er ganz weg. Noch blöder. ASchnorcheln geht grad nur angeleint - zu viel Strömungber auch nicht weiter schlimm, warten wir einfach weiter. Auf den passenden Wind. Können wir vermutlich lange drauf warten. Auch nicht schlimm, dann ist der Kühlschrank leer, ich kann mir die Harpune schnappen und noch mal nach dem Zackenbarsch schauen ...

Sonntag, 17.08.2014
Das war jetzt so`n bisschen Hals über Kopf. Sind die Wetterfrösche Schuld dran. Gestern haben sie für den Süden Haitis und Dominikanische Republik noch 20 bis 25kn prophezeit und heute wollen sie davon nichts mehr wissen. Lumpige 5 bis 10kn sollen es die nächsten Tage sein. Windrichtung bleibt zwar blöd, aber um sich da unten langzuhangeln ist Schwachwind ja um Welten angenehmer. Deswegen also Aufbruch Hals über Kopf. Eigentlich schade, hatten es uns an unserem Ankerplätzchen grad so schön gemütlich gemacht. Einfach traumhaft zum Schnorcheln. Ein Märchenwald aus Korallen! Keine Ahnung, wie die Dinger alle heissen, aber auf jeden Fall unbeschreiblich schön. Dazwischen jede Menge Fische und hier sind sie einfach riesig. Kaiserfische, Königinnen-Drückerfisch, Papageienfische und meine beiden Zackenbarsche tauchen auch immer mal wieder auf. Die scheinen zu wissen, dass der Kühlschrank voll ist ... Na ja, Backmakrele auf Gemüsebett und Barrakuda-Curry ist ja auch ganz lecker ... Äh, sorry Marion, natürlich mein ich MEGALECKER!

Montag, 18.08.2014
Mal wieder `ne sportliche Nacht. Gemütlich mit Genua, Genua reffen, Genua rein Fock raus, dann wieder die Genua raus ... langsam hängen mir die Gewitterfronten echt zum Hals raus. Wir sind Fahrtensegler und keine Regattaheinis! Die brauchen den Stress, ich will gemütlich mein Buch lesen. Hat der Windgott mein Genörgel wohl gehört, jetzt ist der Wind ganz weg. Der Stinkediesel verbrät den billigen venezolanischen Diesel. Dafür sind wir um Cabo Cruz rum, dem südwestlichsten Zipfel Cubas. Tuckern wir an der Südküste einfach weiter, bis der Winkel reicht, damit wir nach Haiti runter können. Da werden wir bei dem andauernden SO wohl noch `ne Weile tuckern müssen. Freuen sich wenigstens die Batterien. Die platzen bald vor lauter Energie. Wir wissen schon gar nicht mehr, was wir noch alles einschalten sollen, um den ganzen Strom loszuwerden. Marion hat ihren grossen Rechner aufgeklappt. Sie sitzt über unserer Ausgabenliste und ist `n bisschen am Nörgeln. Die grösste Position ist DEIN Feierabendbier! Als wenn sie nicht jedesmal mit `ner Dose daneben sitzen würde. O.k., Verhältnis 2:1 ungefähr. Fällt ihr Blick noch auf die “bei-nächster-Gelegenheit-zu-kaufen-Liste” - Inverter, Aussenbordmotor, ... und die Versicherung wird auch um 700 Euro erhöht! Hat sie sofort `n blöden Einfall. Wir streichen das Feierabendbier. Da wird nicht etwa die Versicherung gekündigt - allein von der Erhöhung könnten wir jeden Tag zwei Bier trinken - nein, da wird dem hart arbeitendem Skipper seine wohlverdiente Dose förmlich aus der Hand gerissen!!! Ist jetzt nicht so, dass ich `n Spendenaufruf starten will, aber falls irgendjemand die Möglichkeit sieht, unkompliziert `ne Kiste Bier nach Venezuela zu schicken .... ;) Dahin sind wir grad unterwegs und wenn wir da ankommen und Marion mir das “Willkommens-Bier” auch noch streicht ...

 

Mittwoch, 20.08.2014
Man kann sie aber auch nicht einen Moment aus dem Auge lassen. Kletter ich nach meinem wohlverdienten Schönheitsschlaf so Haitis Fischer - wahre Segelmeistergegen Mittag aus der Koje, hockt Marion halbnackt im Cockpit und winkt vorbeisegelnden Fischerbötchen zu. Warum nicht gleich `n Kusshändchen?! Ich bin knurrig! Kein Wunder, letzte Nacht wieder das Theater mit Segel rein, Segel raus - nie passt der Wind! Dann wieder stundenlang motoren und irgendwann war dann auch noch der Dieselfilter dicht. Umschalten auf den anderen Filter, weiter zudröhnen lassen und pünktlich zum Sonnenaufgang verendet der Motor wieder. Statt in die Koje, bin ich also erstmal in den Motorraum. Beide Filter abschrauben, schönes Geschmadder bei dem schwankendem Dampfer, alles voller Diesel, 500°C in dem Kabuff und dann mit den schmierigen Fingern versuchen, die neuen Filter wieder anzuschrauben. Alles schwankt, ich rutsche hin und her, der Schweiss rinnt überall runter, die Dichtringe fliegen immer wieder runter ... Warum hat die Evolution den Menschen nicht mit drei Händen ausgestattet?! Ich würde sie jedenfalls öfter mal brauchen! Jetzt zum Beispiel! Aber irgendwann sind die Filter dran, ich wische alles halbwegs sauber, weiss, dass ich ohne Dusche nicht ins Bett darf und überlasse es der Frühschicht, meine Fusstapsen, die ich auf dem Weg dorthin hinterlasse, wegzuwischen. Bin schliesslich der Skipper. Na ja, jetzt sind wir immerhin schon mal vor Haiti. Viel zu sehen ist davon nicht. Überall fette, schwarze Regenwolken und dazwischen ein paar hohe Berge. Um uns rum dutzende klitzekleine Fischerboote mit riesigen Segeln. Und die haben sich alle vorgenommen, mich zu ärgern. Hunderte Lobsterfallen haben sie überall versenkt. Lange Strippe dran und daran ein Bündelchen Plastikflaschen gehängt. Sieht mann bei den Wellen natürlich erst im allerletzten Augenblick. Keine Ahnung, wie die Fischer die Dinger wiederfinden. So`ne Strippe im Propeller wäre ja genau das was wir jetzt noch brauchen. Das Wasser hat auch nur noch 28°C. Und das Kap vor uns heisst Cap Tiburón. Tiburón ist der Hai! Warum sie das wohl so genannt haben? Jedenfalls habe ich keine Lust, hier ins Wasser zu springen, um `ne Leine vom Propeller zu schneiden. Kurven wir also im Slalom um die blöden Plastikflaschen rum. Zum Glück kommt Wind auf. Richtig Wind! Können wir endlich wieder segeln! Die Fischerbötchen heizen auch immer noch völlig übertakelt hin und her. Wär mir jetzt echt nix, in so´nem Ding. Mit dem Hintern im Wasser hocken, ständig am Schöpfen und dann auch noch genau vorm Haifisch Kap ...

Donnerstag, Die armen Haitianer können einem echt leid tun - da gibt´s zwei Regenzeiten im Jahr21.08.2014
Ich weiss ja nicht wie Marion das immer macht, aber die pennt echt die ganze Nacht durch. Da kann das Boot in die Wellen krachen, hin und her rollen, der Motor dröhnen ... sie pennt. Ich bin nach spätestens drei, vier Stunden wach. Da roll ich dann in der Koje so hin und her, oder hoch und runter - kann ich auch aufstehen! Krieg ich dann meinen “Augen-auf-Kaffee” ins Cockpit. Kommt `ne Welle, schwappt so`n bisschen was daneben. Versuche ich vorsichtig den Rand sauber zu wischen, neue Welle - schwappt erst richtig was raus. Mist! Also Tasse in die Hand nehmen, Lappen in die andere, vorsichtig ... nächste Welle! ... Tasse immerhin noch halbvoll. Das Ding erstmal auf dem Sitz abstellen, Duschschlauch rausfummeln und den ganzen Kaffee wegspülen. Dabei gegen die abgestellte Tasse rammeln ... SCHEI ...!!! Ich krieg `n neuen Kaffee, Marion kann sich das Lachen kaum verkneifen und verschwindet wieder in der Küche. Sie will mich mit einem Obstsalat quälen. Nimmt sie `ne fette Mango und fängt an das Ding zu schälen. Welle, fluppsch, sucht die Mango das Weite. Hör ich Marion das erste Mal fluchen, als sie den Fussboden sauber wischt. Frauen können ja mehrere Dinge gleichzeitig erledigen, hat sie sich also nebenbei einen Tee gemacht. Einen ganzen Messbecher voll. Der steht schön eingekeilt neben dem Waschbecken und soll ziehen. Macht er genau bis zur nächsten richtig grossen Welle. Dann schwimmt er überall auf dem Fussboden. War natürlich richtiger Tee drin, kein Teebeutel. Jetzt reizt sie ihr Repertoire an Schimpfwörtern schon weiter aus. Als sie Fussboden und Bilgen wieder trocken hat und die Teekrümel aus allen Ritzen, wirkt sie auch wieder deutlich entspannter. Jetzt bloss noch den Kühlschrankdeckel hoch, um darunter auch abzuwischen. Steht blöderweise der Teller mit den abgeschnittenen, recht saftigen Mangostücken drauf. Klatsch, jetzt kleben die an der Wand! Ist nicht bloss `ne Wand, da ist auch ein Lüftungsgitter für die Abluft der Mikrowelle. Ist das Zeug auch schön durchgesickert. Hähä! Wusste gar nicht, dass Marion so laut fluchen kann :) --- 23.00 Uhr. Muss ich auch noch loswerden: kleine Planänderung! Seit gestern haben wir ja ein verstärktes Auge auf die nächste Schlechtwetterformation. Nicht nur wir, das amerikanische National Hurricane Center zum Glück auch. Holen wir uns jetzt dreimal täglich die aktuelle Lage. Die haben jetzt ein Flugzeug hochgeschickt. Einen Hurricane Hunter. Wär ja kein Job für mich. Jedenfalls haben die jetzt festgestellt, dass die Front Richtung Puerto Rico, Hispaniola zieht. 80%ige Wahrscheinlichkeit, dass sie sich zu `nem Tropical Storm oder Cyclon entwickelt. Ist jetzt blöd. Hispaniola sind wir gerade. Haben wir also die Seekarten studiert und entschieden, dass wir uns in die Bahia de las Calderas verkrümeln. Sieht zumindest auf der Karte ganz gut geschützt dort aus. Noch 120sm. Sind wir morgen Abend da. Sollte passen. Müssen wir halt ein bisschen Gas geben. Ach ja, da wäre unser nächstes Problem: die Filter sind schon wieder dicht. Glibber! Dabei kippen wir jetzt immer das sauteure Zeug in den Tank, das genau sowas verhindern soll. Und eins haben wir noch: der Motor fängt jetzt an zu vibrieren. Kommt eindeutig durch die Welle. Das Wellenlager machts nicht mehr lange. Also irgendwo neues Wellenlager kriegen, auskranen, wechseln, wieder rein ins Wasser ...$$$ ... Ich glaub, jetzt streicht Marion mir das Feierabendbier endgültig!

 

Freitag, 22.08.2014
Sowas von verpennt hab ich ja noch nie! Halb vier kletter ich aus der Koje. Dabei hab ich vor zwei Tagen gerade erst so angegeben, wie ich nach drei Stunden Schlaf topfit aus der Koje springe ... Gut, bin heute früh auch erst später reingekommen. Wegen Beata. Beata ist `ne Insel. Vorm Cabo Beata. Das ist auf `ner Landzunge, die weit nach Süden reicht. Da müssen wir rum. Dazwischen gibt`s noch den Canal de la Beata. Da sind Kolumbus wohl damals die Namen ausgegangen. Jedenfalls will ich durch den Kanal Beata. Spart 10sm. Würde Marion ja nie durchfahren - ich schon! Aber nur bei Tageslicht. Hab ich also all meine navigatorischen Fähigkeiten voll ausgereizt und pünktlich zum Sonnenaufgang waren wir vor der Durchfahrt. Paar Meilen davor war noch ein kleiner Felsen im Wasser mit `nem Leuchtfeuer drauf. Stockdunkle Nacht - kein Leuchtfeuer! Dafür auf der anderen Seite. Da sollte eigentlich keins sein. Sind trotzdem heil an dem Felsen vorbei. Und durch den Kanal auch. Wegen dem guten Navigator. Und der hat jetzt verpennt. Weil er sich dKurz vor Bahia De Las Calderasie Nacht über so doll anstrengen musste. War aber nicht weiter schlimm, Marion hat das Boot brav auf Kurs gehalten. Und nebenbei (vermutlich mit Schweissperlen auf der Stirn) immer die aktuellen Wetterwarnungen empfangen. Das Tief steht in der Mona-Passage. Das ist zwischen Puerto Rico und Hispaniola. Verdammt dicht schon. Einen Namen hat`s jetzt auch. Cristobal! Das klingt doch endlich mal nach was. Vor schweren Gewitterböen, starken Regenfällen, sowie lebensgefährlichen Sturzbächen und Schlammlawinen in der Dominikanischen Republik warnt das Hurricane Center. Na gut, zumindest das Letzte betrifft uns nicht so sehr. Natürlich hat der Wind wieder auf O gedreht. Fast genau gegenan. Rundum alles in rabenschwarze Wolken gehüllt. Sieht irgendwie gar nicht gut aus. Sogar ziemlich bedrohlich. Und noch 20sm bis zur Bahia. Gashebel noch ein Stück weiter nach vorn. Lässt gleich das Vibrieren nach. Sollten jetzt immer mit Vollgas fahren. Kurz vorm Sonnenuntergang stehen wir dann endlich vor der Einfahrt. Wir vermuten zumindest, dass jetzt Sonnenuntergang ist. Zu sehen ist die schon lange nicht mehr. Aber es wird dunkel. Viel zu schnell. Die Einfahrt zieht sich. Durchs Fernglas kann man grad noch ein paar grosse Mooringtonnen erkennen. Oups, da wären wir fast raufgeknallt. Dann endlich um die Tonne (natürlich unbeleuchtet), hinter der wir rechts in die Bahia abbiegen können. Die ist gross. Dafür mit betonntem Fahrwasser. Natürlich auch unbeleuchtet. Wir finden den Weg durch die Bucht trotzdem, die Tonnen auch und irgendwann plumpst unser Anker in stockdunkler Nacht vor einer kleinen Marina ins Wasser. Keine Ahnung ob wir einfach Glück mit der Stelle haben, oder der Grund hier überall so gut ist, jedenfalls hält der Anker gleich beim ersten Versuch. Rückwärtsgang, 3000 Umdrehungen - wir bewegen uns nicht einen Millimeter vom Fleck. Perfekt, jetzt kann das Mistwetter kommen!

 

Sonnabend, 23.08.2014
Wieder alles anders. Als wir beim Frühstück so die ganzen Gebrechen unseres Bötchens durchgehen, wird klar, dass wir dringend das ein oder andere Ersatzteil brauchen. Kriegen wir mit Sicherheit nicht in Venezuela. Aber in Sint Maarten! Nur 450sm von hier. Fahren wir also erstmal da hin. Hat Marion natürlich sofort noch `ne Idee: da können wir dann ja auch nach Santo Domingo fahren! Der ältesten Stadt der Neuen Welt. Augenklappern! Wenn`s weiter nichts ist. Gut, dann müssen wir in der Dom.Rep. eh einklarieren, können wir das auch gleich hier machen. Gegen Mittag lässt der Wind nach, schmeiss ich also das Schlauchboot ins Wasser, Motor ran, werd in die lange Behördenhose gesteckt und schon tuckern wir nebst Dokumenten zum Marina-Steg. Ist gar keine Marina, ist ein Hotel. Auch nicht schlecht. Und gleich die nächste wichtige Information, zu den Behörden brauchen wir nicht laufen, die kommen zu uns auf`s Boot. Heute noch, oder morgen, oder wenn`s Wetter besser ist ... Aha, und wo ist der nächste Geldautomat? Immer die Hauptstrasse lang, 3km. Besser wir nehmen den Bus. Die Jungs zücken echt das Portomanie, um uns Busgeld zu geben. Muchas gracias, aber wir laufen lieber. Ist mit Marion ja immer schwierig. Unterwegs gibt´s nämlich Bäume, die unbedingt angestarrt werden müssen, jede Menge Ziegen, mit denen sie reden muss, Sanddünen, auf die sie raufklettern will, VerkeWandern wir mal - aber nicht zu scharf in die Kurven legen ;)hrsschilder die fotografiert werden müssen ... irgendwann stehen wir trotzdem vor dem ATM. Wir hatten im Hotel klugerweise gefragt wie der Umtauschkurs ist, etwa 40 Peso für einen Dollar. Gut, das Einklarieren kostet Gebühr, nach Santo Domingo wollen wir, ein Bierchen an der Hotelbar ... ich hebe 200 Dollar ab, verkünde ich. Alles klar, Karte rein, Geheimzahl, und 800 Peso gedrückt! Aha, kostet 195 Peso Gebühr registriere ich nebenbei, bestätige fleissig alles weitere und schon rasselt der Automat los. Äh, warte mal, irgendwas stimmt jetzt nicht, komme ich ins Grübeln. Mist! 200 Dollar sind ja nicht 800, sondern 8000 Peso! Ich dreh mich lieber nicht um, ob Marion heimlich grinst. Also Karte noch mal rein, Geheimzahl, ... wieviel willst du denn jetzt abheben, fragt Marion. Na, äh, ... noch mal 8000! Zeitlimit abgelaufen steht auf dem Bildschirm. Blöde Kiste! Also noch mal von vorne. Alles eingegeben, grübelt der Automat so`n bisschen ... 3000 Peso ihr möglicher Höchstbetrag, schreibt er jetzt frech. Boah, ich glaub`s nicht! Noch mal von vorne, 3000 Peso eingetippt, er wieder am Grübeln,...  nö, Auszahlung nicht möglich. Der verarscht mich! Vielleicht, weil du schon 800 abgehoben hast, versuch`s doch mal mit 2200 - schlägt Marion sich natürlich auf seine Seite. Ich probier`s also mit 2200, danach mit 2000, mit 1000 ... er bleibt stur, Auszahlung nicht möglich. Wahrscheinlich geht nur eine Transaktion pro Tag, versucht Marion seine Gehässigkeit zu entschuldigen. Gut, dann nehmen wir eben deine Karte! Die liegt auf dem Boot. Ich brauch erstmal `ne Zigarette!!! Was soll`s, für`n Bier an der Hotelbar reicht`s ja erstmal. Umgerechnet etwa 16 Euro bei 4 Euro Gebühr! War jetzt nicht grad meine mathematische Sternstunde. Um den Ausflug perfekt zu machen, regnet`s dann auch auf dem Rückweg. In Strömen! Aber wir haben ja ein Ziel. Die Hotelbar! “Dos Cervezas, por favor”, ruf ich dann auch gleich freudestrahlend über den Tresen. Kramt der zwei klitzekleine Flaschen aus seiner Kühlbox, wickelt die in Servietten, dann noch eine um den Flaschenhals - 250 Peso! OUPS! Das sind ja über 3 Dollar für so`n kleines Fläschchen! Noch eins trink ich hier nicht, verkünde ich sofort. Stimmt aber nicht. Wir lernen Steve und Jackie kennen. Die beiden arbeiten weltweit auf Montage und zur Zeit gerade auf der Werft hier in der Bahia. Die Werft zahlt ihr Hotelzimmer, ihr Essen, ihr Bier ... Und unsere heute auch :-)

Sonntag, 24.08.2014
Wo haben wir eigentlich die langen Unterhosen? Nicht, dass ich sie sofort bräuchte, aber wenn das so weitergeht ... Es ist kalt! VIERUNDZWANZIG GRAD! Um einer Lungenentzündung vorzubeugen hab ich mir wenigstens erstmal ein T-Shirt angezogen. Und wegen der Unterhosen muss ich Marion nachher mal fragen. Jetzt geht das grad nicht. Sie macht Frühstück. Eierkuchen mit Tomate und so`n bisschen Schimmelkäse drin. Einfach lecker! Den Käse hab ich kurz vor unserer Abfahrt noch gefunden, als ich Marions Grünzeug zum Teil mit in den Kühlschrank stopfen mussteWhat a terrifying taste!. Waren sogar noch zwei davon da. Wir haben aber nur den behalten, der noch nicht alleine den Tisch langgewandert ist. Ansonsten sieht heute noch nichts nach Aufbruch aus. Es regnet immerzu. Mehr so `ne Art Sintflut. Zum Glück wohnen wir ja auf `ner Arche. Und die wird grad mal wieder so richtig schön sauber.

Montag, 25.08.2014
Ich glaub, das Problem mit den Vibrationen hab ich gelöst. Der Propeller war`s! Na ja, nicht direkt der Propeller, sondern das ganze Grünzeug, das sich so dekorativ um ihn gewickelt hatte. Sogar ein hübsches Plastetütchen war dabei. Kein Wunder bei den Teppichen von Seetang, durch die wir in den letzten Tagen gefahren sind. Einfach unglaublich wieviel Müll da unterwegs war. Hab mich dann auch gleich noch an die Wasserfilter gemacht, jede Menge Pflanzen aus den Filtern gesammelt und wieder in die Freiheit entlassen. Und da ich eh schon im Motorraum hocke, auch noch die Dieselfilter abgeschraubt. Glibber! Mangels weiterer Ersatzfilter hab ich das Zeug so halbwegs da rausgekloppt und die Dinger wieder angeschraubt. Muss jetzt halten bis Sint Maarten. Und wir haben sogar Glück mit dem Wetter. Der Regen hört auf. Am späten Nachmittag. Eigentlich regnet es hier vielleicht zweimal im Jahr und jetzt schon drei Tage ununterbrochen. Wegen Cristobal! Der lungert grad irgendwo NO der Bahamas rum und nennt sich jetzt stolz Hurricane. Geht uns aber nichts mehr an. Dafür wandert die nächste Front gerade Richtung Antillen und unterhalb der Kapverden formiert sich eine weitere ... Da mag man die Wine from Italy - much better :)Mails mit den Wetterprognosen ja gar nicht mehr aufmachen. Die gute Nachricht ist, wir brauchen heut nicht kochen. Haben wir geschickt eingefädelt. Seit gestern ist Steve`s Frau da. Trudy ist ein lustiges Persönchen. Sie möchte unbedingt mal unser Boot sehen. Sowas könnte Steve nämlich auch kaufen und mit ihr dann immer zu seinen Baustellen segeln. Sammel ich also alle drei zwecks Bootsbesichtigung ein. Und während ich mit Steve im Mottorraum hocke, um über Schiffsantriebe zu fachsimpeln, seinem Fachgebiet, hüpft Trudy aufgeregt durchs Schiff und kriegt sich gar nicht wieder ein vor Begeisterung. Genauso muss es sein! Bloss ohne Mast vielleicht und mehr so als Hausboot. Und schaukeln soll es nicht. Aber ansonsten genauso! Schreibt Steve grinsend auf seine Liste. Trudy hat viele Träume! Wie wir so am Labern sind, erzählt Steve von der Eigenart der Südamerikaner, gemeinsam Tee aus einem Becher zu schlürfen. Mate! Zack, zaubert Marion natürlich sofort einen Mate-Becher hervor setzt Wasser auf und schon sitzen wir alle gemütlich im Cockpit und nuckeln an der Bombilla. Das ist das Trinkröhrchen. Bloss aus Metall. Das schmeckt jetzt ausser Jackie und Marion keinem wirklich, bringt uns aber `ne Einladung zum Dinner. Im Hotelrestaurant! Die haben lecker Steaks. Und die Werft zahlt ... :-)

Dienstag, 26.08.2014
Ganz früh schleichen wir uns heimlich aus der Bucht. Damit uns die Guarda Costa, die an der Einfahrt sitzt, gar nicht erst sieht. So mit eingezogenen Köpfen, Funke aus und schön leise. Marion lässt sich nicht davon abbringen. Sie will nach Santo Domingo, der älteste Stadt in der “Neuen Welt”! Kann ich ihr noch so oft erzählen, dass das Quatsch ist, weil die Mayas, Inkas, Atzteken und wie sie alle hiessen, schon riesige Städte hatten, bevor die ersten Bleichgesichter hier auftauchten - egal, sie will da hin! Fast 50 ÄTZENDE Meilen! Zumindest die letzten 20. Grosse Wellen knallen gegen das Ufer, werden reflektiert, irgendeine Strömung noch dazu - so bescheuerte See hatten wir bisher selten mal. Das Boot kracht hin und her, bricht immer wieder zu irgendeiner Seite aus, Wasser kracht übers Deck - Marion wollte das ja so! Je näher wir dem Hafen kommen, um so schlimmer wird es. Riesige Pflanzenteppiche, halbe Bäume und dazu Müll ohne Ende. Wir nur im Zickzack, versuchen wenigstens den grössten Sachen auszuweichen. Plötzlich spuckt der Auspuff kein Wasser mehr aus - ich panisch in den Motorraum, der Impeller hat den Geist aufgegeben! Perfekter Zeitpunkt dafür! Ist aber BLOSS der Wasserfilter dicht. Zum Glück haben wir einen zweiten Filter, mit getrenntem Bordeinlass - einmal umschalten, spuckt der Motor wieder Wasser. Dafür wird das Wasser mit mal braun. Richtig schön kackbraun! Ne, mit dem ganzen Grünzeug dazwischen, sieht`s eher aus wie `ne Babywindel. Und die blöden Tonnen, die die Einfahrt in den Fluss markieren sollen, kann ich auch nicht sehen. Am liebsten würde ich abdrehen. Geht aber nicht, der Admiral hat Santo Domingo befohlen. Mittlerweile fast 2kn  Gegenstrom, ich drück den Gashebel weiter nach vorn und hoffe, dass der zweite Bordeinlass nicht auch verstopft. Dafür sehen wir die Tonnen endlich. Das Wasser rauscht und gurgelt da nur so. Und hinter uns noch so`n riesiger Container-Frachter! Was soll´s, ich steuer genau auf die Einfahrt zu und ganz langsam schieben wir uns in den Rio Ozama. Da hab ich das Gefühl, dass wir stehen. Blick auf`s GPS, wir bewegen uns doch noch. Mit 1,5kn!!! Die Logge zeigt knapp 6! Über 4kn Gegenstrom! Dabei haben wir Flut. Hatte ich extra vorher kontrolliert. Und dazu diesen blöden Containerdampfer im Nacken. Vollgas! Mit 3kn schieben wir uns durch das Gebrodel, versuchen vorbei rasenden halben Bäumen auszuweichen, winken gRio Ozama, die arbeiten hier mit allen Tricks: die Strasse führt über Schwimmpontons über den Flussequält den Pilotbooten zu, die auf die “Honkong Star” hinter uns lauern und die ganze Zeit frage ich mich, wie wir bei der Strömung jemals in irgendeiner Marina anlegen wollen. Falls denn mal endlich eine auftaucht. Links und rechts haben grosse Frachter festgemacht - uff, den Chinesen sind wir los, der würde dazwischen nicht durch passen. “Sag mal, Marion, hab ich `n Augenfehler - da vorne geht das nicht weiter!” Blick durchs Fernglas, da geht wirklich `ne Strasse genau über den Fluss! Genau dahinter `ne riesige Brücke, aber die Strasse fast auf Wasserhöhe. Tapfer halten wir drauf zu. Und dann auf der rechten Seite eine kleine Bucht mit `ner Marina. Da sieht das Wasser richtig ruhig aus, macht Marion mir Mut. Ist es auch. Krass, 50m weiter rauscht und brodelt es nur so und hier stehen wir mit mal fast auf der Stelle. Das dann aber noch `ne halbe Stunde lang. Vor der Marina ist nämlich eine schwimmende Barre gespannt, um den vorbei treibenden Urwald von den Schiffen fernzuhalten. Muss natürlich erst der Barren-Öffner aus dem Feierabend geholt werden. Irgendwie werden wir dann da durch gelotst, mit ner Mooringleine versehen und landen mit dem Hintern am Steg. Leinen sind kaum fest, hocken auch schon die ersten zwei Uniformierten im Cockpit, um ihre Fragebögen auszufüllen. Die sind grad fertig, taucht der nächste auf. Immigración. Aha, von dem kriegen wir also den Stempel in die Pässe. Er braucht noch das Ausreiseformular der Kubaner. Das haben die ersten beiden schon gekriegt, die waren nunmal zuerst da. Er braucht das aber auch. Tja, wir hatten aber nur ein Exemplar. Klärt sich aber sofort, Beamte eins und zwei tauchen noch mal auf, weil ihnen aufgefallen ist, dass wir von Kuba nach Venezuela ausklariert hatten. Wieso wir jetzt in Santo Domingo wären? Na weil meine Frau hierher wollte! Sie hat gelesen was für eine wunderschöne Stadt das sein soll und wollte sie deswegen unbedingt sehen, schiebe ich sicherheitshalber noch nach. Das leuchtet allen als Argument ein. Nebenbei besprechen sie gleich wie sie die Kopien, die sie mStadtmauer, natürlich mit Kanonen!orgen anfertigen wollen untereinander verteilen, wir zahlen brav die Einklarierungsgebühr und trennen uns in schönster Harmonie. Endlich Duschen! Stehen die nächsten zwei vorm Boot. Drogenpolizei! Ob wir Drogen an Bord haben? Nö. Und Waffen? Eigentlich auch nicht. Gut, schreiben sie das also in ihre Formulare und brauchen jetzt nur noch das kubanische Ausklarierungsdokument. War ja klar! Taucht zum Glück Beamter Nr. 3 noch mal auf. Er hatte unsere Quittung vergessen. Werden die Drogenjungs also in den Verteiler für die morgigen Kopien aufgenommen und wir können jetzt wirklich duschen. Haben wir auch mehr als nötig.

Mittwoch, 27.08.2014
Jetzt haben wir sie gesehen. Die älteste .... Ganz hübsch die Altstadt. Und ziemlich dreckig. Ist ja nicht so, dass wir da sonderlich empfindlich wären, in vielen Gegenden, die wir besucht haben lag jede Menge Müll rum, aber hier, Weltkulturerbe und so, hätten wir das echt nicht erwartet. Dabei stehen überall Mülleimer rum. Vermutlich sogar die ältesten der Neuen Welt. Muss der Abfall ja nicht unbedingt daneben ausgebreitet weIn der Arzobispo Merinorden. Aber vielleicht streikt die Müllabfuhr gerade. Sind wir also in brütender Hitze durch die Strassen geschlendert, haben uns restaurierte Palacios angeschaut, die alte Festung bestaunt, sind auf die Stadtmauer geklettert, haben vor der älteste Kirche der ... gestanden, genauer gesagt, was davon noch übrig ist, sind durch noch mehr Gassen gelatscht, haben uns hunderter Fremdenführer erwehrt, eine Gastlandflagge gekauft, im Pantheon gestanden, sind mit raushängender Zunge durch noch `n Palacio geschlichen, haben noch mehr alte Mauern bestaunt ... bis wir sie dann irgendwann in einer unscheinbaren Seitenstrasse entdeckt haben: Plastestühle! Genau vor einem kleinen, dunklen “Tante-Emma-Lädchen”, das eisgekühlte Presidente 1L-Flaschen für 120 Peso unter das durstige Volk bringt. Hier bleiben wir. Zusammen mit einigen Männern aus der Nachbarschaft, die sich hier auch gemütlich niedergelassen haben. Einfach unverständlich, dass der Laden nicht auf dem Stadtplan eingezeichnet ist ... Vermutlich noch `n Insider Tipp :)

Donnerstag, 28.08.2014
Marion will Leuchtturm gucken. Sehn wir ja so selten. Latschen wir also zum Faro Colón. Was für ein Ungetüm. Sieht auch gar nicht nach `m Leuchtturm aus. Eher wie so`ne Mischung aus Mayatempel, Pyramide und KDF-Protzbau. Von vorne jedenfalls. Marion will auch rein. Kostet Eintritt! Da meine Versuche, uns einen Studentenrabatt zu erschleichen, in letzter Zeit ziemlich erfolglos waren, versuche ich es diesmal mit der Seniorenmasche. Klappt auch nicht! 100 Peso für jeden. Fast zwei Bier! Von innen wirkt das monströse Ding eher wie `n Gefängnisgang. Schmal, hoch, beidseitig die Zellentüren ... Soll aber was ganz anderes darstellen. Ein riesiges Kreuz! Hat die damalige Regierung für 40Mio US$ zur 500-Jahrfeier der Entdeckung Amerikas bauenWas für´n Klotz!! lassen. Hat `ne Menge Dominikaner ziemlich aufgebracht, die der Meinung waren, das Geld wäre für soziale Zwecke sinnvoller angelegt. Vermutlich gibt unsere Regierung so`n Betrag schon für neue Klobrillen im Bundestag aus - regt sich kein Mensch mehr drüber auf. Leider! Hinter den Zellentüren sind dann gar keine Zellen. Da sind Ausstellungen. Von jedem amerikanischen Land eine. Die Exponate haben die jeweiligen Länder gespendet. Kann man jetzt also mexikanische Teller, equadorianische Tonkrüge oder selbstgehäkelte Mützen aus Peru bestaunen. Kanada hat nur `n Brief geschickt. Der hängt auch an der Wand. Konnten wir aber nicht lesen. War zu dunkel. Kein Licht! 40Mio verbraten, aber die Stromrechnung nicht bezahlen. Irgendwo unter dem riesigen Koloss hat man dann auch noch Kolumbus Gebeine vergraben. Der konnte sich nicht mehr wehren. Und in der Mitte steht ein, vermutlich künstlerisch wertvolles Ding. Hat Marion natürlich fotografiert. Aber sie fotografiert ja auch Verkehrsschilder. Und warum heisst der Betonbrocken nun Leuchtturm? Weil es ganz oben ein Licht gibt. Das dreht sich, wie bei einem richtigen Leuchtturm. Immer schön im Kreis. Ist jetzt aber nicht nur so`n schnödes Licht. Das ist ein Laserstrahl in Form eines Kreuzes. Super Einfall!

Freitag, 29.08.2014
Zeichnet sich deutlich ab, dass wir unser Ziel, bis Ende August in Venezuela zu sein, mal wieder nicht erreichen. Wir sollten einfach keine Pläne mehr machen. So wie heute zum Beispiel. Da haben wir nichts geplant. Klappt super. Der Tag geht trotzdem rum. Trotz Regen. Wir haben INTERNET! Die Website ist aktuell! Letzter Eintrag war von Ende Februar. Peinlich! Na ja, immerhin noch von diesem Jahr :-) Ist ja nicht so, dass wir schreibfaul waren, haben fast jeden Tag fleissig auf der Tastatur rumgeklimpert und dem Rechner unsere intimsten Geheimnisse anvertraut. Konnte nur keiner lesen ausser uns. Hatten ja kein Internet. Hat uns nicht mal gefehlt. Aber die schöne Zeit ist jetzt vorbei. Unzählige Mails wollen gelesen werden, einige sogar beantwortet, Marion stöhnt beim Online-Banking über unseren Kontostand, telefoniert mit ihren Eltern (nicht wegen dem Kontostand ;), ich lasse mich durch die Online-Nachrichten ständig ablenken, bin nebenbei auch noch am skypen ... ich glaub, alle Mails schaffe ich heut nicht mehr. Blödes Internet!

 

Sonnabend, 30.08.2014Eisekalt hier drin, da versteht man wegen dem Zähneklappern kaum den Audio-Guide
Hatten wir doch glatt noch die Kathedrale vergessen. Ist Marion natürlich gleich aufgefallen. Sind wir heute also noch mal in die Altstadt. Bei dem ältesten Haus war sie sich auch nicht sicher, ob wir das gesehen hatten. Sind wir erstmal da hin. Ein Haus! Das älteste! Ist das Einzige, was noch von der ursprünglichen Hauptstadt übrig ist. Die anderen hatte Francis Drake alle platt gemacht als er Santo Domingo erobert hatte. War den Tag vermutlich nicht so gut drauf. Die älteren Einwohner erinnern sich bestimmt noch daran. Deswegen weiss man eben auch, dass er genau dieses Haus in der Mitte stehen lassen hat. Obwohl, eigentlich stand die Stadt ja erst auf der anderen Flussseite. Da kam dann aber ein Hurricane ... ach wisst ihr was, lest euch den Quatsch doch einfach bei Wikipedia durch. Oder sonstwo. Ihr habt doch Internet. Ich weiss das ja auch nur vom Hörensagen, also von Marion und die aus ihrem CaribicAltar aus Mahagoni-Guide und der von den älteren Einwohnern ... Als nächstes dann zur Kathedrale. Natürlich die älteste Amerikas. Hier ist ja jedes Klohäuschen das älteste Amerikas. So im direkten Vergleich zum Petersdom wirkt das Ding etwas mickrig, aber schon grösser als `ne Dorfkirche. Kann sich jetzt also jeder was drunter vorstellen. Sind wir natürlich auch noch rein. Ticket mit Audio-Guide! Kostet umgerechnet, um das gleich mal in einer allgemein verständlichen Währung auszudrücken, ein Bier. Aber für Kultur geben wir ja das Letzte. Da drin sind dann lauter Kapellen, die irgendwer irgendwann in irgendeinem Stil angebaut hat. Die wurden dann von irgendwem für irgendwas genutzt. Konnte ich mir natürlich nicht alles merken. Den Audo-Guide mussten wir am Ausgang ja leider wieder abgeben, sonst hätte ich mir das hier noch mal in Ruhe angehört und etwas genauer schreiben können. Ach ja, Bilder war`n da auch drin und Kreuze. Und jede Menge Stühle in der Mitte. Papst Johannes Paul II. war da natürlich auch mal. Aber der war ja so ziemlich überall. Ursprünglich haben hier auch Kolumbus Knochen rumgelegen, bis man die unter dem monströsen Leuchtturm verbuddelt hat. Marion war sich jetzt sicher, dass wir alle Sehenswürdigkeiten gesehen haben, konnten wir uns also mehr kommerziellen Dingen zuwenden. Grünzeug kaufen. Tomaten, Kartoffeln, Mangos und was sie noch alles so in meinen Rucksack stopfen konnte. Geschickt hab ich die Route so gewählt, dass wir am Ende genau vor dem “Tante-Emma-Laden” standen. War mal wieder sehr vorausschauend von mir, dicke schwarze Wolken, Donner - geht ein Monster-Regen los. Aber wir stehn warm und trocken in dem Laden. `Ne Stunde! War aber nicht schlimm, die haben ja Presidente. In Literflaschen :-)

Sonntag, 31.08.2014
Man bin ich platt! Hab gearbeitet. Den ganzen Tag. Ist schliesslich Sonntag und da versuch ich dann schnell noch alles, was in der Woche so liegenbleibt, abzuarbeiten. Ne, wir wollen morgen weiter und da dacht ich mir, schau doch mal nach dem verstopften Filter. Bin ich also mit Werkzeug in den Motorraum und hab erstmal alles zerlegt. Filter sauber, der andere auch. Als nächstes den Schlauch vom Seeventil abschrauben, der ist auch frei. Steckt das Zeug also im Seeventil. Probeweise mal aufdrehen, fliesst ein dünnes Rinnsal. Gut, in die Lorche hier spring ich nicht, um da von aussen drin rumzustochern. Schnell noch den Dieselfilter abschrauben und auskloppen und dann fällt mein Blick auf die Wasserpumpe. Die leckt. Schon seit drei Wochen. Aber nicht immer! Hab das Problem bisher eben ganz gekonnt vor mir her geschoben. Aber jetzt sitz ich ja grad mit Werkzeug hier. Bau ich also erst die Bilgenpumpe ab, damit ich an die andere überhaupt rankomme, dann alle Schläuche, Kabel, Befestigungsschrauben - kann ich das Ding zur näheren Betrachtung ins Cockpit tragen. Sieht ziemlich bäh aus. Erstmal zerlegen. Hämmer ich wie blöd auf den Schrauben rum, um die irgendwie aufzukriegen. Mach ich mich natürlich bei Marion unheimlich beliebt, die 2m neben mir gerade versucht, mit ihren Eltern zu skypen. Immerhin krieg ich die Pumpe endlich auf. Alles korrodiert, aufgeblühtes Alugehäuse ... sieht gar nicht gut aus. Könnte versuchen, die Stosskanten glatt zu schleifen, mir `ne Dichtung basteln ... andererseits ist die Pumpe bestimmt schon 300 Jahre alt. Ich glaub, mit dem Modell ist Kolumbus damals schon unterwegs gewesen. Und ich hab ja `ne Reservepumpe! Wühle ich das Teil also unter der Vorderkoje hervor, Druckschalter von der alten an die neue, Druckbehälter ran, Halterung umbauen, damit die auch an die alte Befestigung passt und schon bin ich wieder im Motorraum. Pumpe anbauen, Schläuche ran, Kabel anpressen - einschalten! Knurrt das Ding lustlos vor sich hin. Kein Wasser! Ansaugschlauch ab - da saugt nix! Alles wieder ausbauen, ins Cockpit damit und zerlegen. Da drehen die Schrauben wenigstens noch. Dafür ist das ganze Pumpeninnenteil voller Plastikspäne. Pul ich den ganzen Mist mit `ner Pinzette raus (ich hab jetzt `ne eigene Pinzette weil Frauen es nicht lieben wenn MANN ihre zum Basteln nimmt), Pumpe wieder zusammenschrauben, im Motorraum anbauen - zweiter Versuch. Summt sie leise vor sich hin und aus der Küche vernehm ich Marions begeisterten Ruf: Wasser läuft! (sie wohnt heute in der Küche. Kocht vor. Vermutlich für die nächsten vier Wochen. Und sie findet es toll, dass den halben Tag kein Wasser läuft.) Hab ich da noch so`ne Leiche: den Trinkwasserfilter. Irgendwann hatte ich den schon mal gewechselt. So vor fünf Jahren. Kommt man im Guten einfach nicht mehr ran. Hinter Wassermacher, Heizung, unter den Pumpen. Kauere ich mich also da auch noch vor, strecke die Arme durch diverse Schläuche, bis ich den Filter ertaste und abschraube. Sieht der Sch... aus! Dass da überhaupt noch Wasser lief! Gibt`s also auch noch `n neuen Filter - Probelauf, das Wasser knallt nur so aus dem Hahn. Und ich hab ein neues Bastelprojekt: die neue Pumpe läuft so leise, die hören wir nicht mehr. Eigentlich gut, aber man kriegt auch nicht mehr mit, wenn der Tank leer ist. Dann rennt das Ding sich `n Wolf. Bau ich also eine rote Warn-LED in die Instrumententafel, die immer leuchtet wenn die Pumpe läuft. Aber nicht mehr heute! Jetzt gibt`s `ne Dusche und Abendbrot. Hamburgesa! Essen wir jeden Abend. Kleiner Strassenimbiss, zehn Minuten von hier. Natürlich in der Richtung, wo wir eigentlich nicht hinlaufen sollen. Immer echt gut besucht der Imbiss, aber wir sind ja Stammkunden. Viertelstunde dauert es, bis er so`n Burger fertg hat. Echte Handarbeit eben. Ist aber nicht schlimm, genau daneben ist noch `n Laden. Der verkauft eisgekühlte Getränke :)

Montag, 01.09.2014
Genau so muss `ne Reise anfangen! Wir haben zu 13 Uhr ausklariert. Steht Punkt eins ein Marinero am Steg und wirft mir die Heckleinen zu. Ich kann gerade noch den Motor starten. Er hüpft in sein Bötchen, um unsere Vorleine von der Mooringtonne abzutüddern. Sachte Schub voraus, der Motor geht aus. Unser! Ich jachte nach unten, um ihn neu zu starten, widerwillig und stotternd springt er an, zurück ans Steuerrad - Motor wieder aus. Marion schon leicht nervös auf dem Vordeck. Ich in den Motorraum, schnell Diesel vorpumpen, neuer Startversuch, stotter, stotter - leicht hustend bemüht er sich noch mal, ich sprinte ans Steuer - vorsichtig Gas geben, der Motor geht wieder aus. Ne gute Idee wäre ja jetzt, wieder zurück an den Steg zu gehen, um dort in Ruhe unser Motorproblem zu untersuchen. Hier nicht! Der Marinero zieht uns gnadenlos aus der Marina, um hinter uns die Schwimmbarre zu schliessen. Wer ausklariert hat muss auch losfahren! Schmeissen wir erstmal den Anker genau vor der Marina ins trübe Wasser. Ich mit Werkzeug wieder in den Motorraum. Dieselleitung am Motor ab, pumpen, da kommen nur Luftblasen. Sollte eigentlich Diesel sein. Gut, diesmal keine seitenlangen Bastelberichte, sondern nur die Kurzform. Fünf Stunden schraube ich schwitzend und kraftstoffverschmiert im Motorraum rum. Die Vorfilter ab und reinigen, neue Dichtungen einsetzen, die Kraftstoffpumpe ausbauen und zerlegen, Marions Lieblingsledergürtel beim Versuch, den Feinfilter vom Motor abzudrehen, zerreissen, ihn doch abbekommen weil sie die super Idee hat, da einfach `ne Schlauchschelle dran zu schrauben (leider zu spät für ihren Gürtel), zwischendurch alle halbe Stunde den Marinero beruhigen, der vom Hafen-Capitano genervt uns nervt, wann wir denn endlich losfahren, Leitung für Leitung abschraubend kontrollieren, bis wo der Diesel fliesst, tolle Tipps von Marion bekommend, die mit dem Werkstatthandbuch im Cockpit hockt, noch bessere vom Marinero (wir könnten uns doch mit der Strömung raustreiben lassen und auf dem Meer ja dann segeln), den Feinfilter provisorisch durch einen Ölfilter ersetzen, weil dessen Dichtring völlig “zerwürgt” ist, neue Kupferringe einbauen ... und kurz vor sechs springt unser Motörchen dann endlich wieder an ... und geht nicht wieder aus :-) !!! In der Langversion hätte jetzt auch gestanden, woran es am Ende gelegen hat - aber Marion findet, mal ein Tag ohne ewige technische Abhandlungen wär auch schön. Ausserdem schreibt es sich bei dem Geschaukel auf dem Dampfer so blöd. Ist mir dann auch völlig egal, was der Hafen-Capitano zetert, wir lassen den Motor zur Sicherheit erstmal ein halbes Stündchen laufen und ich brauch noch dringend `ne Dusche. Kurz vor Sonnenuntergang rasselt die Ankerkette endlich hoch, wir schieben uns aus dem Fluss, tuckern noch... und jetzt knüppeln wir mal wieder Richtung Venezuela . ein Stückchen bis wir tiefes Wasser erreichen, rollen die Segel aus und schaukeln langsam in die Nacht. Uff!!!

Mittwoch, 03.09.2014
Ist das deprimierend. Wir kreuzen! 80sm, hoch am Wind Richtung Venezuela, 80sm auf dem anderen Bug in die entgegengesetzte Richtung. Haben wir nach vierundzwanzig Stunden knapp 100sm auf der Logge und sind Sint Maarten, unserem eigentlichen Ziel grade mal 40sm nähergekommen. Dazu noch so`ne richtig blöde Hacksee, das kracht und ballert nur so UND natürlich Gegenstrom. Wenn wir uns weiter mit dem Tempo bewegen, werden wir wohl zehn Tage unterwegs sein. Gut, dann sind wir statt der 400sm auch 1000 gesegelt.

Donnerstag, 04.09.2014
Heute Nacht hatte ich endgültig die Backen dick! Wir segeln und segeln und bewegen uns kaum ein Stückchen weiter auf unser Ziel zu. Fetter Gegenstrom! Der schiebt uns fast um genau das selbe Stück zurück, das wir uns mühsam vorwärts quälen. Immer auf der Seite liegend, für mich beim entspanntem Lesen ja nicht weiter schlimm, aber Marion`s Gedärme rummeln seit zwei Tagen und mit schöner Regelmässigkeit hastet sie spontan Richtung Topf. Muss sie sich natürlich genau überlegen, wann sie das tut, Richtung Venezuela, auf dem Steuerbordbug, hängt das Seeventil in der Luft - kann sie nicht abpumpen :-) Da muss sie dann das hintere Klo nehmen, das liegt auf der anderen Schiffsseite. Ist sie also ständig am Grübeln, auf welches Porzellan sie sich gerade hocken muss. Und heute Nacht schau ich mir so unseren Plott an, also die vom Computer aufgezeichneten Linie, wo wir uns tatsächlich über Grund bewegen und sacke deprimiert zusammen: laut Logge rauschen wir mit 5kn durch die Nacht und in Wirklichkeit fahren wir fast auf der selben Linie wieder zurück, auf der wir ein paar Stunden vorher auf dem anderen Bug gesegelt sind. Durch die Mona-Passage zwischen Hispanola und Puerto Rico scheint sich der Strom noch zu verstärken. Da können wir noch wochenlang im Zickzack segeln! Schmeiss ich kurz entschlossen den Motor mit an. Schaffen wir gleich 20° mehr Höhe. Bisschen bescheissen wird ja noch erlaubt sein, wir sind schliesslich nicht auf `ner Regatta. Frühs stehn wir 20sm vor Puerto Rico. Soll Marion sich jetzt aussuchen, ob sie dort ran will, oder ob wir uns unterhalb der Insel im Zickzack weiter hangeln. Ist schliesslich ihre Wache. Die Entscheidung fällt, als ich vier Stunden später aus der Koje krieche. Der Motor ist schon wieder am Röcheln. Mit wenig Gas halten wir ihn bei Laune, der Wind schläft völlig ein und wir tuckern mit 2kn langsam auf die US-Territories zu. 5sm vor der Bucht von Boquerón hat unser Stinkediesel dann endgültig keine Lust mehr. Passt ganz gut, dicke Gewitterwolken schieben sich langsam auf uns zu - das gibt Wind! Sogar gut Wind. Mit Fock und gerefftem Gross rauschen wir durch die betonnten Riffpassagen, können durchs Fernglas die ersten Yachten vor Anker erkennen, lauschen angestrengt auf die UKW-Funke, ob vielleicht jemand was von uns will und werden ein paar hundert Meter vorm angepeilten Ankerplatz von `ner schönen Regenfront erwischt. Klassisches Ankermanöver - in den Wind “schiessen”, Anker runterschmeissen undDas gibt gleich was auf die Mütze! Segel einrollen. Hoffentlich hat das jemand gesehen. Na ja, eher unwahrscheinlich, man sieht kaum die Hand vor Augen. Zwei Stunden später ist der Spuk vorbei, das Boot wieder sauber, die Filter inzwischen provisorisch “sauber geklopft” und wir verkrümeln uns zu den anderen Booten. Da Puerto Rico zu den USA gehört, haben wir eigentlich erwartet, von Coast Guard Booten umschwärmt, Hubschraubern umkreist und auf der Funke zugequatscht zu werden - nichts passiert. Machen wir uns also wie gewohnt selbst auf den Weg, um einzuklarieren. Frisch geduscht, `n Sack voller Dokumente und in Behördenkluft zotteln wir das Schlauchboot am Strand hoch. Daneben gleich `ne Bar. Eigentlich perfekt - aber ist vielleicht doch besser, erst den Behördenkram zu erledigen. Die Jungs dort wissen auch gleich wo. In der nächsten Bucht! 12 Meilen weiter! Na super! Am besten, wir nehmen das Auto, dreiviertel Stunde Fahrt. Haben wir natürlich grad kein Auto dabei. Nächster Tipp ist der Yachtclub. Die haben Telefon. Zuckeln wir also dahin. Gute Idee. Im office residiert Ileen und sie begrüsst die zerknitterten Segler aus Germany nicht nur überschwenglich, sondern greift auch sofort zum Telefon, um die Coast Guard anzurufen. Denen geb ich dann die nächste halbe Stunde Namen, Passnummern, Schiffsgrösse und für was sie sich sonst noch so interessieren durch, die geben alle Angaben weiter zum Custom, der das emsig in ihre Computer tickert, Ileen guckt auf unser Passbild und bestätigt, dass wir so aussehen, wie auf dem Foto und schon haben wir einklariert. Na ja, provisorisch - morgen sollen wir dann doch noch mal persönlich beim Custom vorbeischauen. In Mayagüez. Kommt man am besten mit dem Auto hin. Dreiviertel Stunde Fahrt ...

 

Freitag, 05.09.2014
Kurz nach acht stehen wir gebügelt bei Ileen im office. Zu ihr hätten wir natürlich auch in zerknitterten Shorts kommen können, aber wir wollen ja zum Custom. Ileen ruft nur noch mal an, ob die denn auch auf haben. Haben sie. Müssen wir nur noch hinkommen. Und während wir mit `ner Kippe im Mund vorm Yachtclub stehen und darüber sinnieren, ob wir nicht einfach nach Mayagüez segeln sollten, lernen wir José kennen. José ist Rentner. Hat er natürlich jede Menge Zeit. Und ein Auto hat er auch. Schnell sind wir uns über den Preis für die Fahrt einig und düsen los. Dreiviertelstunde stimmt. José parkt vor einem hübschen weissen Kolonialhäuschen. Steht gross “US Custom” dran, sind wir also richtig. Personenscanner, Rucksack durchleuchten - nachdem ich diverse Möl aus meinen Hosentaschen in die Plasteschale geworfen habe, dürfen wir auch rein. Die Jungs haben ihre Computer gestern tatsächlich schon mit allem Wichtigen und Unwichtigen über uns gefüttert, keiner will mehr wissen ob wir `ne Waffe unterm Kopfkissen haben, vielleicht Drogen im Badschrank oder ein Hund auf unser Deck pinkelt. Nach zehn Minuten stehen wir wieder draussen. Mit Einreisestempel und Cruising Permit für die US-Waters. Und das schönste ist, zum Ausklarieren brauchen wir nicht noch mal her. Einfach bloss anrufen, Permit-Nummer durchgeben und das war`s. Gehen wir einfach zu Ileen. Die hat ja Telefon. Nächster Tagesordnungspunkt: Filter kaufen! Natürlich weiss José wo ein Yachtausrüster ist. Den wollen wir aber nicht. Die Filter bekommen wir auch in jedem Fahrzeugladen. Da kosten sie bloss die Hälfte. Gut jeder Fahrzeugladen stimmt dann doch nicht, hier gibt´s nur einen, der sowas führt und der liegt ´n ganzes Stück ausserhalb des Städtchens. José tut so, als ob ihm das nichts ausmacht. Der nette Verkäufer wühlt sich, mit Messschieber und Umrechnungstabellen bewaffnet tatsächlich solange durch seine Bestände, bis wir alle Filter zusammen haben. Vier Vor- und einen Feinfilter. Damit sollten wir bis Sint Maarten kommen. Wir müssen noch in zwei weitere Läden, die liegen logischerweise auch immer am entgegengesetzten Ende der Stadt - José hält tapfer durch. Dafür gibt´s auch `n Trinkgeld als er uns nachmittags wieder vorm Yachtclub absetzt :-) Und ich krieg auch `ne Belohnung. Dun kannst doch noch auf `n Bier an Land fahren, versucht Marion mich abends loszuwerden. Könnte MANN ja argwöhnisch werden und sich fragen wieso?! Ich nicht, ich stopf mir schnell 50 US$ in die Hosentasche, spring ins Schlauchboot und düse an Land. In die “Piratenbar” :-)

Sonnabend, 06.09.2014
Überall liegt irgendwelcher Krempel rum, Klopapierrollen hängen an `ner Leine, Bodenbretter stehen hoch ... der ganze Dampfer sieht mal wieder aus wie ein Schlachtfeld! Ich war`s aber diesmal nicht. Ich stecke im Motorraum. Mit meinen Filtern. Dann noch das verstopfte Seeventil von innen und aussen frei pulen, hier und da was rumfriemeln - bin ich den ganzen Tag beschäftigt. Kann ich keinen Unsinn machen. Marion hat sich auch mit irgendwas beschäftigt. Weiss aber nicht womit. War ja im Motorraum. Auf jeden Fall ist ihre ganze Möl zum Feierabend wieder verschwunden. Bis auf das Klopapier. Das wohnt jetzt im Cockpit. Sie hat die Rollen auch nicht übers ganze Schiff verteilt, damit sie immer eine zur Hand hat, wenn`s wieder im Darm grummelt, sagt sie. Die sind nass geworden während der Überfahrt. Ich glaub ihr das einfach. Entweder durch das Belüftungsventil, vom Spülwasserschlauch oder durch die Luke, sagt sie noch. Das müsste mal einer kontrollieren. EINER bin in dem Fall ICH. Aber nicht heute. Jetzt will ich an Land. Zur “Piratenbar”!

Sonntag, 07.09.2014
Vonwegen SONNtag. Es regnet. Wir sind beide bockig. Während mein Gegenüber hochkonzentriert am Rechner ein Kartenspiel nach dem anderen aufblättert, greif ich mir Ohrstöpsel für gute, laute Mugge und wühle mir dazu die Bordapotheke raus. In kürzester Zeit ist alles zugestellt mit Tropfen, Salben, Tabletten, Kapseln, Zäpfchen, ... Wer zu alt ist, fliegt raus, Neuzugänge kommen in die Liste. Gegen Abend ist alles wieder verstaut. Noch mal nach Post und Wetter gucken - zugegeben, man kann den Tag auch schöner verbringen.

Dienstag, 09.09.2014
Unruhige Nacht für den Käpt´n. Nicht, dass uns irgendwelche Wetterunbilden heimgesucht hätten. Nein. Das “gehaltvolle”, fettige Essen hier, typisch amerikanisch eben, raubte ihm den Schlaf. Dabei haben wir, eigens für die bessere  Bekömmlichkeit, einen Rum hinterher getrunken (zwei wären vielleicht besser gewesen?) Und eigentlich hätten wir gleich nach dem Frühstück damit anfangen sollen, denn die Rühreier, die es gab, waren die letzten ihrer Art, ungekühlt und noch aus Kuba... Ja, als Langfahrtsegler muss man hart im Nehmen sein ;) Auch in anderer Beziehung. Z.B. bei den Preisen für benötigte Teile. Hat er heute im Ort einen Filter erstanden (10x4cm). Ganz hübsch. Edelstahl. Löcher drin. Prima stabiler Henkel dran, den wir nicht brauchen. 30US$. Sind gestern schon drum herum geschlichen, haben ihn ehrfürchtig bestaunt, auch mal angefasst. Ja ja. Und eine Nacht drüber geschlafen, ich mehr, er weniger. Da die Variante der Tankreinigung hier ausfällt, haben wir unsere Dollars zusammengekratzt und uns doch diesen Filter gegönnt, der soll an der Saugleitung befestigt werden und schon mal den gröbsten Dreck abhalten. Soweit die Idee. Seit Mittag sitzt der Käpt´n nun dabei. Schraubt, bohrt, schneidet Gewinde, reinigt, klebt. Viertel nach vier, fertig! Halten zwischendurch mal den Fotoapparart in den Tank, um zu sehen, wie´s da drin aussieht ... das Teil “denkt” sich: was soll ich hier?! Tankprogramm hab ich nich und macht lauter unscharfe Bilder. Blöd! Na ja, wir denken, dass es so funktioniert, dass die nachfolgenden Filter sich jetzt nicht mehr so schnell zusetzen. -- Und heute Abend kochen wir lieber selber :)

Donnerstag, 11.09.2014
Meine ganzen Filterbasteleien sind abgeschlossen. Zwar kommen wir um eine Tankreinigung nicht drumrum, aber, ganz südamerikanisch, hab ich das erstmal auf später verschoben. Wenn der Tank leerer ist. Im Augenblick schwabbern da noch so 300L drin rum. Hätten wir ja eigentlich weiterfahren können, ABER ... Ich war noch mal im Yachtclub-Office, Ileen umschleimen. Kann ich gut. Jetzt haben wir den Key für deren Wifi-Netz. Hocken wir natürlich den ganzen Tag vorm Rechner. Gestern schon. BÜRO-TAG! Mails lesen, Krankenkasse nerven, Bankauszüge checken, usw. Und die Rechnung für die neue Versicherungsprämie war auch in der Post. Über die satte Erhöhung hatten wir uns ja schon kurz vor unserer Abfahrt aus Kuba geärgert, aber wenn man die fette Zahl dann noch mal so auf dem Bildschirm sieht ... “Die “Meerbären”, Anne und Rainer,  hatten doch mal von ihrer Versicherung erzählt”, bringt Marion den Stein ins rollen. Also Skype einschalten. Wenn Rainer Internet hat, hat er auch Skype an. Und schon beginnt eine rege Unterhaltung zwischen Chile und Puerto Rico. Ich hab diverse Infos über deren Versicherung, die findet man natürlich auch im Internet, wie schön, dass man heute alles online erledigen kann. Marion schreibt inzwischen die Kündigung für die alte Versicherung. Heute früh dann um fünf aus der Koje, damit ich mit der netten Dame in Hamburg noch zu deutschen Bürozeiten telefonieren kann. Eingereichte Unterlagen alle chick, morgen gibt´s das Vertragsangebot. Klappt doch supi! Marion hat dann Panteanius an der Strippe. Logisch, dass sie es bedauern, wenn ein Kunde wegen `ner Erhöhung von popligen 600 Euronen gleich seinen Vertrag kündigt. Sie wollen mal schauen, was sie da preislich machen können ... OHHHHH! Vor vier Monaten in Deutschland hatten wir deswegen vergeblich etliche Telefonate geführt. Wir hatten sogar angeboten, die Selbstbeteiligung zugunsten einer niedrigeren Prämie zu erhöhen. Führte kein Weg rein. Vielleicht muss man den Vertrag gleich nach Abschluss wieder kündigen, damit die Prämie noch mal sinkt? Egal, wir warten jetzt noch auf das morgige Angebot, werden ausgiebigst vergleichen und dann entscheiden. Weiterfahrt ist erst morgen. Jetzt versuche ich, Marion zum Landgang zu überreden. Bin ich ja gut drin. So`n schönes Feierabendbierchen im “Los Remos” ...?

 

Freitag, 12.09.2014
Mit 20kn bläst es in unsere Bucht. Zottelt der Dampfer ordentlich an der Kette. Eigentlich wollten wir heute weiterfahren, haben wir jetzt irgendwie keine Lust mehr drauf. Wir machen lieber ´nen Strandspaziergang. Kann ja nicht sein, dass wir einen Strand auslassen. Der ist lang, jede MBoquerón-Beachenge Palmen und noch mehr Schilder. Kann man drauf lesen was man hier alles nicht darf: kein Feuer machen, nichts anfassen, keine Tiere mit herbringen, auch keine mitnehmen, keine Flaschen dabeihaben, keinen Müll wegwerfen, auf keinen Fall Ballspiele, nur baden wenn `ne grüne Fahne wedelt, aber auch nur im abgesperrten Bereich,  keine laute Musik, kein Sonnenöl in den Sand kleckern, die Pflanzen in Ruhe lassen, keine Sandburgen bauen ... Nicht ins Wasser pullern haben sie vergessen. Hab kurz überlegt, das mit ran zu pinseln, aber da waren so viele Schilder, da hätte ich den ganzen Tag geschrieben. Ausserdem ist das bestimmt auch verboten. Wenn die Urlauber sich das alles durchgelesen haben, ist die Sonne weg. Ist vielleicht auch Taktik, dann brauchen die kein Sonnenöl mehr, mit dem sie rumkleckern könnten. Puerto Ricos Strände werden wir bei der nächsten Urlaubsplanung wohl nicht in die engere Wahl ziehen. Für den naturinteressierten Touri finden wir dann auch noch eine Tafel. Da steht drauf was für Gras in der Bucht wächst. Manatee-Gras und Schildkrötengras. Fingen wir natürlich sofort an zu grübeln, wer das wohl fressen mag. Stand zum Glück gleich die Auflösung darunter. Die Manatees und die Schildkröten! Neben unserem Boot taucht ja öfters mal so `ne dicke Seekuh auf oder schnappt `ne Schildkröte prustend nach Luft. Die fressen das Gras unter unserem Boot weg!!! Das darf man nicht ausreissen. Steht auch auf dem Schild. Fragt man sich doch, was nützen die ganzen Hinweistafeln, wenn die so dämlich aufgestellt sind, das die Seekühe die gar nicht sehen können?!

Sonnabend, 13.09.2014
Marion knurrt mich an. Den ganzen Morgen schon. Das ist jetzt kein Paarungsritual, sie ist sauer auf mich. Weil ich gestern Abend gekocht habe. Also, jetzt nicht direkt weil ich gekocht habe, sondern weil mir dabei die Ölflasche aus dem Schrank gefallen ist. Genau auf den Kühlschrank. Da stand der Deckel grade offen. Ist die Flasche natürlich bis unten durch. Und sie war wohl auch nicht so richtig zu. War jetzt alles ziemlich glitschig im Kühlschrank. Die Einlegekörbe, Flaschen, Butter, Dosen, ... Hab ich natürlich gleich zum Lappen gegriffen und alles sauber gewischt. Scheinbar gibt es aber zwei verschiedene Stufen von sauber. Sauber für Männer und ein saubereres sauber für Frauen. Hat sie heute früh also alles noch mal abgewischt. Scheint aber auch noch nicht zum Frauen-sauber-Niveau gereicht zu haben. Jedenfalls guckt sie mich jetzt jedesmal, wenn sie was aus dem Kühlschrank angelt, grimmig an. Ich mein, wo ist das Problem, wenn die Butterdose so`n bisschen glitschig ist? Reibt man sich die öligen Finger an der Hose ab und schon ist wieder alles in Ordnung. Ein Handtuch geht auch. Oder `ne Tischdecke. Haben wir aber nicht, bleibt also nur die Hose. Um mich wieder `n bisschen einzuschleimen, hab ich mich dann freiwillig gemeldet, vor der Abfahrt schnell noch mal einzukaufen. Brot und Gemüse brauchen wir, krieg ich mit auf den Weg. Das Sixpack Bier stand nicht auf der Liste! Knurrt sie schon wieder. Na ja, das war Eigeninitiative. Ausserdem hätte ich ihr dann ja auch KINDER BUENO mitbringen können. Das stand aber nicht auf der Liste!!!

Sonntag, 14.09.2014
Wir sind mal wieder da, wo wir gar nicht hinwollten. Passiert uns dauernd. Ist jetzt nicht so, dass ich zu blöd bin zu navigieren, das Seegras ist Schuld. Nicht das von den Seekühen, sonders das hier überall auf dem Meer schwimmt. Unser Plan war, dicht unter der Küste bis zur Isla de Vieques zu fahren. Natürlich Gegenwind, aber nachts weht er meist schwächer. Das Problem sind halt diese riesigen Seegrasteppiche. Tagsüber kann man ihnen ja ausweichen, aber nachts tuckert man da nunmal mitten durch. Dauert dann auch nicht lange bis sich das Zeug um den Propeller wickelt. Merkt man daran, wenn die Logge statt 5kn nur noch 3 anzeigt. Und dazu 1kn Gegenstrom, kommt man seinem Ziel mit rasanten 2sm pro Stunde näher. Da wird aus so`nem 100sm-Törn, glatt `ne Zweitagesreise. Dann auch noch der Seewassereinlass für die Motorkühlung dicht - zum Glück können wir auf den Zweiten  umschalten. Nach Sonnenaufgang bin ich dann erstmal ins Wasser, den Propeller von seinem Anhang befreien. Nicht ganz ungefährlich bei dem Wellengang. Ans Seeventil hab ich mich dann auch nicht rangetraut. Immerhin zeigt die Logge danach wieder 5kn an. Da wir unser eigentliches Ziel nicht mehr bis Sonnenuntergang erreichen werden, haben wir halt umdisponiert. Und deswegen schaukeln wir jetzt vor Puerto Patillas. Das ist `ne Bucht am Südostzipfel Puerto Ricos. Wollten wir, wie gesagt gar nicht hin. Trotzdem ganz hübsch. Eine Handvoll bunter Häuser umgeben von grünen Bergen, jede Menge Palmen, eine Strandbar, aus der Musik rüber weht und ab und zu taucht platschend eine SSonnenaufgang Puerto Patillaseekuh neben uns auf (sind ja riesig!) Die reisst bestimmt heimlich das Gras unter uns aus. Vermutlich steht das Verbotsschild auch wieder unlesbar für sie irgendwo versteckt am Strand.

Montag, 15.09.2014
6.30 Uhr, der Wecker schreit. Augen-auf-Kaffee, ankerauf, wir schlängeln uns auf dem Plott von gestern am Riff vorbei aus der Bucht, dann scharf backbord und weiter in Küstennähe Richtung Osten. Isla de Vieques liegt da (ehemalige Spielwiese der amerikanischen Navy). Unser Motor grummelt brav vor sich hin, Gegenwind und Wellen sind heut eher harmlos, der Wassermacher läuft, die Luken können mal auf sein, keine 33°C unter Deck. Herrlich entspannt! Wir begucken die dicht bewaldeten Berge Puerto Ricos, davon hat´s reichlich. Die kommen sozusagen von ganz unten, tief aus dem Meer (nördlich liegt der bis zu 9000m tiefe Puerto-Rico-Graben und wenn die Nordamerikanische Platte nicht aufhört, sich weiter unter die Karibische zu schieben, dann werden die Berge hier vielleicht eines Tages noch ein bisschen höher). Damit die Fahrt heut nicht allzu entspannt verläuft, treiben bald grosse Flächen des und sehr “ans Herz gewachsenen” gelben Krauts auf dem Wasser. Ist übrigens Sargassokraut, das kann man sogar essen. Wir mögen´s nicht. Schon gar nicht, wenn es sich als dickes Knäuel um unseren Propeller wickelt. So sind wir halt damit beschäftigt, drumrum zu kurven. Den Spass habeSargassokraut-Feldern wir bis kurz vor die Ensenada Sun Bay (komisch, dass die Namen hier halb spanisch, halb englisch sind). Fahren den Anker ein - Seegras, nichts für unseren Bügelanker - es geht noch ein ganzes Stück rückwärts, aber dann besinnt er sich doch auf seine eigentliche Aufgabe. Feines Fleckchen hier, klares Wasser, elend langer, leerer, weisser Strand mit Palmen, links und rechts bisschen Wald, wunderbar still. Dauert nicht lange und wir sind beide mit Maske und Schnorchel im Wasser. ENDLICH MAL WIEDER :) Hat hier nur noch 28,6°C. Man bleibt keine Stunde drin. Der Propeller wird von seiner Krautmanschette befreit, die Bordauslässe kontrolliert. Seekühe gibt´s hier leider nicht, aber Rochen und Schildkröten. Und jede Menge Conch - da tropft meinem Jäger der Zahn. “Morgen hole ich uns 20 Stück”. Muss ich ihm irgendwie noch ausreden. 5 tun´s ja auch... Zum Sonnenuntergang werde ich vom Capitano meiner Wahl mit leckerem Essen verwöhnt (zur Sicherheit gibt´s einen Rum als Nachtisch ;) und als highlight des Abends: Licht im Wasser! Kein Meeresleuchten, keine Leuchtquallen, nein, hier sind das irgendwelche Winzlinge, die fröhlich ihre Lichter an und aus knipsen, so dass es in der ganzen Bucht leuchtet. Noch nie gesehen sowas! Cool.

Dienstag, 16.09.2014... Mist! Jetzt ist der Fuss abgerissen! ... Aua!
Heut bleibt der Wecker mal aus und dementsprechend später tappert der männliche Bootsbesatzungsteil mit Kissen unterm Arm ins Cockpit. Kaffee. Und zum Frühstück Spiegeleier (aus den aufgeschlagenen Schalen mit dem fetten US-Stempel kommt tatsächlich Dotter und Eiweiss, kein kleines Männchen mit grossen Ohren und langer Nase). Danach Schnorchelrunde. So schnell der Käpt´n ins Wasser springt, ist er auch die Badeleiter wieder hoch. “DA SIND FISCHE!!! DIE HABEN SICH AUF MICH GESTÜRZT UND AN MIR GEKNABBERT!!” Klar ;) Lachend guck ich runter, unterm Boot schwimmt eine Horde halbstarker kleiner Fischchen, die ganz aufgeregt angeschwommen kommen, wenn man im Wasser rumplanscht. “Die machen doch nichts” Ermutigt klettert mein Held wieder ins Wasser und fängt gleich mal an, Conch einzusammeln. Ich zeig ihm unter Wasser eine Hand, die Finger ausgestreckt, meint: 5 ... Es werden letzten Endes 7. Zwei Stunden hockt er dann auf der Badeplattform, hackt und schlägt auf die armen Viecher ein. Können die eigentlich schreien? Gut, dass wir das nicht hören! Eine gute Handvoll Fleisch ist die Ausbeute. Gibt´s morgen. Und weil´s nun heut doch schon später ist, bleiben wir noch eine Nacht in der Bucht des leuchtenden Wassers. Zum Sonnenuntergang häng ich mich hinten an die Badeleiter und warte, bis die stecknadelkopfgrossen “Unterwasserglühwürmchen” ihre Laternen anknipsen. Mal leuchtet es am Arm, dann am Knie, am Bauch, ... witzig. Als dann 10m neben mir ein Rochen springt, verhole ich mich lieber an Bord. Ausserdem ist heut Kino-Abend ;)

 

Mittwoch, 17.09.2014
Guck mal, wenn wir von hier aus los segeln, haben wir einen viel besseren Windwinkel für die Überfahrt nach St. Croix, verklicker ich der Crew das Ergebnis meiner navigatorischen Überlegungen und tippe mit dem Finger auf eine kleine Bucht am Südostzipfel von Vieques. Die gehört zum ehemaligen militärischen Sperrgebiet der Insel. Darf man wegen eventuell rumliegender alter Munition an Land nicht rumlatschen, haben wir irgendwo gelesen. Aber von nicht ankern steht nix in der Karte. Tuckern wir also die 10sm dahin. Vor der Einfahrt ein paar Inselchen und Felsbrocken, dahinter ein grosses Riff - aber wenn man zwischen den Felsen durch und um`s Riff herum ist, liegt man in einer traumhaften grossen Bucht. Mutterseelenallein, Sandstrand, `ne Handvoll kleiner Palmen, grüne Hügel drumherum, ein paar Pelikane und wir. Perfekt für`n schön kitschiges Foto. Müsste ich aber das Schlauchboot für inGanz romantisch - lädt gradezu zum Strandspaziergang und Grillen eins Wasser schmeissen. Hab ich keine Lust zu. Also kein Kitsch-Foto! Wir schnappen uns lieber Schnorchel und Flossen und springen ins Wasser. Hunderte Seesterne, ein paar Conch - ist jetzt nicht soooo spannend. Schwimm ich lieber mal zum Strand. Der wäre perfekt zum Grillen, aber erstens haben wir nichts was wir auf`s Feuer werfen könnten, zweitens ist das Bier alle, ohne das Grillen bekanntermassen völlig unmöglich ist und drittens stehen da überall Schilder. Strand betreten verboten, an Land rumlatschen verboten - Explosionsgefahr! Ist natürlich blöd, wenn man sein Feuerchen über `nem verbuddelten Blindgänger anfackelt und sich die halbgaren Steaks mit lautem Knall in der Gegend verteilen. Aber wir haben ja eh keine Steaks. Obwohl ... als ich zurück komme hockt Marion auf der Badeplattform und zeigt mit dem Finger aufgeregt unters Boot. Da wohnt einer!!!! Tatsache. Ein Riesensteak! So´n fetten Baracuda hab ich bisher noch nicht gesehen. Bestimmt anderthalb Meter lang und einen SCHÄDEL hat das Vieh! Gigantisch! Würde ich jetzt normalerweise nach der Harpune krähen und reichlich Fleisch für die nächsten drei Tage auf die Badeplattform werfen, mach ich aber nicht. Die Gewässer um Puerto Rico gelten als Ciguatera gefährdet. Und auf `ne Fischvergiftung sind wir nicht so heiss. Ausserdem haben wir ja Conch. Da brutzel ich uns nachher ein lecker Essen von, dann glotzen wir bestimmt wieder auf die Lichter im Wasser und teilen uns die letzten Kippen, während wir überlegen, ob wir morgen weiterfahren. Und im Kühlschrank hab ich doch noch zwei kalte Dosen entdeckt. Die werden aber nicht geteilt, die sind für den Koch.

Donnerstag, 18.09.2014
Werd ich frühs um sieben schon geweckt weil Marion sich lautstark mit zwei Männern unterhält. Können die nicht leiser quatschen?! Aha, es geht um Bomben, Explosionen und Sperrgebiet. Wir sollen verschwinden. Natürlich formulieren die das netter. Immerhin schindet Marion noch `ne halbe Stunde zum Kaffeetrinken raus. Fahren wir eben heute schon nach St. Croix. Die beiden kommen tatsächlich noch mal zurück, um zu sehen ob wir wirklich losfahren. Da rasselt unsere Ankerkette aber schon nach oben. Von dem Bötchen argwöhnisch verfolgt (wir könnten ja heimlich `n Blindgänger klauen), kurven wir um Riffe und Felsen, bis wir aus der Bucht sind und die Segel ausrollen. JOOO, der Wind passt endlich mal wieder! Ruhige See, das Boot rauscht nur so durchs Wasser, ab und zu kreist ein Tölpel um uns - wissen gar nicht mehr, wann wir zuletzt so entspannt gesegelt sind. Selbst die grossen gelben Krautfladen, die aussehen wie Wal-Flitzkacke, stören unter Segel nicht. Immer schön mitten durch! Und 40 angenehme sm weiter lassen wir den Anker auch schon wieder runterplumpsen. Hinter einem privaten Mooringfeld. Vor Christiansted, St. Croix, American Virgin Islands. Sollte man schliesslich mal gewesen sein. Schmeiss ich dann auch gleich das Schlauchboot runter, häng den Motor ran und treibe meine Crew zur Eile an. Die Sonne geht gleich unter und ich will an Land. Die Kippen sind alle. Und dahammerheads Bier auch. Sind jetzt Argumente, mit denen ich sie erfahrungsgemäss nicht sonderlich motivieren kann, deshalb locke ich sie lieber mit einem lecker Abendbrot in einem gemütlichen kleinen Restaurant. Das verkürzt die Zeit vorm Spiegel :-) Mittlerweile ist es stockdunkel, wir stolpern ein bisschen durch die menschenleeren Gassen, kein Restaurant, kein offener Laden, sämtliche Bürgersteige hochgeklappt - es ist grad mal Halb acht, wo sind die Leute alle hin?! Ein paar finden wir dann aber doch noch, im Fort Christian Brew Pub. Direkt an der Waterfront, nette Musik, Barhocker, ein paar Tische und sie brauen selbst. Entscheide ich mich gleich mal für ein Pint Ale mit dem werbeträchtigen Namen “Hammerhead”. Marion nimmt lieber was, das nicht so sehr nach schwerem Schädel am nächsten Tag klingt. Bei den Essenspreisen bekommen wir so`n bisschen das Schlucken und als die Portionen vor uns stehen, hören wir damit gar nicht mehr auf. Die sind riesig! Wir schaffen sie trotzdem und lehnen uns mit vollem Wanst gemütlich in unseren Sesseln zurück, um das nächste Pint zu schlürfen. Bisschen mehr Trubel hätten wir auf den Jungferninseln schon erwartet. Und wieso heissen die überhaupt so? Ich mein, irgendwas muss die Entdecker ja mal zu diesem Namen inspiriert haben. Lass ich meinen Blick also über die, auf den Barhockern aufgereihten drallen Inselschönheiten schweifen. Hm, also wegen denen bestimmt nicht. Na ja, das runzlige Muttchen ganz links vielleicht. Die war bestimmt schon hier, als Kolumbus aufgekreuzt ist und da war sie vielleicht auch noch Jungfrau. Ist jetzt natürlich nur Spekulation, am besten ich bestell mir noch `n Pint, starre aufs Wasser und schlag morgen mal im Buch nach. Oder im Internet. Gibt´s hier bestimmt auch schon ...

Freitag, 19.09.2014
Diesmal hatten wir bei der Wahl unseres Ankerplatzes wohl kein so glückliches Händchen. Kurz nach sieben stehen wir im Bett. Infernalisches Motorengedröhn, klingt wie `n Flugzeug. Ist auch eins. Das startet gerade genau neben uns. Halbe Stunde später das nächste, dann landet eins, noch eins ... wir ankern auf`m Flugplatz!!! Der flugzeugbegeisterte Durchschnittssegler würde jetzt vermutlich hockenbleiben und den Flugplan der Fort Christiansvaernkleinen Wasserflugzeuge studieren - wir machen uns lieber vom Acker. Stadtbummel ist angesagt. Ach ja, ein- und ausklarieren müssen wir ausserdem. Aber erst heut Nachmittag. Erstmal schlendern wir durch`s kleine Städtchen. Hübsche alte Kolonialhäuser, liebevoll restauriert, ein winziges Fort, kaum Menschen und ab und zu `ne dänische Flagge neben dem Sternenbanner. St. Croix war mal dänisch. Paar hundert Jahre lang, bis der König dann in einem Anfall von geistiger Umnachtung oder aus Geldmangel seine hübschen palmenbewachsenen Karibikinseln 1917 den Amis vertickert hat. Blöde Idee, jetzt muss er bezahlen, wenn er hier Urlaub machen will. Oder seine Enkel. Der alte Sklavenmarkt, Stadtwaage, Zollhaus, das Government House, ein paar Kirchen - wir lassen nichts aus. Reverend Gibson ist gerade am Werkeln, legt aber prompt den Hammer zur Seite, öffnet eine kleine Hintertür und lässt es sich nicht nehmen, uns persönlich durch die älteste Inselkirche zu führen, wir kennen jetzt jeden Holzbalken mit Vornamen und Marion achtet darauf, dass ich auch ordentlich in seinen Klingelbeutel sponsore. Vielleicht nennen sie jetzt eine Orgelpfeiffe René. Nun kann man in dem winzigen Städtchen noch soviel hin- und herlatschen, irgendwann hat man alles zweimal gesehen, machen wir uns also auf die Suche nach dem US-Custom. Ist schon schwieriger zu finden. Zwei, dreimal fragen wir nach, bekommen zwei, drei verschiedene Richtungen genannt und landen letztendlich in einem unscheinbaren Office im Hafen. Einklarieren für gestern, Ausklarieren für Sonntag. Keiner interessiert sich dafür ob wir Waffen an Bord haben oder unseren Lebensunterhalt mit Drogenschmuggel finanzieren, dafür solche Fangfragen wie, “Wieviele Passagiere steigen hier von Bord?” oder “Adresse unseres Schiffsagenten”??? Ich frag Marion sicherheitshalber noRrrrrrrrrrrrrrrrrrrrooooooooooaaaaarrrrrrrrrrch mal - sie will mitfahren - bleibt also keiner hier. Das erspart mir vermutlich das Ausfüllen eines weiteren Formulars. Ich glaub, sie hätte aber auch die Einwanderungskriterien für die JUNGFERN-INSELN nicht mehr erfüllt :-)

Sonnabend, 20.09.2014
Der erste Flieger startet erst kurz vor acht. Irgendwie rücksichtsvoll. Irgendwann der nächste, einer landet und dann ist erstmal Ruhe. Trauen wir uns endlich ins Wasser. Marion hat auch sofort einen neuen Freund, ein kleines Fischlein, das ihr nicht mehr von der Pelle rückt und ich entdecke zwei Lobster. Die haben aber Glück. Sie sind zu mickrig für meine Ansprüche. Ansonsten mölt Marion sich durchs Schiff, ich durchs Internet, wir schmeissen nachmittags doch noch das Schlauchboot ins Wasser, stöbern ein bisschen im Budget Marine Laden, entdecken einen Hardware Store (Baumarkt), wo ich Marion kaum wieder rausbekomme, finden doch noch einen Supermarkt, in dem wir uns den Rucksack vollstopfen und landen pünktlich zum Sonnenuntergang im Fort Christian Brew Pub. Wegen dem “Hammerhead” zum Feierabend.

Montag, 22.09.2014
Wenn wir zum Sonntag ausklarieren heisst das ja noch lange nicht, dass wir auch am Sonntag losfahren. Montag ist nämlich viel schöner. Da haben wir SSO. Sind sich die Computermodelle von Passegeweather und Windguru einig. Der Einzige, der davon mal wieder nichts weiss, ist der Wind. Der pustet recht lustlos aus OSO. Wir kommen trotzdem ganz gut voran. Na ja, zumindest sieht es gut aus, wie wir so durchs Wasser rauschen. Sind jetzt gut 40sm gesegelt und Sint Maarten ganze 7sm nähergekommen! Bei fast 2kn Gegenstrom können wir uns hier `n Wolf kreuzen. Gut, bei unserer Abfahrt heut Vormittag war mir schon klar, dass wir für die 100sm wohl zwei, drei Tage brauchen werden, aber wenn man die französischen Käsetheken und Weinregale so in greifbarer Nähe vor sich hat, ist das schon deprimierend. Will man da noch drei Tage drauf warten??? Marion brauch ich da nicht fragen. Die ist froh, wenn wir irgendwo ankommen und der Dampfer wieder grade steht.

Dienstag, 23.09.2014
Um es gleich vorwegzunehmen, wir haben wieder beschissen. Gestern Abend ist der Wind so ziemlich eingeschlafen. Kann man ja verstehen, wo er doch den ganzen Tag so fleissig vor sich hin gepustet hat - ist man abends schon mal müde. Dümpeln wir mit schlaffen Segeln so mit 2, 3kn vorwärts und ein Blick auf den Plott verrät mir, dass wir ganz langsam zurück treiben. Noch vier Tage auf`s Weinregal warten will ich aber auch nicht. Hab ich also den Stinkediesel angeschmissen, statt der Genua die Fock ausgerollt und schon sind wir bei gemütlichen 2000 Umdrehungen wieder mit 5kn losgerauscht. Zwar nicht genau Richtung Sint Maarten, sondern erstmal nach Dog Island. Kennen wir ja auch noch nicht. Liegt 20sm weiter nördlich. Da waren wir heute Vormittag. Sind wir aber nicht ran, wir wollen ja zu den Käsetheken. Jetzt Richtung SO, auf dem anderen Bug. Ich gemütlich mit meinem Buch imGleich gibt´s die fällige Bootswäsche Cockpit, Marion schon ganz aufgeregt weil wir bald da sind. Nervt sie mich so`n bisschen beim Lesen. Ich nerv sie auch, weil sie angeblich nichts erzählen kann. Ist natürlich Quatsch. Von mir aus kann sie die ganze Zeit erzählen. Wenn sie sich vorne in die Kabine einschliesst und dort leise vor sich hin erzählt, stört mich das überhaupt nicht. Sie will aber im Cockpit quatschen. Mit mir! Irgendwie schaff ich die letzten dreissig Seiten von meinem Buch trotzdem noch. Und wir auch die letzten sm bis Sint Martin. Sogar ohne Stinkediesel. Kurz nach vier schmeissen wir unseren Anker in der Marigot-Bucht runter, beschliessen, dass wir erst morgen einklarieren und ich wühl verzweifelt nach den letzten zwei Bier im Kühlschrank. Der Willkommensschluck! Alte Seefahrertradition.

Mittwoch, 24.09.2014
Wir haben ein Kommunikationsproblem. Seit gestern Abend schon. Und Marion hat Schuld. Wegen, äh, ... weiss ich jetzt nicht mehr so genau. Auf jeden Fall hat sie Schuld. Und ich red jetzt nicht mehr mit ihr. Sie auch nicht mit mir. Zum Glück, ich würd ja eh nicht antworten. Stört mich aber nicht weiter, ich hab ja mein E-Book, meinen Laptop, mein Sudoku-Heft ... Einklarieren waren wir trotzdem. Muss man ja nicht bei reden. Das erledigt man hier am Computer. Obwohl, mit dem hätte ich geredet. Sind sogar noch ein Ründchen durch Marigot gewandert. Ich so die Strassen lang, sie hinterher. Dann sie vorne und ich hinterher. Wollten halt zufällig immer in die selbe Richtung. Schweigsam natürlich. Vielleicht sollten wir uns das noch mal nebeneinander angucken ...

Freitag, 26.09.2014
Unsere Wunschliste für Ersatzteile ist lang: neuer Inverter, Wellenlager, evtl. neue Welle, Ankerkette und jede Menge Kleinteile ausserdem. Haben wir uns also überlegt, mal langsam damit anzufangen die entsprechenden Läden hier abzuklappern. Budget Marine und Island Waterworld haben jeweils ihre Hauptlager hier. Na ja, auf der anderen Seite der Insel, der holländischen. Düsen wir also mit dem Schlauchboot dahin. Erstmal durch die Brücke in die Simpson Bay. Die kompDas fällt jetzt nicht gerade in die Kategorie Ersatzteil - aber gucken darf man ja ;)lett durchfahren und am anderen Ende stehen dann die Verkaufstempel. Spannend die Überfahrt. In der Bucht liegen jede Menge Boote vor Anker, zum grössten Teil unbewohnt und vermutlich in der Hoffnung angekettet, dass das Schiff im Falle eines Hurricanes im Laguneninneren ja nicht allzu weit wegtreiben kann. Etliche Pötte rosten hier, scheinbar schon seit Jahren verlassen, vor sich hin. Potentielle Entsorgungsprobleme. Wäre eigentlich einfacher die Dinger jetzt auf`n Schrottplatz zu ziehen, bevor sie sinken und mit ihrem Altöl das Wasser versauen. Aber vielleicht sind das ja auch Industriedenkmäler. Oder `ne seltene Lurchart nistet da drin. Irgend `n Plan wird die Inselregierung schon haben, wenn sie den Schrott da vor sich hingammeln lässt. Wir trampeln jedenfalls erstmal durch den Budget-Store. Bootszubehör und Ersatzteile auf zwei Etagen. Schön auf Minusgrade runter gekühlt, vermutlich halten sie sich da besser. Sind wir zwei Stunden mit beschäftigt überall durchzurennen, alles mal anzufassen, Preise aufzuschreiben, auszumessen, zwischendurch mal rauszugehen, um uns aufzuwärmen ... Anschliessend zu Island Waterworld. Der ist zum Glück `n bisschen kleiner, aber genau so frostig. Jetzt ist unsere Liste dafür noch länger. Ein paar Kleinteile haben wir auch schon im Rucksack. Dann gibt`s Budget auch noch mal auf der französischen Seite. Der ist klitzeklein. Dafür mit `ner kleinen Bar nebenan. Machen wir `ne Shoppingpause. Den ganzen Krempel am Boot abliefern und dann in die andere Richtung. Supermarkt. Heisst hier Super U. Auch mit Minusgraden, aber dafür mit elend langen Weinregalen, Käsetheken, Schinken, Fleischbergen, Baguettes ... Gut, man kann zum Frühstück auch geschmacksneutralen Käse auf fluffig-weichen Toastbrotscheiben runterschlingen. Wird man auch satt von. Die meisten überleben das sogar. Wenn sie denn einen Toaster für das Brot haben. Haben wir aber nicht. Und deshalb stopfen wir uns den Rucksack mit Baguette voll, mit richtigem Käse, mit Schinken, Fleisch, ... bloss der Wein passt nicht mehr rein. Wegen dem Six-Pack :)

Sonnabend, 27.09.2014
Marion holt Unmengen von Wäschebergen aus der Achterkabine. Die hat sie da gehortet. Seit zwei Monaten sammelt sie schon. Das kann unmöglich alles von uns sein. Ich besitze gar nicht soviel Klamotten! Muss ich mal gucken, ob sie nicht ein Schild an die Reling gehängt hat: Schmutzwäsche hier abgeben! Hat sie nicht. Gut, zwei T-Shirts erkenn ich wieder, aber der Rest ist eindeutig von ihr. Und das Zeug soll jetzt alles in die Waschmaschine. Natürlich nicht auf einmal. Werden wohl locker fünf, sechs Trommeln. Wegen der besseren Energieeffizienz hab ich mir überlegt, dass ich nebenbei auch gleich den Wassermacher laufen lassen kann, wenn der Generator eh vor sich hinlärmt. Da sind aber die Filter dicht. Die also erstmal alle drei wechseln. Meine erste heroische Tat heute. Dann Marions Zeug in die Trommel stopfen und den Generator anschmeissen. Schon wieder was gemacht! Zeit für `ne Pause. Hab ich kaum mein Sudoku-Heft in der Hand, geht der Generator aus. Ich wieder in den Motorraum, fummel da so`n bisschen rum und drück erneut auf`s Startknöpfchen. Generator rasselt los. Na bitte, greif ich wieder zum Sudoku-Heft. Das sieht der Generator natürlich und geht prompt wieder aus. Gehässiges Teil! Um ihn einzuschüchtern, näher ich mich ihm diesmal mit Werkzeug. Dieselleitung abschrauben, Filter kontrollieren, Pumpe ... Ölwechsel wäre eigentlich auch mal wieder fällig, dann könnte ich gleich noch das Ventilspiel einstellen und die Feinsiebe in der Förderpumpe reinigen ... das wird jetzt `ne grössere Wurst. Kletter ich also wieder ans Tageslicht und verkünde, dass ich dem Generator eine mehrstündige Komplettwartung verpassen werde. Dazu brauche ich aber Motorenöl und `n Dieselfilter und das kaufe ich jetzt. Sackt Marion leicht zusammen. Und meine Wäsche? Jetzt könnte ich natürlich triumphierend darauf rumreiten, dass sie gerade zugegeben hat, dass das IHRE Wäsche ist, mach ich aber nicht. Ich bin nett. Dreh statt dessen den AC-Schalter auf Inverter, schalte den an, ihre Wäsche kann in der Trommel lustig weiter kreisen und ich düse mit dem Schlauchboot davon. Erster Budget-Laden hat zu. Also weiter zur holländischen Seite. Das sind 2sm. Waterworld hat kein Motorenöl. Find ich `ne Tankstelle. Die haben nur Literflaschen. Auch blöd. Auf dem Weg zum grossen Budget-Store eine gemütliche Kneipe direkt am Wasser. Ganz schön heiss heute! Bierchen wär nicht schlecht. Lieber auf`m Rückweg. Neben Frostbeulen krieg ich bei Budget auch die Ölkanister und den Dieselfilter. Dafür hat die Kneipe jetzt zu. Blöde Öffnungszeiten. Die 2sm zurück düsen und irgendwie krieg ich dann die Kurve durch die Brücke aus der Lagune nicht. Die Hitze! Geradeaus gehts zur Port La Royale Marina. Mit jeder Menge Kneipen. Und morgen fang ich gleich ganz früh an mit dem Generator ...

 

Sonntag, 28.09.2014
Typischer Mira-Sonntag. Marion lutscht die Verbraucherbatterien und Wassertanks mit unzähligen (Anmerkung: 2. In Worten: zwei) Waschmaschinenladungen leer und ich hocke im Motorraum. Beim Generator... Dem hatte ich ja `ne liebevolle Komplettbehandlung versprochen. Öl absaugen, Ventilspiel einstellen - bis dahin flutscht alles. Dann das Ölsieb abschrauben. Geht auch noch. Laut Werkstatthandbuch klebt das Ölsieb am Deckel. Bei mir nicht mehr. Gut, kann man ja wieder irgendwie befestigen, aber wie??? Wühl ich schon mal `ne Stunde mit ölverschmierten Händen in meinen, überall verteilten Ersatzteilvorräten rum. Keine Idee! Meiner Oben-ohne-Waschfee fällt dazu auch nichts ein. Nächstes Problem: beim Abschrauben des Deckels hatte die Dichtung eine gewisse Anhänglichkeit gezeigt. Eine Hälfte hing am Deckel, die andere fühlte sich mehr zum Motorblock hingezogen. Brauch ich also `ne neue Dichtung. Oder Dichtpapier zum Selberbasteln. Das krieg ich auf einem der Nachbarboote. Und `n Bier. Mit neuer Dichtung und Bierfahne hock ich den Rest des Tages im Motorraum und krieg letztendlich dieses blöde Sieb einfach nicht sinnvoll befestigt. Und jetzt bin ich deprimiert! Marion ist auch deprimiert. Sie hat sich so nebenbei die Haare gefärbt. Blond. Stand zumindest auf der Verpackung. Sie findet aber, dass das eher aussieht wie in `ner gefüllten Babywindel. Ist sie natürlich bisschen am Jammern. “So schlimm sieht das gar nicht aus und im Dunkeln fällt es auch kaum auf,” tröste ich sie. “Riecht auch gar nicht nach Windel,” versuch ich es weiter. Als Frauentröster taug ich heute wohl auch nicht :(

Montag, 29.09.2014
Irgendwie ist bei uns grad der Wurm drin. Unser Amperemeter zeigt heut früh -999 an. Die Batterien haben aber bloss 630 Amperestunden. Und die sind auch fast voll. Wie geht das denn? Wenig später rennt Marion schnüffelnd durchs Schiff. “Irgendwas schmort hier ... Kommt aus´m Motorraum.” Die Waschmaschine! Mist, klassisches Selbsttor! Irgendwer hat gestern vergessen, das Ding auszuschalten und das Stromkabel steckt auch noch in der Steckdose. Wär nicht weiter schlimm, aber ich hab vorhin den kleinen Inverter eingeschaltet, um das Netbook zu laden, und der hat schon `ne ganze Weile `ne Macke. 230 Volt, aber 100 Hertz. Steht deswegen ja auch auf der “Neu-zu-kaufen-Liste”. Dem Netbook macht das mit seinem WeitIn der Simpson Bay Lagoon liegen schon  merkwürdige Kähnebereichs-Netzteil nichts aus, aber der Waschmaschine sind 100 Hertz eindeutig zu viel. Das riecht nach dem Ende ihrer neuen Hauptplatine. Könnte ich jetzt den grossen Inverter anschmeissen und nachschauen, ob das Maschinchen noch ein Lebenszeichen von sich gibt, trau ich mich aber nicht. Ausserdem haben wir auch nicht genug Wasser. Also erstmal den Wassermacher einschalten. Der tropft wie blöd. Na ja, so`n bisschen tropft das Ding schon seit `ner Weile, aber das war immer noch so`n “muss-ich-irgendwann-mal-nachschauen-tropfen”. Jetzt ist das ein “muss-ich-ganz-dringend-mal-nachschauen-tropfen”. Aber heut fass ich hier nichts mehr an. Da find ich bloss weitere Katastrophen. Ausserdem muss ich sowieso einen Spezialkleber für das Ölsieb besorgen. Und deswegen fahren wir shoppen. Den ganzen Tag lang! Zu Budget, wegen dem Kleber, zu Island Waterworld, um da einfach so durchzulatschen, zum Supermarkt damit wir zwischen unseren Bootsbaustellen nicht verhungern, zu Shrimpy weil da `n “Laundry-Schild” dran hängt und Marion saubere Bettwäsche bevorzugt, zum nächsten Supermarkt weil mir einfällt, dass das Bier alle ist, ...

Donnerstag, 02.10.2014
Jetzt hocke ich schon den dritten Tag im Motorraum. Das hat man davon wenn man zum Generator mal nett sein will. Von wegen “grosse Wartung”. Verträgt der gar nicht. Der will einfach in Ruhe gelassen werden. Jetzt rächt er sich. Geht nach 10 Minuten einfach wieder aus. Wenn er gut drauf ist. Sonst geht er auch gleich wieder aus. Oder springt gar nicht erst an. Ich hab Leitungen gewechselt, ihm neue Filter gekauft, die Dieselpumpe dreimal gereinigt obwohl sie sauber war, geschraubt, zerlegt, gestreichelt, gut zugeredet ... Vielleicht hätte ich ihn gleich anschreien soll`n. Jetzt läuft er jedenfalls. Einfach so. Blödes Sch...Ding!!! hatte ich zuletzt zu ihm gesagt, bevor ich zum x-ten Mal die Dieselleitung angeknallt habe. Vielleicht mag er`s mehr so`n bisschen deftig? Dafür spinnt jetzt das Stromerzeuger-Teil. 9 Volt steht auf der Anzeige. Sollten 230 sein. Ich sag doch, bei uns ist grad der Wurm drin. Ist diesmal zum Glück nur `n kleiner Wurm. Der Kondensator hat das Zeitliche gesegnet. Hab ich noch zwei von liegen. In meiner wohlsortierten Elektrobastelkiste Nr. 1. Sogar fast ganz oben. Ich spendier sogar gleich neue Steckkontakte. Die liegen in Elektrobastelkiste Nr. 2. Marion hat es mittlerweile sowieso aufgegeben, sich gegen meine überall verteilte Möl aufzulehnen. Sie glaubt fest daran, dass es irgendwann mal wieder besser wird, dass Werkzeug nebst Ersatzteilen vom Salontisch- und Fussboden verschwinden, ihr ölverschmierter, schwitzender Lieblingsmonteur nicht mehr fluchend das halbe Schiff blockiert, der Generator wieder läuft, der Wassermacher, die Waschmaschine, die Elektrik nicht mehr verrückt spielt ... und wir endlich das machen können, weswegen wir eigentlich hier sind. Paar Ersatzteile kaufen und verschwinden!

Freitag, 03.10.2014
Eigentlich sollte heute das Angebot für unsere neue Kette kommen. Kommt aber nicht. Die sind am Feiern in Deutschland. Von wegen Einheit und so. Ankerkette war ja eine der wichtigsten Positionen auf unserer Einkaufsliste. Aber als wir die verzinkte Acco-Kette, die wir vor einem Jahr ja schon fast gekauft hätten, bei Budget so in der Hand halten, hat irgendwie keiner so`n richtiges Grinsen im Gesicht. Sooo schlecht ist sie eigentlich nicht, versuchen wir uns lustlos zu motivieren. `Ne Weile hält die bestimmt auch. Vielleicht staut sie sich ja doch von selbst im Ankerkasten. Bestimmt, solange sie noch neu ist. Und was meinst du, wann die anfängt zu rosten? Wir sind einfach verwöhnt mit unserer Edelstahlkette. Wenn bloss das Problem mit dem Lochfrass nicht wär. Gibt es ja `ne Lösung für, aber die ist teuer. Hochfester Duplex-Edelstahl, höhere Bruch- und Arbeitslasten und GARANTIERT beständig bis zu Wassertemperaturen von 34,5°C! Wärmeres Wasser gibt`s nur in der Badewanne. Wir hatten in Uruguay schon mal bei der Firma Wälder ein Angebot eingeholt. Nach zwei Tagen konnten wir wieder nach Luft schnappen bei dem Preis. Letztendlich ist es dort aber an den horrenden “Nebenpreisen” der südamerikanischen Behörden gescheitert. Ich mein, die Kette hält garantiert ein Leben lang. Damit können vermutlich noch unsere Urenkel ihre Roller vorm Kindergarten anketten. Und Saint Martin ist zollfrei! Haben wir also noch mal angeklingelt bei Wälder in Bayern . Transport, Lieferzeit, Preis und so weiter. Und jetzt hocken wir hier ganz nervös und gespannt und die sind alle am Feiern! Ist jetzt aber nicht so, dass wir den ganzen Tag nur trübsinnig auf den Rechner gestarrt haben, ob vielleicht doch noch jemand `ne Mail schickt, wir waren auch fleissig. Im Motorraum! Sämtliche Anschlüsse vom Wassermacher abschrauben, reinigen und mit neuem Teflonband wieder einschrauben. Da leckt jetzt nichts mehr! Marion hat mit Zahnstochern und Wattestäbchen die Anzeigen gereinigt und dann haben wir uns endlich getraut, das Stromkabel der Waschmaschine einzustecken. Mit zugekniffenen Augen auf`s Startknöpfchen drücken ... und sie läuft noch!!! Jetzt haben wir auch einen Grund zu feiern. Jede Menge Geld für eine neue Hauptplatine gespart!

Sonnabend, 04.10.2014
Stückchen weiter wohnt Lothar auf seinem Katamaran. Lothar hat beim Schnorcheln ein Rohr entdeckt. So auf 4, 5m Tiefe. Da wohnen Lobster drin. Jetzt weiss er nur noch nicht, wie er die Dinger da rauskriegt. Passt mal wieder perfekt, er weiss wo sie wohnen und ich wie man sie fängt. Packen wir also unsere Jagdausrüstung zusammen und tuckern mit dem Schlauchboot dahin, wo das Rohr liegen müsste. Liegt natürlich nicht da. Entweder haben die Lobster ihre Hütte `n Stück weiter getragen oder Lothar hat sich die falsche Stelle gemerkt. Ich vermute letzteres. Das Wasser ist total aufgewühlt, man kann gerade so den Grund unter sich erkennen, kreisen wir echt `ne Stunde mit den Paddeln an den Füssen durchs trübe Wasser eh Lothar sein Rohr wiederfindet. So 5m lang, halber Meter Durchmesser, kann man runtertauchen und auf beiden Seiten reingucken. Sieht man nichts. Rabenschwarz da drin. Aber ab und zu tauchen mal zwei Fühler am Eingang auf, um gleich wieder in der Dunkelheit zu verschwinden. Jetzt weiss ich auch was Lothar damit meint, er weiss nicht wie er die da rauskriegen soll. Andererseits hockt Marion bestimmt schon vor der Pfanne und freut sich auf ein Lobster-Curry. Mit Fairness kommen wir hier nicht weiter. Also unfair! Runtertauchen, die Harpune ins Loch schieben, schön gerade halten und abdrücken. Beim ersten Schuss zappeln gleich zwei am Pfeil. Nachteil bei der Methode, man kann sich nicht die grössten zum Speeren aussuchen. Ich schiess mir noch zwei, dann reicht´s für uns. Lothar kommt auf der anderen Seite in Jagdekstase. Sechs Stück für `nen Ein-Personen-Haushalt, will der `ne Woche lang Lobster essen? So richtig beeindruckt zeigt Marion sich dann auch nicht von meiner Beute. Statt dem Jäger anerkennend auf die Schulter zu klopfen und ihm daraus freudig ein Mahl zu bereiten, wird genörgelt. In Kuba hast du viel grössere gefangen. Da hätte einer gereicht. Ja, aber da verstecken die sich auch nicht so feige. Da kann ich sehn, mit wem ich kämpfe!

 

Sonntag, 05.10.2014
“Wär schön, wenn du bis zum Frühstück wieder zurück bist und verspiel nicht unser ganzes Geld,” werde ich liebevoll verabschiedet. Ich hab Ausgang! Männerrunde! Skat! Gestern abend hatten wir uns zwecks Feierabendbier endlich mal zum Besuch des hiesigen deutschen Kleingartenvereins aufgerafft. Fährt Lothar fast jeden Abend hin. Da hocken dann `ne Handvoll Männer in Arbeitskombi auf der Holzbank und schlürfen ihr wohlverdientes Feierabendbierchen. Stellt man einfach ein Six-Pack auf den Holztisch und schon ist man aufgenommen. Die hocken hier zum Teil schon seit Jahren. Abends jedenfalls. Und irgendwann kam die Frage: Spielst du eigentlich Skat? Ich war mir jetzt nicht sicher ob das zum Aufnahmeritual gehört und hab sicherheitshalber JA gesagt. Und deswegen hocke ich heute im Schatten von Andreas` Werkstattcontainer und hau mit ihm und Kalle die Karten auf den Tisch. Ist zwar bestimmt schon zwanzig Jahre her, dass ich zuletzt Skat gespielt habe, aber die beiden spielen die Volkssport-Version. Nicht so`n verbiesterten alte-Herren-Skat mit viel Rumgebrülle, wo man drei Runden später noch angeschnarcht wird, warum man beim zweiten Zug die Piek-Sieben ausgespielt hat, statt der Herz-Acht, wo man doch genau hätte wissen müssen, dass der Geber noch die Karo-Neun ... Neeee, wir spielen ganz gemütlich, sind froh, dass wir uns noch halbwegs merken können wieviel Trumpf im Spiel sind, schlürfen ein Bierchen dazu, verdrücken die Steaks, die Andreas Frau Jackie zwischendurch anschleppt, holen neues Bier, labern über Aussenbordmotoren, Propellerwellen und sonstige simple Dinge, also Sachen, die Männerhirne neben der Anzahl der Trumpfkarten eben noch verarbeiten können. Bloss schade, dass irgendwann die Sonne untergeht. Kann man die Karten nicht mehr erkennen. Das ist dann der Zeitpunkt, wo die Jungs einfach zusammenpacken und zum Feierabendbier ins “Cadisco” fahren. Haben sie sich ja auch verdient.

 

Montag, 06.10.2014
Beim lieben Gott war das einfach. Der hat erstmal die Erde gemacht, fand das dann irgendwie zu dunkel und hat Licht gemacht. Einfach so. Hat bei mir heute viel länger gedauert. Den ganzen Tag. Ausgangspunkt war unsere neue Trinkwasserpumpe. Die läuft einfach zu leise. Hören wir nicht mehr wenn der Tank leer ist und die Pumpe sich `n Wolf rödelt. Oder wenn wir beim Segeln auf der Seite liegen und die Pumpe Luft zieht, weil das Wasser nur noch auf einer Tankseite vor sich hin schwabbert. Rennt sie und rennt und irgendwann sind die Batterien leer. Während die Wasserpumpe also auf so ziemlich allen Booten die ich kenne lautstark auf ihre Tätigkeit aufmerksam macht und die Besitzer mit allerlei Bastelaufwand versuchen, den Geräuschpegel auf ein erträgliches Mass zu senken, haben wir genau das entgegengesetzte Problem. Könnte ich natürlich einfach eine Sirene parallel anklemmen, die Idee hat Marion aber verworfen. Zuckt sie jedesmal zusammen, wenn ich mir den Zahnputzbecher vollaufen lasse. Deshalb die Idee mit der ROTEN WARN-LED im Schaltpaneel. Pumpe arbeitet, LED leuchtet - Pumpe macht nix, LED aus. Ganz einfach. Wenn ich dazu bloss nicht ein Kabel von der Pumpe im Motorraum zum Schaltpaneel ziehen müsste. Dauert den ganzen Tag! Bodenbretter hoch, Schränke leer räumen, überall liegen Kabel und Werkzeug rum, alles vollschwitzen (Marion hat mal wieder ihre helle Freude an mir). Und natürlich ganz viele tolle Vorschläge, wo ich das Kabel viel einfacher langziehen könnte. Vorzugsweise da lang, wo ich nicht mehr rankomme. Wäre der Weg aber kürzer ... Aber am späten Nachmittag wird es auch bei uns endlich LICHT. Stehn wir abwechselnd in der Küche, drehn den WasseFort St. Louis in Marigotrhahn auf und der andere freut sich vorm Schaltpaneel, dass die rote LED leuchtet. “Jetzt drehst du aber am Hahn, ich will auch mal gucken wie sie brennt ...” So ähnlich hat sich der liebe Gott damals bestimmt auch gefreut: Tag, Licht an - Nacht, Licht aus, wieder Tag, Licht an ... Aber wie gesagt, der hat da eben nicht `n ganzen Tag dran rumgebastelt. Dafür hatte der aber auch noch kein “Cadisco”, wo er anschliessend sein Feierabendbier schlürfen konnte ...

Dienstag, 07.10.2014
Seit Tagen beschwert sich Marion schon, dass wir uns das Fort St. Louis noch nicht angeguckt haben. Thront genau über der Ankerbucht auf einem Hügel. Bin ich da heute also mit ihr hingelatscht. Mindestens 50°C, das Ding steht natürlich ganz oben auf dem Hügel, aber um meine Crew glücklich zu machen, ist mir ja kein Weg zu beschwerlich. Steinmauer drumrum, mit `nem Tor, das ist zum Glück offen. Brauchen wir schon mal nicht über die Mauer klettern, wie die alten Seeräuber früher. Damals haben die nämlich gehässigerweise das Tor immer zu gemacht. Hat den Seeräubern ihren Job nicht gerade erleichtert. Drinnen dann zwei, drei alte Häuschen (ein schlitzohriger Makler würde vermutlich “leicht renovierungsbedürftig” in sein Exposé schreiben. Und `ne Handvoll alter Kanonen. Die scheinen aber auch nicht mehr zu funktionieren. Schade. Hätte siKann man prima runterguckench ganz gut gemacht, ein so`n Ding bei uns auf dem Vordeck. Aber wahrscheinlich würde sich Marion dann bloss wieder beschweren, dass ihr das Teil beim Wäscheaufhängen im Weg rumsteht. Also keine Bordkanone. Statt dessen einmal um die Mauer laufen. Kann man runter gucken. Machen wir natürlich. Da sieht man Marigot und Wasser. Und Segelboote vor Anker. Oder kein Wasser. Wenn man nämlich auf der anderen Seite runter guckt. Irgendwann ist uns das Runterglotzen dann aber doch zu blöd. Und heiss ist es ausserdem. So 60°C. Klettern wir den Hügel also wieder runter und ich schiebe meine Liebste unauffällig Richtung “Super U”. Die haben Klimaanlage und verkaufen lecker Steaks! Schmeiss ich uns so`n 800gr-Model in den Einkaufswagen, Spargel und Schinken hinterher und daraus brutzle ich uns nachher ein lecker Festmahl!!! Wie gesagt, für das Wohlergehen meiner Crew ...

Donnerstag, 09.10.2014
Guck ich doch heute früh gut gelaunt in den Motorraum, um da mal Hallo zu sagen, wabert da `ne fette Ölpampe in der Bilge! Wie jetzt??!!! Irgendwer will mir hier den Tag versaun! Brauch ich auch gar nicht lange zu suchen, wer. Der Generator! Der sucht ständig Stunk. Obwohl, wenn ich ehrlich bin, kann der diesmal gar nichts dafür. Hab ich gestern vergessen, den Absperrhahn für den Kühlwasserzulauf zum Auspuff zu schliessen. Läuft das Wasser dann natürlich fröhlich in den Auspuff, von da durch`s Auslassventil in den Zylinder, irgendwann ist es im Kurbelgehäuse, läuft munter weiter, drückt das (grad frisch gewechselte!!!) Öl durch alle möglichen Öffnungen aus dem Motor ... und wenn ich nicht zufällig heut früh da reingeschneit wäre, würde das Wasser wohl noch bis Weihnachten so weiter laufen. Vermutlich nicht ganz so lange, weil wir dann vorher schon abgesoffen wären. Wegen `nem kleinen Absperrhahn. Dabei hat Marion am Generatorpaneel extra ein Schild angebracht. KÜHLWASSERHAHN SCHLIESSEN! Wer lesen kann ist echt im Vorteil :-) Wer nicht, muss sich eben für den Rest des Tages in den Motorraum hocken. Wasser-Ölpamps abpumpen, Pumpe abbauen, um an die Ablassschraube zu kommen, Motorfüsse vorne abschrauben, um das Ding anzukippen, damit auch das letzte Wasser abläuft, alles wieder zusammenbauen, vergessen, dass ja auch der Zylinder voll Wasser ist, Motor vorsichtig durchdrehen, damit das durch die Einlassventile rausgedrückt wird, die ganze Brühe fluchend aus dem Elektroanschlussgehäuse wischen, wo es reingelaufen ist, Pumpe wieder abbauen, Ablasshahn, Motorfüsse, noch mal Wasser ablaufen lassen, wieder alles zusammenbauen ... kurz vor Feierabend kippe ich endlich frisches Öl in den Motor. Generator fängt leicht hustend an zu laufen und darf dann erstmal `ne halbe Stunde vor sich hin rödeln. Öl hinterher wieder abpumpen, neues auffüllen, nochmals laufen lassen und jetzt sieht das Öl auch wieder aus, wie`s aussehen soll. Und dann unbedingt den KÜPhilipsburg - gruselig! Casinos, Juweliere, Boutiquen, ... genau das Richtige für uns beide :(HLWASSERHAHN SCHLIESSEN!!! Kann man ja eigentlich nicht vergessen, hängt ja `n Schild dran. Aber die Bilge putze ich erst morgen, jetzt ist Zeit fürs “Cadisco”. Das Feierabendbier hab ich mir verdient!

Freitag, 10.10.2014
Marion hat heut Hochzeitstag! Hab ich mir so beim Aufwachen überlegt, dass ich jetzt aufspringen und sie mit einem Kaffee am Bett überraschen könnte. Aber dann ist mir noch eingefallen, dass ich ja auch Hochzeitstag habe. Hab ich mich natürlich noch mal umgedreht und gewartet, dass sie mich mit dem Kaffee überrascht. So wie jeden Tag, eben :-) Ich hab sie aber daTanzen auf Schotter? Egal - it´s Partytime ;)nn doch noch verwöhnt. Es gab `nen Gruppenausflug! Sie und ich mit dem Bus nach Philipsburg. Das ist auf der holländischen Seite. Ausser uns trampeln da für gewöhnlich noch die Passagiere von zwei, drei Kreuzfahrtschiffen durch die Gassen. Dementsprechend sind alle Häuschen bunt angemalt. Touristen lieben sowas. Und überall sind Geschäfte. Eins neben dem anderen. Alle locken mit zollfreiem Einkauf. Zollfreier Schmuck, zollfreies Parfüm, zollfreie Protzuhren, zollfreie Ei-Phones, zollfreie Flip-Flops, zollfreies Klopapier ... Na ja, Klopapier weiss ich jetzt nicht genau. Aber Schnaps und Zigarren. Und wo dem Hausbesitzer grad nichts eingefallen ist, was er den Touris zollfrei vertickern könnte, hat er eben `ne Bar aufgemacht. Oder ein kleines Restaurant. Das Essen scheint aber nicht zollfrei zu sein. War schw...teuer! Aber Marion hat ja Hochzeitstag. Hab ich sogar noch zwei kalte Bier ausgegeben. So auf `ner Holzbank vorm Imbiss. Hat sie sich trotzdem drüber gefreut. Sie ist eben sparsam in der Haltung :-) Nervt nicht vorm Juweliergeschäft oder schielt nach zollfreiem Parfüm. Ne, sie schleppt mich in ein Küchengeschäft und kauft mir eine neue Pfanne. Zum Hochzeitstag! Damit ich keine Ausrede mehr hab, wenn ich mit kochen dran bin ... Ne kleine Feier gibt`s dann aber doch noch. In der “Hole-out-Werft”. So mit Livemusic, Freibier und gratis Essen. Geraten wir rein zufällig rein. Schmeckt aber trotzdem :-) Kann Marion sogar tanzen. Ich wackel auch so`n bisschen ... Wegen der Musik, nicht wegen dem Freibier.

 

Sonnabend, 11.10.2014
Wieso hängen wir jetzt eigentlich die ganze Zeit in Marigot rum, wir können doch auch mal zu `ner anderen Bucht fahren, fragt Marion so scheinbar harmlos beim Frühstück. Ja, könnten wir. Dann lass uns das doch einfach machen, stochert sie weiter. Aber ich hab morgen doch Skatnachmitt ... ich bring den Satz lieber nicht zu Ende und schalte den Navi-Rechner ein. Mal schauen, wo`s ein schönes Ankerplätzchen gibt. Da hab ich grad noch mal die Kurve gekriegt. Das sieht doch nett aus. Mein Finger zeigt auf die Ilet Pinel auf der anderen Inselseite. Gehört noch zum französischen Teil, brauchen wir nicht ausklarieren. Bloss einkaufen. Das machen wir dann auch gleich. Mit dem Einkaufswagen durch den “Super U”, Fleisch, Saft, Würschte, Bier und weil Marion gegrillte Würschte mit Bier aus ernährungstechnischer Sicht für unzureichend hält, landet auch noch Grünzeug darin. Die Beute schleppen wir dann in der Mittagshitze durch die Stadt, schmeissen alles ins Schlauchboot, verteilen es im Schiff und um zwei sind wir dann endlich abfahrbereit. Ich will unbedingt segeln. Kaum Wind. Natürlich Gegenstrom. Schmeiss ich irgendwann zähneknirschend den Stinkediesel an. Voll unsportlich! Aber wir kommen immerhin bis zum Ostende der Insel. Neuer Kurs. Ich will wieder segeln. Verdreht Marion die Augen - da ist doch kaum Wind! Sieht aber cooler aus. Claro, da stehen ja auch Insulaner am Ufer, um zu gucken, wie wir hier lang fahren. Ich will recht haben, also bleiben die Segel oben und irgendwie treiben wir tatsächlich gaaaanz langsam dahin, wo wir hinwollen. Siehst du, ging doch, ruf ich triumphierend, als wir zum Sonnenuntergang den Anker runter plumpsen lassen. Ja, aber ich frag mich wie du jetzt im Dunkeln noch grillen willst?! Wieso müssen Frauen eigentlich immer das letzte Wort haben??!!

Sonntag, 12.10.2014
Ich bin stinkig. Wegen ... äh, weiss nicht genau. Auf jeden Fall hab ich schlechte Laune. Statt mit der Taucherbrille ins Wasser zu springen hock ich mit`m Sudoku-Heft in meiner Ecke und stiesel vor mich hin. Bin ich ausdauernd drin. “Bist du jetzt stinkig weil du deine Skatrunde verpasst?” Auf so`ne Provokation antworte ich schon mal gar nicht! Redet Marion eben auch nicht mehr mit mir. Sie liest jetzt. Gute Idee, hol ich mir auch `n Buch. Brauchen wir den ganzen Tag nicht reden. Und Schnorcheln können wir ja auch morgen.

                                                                 ...

14.10.2014

 

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