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Argentinien

Sonnabend, 22.01.2011Die will doch nicht etwa zu uns

Sechster Tag, die Hälfte der Strecke liegt hinter uns, Schiff o.k, Mannschaft noch vollzählig, nahezu unversehrt und gutgelaunt. Die ersten drei Tage hatten wir auch perfektes Segelwetter, nur unterbrochen von einigen Gewitterfronten. Meist drei, vier Stunden lang und natürlich vorzugsweise ganz früh morgens, wenn meine Freiwache beginnt. Einmal hat`s uns ganz gut gelegt, Marion und diverse andere Dingen flogen irgendwie im Salon herum - in der Koje war ich da doch besser aufgehoben. In Rekordzeit war ich draussen, aber Bordfrau war noch schneller wieder auf den Beinen und hat die Schoten losgeworfen (für die, der Geheimsprache der Segler nicht mächtigen: sie hat die Leine am Ende der Segel losgemacht). Seitdem hat sie ein paar blaue Flecke mehr und Wir sind doch nicht alleinjammert irgendwie über Genickstarre - sprich sie hat vorübergehend die Fähigkeit eingebüsst, sich in Buenos Aires den Hals nach knackigen Argentiniern zu verrenken. Ich, da gut gepolstert, bin besser davon gekommen - einzig mein grosser Backbordzeh beeindruckt mit einer interessanten neuen Form und Farbe. Gehässigerweise ist der Wind dann am nächsten Tag so peu a` peu eingeschlafen, bis wir irgendwann mit flappenden Segeln auf der Stelle stehen und zähneknirschend den Starterknopf vom Motor drücken. Zwanzig Stunden später ist er wieder da, nur die Richtung passt nicht ganz zu unserem geplanten Ziel. Aber besser als motoren, segeln wir eben einen Tag lang Südafrika entgegen. Da waren wir ja schliesslich auch noch nicht. Heute ist wieder alles so, wie es soll, die Sonne lacht, der Wind passt und wir segeln Richtung ARGENTINIEN

Sonntag, 23.01.2011

Strahlender Sonnenschein und pünktlich, als wir mit dem Frühstück fertig sind, rauscht die Angel aus. Welch Wohlklang in des Skippers Ohren! Nichts Weltbewegendes, ein Thun, 60cm lang und 3,5kg. Perfekt - nicht viel Arbeit und Essen für drei Tage. So`n Grosser macht ja immer mehr her für`s Foto, aber eigentlich hat man nur Stress damit. Falls er sich nicht ohnehin losreisst (und den schönen Köder mit nimmt), hat man `ne Stunde zu kämpfen bis er endlich im Boot ist, darf dann im schwankendem Cockpit, wo alles (und glitschiger Fisch insbesondere) hin und her rutscht versuchen, das Untier auszunehmen, zu enthäuten, zerlegen und filetieren, ohne sich mit dem scharfen Filetiermesser dabei selbst zu entmannen, kann hinterher versuchen, ein mit Blut und Fischresten verziertes Cockpit wieder halbwegs sauber zu bekommen, währenddessen Bordfrau darüber sinniert was sie mit den Fleischbergen anfangen soll. Also erstmal Gefriertruhe anwerfen, zähneknirschend auf`s Amperemeter stieren und versuchen, den Stromverbrauch zu ignorieren, dann bei ruhigem Wetter einen Teil Einkochen und mit der Gewissheit leben, dass das eine oder andere Glas doch wieder aufgeht und man irgendwann tagelang schnüffelnd durchs Schiff kriecht auf der Suche nach der Ursache für den fürchterlichen Gestank, ... nö, lieber so`n schönen, handlichen, der auf dem Foto einfach nur mickrig aussieht. Und weil heute Sonntag ist, backt Bordfrau einen lecker Kuchen und wir ziehen seit langem mal wieder unseren Parasailor hoch. Den allerdings, weil der Wind so schön dazu passt. Dat rauscht nur so!!!

Montag, 24.01.2011Dich kenn ich nicht - dich ess ich nicht

Eigentlich wollten wir unseren Gelbling, den Parasailor ja gestern über Nacht oben lassen, aber kurz vorm Sonnenuntergang zogen hässliche Wolken in unsere Richtung, da haben wir ihn dann doch lieber runtergenommen. Aber irgendwie sind alle Fronten an uns vorbeigezogen, was ja der Idealfall ist und seit heute morgen zieht uns die grosse gelbe Blase wieder vorwärts. Die Crew liest, isst, döst vor sich hin - sprich, sie faulenzt! Einzig Marion muss diese interessante Beschäftigung zeitweise unterbrechen, um sich der Essenszubereitung oder dem Abwasch zu widmen. 20 Uhr, Labertime mit Franz, ich schalte die Funke ein und im selben Augenblick drehen wir uns sonstwo hin. Was is dat nu? Der Autopilot will nicht mehr. O.k., wieder einschalten, auf Kurs bringen - und wieder piep, piep, piep - Ausstieg! Das ist jetzt echt blöd - erstmal den "Gelbling" runter bevor es dunkel wird. Wenn hektisch, dann natürlich alles falsch - wir brauchen beinah eine halbe Stunde bis das Teil endlich im Sack ist. Genua raus, Autopilot ein - geht wieder. Na ja, zumindest für `ne Weile, zwei Stunden später - Marion ist gerade in die Koje geklettert - beschliesst er endgültig die Dienstverweigerung. Also steuere ich erstmal mit Hand, das wird mir aber schnell langweilig. Die Windfahnensteuerung wäre die Rettung, es dauert `ne Weile bis ich, immer zwischen Steuerrad und ´Windfahne hin und her hetzend, alles installiert, eingestellt und zum "Laufen" bringe. Wind genau von hinten, die blödeste Variante für den "Windfred" - alle zehn Minuten kann ich mittels Steuerrad den Kurs nach korrigieren, damit bei dem tollen "Schlingerkurs" das Segel nicht back kommt (Seglergeheimsprache: den Wind von der falschen Seite bekommt und das Segel dann wirkungslos und blöd abhängt). Das kann ja ne tolle Nacht werden!

Dienstag, 25.01.2011Ach, und bärtige Seehunde sind also putzig

Als Bordfrau mich morgens ablöst, ist sie zwar froh, dass wir wieder eine halbwegs passable Steuerung haben, aber erstmal keineswegs Willens deren Unzulänglichkeit mittels ständiger Kurskontrolle und manueller Nachjustierung zu kompensieren. Dauert `ne Weile bis die Einsicht, dass auch der Skipper seinen Schönheitsschlaf braucht, über den Frust bezüglich der derzeit mangelhaften Selbststeuerqualitäten unseres Schiffes siegt. Gegen mittag segeln wir in den Rio de la Plata - Stimmung steigt, wir sind ja fast da, Sturmvögel gleiten elegant über die Wellen und die ersten Seehunde tauchen neben uns auf. Bordfrau ist ganz begeistert von diesen "putzigen BÄRTIGEN Gesellen", während mein derzeit unrasiertes Antlitz Grund ständiger Nörgeleien ist. Ich widme mich der Fehlersuche. Hydraulikzylinder fällt aus, per Hand können wir ja steuern, bisschen Öl nachfüllen kann trotzdem nicht schaden. Der Ruderlagengeber fällt auch relativ schnell aus der engeren Wahl. Bleibt nur noch die elektrohydraulische Pumpe (da ist Ersatz an Bord) und der Kurscomputer. Letzteren erstmal ausbauen, zerlegen - tja, nix zu finden. Rein auf Verdacht löte ich zwei Stellen nach, keine Besserung. Also baue ich mal fix eine kleine Versuchsanordnung auf und messe die ausgehende Steuerspannung. Drehrichtung wechselt zwar brav, je nach Steuerbefehl, aber die Spannung liegt dann mal so zwischen 3, 5 oder auch 13V. Sch..., ausgerechnet das teuerste Teil muss kaputt sein - wir haben auch so genug Ausgaben vor uns. Selber ist da nichts mehr zu basteln, bestenfalls gibt es in Buenos Aires eine Vertragswerksstatt für "Navman-Geräte", was ich aber arg bezweifle. Was soll`s, ärgern können wir uns auch später, freuen wir uns erstmal über die immer wieder auftauchenden Seehunde im mittlerweile kackbraunen Wasser des Rio de la Plata. Zum Abend wird unser "Windfahnen-Eierkurs" immer riskanter - jede Menge "Dickschiffe", die uns zwar ausweichen müssen, aber bei unserem "Geeier" auch nicht wissen können wo wir hinwollen. Irgendwann steuere ich nur noch von Hand, werde immer müder und habe gegen 3 Uhr die Schn... voll, drehe bei, mach das Ankerlicht an und lass uns treiben.

Mittwoch, 26.01.2011Man at work

Ich könnt` sie ja knutschen - Marion wacht auf und hat die geniale Eingebung, doch mal unseren Pinnenpiloten anzubauen. Manchmal ist MANN ja auch blöd, genau dafür hatten wir ihn ja schliesslich bei unserem letzten D-Urlaub gekauft - aber irgendwie ist er in der Versenkung verschwunden und damit aus dem Sinn. Langwierige Suche bis alle Teile wieder auftauchen, dann beginnt die Bastelei. Vorher lassen wir noch schnell den Anker fallen (der Rio de la Plata ist hier zwar noch über  50sm breit, aber nur 15m tief) - rollt zwar mächtig, aber hier sind jede Menge Wracks und Untiefen und damit sparen wir uns das Wache gehen. Sechs Stunden später sind die Kabel verlegt, angeklemmt, Sicherung und Trennstelle installiert, Pinnenpilot angebaut, Werkzeug wieder verstaut, "Baustellen" gesäubert, Käpt`n geduscht - bereit zum Probelauf. Anker auf, Wind ist weg, Motor an, Schiff auf Kurs bringen, unser neuer "Steuerknecht" einhängen, auf`s Knöpfchen drücken - es funktioniert! Zwar etwas zeitversetzt, da er ja den Windfahnenarm bewegt, der wiederum das Pendelruder verdreht, welches das Hilfsruder ansteuert und dieses schliesslich hält das Boot auf dem gewünschten Kurs. Klingt kompliziert, aber zumindest unter Motorfahrt funktioniert es erstmal. Und da wir es ganz praktisch finden wenn wir die verschiedenen Helfer an Bord bei Bedarf mit dem Vornamen anschreien können, wird der Pinnenpilot auch gleich mal getauft - "PIPI"! Wir nähern uns der Küste Uruguays, fahren an Montevideo vorbei (sieht bei Nacht aus wie jede andere Stadt - halt viele Lichter), der Motor rödelt vor sich hin und nervt eigentlich und da sticht uns auf der Seekarte eine kleine Bucht ins Auge. Gerade mal 10sm entfernt, liegt fast auf dem Weg - wozu sollen wir uns den alten Stinkdiesel noch länger antun? Zwei Stunden später platscht der Anker ins Wasser, kurz nach Eins - beste Zeit für einen Willkommens-Schluck! Prost Uruguay - und kurz darauf verschwinden wir beide nach neun Tagen endlich mal wieder gemeinsam in die Koje :-)

Donnerstag, 27.01.2011

Nach dem Aufstehen, mit der Kaffeetasse nach draussen tabbern, verschlafener Rundblick - wo sind wir denn? Das sieht ja aus wie Zuhause - Ankerplatz vor der Schabe, oder dem Darss? Jedenfalls Meck/Pomm. Dazu auch noch schöner Segelwind, ich bringe Pipi wieder in Position - einschalten - äh, irgendwie geht das nicht. Dauert `ne Weile bis ich schnalle, dass ich die Arretierung vom Pendelarm der Windfahne, den Pipi ja bewegen soll, gar nicht gelöst habe. Schon besser. Aber auch nicht wirklich gut. Mittlerweile kommen mir auch Zweifel an meiner Diagnose bezüglich des Ablebens vom Autopilot-Computer, da ich festgestellt habe, dass mein Messgerät eine leichte Macke hat. Also baue ich meine "Versuchsreihe" noch mal auf - schalte und messe, messe und schalte - tja, irgendwie scheint alles zu funktionieren. Vielleicht doch die Pumpe? Einen Versuch wär`s wert, da wir es eh nicht mehr rechtzeitig vor`m Wochenende zum Einklarieren nach Buenos Aires schaffen, brauchen wir auch nicht durchfahren - kurzes Kartenstudium, 6sm entfernt liegt eine geschützte Bucht - nichts wie hin. Der Anker fällt (diesmal eindeutig vor`m Darss), ich bin kaum im Motorraum verschwunden, da bekommen wir auch schon Besuch.Na, wenn das keinen Sundowner wert ist Vier Mann im Schlauchboot, einer hält mir ein Handy hin - die "Prefectura" ist dran. Ich hab zwar keine Ahnung was für eine Behörde das ist, erzähle aber brav, dass wir ein Problem mit der Steuerung haben, ich eine Pumpe tauschen muss und wir deshalb hier ankern. Kein Problem, ob wir Hilfe oder Teile brauchen? Nö, geht schon, wir haben alles an Bord. Noch ein kurzer Schwatz mit den Männern, dann tauche ich wieder ab in mein Reich, ringe mittels Maulschlüssel verzweifelt mit den Schlauchanschlüssen der Pumpe, verwünsche lautstark "Shassada"-Arnim, der die Dinger mal angeschraubt hat, habe irgendwann schweissüberströmt und vor Hydrauliköl klebend doch alles umgebaut, Öl aufgefüllt, entlüftet, saubergemacht, mich geduscht und präsentiere Marion mit stolzgeschwellter Brust wie der Autopilot per Knopfdruck das Ruder bewegt. So als "Trocken-Übung" schon mal nicht schlecht! Sie spart nicht mit anerkennenden Worten und präsentiert ihrerseits ein leckeres Abendbrot. Oh, heute keinen Fisch - ich lobpreise ihre Kochkünste nun überschwenglich und zur Belohnung mixe ich uns beiden einen grossen Sundowner!

Freitag, 28.01.2011

Das ist jetzt spannend, als wir nach dem Frühstück ankerauf gehen. Schiff auf Kurs, Knöpfchen drücken und ... der Autopilot schnurrt vor sich hin. Und das auch noch nach einer halben Stunde, und nach einer, nach zwei, ... war doch echt diese blöde Pumpe im Eimer? Strahlender Sonnenschein, 0 Wind, 0 Welle, der Motor rödelt, die ungewohnt ruhige Lage des Bootes verleitet Marion dazu, meine seit längerem bemängelte Frisur aufzupeppen. Dann noch Maniküre, Pediküre, der Skipper wird auf landfein getrimmt. Eine dunkle Wolkenfront schiebt sich langsam in unsere Richtung, sieht irgendwie bäh aus - die will doch nicht zu uns? Will sie! Wir schaffen gerade noch, unser letztes Stück Kuchen zu verschlingen, dann wird`s sportlich - von 0 auf 6 Bft - das verkürzt die Reisezeit doch ganz erheblich. Dazu eine schöne Hacksee, bei 3 bis 5m Wassertiefe können Wellen doch echt eklig sein! Marion hat erste Befürchtungen, dass wir in einigen Wellentälern aufsetzen könnten. Bei der auflandigen Welle kommt für uns nur ein Hafen in Betracht: Juan L. Lacaze. Hat nicht nur `nen tollen Namen, sondern laut Seekarte auch einen langen Wellenbrecher. Da man sich die brasilianische Unsitte, Seezeichen nachts auch gerne mal unbeleuchtet zu lassen, hier noch nicht zu eigen gemacht hat, finden wir sowohl Hafen als auch Wellenbrecher und können uns dahinter verkrümeln. Irgendwie sieht es aus als ob wir in eine Fabrikanlage geraten sind und es stinkt auch so. Langsam tasten wir uns weiter, irgendwannProminenter Nachbarn mit unempfindlicher Nase ist Ende und da ist tatsächlich ein kleines Hafenbecken voller Yachten. Viel Platz ist nicht, wir werfen unseren Anker - es ist fast Mitternacht - das Feierabendbier haben wir uns verdient. Oh, prominenter Nachbar: neben uns schaukelt die "Iron Lady", da fallen mir doch gleich Leute ein, die jetzt feuchte Augen kriegen würden vor Glück. Über Funk versucht jemand mit uns ins Gespräch zu kommen, klappt aber nicht, da wir kein Spanisch und unser Gegenüber kein Englisch spricht. Immerhin erfahren wir, dass die "Prefectura" dieses ausgeprägte Kommunikationsbedürfnis hat - irgendwann geben sie aber auf. Dafür klopfen Oskar und Michael an die Bordwand, stellen sich als "Prefectura" vor, bekommen jeder eine Bierdose in die Hand gedrückt und jetzt verstehen wir sie auch. Wir können hier nicht liegenbleiben - frühs kommt ein grosses Schiff, wir liegen im Manövrierbereich -  sondern sollen an Land festmachen. Aber erst mal in Ruhe austrinken, dann helfen sie beim Anlegen (es weht immer noch kräftig), danach schlafen und morgen früh ins Office. O.k., in der Reihenfolge machen wir`s!

Sonnabend, 29.01.2011

Der Gestank von der Fabrik scheint eine leicht betäubende Wirkung zu haben - wir schlafen super. Nach dem Frühstück erst mal ins Hafenbüro, "Hydrografia" genannt, zwecks Bezahlung. Eine nette Dame erzählt uns, dass sie auch ein bisschen Englisch spricht (bitte, danke und mit ein wenig Hilfe klappen sogar die Zahlen von eins bis zehn) und präsentiert uns dann die Rechnung. 219 Peso, Marion hat Schweissperlen auf der Stirn als sie die Karte rüber reicht (wie steht der Kurs?). Anschliessend zur "Prefectura", äh ja, was sollen sie nun mit uns machen? Erleichterung, als wir auch noch unser Ausreisepapier von Brasilien rauskramen - da ist noch Platz für einen Stempel - Klatsch! Fertig. Na bitte, war doch ganz unkompliziert. Da wir jetzt ja halblegal in Uruguay sind machen wir mal gleich einen kleinen Stadtrundgang. Kleine Häuser, leere Strassen, nichts Aufregendes aber  irgendwie gemütlich und nett. Eine Bank zwecks Geldbeschaffung, Gemüseladen für frische Vitamine, eine kleine Bar gegen den Durst. Als Gringos werden wir von allen gegrüsst, das Bier heisst "Patricia", ist 1l gross und kostet am Ende 2,50 Euro. Uruguay gefällt uns immer besser! Wenn der Gestank im Hafen nicht wäre, hätten wir glatt noch bleiben können, aber da selbst die Insekten davon eingehen, werfen wir um Vier die Leinen los. Der Wind bläst immer noch kräftig, pünktlich zum Sonnenuntergang erreichen wir die geschützte Bucht von Colonia del Sacramento und der Anker fällt vor`m Hafen. Natürlich versucht wieder jemand erfolglos über Funk eine Unterhaltung mit uns zustande zu bringen, aber irgendwann mache ich auf dickfällig und reagiere nicht mehr. Sollen sie doch ein Boot zu uns rausschicken!

Sonntag, 30.01.2011

So wichtig kann das Anliegen der "Colonia Control" nicht gewesen sein, sie haben kein Boot geschickt. Da wir erst zum Abend in Buenos Aires eintrudeln wollen haben wir noch jede Menge Zeit und jeder versucht, sich mehr oder weniger sinnvoll zu beschäftigen. Bei Marion ist es eindeutig mehr, bei mir eher weniger sinnvoll. Im Hafen liegen Dutzende argentinische Yachten, die sich der Reihe nach davon machen und sich brav über Funk abmelden. Als wir dann 14.30 Uhr auch endlich unseren Anker hoch leiern, kann ich die Yacht "Mira" mit Ziel Buenos Aires perfekt über Funk abmelden. "Colonia Control" hat mir dann noch irgendwas (vermutlich) nettes erzählt, ich schicke mal rein auf Verdacht ein "Gracias" hinterher und sage dann lieber nichts mehr. Die letzten Meilen im Rio de la PlataÜberfahrt ist dann entspanntes Segeln und wie geplant fahren wir kurz nach Acht in den Hafen von Buenos Aires. Der Plan ist, sich in den "Yacht Club Argentino" einzuschleichen - die Einfahrt ist mit einer Sperre blockiert - ich probier mein Glück über Funk. Das ganze 15 Minuten lang - 0 Reaktion. Macht nix, ein Becken weiter gibt es ja noch einen Club, der ist von einer Drehbrücke versperrt. Fünf Yachten kreisen schon davor, also wird sie ja gleich öffnen - wir kreisen mit. "Hola" - wir werden gegrüsst und fotografiert - "die Brücke öffnet in 20 Minuten". Das macht sie dann auch und als erstes kommt ein Schlauchboot raus, steuert direkt auf uns zu um uns klarzumachen, dass wir hier nicht reinkönnen. Alles voll, sie haben Regatta - sorry! Sch... wohin jetzt, es ist fast dunkel. Noch mal zurück zum Yachtclub - diesmal mit Marions zarter Stimme an der Funke - tatsächlich eine Antwort "uno momento" und wie von Geisterhand öffnet sich die Sperre.Hafeneinfahrt Buenos Aires Es gibt Dinge, die können Frauen einfach besser! Ein Motorboot mit Marinero kommt heraus, wir sollen folgen und 10 Minuten später liegen wir im 1863 gegründeten, Yacht Club Argentino am Ponton. Im Gästebuch (der Eintrag hier steht an erster Stelle - noch vor der Emigration oder Coast Guard) flunkern wir dann Mitgliedschaft im Stralsunder Yacht Club vor (ich hätte fast noch Royal davor geschrieben, damit es etwas mehr hermacht), ab unter die Duschen (man braucht hier eigene Handtücher - sind wir gar nicht mehr gewohnt) und dann fläzen wir in den Ledersesseln des Clubs, jeder ein Bier in der Hand - wir sind eingeladen, von Marcelo und seinen beiden Begleitern. Das Essen lehnen wir dankend ab, hatten wir ja schon unterwegs und es wäre fast perfekt, wenn ich nicht so verkrampft meine Füsse unter dem Sessel verstecken müsste. Mit Flip-Flops komme ich mir hier doch arg deplaziert vor!

Montag, 31.01.2011Am Porto Madero, ein Restaurant am andern

Der Wecker kreischt, 7.30Uhr fallen wir aus den Kojen. Schnell einen Kaffee, Frühstück, duschen und aufbrezeln - als Gast im altehrwürdigen Yacht-Club Atlantico möchte man schon pünktlich erscheinen. Voll gestylt stehen wir um 9Uhr, "bewaffnet" mit all unseren Papieren, vorm Clubhaus. Keiner da. Der hiesige Gärtner erzählt uns was von "Onze", ah, um 11Uhr. Gut, der Arbeitstag beginnt hier augenscheinlich später, da können wir in der Zwischenzeit ja schonmal die "Immigracion" abarbeiten. Raus aus dem Club, am Puerto Madero vorbei über die Fussgängerbrücke, dann scharf rechts und geradeaus am argentinischen Segelschulschiff "Libertad" vorbei, die Strasse weiter runter (baumbestanden, schön, Schatten), gelbes Haus rechts, diverse Eingänge. Wählen die Nr.3, weil da alle rein laufen. Am Eingang Polizisten, denen wir unser Anliegen mittels Spanisch-Brocken, Hand und Fuss schildern. "No, cinco." Aha, Eingang 5. Nochmal um zwei Ecken, dort können sie nichts mit uns anfangen. Wir verstehen, wir brauchen ein Formular. Häh?! Na gut, eh wir lange rumrätseln gehen wir dann doch lieber zurück in den Club, die wissen ja vielleicht mehr. Im Vorzimmer der "Administracion", das edel nach Zedernholz duftet, warten wir bestimmt eine Stunde ehe dort eine Senorita Zeit für uns findet. Sie ist hübsch, nett und spricht hervorragend Englisch - Kpt'n überschlägt sich beinah vor Begeisterung. Wir dürfen eine Woche bleiben und unsere Einklarierungsrunde sollen wir beim Zoll beginnen. Den finden wir im Stadtteil La Boca, zu weit, um zu Fuss zu gehen. Kein Problem. Im Anschluss besuchen wir die nahegelegene Touri-Info-Stelle, bekommen dort einen Stadtplan und die passende Bus-Linie nach La Boca, 152, bis zur Endstation, auf geht's. Kurz vorm Busdepot springen wir raus, ab durch die Mitte, dann rechts. Von der anderen Strassenseite winken Passanten und bedeuten uns, in diese Richtung nicht weiter zu gehen: zu gefährlich. Wir müssen aber dorthin! Ein paar Meter weiter finden wir die Zollstelle und drei freundliche Senoritas lassen uns ein, beginnen mit dem Kopieren der Papiere. Dann suchen sie die Einreise-Stempel im Pass. Keine Stempel? "Primera Immigracion". Na Klasse, war ja klar! Alles wieder einpacken, ab zum Bus, zurück fahren. Zur Immigracion laufen, wieder Eingang 3, dann Eingang 5. Dieses Mal werden wir erstaunlicherweise eine Treppe höher geschickt. Aha. Dort grosses Rätselraten, vier verschiedenen Beamten erklären wir unser Anliegen ... es dauert. Dann kommt der "Jefe", nimmt unsere Pässe und uns mit, ein Stockwerk tiefer. Warten vor verspiegelten Türen. Eine Beamtin kommt heraus und fragt das ein und andere nach - ah, es geht voran. 10 Minuten später halten wir unsere gestempelten Pässe in der Hand. Juhu! Schnell in einem Strassenimbiss ein Hot-Dog und eine Limo runterstürzen und wieder auf nach La Boca! Die Damen vom ZLecker Steak! Mampf!oll arbeiten alles zügig ab, kurz darauf stehen wir wieder an der Haltestelle der 152, um zurück zu fahren. Jetzt steht noch die "Prefectura Naval" an, die ihren Sitz irgendwo im Seehafen hat. Natürlich laufen wir, ist ja nicht weit. Oder doch?! Die Füsse werden immer grösser, die Zunge hängt uns immer weiter aus dem Hals ... sind wir bald da? Nach gefühlten zwei Stunden erreichen wir doch noch das Gebäude der Prefectura, geben dort unsere Dokumente ab und bekommen darauf noch ein neues. Beim Einpacken der Papiere fällt uns auf, dass die Immigracion im Visa-Stempel ein falsches Datum eingestellt hat!! 31.01.2010!! Das ist jetzt nicht wahr!! Ist keinem aufgefallen. Klasse! Toll! Naja, auf dem Rückweg kommen wir eh nochmal an dem Gebäude vorbei, schauen wir, rein auf Verdacht, nochmal rein. Und wirklich, Eingang 5, hinter der verspiegelten Tür arbeitet noch jemand! Sie entschuldigt sich, ändert das Datum in den Pässen und Papieren - JETZT SIND WIR WIRKLICH FERTIG!!!! Wir schleppen uns zurück und sind uns einig: heute haben wir uns ein gutes argentinisches Steak verdient! Kpt'n hat ein halbes Bratensück auf dem Teller und strahlt bis über beide Ohren, ich kämpfe mit meinem 300gr-Stück, obwohl es auch echt lecker ist. Yep! Das ist Argentinien!!! - Das Strahlen fällt uns aus dem Gesicht als wir an Bord zurück kommen: Was wir bisher nicht bemerkt haben - der Fäkalientank ist übervoll und hat, vielleicht wegen der Wärme, über das Toilettenbecken im Vorschiff Druck und anderes abgelassen ... Na, das fehlte ja auch noch. Wahrscheinlich ist der Bordauslass mit Muscheln zugewachsen. Wir verbringen eine Stunde mit Reinigung und etlichen Versuchen, den Sch... wieder in "Gang" zu bringen, ohne Erfolg. Also gibt es morgen eine Fortsetzung - oh Mann, was für ein Tag!Congreso mit viel Ähnlichkeit zum Weissen Haus

Dienstag, 01.02.2011

Endlich mal ein bisschen ausschlafen! Kaffee zum Augenaufmachen, dann lässt sich der Kptn in die ohnehin braunen Fluten des Hafenwassers hinab. Kurz darauf kehrt er erfolgreich zurück und gönnt sich eine ausgiebige Dusche ;) Anschliessend lecker Frühstück. Unser Tagesprogramm für heute: das Stadtzentrum mit dem rosa Präsidentenpalast, dem Rathauspalast, der Kathedrale, der Plaza de Mayo, auf dem noch heute argentinische Mütter für die Rückkehr ihrer verschwundenen Kinder demonstrieren, vorbei am Edeficio Barollo zum Kongress, der dem Weissen Haus in Washington ähnelt, die Calle Corrientes entlang, die bestückt ist mit Theatern im Jugendstil und Kinopalästen der zwanziger Jahre, mit riesigen Buchhandlungen (oh mein Gott!!!! ;), über die breiteste Strasse der Welt, die Avenida 9 de Julio (wir haben 7 Fahrspuren je Fahrtrichtung gezählt!), wo der Obelisk steht, in den Fussgängerzonen der Florida und Lavalle zurück (Tango-Tänzer auf der Strasse, diverse Händler, die ihre Waren auf dem Asphalt ausgebreitet anbieten, kleine Restaurants und Bars, jede Menge Leute, ...) Whow! Was für eine Stadt! Füsse und Beine tun wieder, oder besser, immer noch weh. 21.30Uhr klettern wir auf die "Mira" und sind total platt. Bordfrau fällt auf der Stelle wie ein Stein in die Koje, der Kpt'n liest sich noch für ein paar Stunden auf der"Just-do-it"-Südamerika-Site von Martin fest, den wir 2009 in Griechenland getroffen hatten.

Mittwoch, 02.02.201auf dem Cementerio Recoleta1

Als erstes suchen wir wieder den netten jungen Mann in der Touri-Info heim. Grins, man kennt sich inzwischen. Wir wollen heute nach Recoleta, den "Cementerio" (Friedhof) ansehen. Bus-Nr.130 und er empfiehlt uns ausserdem den Japanischen Garten, den Zoo und diverse Museen, die sich gleich "nebenan" befinden ... (da krieg ich den Kpt'n eh nicht rein). "Muchas gracias!" Bis morgen. Zuerst mal zur "Correio" (Post), einen Brief für meine Oma auf den Weg schicken. Heisst Nummer ziehen und warten bis diese Nummer aufleuchtet. Nach einer Viertelstunde sind wir dran, die Verständigung klappt gut, beim Preis schlucken wir etwas. War doch ein Brief oder doch ein Paket? Naja, dick war er schon. Was soll's. Dann zum Bus und ab nach Recoleta. Viel Grün und viele Denkmäler, kurz in eine Kirche, dann auf den "Cementerio". Krass! Innerhalb einer hohen Friedhofsmauer beherbergen hunderte verzierte Marmorkrypten die Überreste der reichsten Familien von Buenos Aires. Präsidenten, Generäle, Schriftsteller, ... Die berühmteste ist das Grab von Evita Peron, das jedes Jahr Tausende besuchen. Schwarzer Marmor, immer mit Blumen geschmückt. Rundherum schmale Gänge, Säulen, Kuppeln, buntes Glas, Schwarzer, heller Marmor, riesige Beschläge, Kreuze, Pflanzen, die in den Rissen der alten Gräber wachsen, Särge, alte Fotografien, Inschriften, ... Eine "Totenstadt", wie wir sie noch nie gesehen haben. - Nach Museen steht uns jetzt wirklich nicht mehr der Sinn. Kurzes Essen und zu Fuss zurück. Vielleicht schaffen wir es ja, noch etwas für unsere site zu schreiben und sie zu aktualisieren. Zurück an Bord gibt es Zoff (warum eigentlich? Stadtkoller?) Bordfrau schreibt und Kpt'n "blättert" im Internet. Darüber dEcht lecker so ne Salchichaas grosse Schweigen! Buenas noches!

Donnerstag, 03.02.2011

Mit 'm Bock nach La Boca ;) Nein, wir sind wieder lieb und als "Buenos-Aires-Kenner" wissen wir, wo der Bus abfährt und welche Linie. Kurz nach der Ankunft bleiben wir schon am ersten Quiosco (Kiosk) hängen, ich komme einfach nicht an dem Grill mit der lecker duftenden Salchicha (Bratwurst) vorbei. Ausserdem ist es schon wieder richtig heiss geworden und gegen ein eiskaltes Quilmes ist nichts einzuwenden. Wir loben überschwenglich (soweit wir das auf Spanisch können), die Quiosco-Mutti freut sich und wir uns aWellblechhäuser in La Bocanschliessend auch über den wirklich volkstümlichen Preis. Gestärkt werfen wir uns in das La-Boca-Getümmel, zwischen die, busweise ausgeschütteten anderen Touristen. Mitte des 19.Jh. lebten hier spanische und italienische Einwanderer (Dockarbeiter), die die Fassaden ihrer ärmlichen Behausungen mit Wellblech verkleideten, das sie dann grellbunt anstrichen. Heute ist natürlich alles touristisch hergemacht und die knalligen Farben leuchten überall. Herrlich! Dazwischen Tangotänzer, Verkaufsstände, Strassencafès, ... und an jeder Ecke wird Tango gespielt. Nach ca zwei Stunden verholen wir uns mittels Bus in den nächsten Stadtbezirk, nach San Telmo, wo bis zur Gelbfieberepidemie im späten 19.Jh. die Reichen der Stadt wohnten. Schöne Kolonialbauten, Kirchen, Tangobars, Kopfsteinpflastergassen. Tolle Antiquitätengeschäfte gibt es hier, wir stöbern hier und da, aber an Bord kann man das meiste nicht gebrauchen. Leider. Zu Fuss geht's quer durch die Stadt zurück, Richtung Hafen. Es ist noch heiss und eine Menge Leute sind unterwegs! Wir gönnen unseren Füssen nochmal eine Pause und uns ein kühles Feierabendbier, bevor es wieder an Bord geht. Schnell ein Abendbrot brutzeln und dann sitzen wir beide vor den Rechnern, um euch endlich mal wieder frischen Lesestoff zu liefern.

Freitag, 04.02.2011Die Katzenlosen - sie fahren doch

Wasch-, Putz- und Arbeitstag - so der Plan. Am Vormittag kommt ein SOS-Anruf von Susi und Tom: Sie wollen morgen für 10 Tage in die Berge fahren und haben niemand, der auf’s “Kind” aufpasst. Ob wir nicht könnten, wöllten? Klaro, ist ja unser Patenkind ;) - Kptn entschwindet erstmal in die Club-Administration. Sie haben Bescheid aus ihrer Marina in San Fernando, die uns ab Montag erwartet. Toll! Ausserdem haben sie uns eine argentinische Gastlandsflagge besorgt. Die ist zwar doppelt so gross wie unsere D-Fahne am Heck, macht sich aber prächtig unter unserer Steuerbord-Saling ;) Nach dem Fahnenappell “taucht” der Kptn im Motorraum für die fälligen Ölwechsel unter und startet die erste Waschmaschinenladung, ich widme mich der Chaosbeseitigung, Räumen, Wischen, Nähen, angegraute Fender putzen, nebenbei Kuchen backen, ... 16 Uhr kommen dann die drei “Aorai’s” an Bord. Strahlende Susi, Tom mit neuer Frisur (notgedrungen wg Epoxi in den Haaren) und ein maulender Kater (wg Eingesperrtsein in der Transportbox). In Angra dos Reis haben wir uns das letzte Mal getroffen, es gibt jede Menge zu erzählen, zu berichten. Und während die Grossen schwätzen macht Kater Ron sich auf Erkundungstour. Zuerst das Boot, dann das Umland (im Gegensatz zu allen anderen Anwesenden hat er keine Probleme, vom Bug auf den niedrigen Ponton und zurück zu kommen). Da unsere Vorräte ein Abendessen für vier nicht mehr hergeben machen wir uns auf in die Stadt. Susi mit einer Träne im “Knopfloch”, überlegend, ob sie den Kater doch lieber wieder mitnimmt und die Reise absagt ;) Nach dem Essen bringen wir beiden noch zum Bahnhof, geben gute Ratschläge vonwegen Schal und Handschuhe nicht vergessen, ... winken heftig und gehen durch die belebten Strassen zurück an Bord. Es gibt kein Feierabendbier in einem der Pubs, wir haben schliesslich Elternpflichten! Das Patenkind ist hocherfreut über unsere Heimkehr und begibt sich nach kurzer, schnurrender Begrüssung, gleich wieder auf Erkundungstour an Land. Ob er wohl morgen früh noch da ist?

Eh, was hab ich für 'n Stress!

Sonnabend, 05.02.2011

Ja, er ist da. Freudig schnurrend, schmusend, mit grossen hungrigen Augen - er weiss halt, wo es was zu fressen gibt. Bis 15 Uhr liegt er dösend oder schlafend irgendwo im Schatten, während wir alle Hände voll zu tun haben und ständig darauf achten müssen, nicht versehentlich auf ihn zu treten. - Der Yacht Club Argentino hat heute Regatta-Tag, viele der Boote sind über die Toppen geflaggt. Wunderschöne Yachten laufen aus, die Crew’s in Schneeweiss, toller Anblick! Und bei uns hängt alles voller Wäsche, das ist ja wieder echt peinlich! - Am Spätnachmittag wollen wir kurz in die Stadt, eine Kleinigkeit essen, uns die Füsse zu vertreten und ein Feierabendbier zu trinken, da ist der Fauli-Kater schlagartig putzmunter und läuft freudig neben uns her. Kein gutes Zureden hilft, kein Schimpfen - wir bringen ihn zurück an Bord und dort muss er halt in seine Transportbox. Na, das müssen wir noch üben ;) Allzu lange sind wir aber nicht unterwegs, es ist noch hell und unser Patenkind wuselt und schmust um uns rum. Eine Stunde später springt er allerdings leichtfüssig hinunter auf den Ponton, entdeckt sofort etwas interessantes und ist gleich darauf verschwunden. Blöde Angewohnheit von ihm, diese nDas Gelände des Yacht Club Argentino ist riesigächtlichen Landgänge.

Sonntag, 06.02.2011

7 Uhr. Ron ist nicht zurück gekommen. Wir haben nichts gehört und auch das Fressen ist noch unberührt ... Gleich nach dem Kaffee mache ich mich, mit einem Päckchen Lieblingsfutter in der Hand, auf die Suche kreuz und quer über die grossen angrenzenden Grünflächen und durch den Yacht Club, “Ron” rufend (mitleidige Blicke der Clubmitglieder: Ron bedeutet im Spanischen Rum). Das Nachbargrundstück ist komplett eingezäunt, aber Katzen finden ja bekanntlich immer einen Weg. Und dahinter beginnt schon das riesige Naturschutzgebiet, ein Park, in dem über 200 verschiedene Vogelarten leben (ein Highlight für Katzen schlechthin)... Ausser, dass mich hier jetzt alle für eine Trinkerin halten, habe ich aber nichts erreicht. - Anschliessend erstmal frühstücken, dann ziehen wir beide los, Nachbarn, Regattaclub, nebenan der Fischereiverein, das Matratzen-Camp vorm Park - zwischendurch immer einer zurück zur “Mira”, ob er mittlerweile nicht doch schlafend neben seinem Fressnapf liegt. Liegt er nicht, dafür hocken wir nach stundenlanger erfolgloser Sucherei niedergeschlagen und mit schlechtem Gewissen im Cockpit. Um auf andere Gedanken zu kommen ziehen wir gegen 14.30 Uhr doch noch los zum Sonntagsmarkt in San Telmo, der Nachbar wird beauftragt, unser Cockpit im Auge zu behalten. In San Telmo ist jeCasa Rosada, der Präsidentenpalastden Sonntag die “Defensa” für Fahrzeuge gesperrt, dafür steht Verkaufstisch an Verkaufstisch, hocken Althippies neben jungen Rastas, um selbstgebastelten Schmuck loszuwerden, häkeln umweltbewusst ausschauende Frauen Mützen aus glücklicher Wolle, dazwischen Antiquitätenstände, Ramsch, steppende, singende Omas, Tango-Paare sowieso, diverse Sänger unterschiedlichstem Niveaus, Maler, tatsächliche und vermeintliche Künstler, Kunstgewerbe neben Kitsch, alte Plattensammlungen, Pantomime, ... stundenlang kann man hier entlang bummeln, staunen, zuhören, anschauen, anfassen - wir sind heut nur nicht wirklich in der Stimmung dazu. Auf dem Rückweg nehmen wir noch eine Kurzführung durch das “Casa Rosada” (das rosa Haus), dem Regierungspalast mit und sind nach zweieinhalb Stunden wieder zurück an Bord. Fressnapf noch voll, Katzenklo unbenutzt, dafür drückt unser Nachbar uns eine Visitenkarte in die Hand. Wir hatten Besuch - vielleicht ganz gut, dass wir unterwegs waren, die stimmungsvollen Gastgeber sind wir heut eh nicht. Im Cockpit zu hocken und zu warten geht gar nicht, lieber drehen wir, nach Rum rufend eine Runde, obwohl uns eigentlich beiden klar ist, dass das ziemlich sinnlos ist.

Montag, 07.02.2011

Niedergeschlagen, die Zweite. Unberührter Fressnapf, kein schlafender Kater - lustlos machen wir uns ans Frühstück. Eigentlich müssten wir früh los, unser Liegeplatz hier ist seit gestern abgelaufen und zum Mittag sind wir in San Fernando im dortigen Yachtclub angemeldet - aber irgendwie zögern wir die Abfahrt hinaus. Marion macht sich noch einmal auf die “Ron”-Ruf Runde, ich bereite an Bord alles vor. Den Nachbarn noch unsere Handy-Nummer in die Hand gedrückt - sie wollen jede Katze, die sich sehen lässt, greifen und uns sofort anrufen. Dreimal fragt der Marinero dezent nach, wann wir denn fahren wollen - gegen Mittag werfen wir dann die Leinen los, letzter Blick auf den leeren Ponton - Abfahrt. Ausserhalb des Hafens weht es ganz gut, ich nehme die Segel hoch, Kurs San Fernando! Irgendwie hat Marion noch bis zum Schluss gehofft, dass unser ”Landgänger” im letztenUnser Pilot im Rio Augenblick auftaucht - jetzt kriegt sie das Heulen und verzieht sich in die Koje. Na ja, ich hab auch keine sonderlich anspruchsvolle Aufgabe vor mir, den Rio de la Plata hoch, immer brav beim betonnten Fahrwasser in den Rio Parana, dann in den Canal Honda abbiegen, danach in den Rio Urion und dann dem Canal de Vinculacion  folgen bis wir zum Rio Lujan kommen. Das Wetter ist grau in grau, es fängt an zu regnen - passend zu unserer Stimmung! Als die Anzeige auf dem Tiefenmesser mir Schweissperlen auf die Stirn treibt (wir haben keine Seekarte für die Strecke) kommt glücklicherweise ein einheimisches Segelboot, deren Besatzung mir mit Zeichen bedeutet, einfach hinter ihm herzufahren. Klappt auch super, Marion taucht (etwas verquollen) auch wieder auf und kurz vor 19 Uhr kreisen wir mit der Funke in der Hand vorm Yacht Club Argentino San Fernando. Scheint hier Tradition zu sein, die Yachten erstmal ihren Tank leer fahren zu lassen, sie lassen sich lange bitten. Irgendwann bequemt sich dann doch ein Marinero mit der Club-Barkasse zu uns (bei dem strömenden Regen hat man fast Verständnis, dass er sein trockenes Häuschen nicht verlassen wollte) und lotst uns an den Besucher-Ponton. Wir pellen uns aus den nassen Klamotten, haben auf nichts mehr Lust - machen uns einen Wein auf und sind einfach deprimiert! Eine Stunde später klopft es ans Boot, zwei Männer stehen davor. “Hallo! Do you remember? Rhodos, Greece?” Und ob wir uns an das reklamebunte rumänische Boot erinnern! So klein ist die Welt!

Dienstag, 08.02.2011

Heut scheint die Sonne, wir liegen beinahe mitten im Wald - schön hier! Frühstücken, anhübschen, Papiere zusammensuchen und auf ins Marina-Office. Die freundlichen Damen sprechen kein Englisch, aber ein Kollege, der später dazu kommt. Alles fein, aber wir müssen noch zur Prefectura Naval, zuAm Welcome-Pontonm Anmelden. Sie rufen uns ein Taxi, damit fahren wir zum angegebenen Office: Nein, hier nicht, das nächste, da und da. Also weiter. Wir sind noch gar nicht ganz im anderen Office, da werden wir wieder raus geschoben: Nein, das Andere ist zuständig. Wieder zurück. Sechs Beamte hören sich geduldig unser Hand- und Fusskauderwelsch an und reden dann, natürlich in Spanisch auf uns ein. “Häh? Hast du was verstanden?” “Nö.” Nach weiteren fünf Minuten des Auf-uns-einredens begreifen wir: ein neuer Stempel ist gar nicht notwendig. “Ah, muchas gracias!” Zurück ins Taxi, zurück ins Marina-Office. Für morgen wird uns ein Liegeplatz versprochen und der junge Mann will sich um einen Stellplatz für die “Mira” in der marinaeigenen Werft bemühen. Jemand der Aluminium schweissen kann? Ja, sprecht mal mit dem und dem auf dem Werftgelände, blauer Arbeitsanzug und Hut, der kennt Alfredo, der spricht Deutsch, der kann euch weiterhelfen. ... Auf dem Werftgelände tragen alle blaue Arbeitsanzüge und einige davon Hüte. Nach einer Weile des Herumsuchens geben wir auf und vertagen auf morgen. Papiere zurück auf’s Boot bringen, ab in die Stadt. Es soll hier einige Schiffsausrüsterläden geben, Kptn ist schon ganz hippelig. Zuerst landen wir im “Baron”, der wirklich ein super Angebot und auch zu normalen Preisen hat. Sowas haben wir ja schon lange nicht mehr gesehen!!! Nur ein passendes Dingi und Aussenborder haben sie nicht. Also ziehen wir weiter, von Geschäft zu Geschäft, ... Irgendwann fallen wir auf hölzerne “McDonalds”-Stühle und verschlingen einen Pollo-Bacon-Crispy-Burger (was anderes haben wir einfach nicht finden können). Komische Stadt, keine kleinen Quiosque, an denen man schnell und billig essen und ein kaltes Bier in der Hitze trinken kann. Bis zum Abend ziehen wir weiter, finden Dingi’s (viel zu teuer!!) und Aussenborder (naja), kaufen uns im Supermercado ein schönes argentinisches Steak und ‘ne ellenlange Bratwurst, schlurfen k.o. zurück zum Boot und machen die Pfanne heiss. Es klopft wieder am Boot: Der weibliche Teil der rumänischen Bootsbesatzung. Sie wollen morgen abend mit uns und den Holländern, die hier ebenfalls liegen, grillen. Ja, fein, alles klar. Wir bringen das Bier mit. ... Feierabend!!!

Mittwoch, 09.02.2011

Wir pellen uns früh aus der Koje, haben gerade mal die Augen auf, da steht der erste Marina-Mensch schon vorm Boot. Ach ja, der neue Liegeplatz! “Una hora” ( in einer Stunde). Etwas später kommt eine Barkasse, nimmt meinen Kptn mit, um den neuen Liegeplatz zu begutachten. Mein Gott, machen die das spannend. Anschliessend bleibt einer bei uns an Bord und drei Mann warten am neuen Platz, geben die Leinen zum Festmachen an. Was für ein Service! Wir liegen wieder fast im Wald, es ist nur schwieriger, von Bord zu kommen. Na, wird schon gehen. Als sie weg sind zotteln wir uns alles so hin wie wir wollen und kurz danach geht’s wieder in die Stadt, zum “Shoppen”. - Zu um 19 Uhr sind wir zum Grillen verabredet, um 19 Uhr stehen wir noch an der Kasse im Supermercado und es geht nicht voran ... hetz, hetz in die Marina, wir werden schon erwartet. Catalina, Mario und Nicolai aus Rumänien, Christine und Franz aus Holland sitzen schon in gemütlicher Runde am Marina-Grillplatz, der Grill ist heiss, die Steaks liegen schon bereit. Unterhalten wird sich auf Englisch und es ist echt interessant zu hören vom Leben in Rumänien, von Marios Flucht mit einem selbstgebauten Katamaran in die Türkei (zu Ceausescu-Zeiten), Franz erzählt von ihrer Tour über Kolumbien, Ecuador, Peru, Chile, Patagonien bis hier herauf, ... Nicolai ist der Grillmaster (und er hat es echt drauf!!!), die Steaks sind so lecker - alles in allem ein super Abend! Einzig Nicolai ist ein bisschen bedrückt, er fliegt morgen zurück nach Rumänien. Dort ist es derzeit -14’C kalt!!!! Der Arme!

Freitag, 11.02.2011AORAI in San Isidro

Kptn hat heute Bau- und Basteltag, ich hirsche mitsamt unseren Kreditkarten in die Stadt zwecks Bargeldbeschaffung für Dingi-, Aussenborder- und Farbenkauf. Unterwegs komme ich an einer Tierhandlung vorbei und finde an der Pinnwand dort einen Zettel, dass fünf kleine Kätzchen verschenkt werden. Ganz in der Nähe. Kuli und Zettel raus, das Ganze abschreiben. Falls Ron doch nicht zurück kommt, dann könnten Susi und Tom wenigstens ein neues Katzenkind haben. Uns beutelt wirklich das schlechte Gewissen! (Warum eigentlich? Konnten den Kater ja nicht irgendwo anpflocken). Sch...! Ab Mittag basteln wir zusammen und können doch einiges abarbeiten. Abends schnell nochmal zu Kathalina und Mario schauen, sie wollen morgen weiter segeln in Richtung Süden. Planänderung, der Wind passt nicht, es geht erst am Sonntag los. Also vertagen wir auch die Verabschiedung. - Gestern sind wir mit dem “Train de la Costa” nach San Isidro gefahren (auch dort gibt es diverse Schiffsausrüster- und ähnliche Läden). Zuerst waren wir aber in die Marina dort, in der die “Aorai” liegt, das eigentliche Zuhause des Landgänger-Katers Ron. Der Katamaran ist schnell gefunden und wir laufen mal wieder “Ron” rufend umher, aber auch hier ist er leider nicht...

 

Sonnabend, 12.02.2011Mit Papageien als Nachbarn braucht man keinen Wecker mehr

Wieder Bau- und Bargeldbeschaffungstag. Kptn verbringt die meiste Zeit schwitzend im Motorraum, während Bordfrau kilometerweit durch die Stadt “lustwandelt”, zum nächsten cajero automatico, anschliessend “shopping” im Supermercado (lecker Steak und frischen Salat für’s Abendessen ;). Bis 17 Uhr gemeinsames Basteln, dann duschen, Abendbrot im Cockpit. Catalina und Mario kommen ganz kurz vorbei, sie haben gerade ausklariert und müssen nun sofort das Land verlassen. Eigentlich wollten sie morgen früh gegen 5 Uhr die Leinen los werfen, aber die “Prefectura Naval” steht am Steg und meint: SOFORT! Das ist schon krass und die beiden sind verständlicherweise über diese Engstirnigkeit verärgert. So haben wir das bisher auch nie und in keinem Land erlebt, gut, dass man das jetzt weiss. Natürlich ist auch gerade Niedrigwasser, so dass sie die 30sm lange Ausfahrt in den Rio del Plata nehmen müssen, statt die 5sm gleich um die Ecke. Ein ganz schneller Abschied, gute Wünsche für die Fahrt und bald darauf fährt die reklamebunte “Phoenix” an der “Mira” vorbei - wer weiss, an welchem Fleckchen der Erde wir uns wiedersehen? - Später gehen wir zu Christine und Franz, den Holländern hinüber auf einen kurzen Schwatz, sie geben uns die Telefonnummer einer Dame, die in der Nähe günstig ein schönes Zimmer vermietet. Jetzt brauchen wir ja NUR noch einen Alu-Schweisser, einen Stellplatz für’s Boot, einen Krantermin, Primer und Antifouling, Opferanoden, ...

Sonntag, der 14.02.2011

Basteltag, der nächste. Die Ankerwinch bekommt neue Fussschalter, Marion ringt mit der Waschmaschine. Wo sie die ganze (angeblich) dreckige Wäsche her nimmt wird mir wohl ewig ein Rätsel bleiben. Ich mach mich über das Rigg her, alle Wantenspanner lösen, einschmieren, wieder fest drehen - es gibt nur wenig Dinge, die mehr Spass machen würden bei der prallen Sonne. Zwischendurch mal nach Post schauen, ein Gästebucheintrag aus Köln. Noch `ne Reinke, gleiche Werft, gleiche Grösse - hätte man ja beim netten Gruss belassen können - nö, Rheinländer sind kommunikativ, einige lässig hingeworfene elektrotechnische Abhandlungen bringen mich ins Schwitzen. Wer, verdammt ist MOSFET? Jetzt keine Blösse geben - die Arbeit muss warten - dank Google und Wikipedia mache ich in Rekordzeit meinen Doktor in Physik und Elektronik bevor ich mich an eine Antwort trau und bin ganz hin und weg - wir brauchen unseren Autopiloten ja gar nicht wegzuschmeissen. Das Ding ist ja verbesserungsfähig! DANKE, WALTER UND ROSWITHA!  Hoffe, wir treffen uns irgendwo mal, natürlich alle ganz entspannt, weil ja ein Autopilot unseren Job macht! Da eh beim Thema, schraub ich noch schnell unsere defekte Pumpe vom Autopilot auseinander. Mittlerweile hatte ich schon festgestellt, dass die Ersatzpumpe eine Nummer kleiner ist und auch schon mal unauffällig nach dem Preis einer neuen geschielt. So um die 1000 Euro - würg! Um so grösser die Freude, als ich jetzt einen kleinen Dienstverweigerer in Form einer verklemmten Kohlebürste entdecke. Das sollte die Ursache gewesen sein - 1000 Euro gespart - wir gehen Essen! Schnell in Schale werfen, schon eilen wir ins Club-Restaurant. Für mich natürlich Bife de Lomo, Marion glaubt, dass sie ein Menü mit Fisch bestellt hat. Das Bife ist hervorragend, Marion hofft, das auf dem Teller sind Nieren. Als Trost gibt’s noch einen Eisbecher, der Wein ist lecker und wir lernen Christin und Walther, zwei deutschstämmige Argentinier kennen, die hier eine wunderschöne klassische Segelyacht liegen haben (zwei Walther an einem Tag!?)  Ausserdem haben sie auch noch eine Idee zwecks einem gebrauchten Schlauchboot für uns. Da sind wir doch jetzt rundum zufrieden!

Montag, 14.02.2011

Nach dem Frühstück Post checken - ups, Walter 1 hat geschrieben - ich mach schon mal Wikipedia auf. “... Einbau einer H-Bridge” - wusst ich`s doch! Er schiebt gleich noch Belastungskurven nach - ich mal wieder am “Studieren” und froh, dass er kein Atomphysiker ist. Dafür liefert er auch gleich noch die laiensichere Umbauanleitung für den Autopilot, diverse andere Tips - mir gehen nach und nach die Lichter auf (ist ja auch noch früh heute) - Nochmals vielen DANK! Auf dem Plan steht heute Kohlebürstenkauf für die Pumpe. Vorher noch schnell zu Alfredo (den wir inzwischen gefunden haben), der hat zwar immer noch nicht den Aluschweisser erreicht, will aber zwei Opferanoden für uns giessen lassen und einige Telefonate zwecks Antifouling für uns machen. Wir nehmen den Bus nach Tigre, die Strecke ist so kurz, als wir endlich dem Kartenautomaten zwei Tickets entlocken, müssen wir auch schon wieder aussteigen. Wir sind pünktlich zur Siesta - alle Geschäfte haben zu! Klappern trotz Mittagshitze alles schon mal ab und gehen 2 Stunden später allen möglichen Ladenbesitzern mit unserer Kohlebürste auf den Zeiger (nein, es sind alle sehr nett und hilfsbereit). Dicke Füsse und nichts erreicht! Fast nichts, Marion zwingt mich noch in einen Laden weil ich angeblich keine heile Hose mehr habe.  Abendbrot brutzeln, Füsse hoch, es klopft am Boot: Christin und Walther sind vom Segeln zurück und haben in Sachen Gebraucht-Dingi leider nichts erreichen können. Schade, aber wir freuen uns, dass sie an uns gedacht haben. Bordfrau gelüstet noch nach einem Abendspaziergang - das Yachtclub Gelände ist riesig! Blöderweise hat vor Jahrzehnten irgend jemand die Idee gehabt, hier überall Bäume aus aller Welt anzupflanzen, was Marion logischerweise dazu verleitet (ähnlich einem Hund) zu jedem Baum zu rennen. Glücklicherweise übernimmt sie dabei nicht alle Angewohnheiten der Vierbeiner, sondern belässt es beim Anfassen und Schauen. Entsprechend spät sind wir aber zurück, platt, müde, fusslahm - Koje!

Dienstag, 15.02.2011

Was für ein Tag! Heute gelingt mal alles. Wir finden passendes Antifouling bei Juan, der seinen Farbenladen gemeinsamich will aber ein 500 Gramm Steak für mich alleine! mit seinen Bruder Jeremias betreibt. Als wir danach fragen meint er nur: “Of course!” (Natürlich!) hat er dieses Antifouling da und lacht. Whow, wir sind begeistert,  noch mehr, da der Preis gut ist und er uns 10%Rabatt gibt. Da macht das Geldausgeben doch Spass ;) Ausserdem hat er sich auch noch nach einem Dingi für uns erkundigt - echt nett, die Jungs! In San Fernando entdecken wir dann noch einen Gebraucht-Dingi-Händler ( wie wir erfahren ist er Meister im Dingi-Race - wussten gar nicht, dass es sowas gibt), der denkt, dass er im Lager noch ein passendes Boot für uns findet. “Manana”. Fein! Im Werkzeugladen bekommen wir die gesuchten Kohlebürsten - auf dem Rückweg in die Marina schweben wir fast vor lauter Freude! Schnell zu Alfredo ... nicht zu fassen, er hat den Alu-Schweisser erreicht und er ruft gleich mal in der YCA-Oficina wegen Krantermin an: Dienstag 14 Uhr. Am Montag fährt er mit uns zum Zoll, um das erforderliche Ticket für den “Landfall” zu besorgen ... wir sind happy, endlich geht es voran! Danach schnell zum “Carrefour”-Supermercado, ein Steak für den Abend kaufen und zur Feier des Tages einen guten argentinischen Wein. - An Bord verfassen wir gleich eine Mail an Maria (empfohlene preiswerte gute Unterkunft in der Nähe), da wir während des Werftaufenthaltes nicht auf dem Boot wohnen dürfen. Wir haben gehört, dass sie derzeit keine “Mieter” hat und hoffen, dass auch das klappt. Darauf ein Glas Wein, Salud!

Mittwoch, 16.02.2011

Wie jeden Morgen werden wir von kreischenden Papageien geweckt - nervt fürchterlich, spart aber den Wecker. Schnelles Frühstück, dann machen wir uns auf den Weg quer durch San Fernando zum Farbenladen. Mit stehe ich mittlerweile kurz vor der Blutsbrüderschaft, die Antifoulingbestellung wird noch mal umgemodelt, heute packen wir unsere Einkaufswägelchen erstmal voll mit Primer, Verdünnung und Aceton. Und weil`s gleich nebenan ist kaufen wir auch gleich noch einen neuen Aussenborder. 3,5PS Tohatsu Zweitakter - wo nicht viel dran ist, kann auch nicht viel kaputt gehen. Ausserdem hätten wir `ne grössere Kiste auch gar nicht mehr an den Wagen schnallen können. Zurück durch die Mittagshitze in den YCA - Marion will in den Pool zum runterkühlen, ich will bauen. Ein Kaltgetränk später sitzt Bordfrau dann mit Laptop im Cockpit, ich hole unsere Fahrräder aus dem “Keller”, versuche sie zusammenzubauen, darf dann auch gleich mal den kleinen Kompressor reparieren und erfreue mich zwischendurch am Anblick meiner “Oben.ohne-Sekretärin”. Die findet jede Menge Post - “Aorai”s sind zurück (sie traut sich kaum die Mail zu öffnen), “Belice”s in Buenos Aires, Melanie auch, ... sie fängt an Termine zu machen.  Eine Mail von Maria ist dabei, leider eine Absage, sie hat ihr Zimmer schon vermietet. So ein Sch... Im Internet ist auch nichts anderes zu finden, entweder zu teuer und weit weg, oder zu teuer und ganz weit weg. SOS-Mail an Melanie, die in Buenos Aires arbeitet und hier in San Fernando viele Freunde hat. Hoffen, dass sie uns da vielleicht weiterhelfen kann.

Donnerstag, 17.02.2011Sauna ganz umsonst!

Es ist viel zu heisssss. Die winzigen Wölkchen vom Morgen sind zu schnell verschwunden, es geht kein Wind, das Thermometer klettert und klettert. Der Kptn versucht, seine kaputte Flex zu reparieren, Null Chance. Schnell auf’s Rad und zum Werkzeugladen. Grinsend steht er dann wieder mit einer neuen vor’m Boot, von 1000 auf 600Peso runtergehandelt. Na immerhin. Und wir brauchen ja eine. Ich suche ein kleines Hotel um die Ecke heim, frage nach einem freiem Zimmer und dem Preis - viiiiel zu teuer! Fällt aus. Anschliessend zum Supermercado, Abendessen besorgen. Bife de Lomo ist im Angebot. Das wird ein Festessen! - Kptn “zerfliesst” im Motorraum beim Einbau seines neuen Sitzes (gefühlte 45’C), neben ihm rödelt die Waschmaschine, die für zusätzliche Grade sorgt Am späten Nachmittag, als alles soweit fertig ist wollen wir uns dann endlich mal den Pool gönnen. Am Eingang werden wir schon abgefangen: Wir brauchen eine Gesundheitsplakette? Wir laufen ja nun nicht mit `nem Impfausweis im Bikini rum. Die gibt es bis 15 Uhr im YCA-Office? Aha. Sch....! Dann duschen wir eben nur! So! ... Salat “anrichten”, Steak ganz kurz anbraten, ... Kptn darf faulenzen und, was zu erwarten war: er “überfrisst “sich wieder und jammert mir anschliessend die Ohren voll  ;)

 

Freitag, 18.02.2011

Mannomann! Was für eine Nacht! Kaum ein Auge zugekriegt. Heiss und mehrere Mücken in der Kajüte! ... Jetzt fängt es auch noch an zu regnen, schnell die Luken zu. Ich tapper in die Pantry - grosse Wasserpfütze auf der Arbeitsfläche... argwöhWenn sie uns nicht in den Club-Pool lassen, ...nischer Blick auf den Wasserkessel - da  brauchen wir wohl bald mal einen neuen. Kaffeekochen, in’s Cockpit setzen geht nicht wirklich, zuviel Wasser. Kptn fällt langsam aus der Koje. 10 Minuten später in der Pantry, der halbe Fussboden steht unter Wasser, es tropft aus den Schränken, läuft durch’s Gewürzregal, in den Kühlschrank, ...! Jetzt bin ich wirklich wach! Weia! Ich hatte das Gummi aus der Seitenluke herausgenommen um es zu kleben (ist mangels richtigem Kleber noch nicht passiert). Es regnet immer kräftiger, in der Pantry läuft es immer heftiger. Kptn wirft sich “todesmutig” dem Wasser entgegen, indem er unsere grosse Plane über die Reling, und über die betreffende Luke hängt. Gefahr erstmal gebannt. Während ich wische und trockenlege, pult er das Gummi wieder in die Fuge. Was für ein Morgen!! 15 Minuten später läuft die Toilette im Vorschiff voll, das kommt uns nur allzu bekannt vor und ist noch gar nicht lange her - Tank dicht (diese langen “Stillstandszeiten” mag unser Boot offensichtlich nicht)! Kptn, ganz tapfer, taucht hinab in die braunen Fluten des YCA. Der Versuch misslingt. Duschen, von drinnen versuchen. Ich überwache derweil den Pegel im “Topf”, kämpfe gegen Überflutung. Was gibt es Schöneres am Morgen! So bringt das auch nichts, Kptn wieder ins braune Wasser, ... dieses Mal mit Erfolg. Na, Gott sei Dank! Gründliches Duschen! Anschliessend Ventilwechsel und Fetten der Toilette, im Marina-Office nach einem Liegeplatz für Martin (Schweiz) und seinen Katamaran fragen, Projekt neuer Rechner wird (zum x-ten Mal) in Angriff genommen (Wechsel von “Windows7” auf “XP”), nebenbei den Timerschalter der Waschmaschine ausbauen, begutachten (im Versuchsaufbau läuft der kleine Motor, in der Maschine nicht), löten, einbauen, Probelauf - nichts. Zwischendurch kommt Alfredo, mit Boot im strömenden Regen, und überbringt uns eine Nachricht von Patricia und Karl, die zurzeit in Buenos Aires sind und dort im YCA eine Message für uns hinterlassen haben. Schnell ‘ne Mail an die zwei. Es liegt viel im “Postkorb”, was noch beantwortet werden muss. Eine frische Mail von Melanie kommt rein, sie hat zwei Unterkünfte für uns gefunden - wär sie hier vor Ort würden wir sie knutschen! Wir verabreden uns für Sonntag, zur Besichtigung... Dann die getrockneten Schränke wieder einräumen, dicke, mit Blut vollgesaugte Mücken erschlagen, Abendessen brutzeln, essen und danach sitzen wir beide weiter vor den Rechnern. Und es regnet ...

Sonntag, 20.02.2011... wie komm ich denn da wieder runter?

Wir sind mit Melanie zwecks Wohnungsbesichtigung verabredet. Lernen wir sie endlich mal kennen - nicht gleich - wir, typisch deutsch, sind natürlich eine halbe Stunde zu früh da, Melanie, entsprechend der Landestradition, eine halbe Stunde zu spät. Susanna, die Vermieterin lauert schon auf uns, wir werden erstmal in die Polster gedrückt und binnen einer Stunde erfahren wir alles wichtige und unwichtige was ihr so mitteilenswert erscheint - über das Weltgeschehen, ihre Familie, ihr Liebesleben, ... Anschliessend Zimmerbegutachtung, dann noch eine Runde durchs ganze Haus - wir sind begeistert - von unserer Unterkunft und Susanna! Irgendwie wird es später als gedacht und so canceln wir den Plan mit der Fahrt nach Buenos Aires und fahren mit Melanie zur “Mira”. Es ist Hochwasser, der Aufstieg aufs Boot gestaltet sich schon recht schwierig, der Abstieg zwei Stunden und drei Bier später wird richtig spannend. Wir schleppen Melanie natürlich noch ins Club-Restaurant, dank ihrer Sprachkenntnisse deckt sich diesmal auch die Portion auf Marions Teller mit dem Gewünschten. Bife de Lomo, dazu lecker Rotwein - uns geht’s richtig gut!

Montag, 21.02.2011

Aus irgendeinem Grund ist es dem argentinischen Zoll wichtig es in einem Schriftstück festzuhalten, wenn wir mit unserem Schiff das Wasser verlassen und dieses mit einem Stempel zu versehen. Persönliches Erscheinen erforderlich - kein Problem, Alfredo fährt mit uns dorthin. Die Beamtin ist begeistert, dass wir alle möglichen und unmöglichen Dokumente schon in Kopie dabei haben, lediglich am Schreiben des Yachtclubs gibt’s noch etwas rumzunörgeln. Mittels Telefon und Fax kann das Problem geklärt werden, unserem morgigen Krantermin steht nichts mehr im Wege. Mit dem Fahrrad mache ich mich dann noch mal auf nach Tigre, einem Nachbarort - dort sind reichlich Werkzeugläden und ein Schleifer fehlt noch in meiner Sammlung. Marion hat meine Abwesenheit gleich genutzt - Männerbesuch! Wijtze von der holländischen Yacht “Skua”. Für heute abend sind wir dort eingeladen, bleibt gerade noch Zeit, alles irgendwie “liftsicher” zu verstauen, duschen, landfein machen und zur “Skua” auf die andere Seite des Yachtclubs zu radeln. Erstmal Schiffsbesichtigung (ist ja klar), dann darf Wijtze die Früchte eines der Hobbys seiner Frau Mia, die Likörzubereitung, servieren. Mia hat auch noch andere Hobbys, wie z.B. die Marmeladenzubereitung aus Zwiebeln - Glas anschauen reicht hier. Lustiges Paar die beiden, netter Abend, “... noch ein Likörchen?”

 

22.2. endlich Krantermin, es geht in die WerftDonnerstag, 17.03.2011 - aus dem Leben einer Bordfrau ...

Da sind wir wieder, aus der "Versenkung" aufgetaucht. Nein, im Ernst, der Arbeitsumfang wird so ganz, ganz langsam weniger und wir kommen auch mal dazu, euch mit neuem Lesestoff zu versorgen. Seit Montag, dem 14. sind wir zurück im schlammig braunen Wasser des "Yacht Club Argentino" und sind heilfroh, das Gröbste geschafft zu haben (endlich eine wieder schaukelnde Koje, fast normales Bordleben und die Knochen tun nicht mehr allzu weh). 19 Tage stand die "Mira" an Land, auf dem Werftgelände des Clubs. Angefangen hat alles am 22. Februar ... Frühs nehmen wir schnell die Vorsegel runter (Info von Wijtze, in der Marina hat niemand daran gedacht, uns davon in Kenntnis zu setzen),Mate-Runde mit Tom, Susi und Martin um 14 Uhr geht´s pünktlich zum Kranen. Ein 70t-Kran hebt das Dickschiff sanft aus dem Wasser, wir sind arg beeindruckt, dass das Unterwasserschiff doch relativ sauber ist (die Fische hier im Fluss waren fleissig!). Anschliessend bekommt die "Mira" ein "Zitrone-Salz-Peeling" und beinah blitzblank wird sie an ihrem Stellplatz abgesetzt. Die Arbeiter greifen nach dicken Hölzern und Keilen, um sie beidseitig abzustützen, aber wir können sie davon überzeugen, dass das nicht nötig ist. Vier dicke Klötzer unter den Kielen, das reicht. Ungläubiges Staunen, heimlich wird immer nochmal gegen geschupst - da wackelt wirklich nix.. Kptn bohrt als erstes den BB-Kiel an, um das Wasser darin ablaufen zu lassen. Und es läuft und läuft, ... Etwas später kommen Yaya (Israel) und Eduardo (Arg) vorbei, sind sehr interessiert, kurze Bootsbesichtigung, ... wenn das jeden Tag so geht werden wir nie fertig! Abends fahren wir das erste Mal nach La Lucila in unser neues Heim, zu Susana. Schleifen, schleifen, schleifen, ...In der Bahn wird Karneval gefeiert. Bunte Kostüme, Getrommel, Tanzen, Bonbons für alle, Küsschen... Susana hat einen Riesenberg Essen für uns vorbereitet, wir putzen alles weg ;) Tag 2: Kptn flext Kiel auf, beginnt dann mit dem Schleifen des Unterwasserschiffes, ich kämpfe mit unzähligen Seepockenfundamenten, nachmittags kommen Susi, Tom (die Katzeneltern) und Martin und lassen sich gemütlich in unserem Chaos-Cockpit nieder. Gott sei Dank hat Susi den Kummer über den weggelaufenen Ron halbwegs verdaut. Sie hat ihr Mate-Töpfchen mitgebracht und so probieren wir das erste Mal Mate. Ganz nett, wenn das Töpfchen kreist, der Tee schmeckt am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig ...es wird Abend und wir fahren zusammen mit der Bahn. Tom und Susi bis San Isidro. Sie müssen am Wochenende los, wieder Richtung Brasilien, sie haben Termine. Grosser Abschied - wer weiss, wann und wo wir uns mal wieder treffen? Tag 3: Susana hat für uns herumtelefoniert und jemanden gefunden, der unsere deutschen Gasflaschen füllen kann. Er will sie Gastmama Susana verwöhnt uns nicht nur, sie kümmert sich um allesheute früh im YCA abholen. Wir stehen schon in der Bahn als alle wieder raus müssen - die Lok brennt. Dicke graue Rauchschwaden, beissender Geruch. Eine Stunde später kommen wir doch in San Fernando an, noch rechtzeitig, der Gasmann war noch nicht da. Kptn schleift wieder, ich widme mich dem Propeller und den restlichen Seepocken. Immer wieder kommen Interessierte vorbei, die unser Boot mit den zwei Kielen bestaunen und viele Fragen haben (natürlich meist auf Spanisch ;). Bei Alfredo in der Werkstatt treffen wir unseren fast Stellplatznachbarn, Jürgen, der uns zum Bootbegucken abends einlädt. Wow, wir sind beeindruckt, nur zwei Kabinen auf dem 20m-Schiff, dafür eine riesige Bar, Sauna, Kamin und was einem das Leben sonst noch so versüsst. Es wird dann doch spät, weil Alfredo "nebenbei" ab Dunkelwerden mit Laser eine neue Wasserlinie zeichnet, wobei wir helfen. Anschliessend nimmt er uns im Auto mit nach La Lucila, setzt uns irrtümlich 2 Stationen zu früh raus, sammelt uSegeln mit Walter und Christinns wieder ein und als wir bei Susana ankommen, wartet auch schon ein neuer Berg lecker Essen. Tag 4: Schleifen, schleifen, schleifen, ...gegen 17 Uhr kommt Jürgen mit einem kühlen Bier vorbei und läutet den Feierabend ein. Während wir sitzen und schnacken kommt auch noch Walter, der uns spontan zum Segeln mit seinem Boot einlädt. “Am Sonntag dürft ihr hier eh nicht arbeiten.” Na, gerne doch! Duschen, ab zur Bahn. Heute musiziert hier unterwegs ein älterer Herr auf einer Harfe. Bei Susana schnuppert´s schon lecker als wir zur Tür herein kommen, nach dem Essen sitzen wir gemeinsam vorm Rechner, sie hat den ganzen Tag damit verbracht, für uns einen Händler o.ä. zu finden, bei dem wir MOSFETs kaufen können. Nada - nichts. Sie schlägt vor, in Deutschland zu kaufen und zu ihr zu schicken. Tag 5: Immer noch schleifen, nachmittags dürfen wir nicht mehr (laut) arbeiten wg Wochenende, die ziehen uns hier glatt den Stecker aus der Dose! Nehmen wir eben die Rollanlage der Genua runter. Die Simmerringe sind schon seit langem fällig.bei dem Preis hätten sie eigentlich Blattgold nehmen müssen Feierabend, als Jürgen um die Ecke kommt, Bahn, essen bis zum Umfallen. "Mui rico" (sehr lecker)!! Tag 6: Gönnen uns mal späteres Aufstehen. Nachmittags fahren wir mit der "Maria Elena", dem wunderschönen Segelboot von Walter und Christin, raus auf den Fluss, Richtung Buenos Aires. Verhungern werden wir auch hier auf keinen Fall, die beiden haben einen Berg von leckeren Sandwiches dabei, dazu Bier oder Wein. Wir geniessen das Segeln, endlich wieder Wasser, den Wind um die Nase wehen lassen, die müden Knochen ausstrecken, mal nichts tun ;) Abends wird es doch später und wir schleichen uns heimlich auf die "Mira", schlafen dort. Tag 7: Schreibe frühs gleich eine mail an Susana, damit sie sich keine Sorgen macht. Natürlich hat sie mit dem Frühstück auf uns gewartet, schliesslich hat sie ja den Plan, uns auf das doppelte Gewicht zu füttern, ausgerechnet heute sollte es Rührei und Omelett geben. Sie ist uns aber nicht böse ;) Alfredo kommt vorbei, eventuell hat morgen der Schweisser Zeit, auf den wir schon ungeduldig warten. Können endlich mit Streichen anfangen! Zweite Lage Primer - heute mal schwarzKomplette Unterwasserschiffreinigung mit Aceton. In der Bahn heute kein Künstler, Susana übertrifft sich wieder beim Kochen ;) Tag 8: Zum Frühstück werden wir vollgestopft mit Rührei und Omelett, können uns kaum noch bewegen, schleppen uns zur Bahn. Am Boot wartet der Schweisser, hat aber kein Material dabei ... In der Bahn heute Gitarre und Gesang. Tag 9: Die Schweisser sind heute mit grösserem Schweissgerät und Material (hoffentlich seewasserbeständiges Alu!) angerückt und am Abend sind sie wider Erwarten doch fertig. Gute Arbeit, aber s... teuer! Letzter Abend bei Susana, sie verwöhnt uns nochmal richtig!! Tag 10: Abschied von unserer Gastmama, verabreden uns zum Grillen. Können endlich mit Streichen der ersten Lage Primer beginnen. Ab heute schlafen wir heimlich auf dem Boot. Die nächsten Tage gibt´s jeweils einen Anstrich, noch 2x Primer, dann 3x Antifouling. Wie gross doch so ein Unterwasserschiff sein kann ... Zwei Tage lang haben wir eine Grille an Bord, die nachts anfängt, lautstark zu zirpen. Können vor Lachen kaum einschlafen.Feierabend! Einen Tag später können wir sie einfangen und in die Freiheit entlassen. Sie zirpt nun die ganze Nacht neben dem Boot... Sonntags sind wir wieder bei Walter und Christin eingeladen, zum Asado (Grillen). Unheimlich lecker, sind wieder dick und rund und haben einen lustigen Abend... Montag wieder streichen, am Mittwoch sind wir endlich fertig, danach Ketteninspektion (sieht nicht wirklich gut aus, müssen bald eine neue besorgen). Kptn widmet sich der zweiten Rollanlage, ich fange mit dem Cockpittisch an. Mein "Amigo" vom Boot nebenan, Juan Carlos, sieht mich mühselig schleifen, gibt mir seine Rapilla´s (Art einfacher Hobel) und erklärt mir, wie ich damit umgehe. Klappt super, geht schnell. Nebenbei kriege ich raus, dass sein Auftraggeber Segelmacher ist und am selben Tag noch werden unsere Segel zur Reparatur abgeholt. Echt Spitze! Am Freitag kommt die Fock schon fertig zurück, wir drücken Jorge, dem Segelmacher gleich die nächste Arbeit in die Hand, unsere Sprayhoud. Im selben Moment kommt auch Besuch, Merja und Olli (Finnland), die wir schon seit Jacare, Brasilien, kennen und immer zwei Holzwürmer unter sichmal wieder treffen. Ein guter Grund für eine Pause! Kptn baut anschliessend den Generatorauspuff ab, sah schon schlimm aus, ist aber noch schlimmer als gedacht. So geht`s uns eigentlich jeden Tag - immer wenn man denkt eine Sache ist repariert, finden wir zwei neue “Problemfälle”. Die Reparatur nimmt einen ganzen Tag in Anspruch ... Am Sonnabend hübsche ich mich an und mach mich auf den Weg zum Zoll, nach Tigre, wegen der Papiere für´s Kranen. Kptn ist am Streichen, das kann ich sicher allein erledigen. Denkste! Ich bezirze den Zollbeamten und bekomme, entgegen aller Vorschriften (!), die Dokumente zur Unterschrift mit. Nachmittags gegen 15 Uhr ist das Büro wieder geöffnet. Zwischendurch Tisch schleifen und ölen, versuchen, die Hände sauber zu kriegen, umziehen, dann nochmal nach Tigre. Just in dem Moment gehen wolkenbruchartige Niederschläge los, ich mittendrin. Beim Zoll ist alles schnell erledigt und ich steige blöderweise in den falschen Bus (2x gefragt, trotzdem falsch ;( Lande irgendwo im Industriegebiet, kaum noch Kleingeld in der Tasche, wie das eben immer so ist. Nach zig Befragungen finde ich doch den passenden Bus und bin 1 Stunde später zurück in San Fernando. Heilfroh!! Abends wird es kalt und sehr windigEndlich wieder zurück in´s Wasser!. Am Sonntagmorgen hat es sich auf 11°C abgekühlt, wir frieren. Gute Gelegenheit für einen Heizungsprobelauf! Sie springt sofort an und bald ist es kuschelig warm. Montag um 8 Uhr ist Krantermin. Fast pünktlich, dann schaukelt die dicke "Mira" in den Gurten und bald darauf im Wasser. Die Marineros stehen schon bereit, um uns an den Liegeplatz zu bringen, aber wir wollen erst zur Tankstelle. Der Tankwart strahlt, ganze 930l gehen rein. Uff! Was für eine Rechnung! Ab zum Liegeplatz, weiter arbeiten! Am Dienstag fahren wir mit der Bahn nach San Isidro, unser neues Dingi kaufen. In der Packtasche zusammengeschnürt buckelt Kptn mit dem Wägelchen zur Bahn. Die kommt natürlich mal wieder nicht. Abends grillen bei Jürgen an Bord. ... Mittwoch, Kptn macht Dingi startklar, ich bin den vierten Tag am Putzen im Boot. Abends "Jungfernfahrt" und Taufe. Laden Jürgen mit ein und fahren bis zur Marinaausfahrt, wo die 57er Najad von Yaya liegt. Was für ein Schiff! Kurzes Schwätzchen, dann duschen, inzwischen hat der Segelmacher auch unser letztes Segel aufs Deck gelegt - klappt doch alles super! Feierabend - Füsse hoch!

Freitag, 18.03.2011

Seit zwei Tagen darf ich das Innere des Schiffs auch wieder betreten - natürlich nur nur mit sauberen Füssen und bloss nichts anfassen was schon geputzt wurde! Diverse blockierte Umlenkrollen stehen noch auf meiner Bastelliste, also vom Deck abschrauben, zerlegen, Lager schleifen und wieder anbauen. Logischerweise müssen zum Abschrauben innen die Deckenverkleidungen ab, der Staub rieselt, und klaro, immer genau da, wo Marion meint mit Putzen fertig zu sein. Bringt mir viel Geknurre und jede Menge Minuspunkte ein. Die Reffeinrichtung für`s Grosssegel ist ein glatter Konstruktionsfehler. Wir bekommen das Segel zwar immer gut eingerollt, aber schwer raus. Die Schiene auf dem Baum muss einfach länger sein. Also bin ich einen Tag nur unterwegs, um eine passende Schiene zu finden, bei der Demontage der alten rutscht der kugelgelagerte Schlitten runter - munter springen die Kugeln in alle Richtungen davon, äh, das ist jetzt nicht gut. Macht nichts, ich habe ja zwei Satz Ersatzkugeln - dachte ich - aber nicht in der Grösse. Also wieder los, die Schiffsausrüster abgrasen bis ich die passenden Kugeln finde. Alles zusammen puzzeln, auf die neue Schiene schieben und dabei feststellen, dass der obere Teil des Schlittens, wo die Rolle für die Reffleine befestigt ist, kurz davor ist das zeitliche zu segnen. Also alles in die Ecke werfen, das Projekt vertagen und am nächsten Tag versuchen, ob ich irgendwo einen Schlitten finde, von dem ich das Oberteil verwenden kann. Finde ich natürlich nicht, aber die Firma “Harken” will sich der Sache annehmen und ein Teil aus ihrer Produktion so umbauen, dass es für uns passt. Soll Freitag fertig sein, also heute. Ist es dann natürlich nicht, aber Montag dann ganz bestimmt! Wir grummeln vor uns hin - eigentlich wollten wir abfahren. Der Wind passt, es ist (fast) alles fertig, nur bunkern müssen wir noch. Also ziehen wir schon mal eine erste Runde los mit unseren Einkaufswagen, um im “Carrefour” die Regale leerzuräumen.

Sonnabend, 19.03.2011

Gestern war ja nur Training, heute holen wir zum grossen Schlag aus. “Carrefour”, die Zweite - drei riesige Einkaufswagen werden auf ihre Belastungsgrenze getestet. Marion schluckt erst mal beim Bezahlen, die Kasse hat auch ihre Probleme mit uns, es braucht drei Rechnungen, weil jedesmal der Maximalbetrag erreicht ist. Lieferservice ist doch was feines, ohne lästige Einkaufstüten schlendern wir zum Boot zurück, um auf unsere Beute zu warten. Zwei Stunden später steht der Transporter da, alles wird bis ans Ufer getragen - logischerweise ist jetzt Hochwasser, so dass wir die Kartons und Tüten nicht direkt ins Boot reichen können, sondern alles erst ins Dingi packen und von dort hochreichen müssen. Jürgen erscheint pünktlich, als endlich alles im Cockpit steht - kein Feierabendbier heute! Wir verabreden uns für morgen zum Yacht-Club-Wein bunkern. Den Rest des Nachmittags verbringen wir dann damit, alles irgendwie zu verstauen - natürlich mit den üblichen freudigen Überraschungen, wen man dabei so alles in den Bilgen wieder trifft Die Dusche haben wir dann bitter nötig und weil wir so fleissig waren (und auch keiner mehr Lust zum Kochen hat), belobigen wir uns mit einem Restaurantbesuch. Wir landen in einer kleinen Pizzaria - mit knurrendem Magen sitzen wir neben dem riesigen Steinofen und versuchen beide verzweifelt, sich aus den über vierzig Varianten für EINE zu entscheiden. Auf jeden Fall muss sie “Grande” sein. Ungläubiges Nachfragen - zwei mal Grande??? Si !!! Sie sind dann mega-lecker und mega-gross! Wir stopfen und stopfen und schaffen mit ach und krach jeder die Hälfte. Macht nichts, nehmen wir den Rest eben für morgen mit. Und als wir uns dann mit Magenkrämpfen nach Hause schleppen, bin ich froh, dass ich nicht die “Gigante” bestellt habe.

Sonntag, 20.03.2011 der Winter kann kommen

Marion will mich umbringen! Und das klang ziemlich ernst. Fing ganz harmlos an - knalliger Sonnenschein - bestes Deckswaschwetter. Mehr als nötig ist es ja und aus vorherigen Erfahrungen weiss ich, dass man dazu die Luken verschliessen muss. Irgendwie habe ich wohl nicht mehr ganz in Erinnerung gehabt, dass damit ALLE Luken gemeint sind - jedenfalls, während ich stundenlang fröhlich mit dem Wasser auf dem Deck rumplätschere, sucht sich dieses gehässigerweise einen Weg durch eine nur so ein bisschen verschlossene, naja, fast offene Luke, um sich dann ausgerechnet über Naviecke und das Bücherregal auszubreiten. Oh Shit, ich versuch noch schnell so ein bisschen die grössten Seen wegzuwischen, da höre ich auch schon hinter mir “Ich bring ihn um!!!!!”. Ihre Mordgelüste werden wesentlich konkreter als sie das ganze Ausmass des Wassereinbruchs entdeckt. Mein kleinlauter Versuch, mit einem Lappen ein wenig an den Büchern rumzutupfen, wird abgewürgt, ich verzieh mich nach draussen, während unter Deck wütend die Bücher zum Trocknen im ganzen Schiff verteilt werden. Irgendwann trudelt Jürgen mit seinem Schlauchboot ein, ach ja, ganz vergessen, wir wollten ja gemeinsam den Yacht-Club-Wein bunkern. Ich setz ihm Marion ins Boot zum Weinkauf (falls sie noch morden will kann sie das ja bei ihm probieren) und schrubbe weiter mein Cockpit. Kommen aber doch beide wieder unversehrt zurück, dazu sechs Weinkisten - Jürgen ist eben ein Frauenberuhiger!

Montag, 21.03.2011... ich könnt ihn umbringen!!!!

Es herrscht wieder eitel Sonnenschein - draussen sowieso und unter Deck auch. Marion breitet liebevoll ihre Bücher in der Sonne aus und blättert immer wieder darin (mit strafendem Seitenblick zu mir), damit auch ja keine Seiten zusammenkleben. Ich beschäftige mich so gut es geht - irgendwie ist ja fast alles fertig. Irgendwelche “Leichen” findet man aber immer, unter anderem drei grosse Fender, die wir mal in einem tunesischen Fischerhafen gekauft haben. Made in Norway und mit einem speziellen Ventil, dass ich sie sogar mit unserer Schlauchbootpumpe aufblasen kann. Cool! Eine wieder gnädig gestimmte Bordfrau wäscht mir die prallen, roten Kugeln sogar. Wijtze kommt zum Verabschieden vorbei - er fährt mit Mia heute los nach Patagonien. Nicht mit dem Boot, mit dem Bus. Den ganzen Tag werkeln wir dann so vor uns hin, unser “Harken”-Teil ist natürlich nicht fertig, ein im Schlauchboot mit kaltem Bier in der Hand anklopfender Jürgen erinnert uns an den Feierabend. Mein glücklicherweise nicht fotografisch dokumentierter Absturz beim Versuch, ihm bei der Abfahrt die leere Flasche ins Schlauchboot zu bringen, liegt dann aber nicht am Biergenuss sondern am Hunger. Bierflasche gerettet - ich bekomme eine neue Wundbehandlung. Anschliessend stapfen wir  eiligst zu unserer neu entdeckten Pizzeria. “Zweimal GRANDE, por favour!!!!” obwohl wir eigentlich genau wissen, dass wir mit ach und krach höchstens die Hälfte schaffen. Aber lecker!

Dienstag, 22.03.2011

Gegen 10 Uhr schon 30°C - stöhn! Marion will Wäsche im Waschsalon abgeben und der “Harken” Empfangsdame durch penetrantes Nachfragen auf die Nerven gehen. Ich werde mit der Bemerkung, ja den Wasserschlauch nicht anzurühren, auf Deck zurückgelassen. Schlauchboot abdichten, mit dem Hintern auf den Testfendern sitzend die Luft wieder rausdrücken (hoffentlich beobachtet mich jetzt keiner), Backskiste aufräumen, neue Leinen für die Fender, .... , pralle Sonne, 35°C! Borgfrau immer noch nicht zurück - mir fällt dafür noch eine Leckstelle ein, der ich mich widmen könnte. Schnell zwei Deckenteile im Salon und Flur abgeschraubt, der Schweiss läuft - jetzt bloss nicht noch auf den Salonfussboden tropfen - der Staub von den Decken reicht schon. Logisch, dass Marion genau jetzt zurückkommt, aber da sie kein Wasser im Schiff entdecken kann, sieht sie gnädig über den Staub hinweg und präsentiert stolz ihre Neuerwerbungen, zwei Miniröcke. Habe mir gleich gedacht, dass Wäscheabgeben keine drei Stunden dauert ... “Harken” arbeitet noch an unserem Ersatzteil - Manana, morgen. Meine Bastelprojekte und die Beseitigung deren Spuren sind gerade abgeschlossen, die Dusche noch nicht ganz zugedreht, da kommt Jürgen mit dem Schlauchboot rüber weil er meint, es sei Zeit für ein Feierabend-Bier. Recht hat er!

Mittwoch, 23.03.2011

Es regnet und regnet - eigentlich müsste man sich die Bettdecke gleich wieder über die Ohren ziehen. Tapfer stehen wir trotzdem auf, stellen fest, dass es auch noch fürchterlich kalt ist, 20°C! Mit Jacke und Regenschirm macht Marion sich auf den Weg zur Wäscherei (ich glaube sie geht dort nur hin, um mit den Muttis dort zu schladdern) - ich werde zum Mail beantworten verdonnert. Ups, hat sich echt einiges angesammelt in den letzten vier Wochen. Habe dann aber auch reichlich Zeit dafür - Bordfrau hat sich zwecks persönlicher Verschönerung (hat sie doch gar nicht nötig!) noch auf einem Frisörstuhl niedergelassen und ausser einer Einladung zum Besuch einer der Frisösen, auch noch das lang ersehnte Ersatzteil von “Harken” mitgebracht. Yipheee! Bei dem Regen geh ich aber nicht raus, jetzt kann der Einbau auch bis morgen warten! Dafür erinnert Marion mich, dass ich gestern versprochen habe heute zu kochen. Äh, blöd - warum kann sie nicht auch so vergesslich sein wie ich??? Während ich die Küche einsaue, kümmert sie sich um die Post. Mail von “Mama” Susana, sie lädt uns für morgen zum Essen ein. Supi! Mail von Melanie, das für heute geplante Plàcido Domingo-Konzert in Buenos Aires ist wegen dem Regen auf morgen verschoben, ob wir nicht zusammen dort hin wollen? Klaro! Jetzt brauchen drei Frauen drei Stunden und unzählige Mails, um sich darauf zu einigen, dass wir erst alle zusammen bei Susana essen und anschliessend gemeinsam zum Konzert fahren. Hätte Mann eine Mail und zwei Minuten für gebraucht! (Kommentar Bordfrau: Im Leben nicht! ;)

Donnerstag, 24.03.2011Dinner for four

Kurzes Frühstück - gibt ja heute Mittagessen - Bordfrau widmet sich ihren “Verschönerungsarbeiten” - ich baue derweil unsere Grosssegelanlage wieder zusammen. Den von “Harken” modifizierten Schlitten montieren, bisschen Sika für die Schienen, ein paar Nieten für den Baumendbeschlag, zwei Stunden später ist alles fertig. Schnell noch duschen, abfahrbereit! Zur Bahn hetzen, landestypisch kommen wir eine halbe Stunde zu spät - Melanie kurz nach uns. Kleine Gastgeschenke wechseln die Besitzer - Susana freut sich riesig, uns zu sehen und hat natürlich gekocht, als ob wir unsere halbe Verwandtschaft mitbringen würden. Es folgt das komplette Programm - ein paar KLEINIGKEITEN vorneweg (eigentlich sind wir jetzt satt), dann jede Menge Fleisch, Beilagen, etc. (an der Stelle setzen die ersten Magenkrämpfe ein), hinterher Dulce”, Schokopudding, Süssigkeiten - Der Maestro ...das Obst können wir gerade noch abwehren (wir hängen bewegungsunf ähig in den Stühlen). Alles super-lecker, wir halten uns stöhnend die Bäuche, glücklicherweise erwähnt Melanie die schöne deutsche Sitte mit dem Schnaps nach dem Essen - kein Problem, Susana ist auf alles vorbereitet - jetzt gibt’s auch noch “Likörchen” zum Kaffee. Ob wir Fotos von unserer Reise dabei haben? Nö, aber dafür  haben wir ja welche auf unserer Website. Fröhliches Fotogucken - die Zeit verfliegt - irgendwann wird es Zeit zum Aufbruch. Schnell noch Schals und Decken für die Frauen verteilt - MANN braucht so was natürlich nicht. Blöder Fehler wie ich später feststelle. In Buenos Aires noch schnell Melanies Wohnung anschauen, dann geht’s zur “Strasse des 9.Juli” (angeblich ja die breiteste Strasse der Welt), wo genau vorm Obelisk die Bühne aufgebaut ist. Wo sonst auf bis zu 13 Fahrspuren (beidseitig! - hab selbst gezählt) die Autos rollen stehen tausende von Stühlen. Reicht natürlich nicht (über 100.000 sind gekommen, wie wir heute lesen), aber die Argentinier sind vorbereitet ... und sein grösster Fanund haben ihre eigenen Klappstühle mit. Das Orchester legt los - irgendwie nicht ganz mein Geschmack. Ich werde beruhigt, sie stimmen nur ihre Instrumente - dann machen sie aber ernst. Plàcido Domingo wird jubelnd begrüsst, dann schmettert er zusammen mit der argentinischen Sopranistin Virginia Tola eine Arie nach der anderen. Auch nicht ganz die Musik die ich sonst höre, aber coole Atmosphäre. Kurze Pause, dann schmettern sie weiter. Mir ist kalt und ich kann langsam nicht mehr sitzen. Domingo und Tola schwenken von Verdi und Wagner auf Tangos um - die Argentinier sind begeistert - Zugabe folgt auf Zugabe - hätt’ ich doch bloss auch `ne Decke genommen! Klatschen macht warm - meint Marion. Mag sein, aber das verlängert die Sache auch! Halb Zwölf ist dann aber doch Schluss, wir bringen Melanie nach Hause, hasten mit Susana zur letzten Bahn und liegen halb Zwei dann endlich im Bett. Todmüde und um eine Erkenntnis reicher: Wer zu Plàcido Domingo geht, sollte sich warm anziehen!

Freitag, 25.03.2011

Etwas zertreten quälen wir uns aus der Koje - es ist kalt! Naja, was wir so kalt nennen, 22° eben. Also machen wir heute Bürotag. Marion versucht nebenbei schon seit Tagen,  ihre Ausgabenliste zu aktualisieren (habe ihren neuen Rechner halt jetzt erst mit Excel bestückt), jede Menge Mails warten auf Antwort (sorry Karin, dein Geburtstag ist im Werftchaos untergegangen, ausserdem beim Wassereinbruch aus dem Kalender gewaschen worden - müssen zukünftig wasserfeste Stifte verwenden) und seit ich vor zwei Tagen Outlook installiert habe sind wir uns auch nicht mehr sicher, ob die dann überhaupt gesendet werden. Und die Website hinkt auch so ein kleines bisschen dem Geschehen hinterher. Marion bemängelt auch, dass meinen Bericht vom gestrigen Konzert etwas negativ klingt. Gar nicht wahr, Domingo war cool - aber ich war COOLER! Wir sind den ganzen Tag fleissig und weil Marion etwas kränkelt mach ich abends ganz auf fürsorglicher Ehemann - sie braucht heute selbstverständlich nicht zu kochen. Schnell zur Pizzaria geradelt, die rufen und gestikulieren ganz aufgeregt, als ich die Kartons in die Satteltasche stopfe - als ich in der Küche dann mit dem Löffel versuche, den Klumpen Käse-Belag-Gemisch wieder auf die Pizzen zu verteilen, weiss ich auch warum. Schmecken aber trotzdem!

Sonnabend, 26.03.2011

Ein Klopfen weckt uns, am Ufer steht ein Argentinier und erzählt mir irgendwas. Schlaftrunken murmel ich “si, si” und schwups steht er auch schon an Deck, er will sich mal das Boot angucken. Glücklicherweise reicht es ihm dann aber von draussen und überschwenglich verabschiedet er sich wieder. Jetzt aber erstmal Kaffee und Frühstück! Marion ist immer noch etwas kränklich, aber losfahren können wir ja eh nicht - Wochenende, da hat die “Prefectura” (zwecks Abmeldung) sowieso geschlossen. Ich such mir dann unsere leeren Sauerstoffflaschen raus und rudere damit rüber zu Jürgen. Der hat in seinem vollausgestattetem, segelnden Palast natürlich auch einen Tauchkompressor. Zwei Stunden später sind die Flaschen gefüllt wieder zurück, da klopft es wieder. Diesmal hinten - Yaya, der Israeli mit Schlauchboot. Erst mal `nen Kaffee und während ich ihm unseren Brasilien-Revierführer auf seinen Laptop kopiere, hat Marion die tolle Idee, ein (sie hätte eh nur das eine gehabt) israelisches Musikvideo abzuspielen. Yaya kriegt sich gar nicht mehr ein vor Begeisterung, ob wir den auch die, die, oder die Band kennen und schon durchforstet er seine Musikdateien und fängt an, uns zu beschallen. Den Rest des Nachmittages lernen wir die (vermutlich) komplette israelische Hitparade kennen, einschliesslich aller grossen Hits der letzten Jahre. Als er uns dann aber auch noch die bekanntesten israelischen Jazzmusiker nahe bringen will, bremsen wir ihn dann doch. So kann man den Tag auch rum bringen. Zum Glück ist das Abendbrot schon fertig. Pizza mit handgelöffeltem, gemischtem Belag - frisch aus der Mikrowelle.

Wie sollen die Fahrräder hier bloss reinpassen?!

Sonntag, 27.03.2011

Dickfällig wie wir sind, blättern wir solange die verschiedenen Wettervorhersagen durch, bis wir endlich was passendes finden. “Windguru” verspricht, dass der Wind ab Montagabend auf Nord dreht - na, genau so brauchen wir das doch! Also ist morgen Abreise. Theoretisch sind wir ja schon ein paar Tage abfahrbereit, es muss nur noch dies, das, jenes, ach und das noch, erledigt werden - die Liste wird immer länger. Marion legt unter Deck los, ich oben - bewährte Einteilung. Klappt auch solange ganz gut, bis ich am frühen Nachmittag mit den zerlegten, gewaschenen und eingeölten Fahrrädern versuche, in ihr Reich einzudringen. Jetzt kommt nämlich der spannende Teil, wo ich zwei Stunden lang fluchend, schimpfend und mir dabei die Finger einklemmend probiere, die einzelnen Teile so unter die Koje der Achterkabine hinein zu puzzeln, dass die Matratzen anschliessend wieder glatt oben drauf passen.  Ich würde mir dabei selber auch nicht zuhören wollen und Marion schnappt sich lieber gleich den Einkaufs-Caddy und wandert zum “Carrefour”. Pünktlich zum Pflasterkleben ist sie dann zurück, mit Steaks, Salat und Wein als Beute - wir wollen zum Abschied noch mal grillen auf Jürgen`s Dampfer. Da ist nicht nur mehr Platz - sein Grill hat auch `ne Temperaturanzeige!

Montag, 28.03.2011

Wir stehen früh auf, schnelles Frühstück, kein langes Rumsitzen mehr mit der Kaffeetasse in der Hand, wir haben einen strammen Plan. Abmelden und bezahlen im Yachtclub, wir bekommen einen Zettel für die “Prefectura” in die Hand gedrückt, dahin geht`s als nächstes mit dem Taxi. Dort müssen wir uns nur abmelden, anschliessend noch schnell zu einem Supermercado in Tigre, wo es diese leckere Leberpastete gibt, ... Die “Prefectura” hat andere Pläne. Über eine Stunde sitzen wir dort rum, immer wieder kommt jemand mit einem Fragebogen, verschwindet, dann ein neuer Zettel, die selben Fragen, Kopien von Pässen, Segelschein, etc. werden gemacht - als wir endlich denken wir sind mit durch, fällt jemandem ein, dass das alles nicht die richtigen Bögen sind. Der Zettel vom Yachtclub, der wäre der richtige, also dasselbe nochmal dort reingeschrieben und jetzt wird mit wichtiger Mine endlich das Stempelkissen aufgeklappt - klatsch! Der Taxifahrer hat brav gewartet. Wir streichen die Leberpastete, zurück zum Yachtclub. Eine Kopie von der Abmeldung abgeben, Einkaufs-Caddy`s vom Boot holen und zum Gemüsehändler hetzen. Anschliessend noch zum “Carrefour”, Wurst, Butter und was uns sonst noch so zwischen die Finger kommt in den Wagen werfen und nichts wie zurück, alles verstauen. Gehetzter Blick auf die Uhr - um 15 Uhr ist Hochwasser, da müssen wir los sonst können wir nicht die kurze Ausfahrt in den Rio de la Plata nehmen sondern müssen den 30sm-Umweg über die Kanäle machen. Schnell mit dem Schlauchboot zu Jürgen rüber, der ist nicht da. Dann zum Verabschieden zu Alfredo in die Werkstatt, da treffen wir auch Jürgen. Mit einer edlen Flasche Wein bedanken wir uns bei Alfredo für seine Unterstützung und Hilfe. Bei Jürgen fällt der Abschied dann doch etwas schwerer. Vier Wochen haben wir nebeneinander gearbeitet, zusammen gesessen, gefeiert, immer hatte er das fehlende Werkzeug oder Ersatzteil dabei: “... die Frage ist nicht ob ich das habe, sondern wo...” Hoffentlich sehen wir uns mal wieder, irgendwo, irgendwann... - Ganz schaffen wir es doch nicht, es ist kurz vor 16 Uhr als wir endlich die Leinen loswerfen und langsam Richtung Ausfahrt steuern. Macht nichts, ist immer noch genug Wasser für uns - also den kurzen Weg. Autopiloten an - kümmer dich! “Piep, piep, piep”, das Boot fängt an, sich zu drehen. Wat is jetztSonnenuntergang über Buenos Aires los? Schnell den Autopiloten ausschalten, Schiff auf Kurs bringen, wieder einschalten. ”Piep, piep, piep!”, dasselbe Spiel. Das fängt ja gut an, also steuere ich erstmal von Hand, bis wir das Fahrwasser im Rio de la Plata verlassen können. Länger will ich mir das aber auch nicht antun, technisch ist alles o.k., also spinnt der Computer. Kurzerhand mache ich einen Werksreset, alle Einstellungen auf “0” setzen. Jetzt müssen wir nur alles wieder neu eingeben. Erstens: wir sind ein Segelboot, dann Ruder bis zum Anschlag nach links, anschliessend nach rechts (wird eigentlich im Hafen gemacht, bei uns eben in voller Fahrt, mit entsprechendem Schlingerkurs). Jetzt will er noch seinen Kompass kalibrieren, dazu müssen wir dreimal ganz langsam im Kreis fahren. Nicht gerade der günstigste Augenblick, denn natürlich kommt gerade jetzt eine Fähre. Wir kreiseln tapfer weiter, sollen sie doch denken was sie wollen. Es piept, der Computer ist zufrieden, wir schalten den Autopiloten wieder ein, brav hält er den Kurs. Fein! Segel raus, Motor aus, endlich zurücklehnen und das Rauschen der Wellen geniessen! Naja, das mit dem Geniessen ist dann auch relativ: Nachtfahrt durch den Rio de la Plata ist schon etwas trickig, da gespickt mit unzähligen Fahrwassertonnen, Untiefentonnen, Wracks, vor Reede liegenden Frachtern, ... aber dafür rasen wir nur so dahin. 7 kn, 8 kn, 8,5 - bei gerade mal vier Beaufort - wir sind ein Rennboot!!!

Mittwoch, 30.Welle, Welle, Welle, Welle, ... ganz schön gross03.2011

Wir sind ganz begeistert, wie schnell wir geworden sind. Hat sich die ganze Plackerei in der Werft doch echt gelohnt. Gestern sind wir zwar den halben Tag mit lustlos hängender gelber Blase (sprich Parasailor und kaum Wind) mit nur knapp 3 kn rumgedümpelt, aber abends hatte der Wind wieder brav auf Nordost zurück gedreht, dicke Backen gemacht und wir rauschen nur so dahin. Einziger Nachteil, entsprechend ungemütlicher geht es dann auch unter Deck zu. Draussen genauso, und da wird man auch noch nass dabei. Ich verschiebe also alle angefallenen Reparaturen (der Generator läuft zwar, liefert aber keinen Strom und wenn wir versuchen, Mails per Pactor über Kurzwelle zu versenden, stürzt der Navirechner ab) auf später und frage mich immer, wie Marion es fertig bringt, dabei zu kochen. Heute hat der Wind noch etwas zugelegt, das Barometer fällt rapide und an einen neuen Wetterbericht kommen wir mangels Kooperation zwischen Pactor und Computer auch nicht. Draussen ist es nass und kalt, drinnen rutscht man ständig von der Sitzbank, ... wessen Idee war das eigentlich, nach Süden zu fahren? Es gibt aber auch gute Nachrichten: nur noch 60 sm bis Mar del Plata und wir sind verdammt schnell!Im Hafen von Mar del Plata

Donnerstag, 31.03.2011

Früh um halb Vier sind wir in den Hafen von Mar del Plata geweht, haben uns eine Mooringtonne vorm Yachtclub gegriffen, mit einem Glas Wein angestossen und sind in die Kojen gefallen. 320 sm in knapp zweieinhalb Tagen, wir sind echt begeistert. Gegen 10 Uhr pellen wir uns aus der Koje, erstmal Kaffee, Frühstück, danach einen Kaffee - wir gehen es mal ganz langsam an. Über Funk ruft Marion den Yachtclub zwecks Liegeplatz an (die Erfahrung lehrt ja, dass das bei Frauen besser klappt). Keine Antwort, aber kurz darauf liegt die Clubbarkasse neben uns. Sie haben bis Sonntag keinen freien Platz, es ist Regatta. Ist beim “Yacht Club Argentino” wohl ständig der Fall. Ah, diesmal nicht nur irgendeine Regatta, sondern Südamerika-Cup. Wir geben uns beeindruckt. Die Mooring können wir selbstverständlich bis dahin nutzen, sie würden uns auch immer abholen. Danke, geht auch so, wir haben ja Look Teddyunser Schlauchboot. Also greifen wir uns unsere ganzen Papiere und “tuckern” mit unserem neuen 3,5PS Motörchen erstmal in den Club. Zuerst ins “Office” zwecks Anmeldung. In der Mitte liegt ein schlafender Hund. Ein befrackter Kellner vom Clubrestaurant nebenan kommt dazu, Serviette übern Arm, in der Hand einen Teller mit Steak, weckt den Hund ganz sacht und stellt ihm das Steak hin. Wir gucken wohl etwas irritiert: “Ja, so leben Hunde in Argentinien” werden wir lachend belehrt. Nicht schlecht, augenscheinlich! Wir wandern zur “Prefectura”, die hier genau weiss welches Formular auszufüllen ist und nach nur 5 Minuten ist alles erledigt. Weil wir eh schon am Wandern sind schauen wir uns gleich noch den Fischereihafen an, ein schöner Mix aus Tourimeile, Fischerbooten, Lagerhallen, kleinen Kneipen und was sonst noch alles Seelöwen an der Mole - voll die Faulisdazugehört. Nett! Dann zur Südmole, dort soll eine Seelöwenkolo nie leben. Tut sie tatsächlich, aber eigentlich liegen sie mehr oder weniger faul in der Sonne. Echt riesig die Viecher, dösen vor sich hin, ab und an ein Brüller, ein wenig Gerangel und manchmal wälzt sich auch einer träge ins Wasser. Das sollten sie ruhig öfter tun - sie stinken gewaltig! Marion meint, das liegt daran, dass sie eben Fisch fressen. Glaub ich aber nicht, wir essen manchmal auch tagelang Fisch und stinken dann (wahrscheinlich) nicht so. Jedenfalls sind wir beeindruckt, knipsen was das Zeug hält, latschen auch noch den Rest der Mole ab, schauen der Regatta zu, den Anglern, den Seelöwen, Hunden und was heute noch so alles unterwegs ist, gönnen uns auf dem Rückweg an einem kleinen Bretterkiosk ein Bier, “tuckern” zurück zur “Mira”, essen Abendbrot und liegen tatsächlich schon um Neun todmüde in der Koje.

Im Stadtzentrum von Mar del Plata

Freitag, 01.04.2011

In unserem Reiseführer steht, dass Mar del Plata kaum Sehenswürdigkeiten zu bieten hat. Wir schnappen uns ein Taxi, fahren zum Zentrum, um uns persönlich davon zu überzeugen. In der Touristeninfo werden wir von der hübschen Angestellten mit Stadtplan, einigen drauf gemalten Kreuzen und guten Wünschen versorgt. Na, da wandern wir doch mal los. Leere Strände, dahinter Hotels, jede Menge Geschäfte - so richtig was her macht es irgendwie nicht. Dazwischen mal ein Fachwerkhaus, wir finden zwei Kirchen, die Kathedralen genannt werden und den historischen Wasserturm. Kann man zwecks guter Rundumsicht auch raufgehen - tun wir auch. Rundumsicht ist gut, der Aufstieg auch, da Fahrstuhl. So ein richtig schönes altes Modell, wo man die Gittertür beiseite schieben muss wenn man angekommen ist. Moderner Mensch wie ich bin warte ich natürlich, dass sie von alleine aufgeht und so fahren wir dann nochmal mit runter. Ansonsten gibt’s noch ein Viertel, das ist nicht ganz so modern (und eigentlich langweilig), da sehen die Häuser aus als wenn man durch die Alpen fährt, ohne Berge aber mit Hängegeranien. Wir essen leckere Empanadas in einem klitzekleinen Imbiss, ich erstehe einen neuen Kondensator für den Generator und wir stellen fest, dass man nichts verpasst, wenn man Argentiniens Urlauberhochburg Mar del Plata nicht gesehen hat (den Hafen ausgenommen), nehmen uns ein Taxi und fahren zurück zum Yachtclub. Vielleicht macht es ja mehr her wenn auch noch eine Million Urlauber dazwischen rumläuft.

Sonnabend, 02.04.2011Das könnte durchaus ein Hof in Süd-Deutschland sein

Heute wollen wir mal die Hafenumgebung erkunden. Bordfrau hat den Stadtplan mit diversen Kreuzen versehen Bäcker, Supermarkt, Gemüsehändler, Wäscherei, ... Weit kommen wir nicht, ein Angelladen stoppt alle Pläne. Meine Angelrolle will trotz mehrfacher Reparatur nicht so wie sie soll, zu klein ist sie eigentlich auch ... und jetzt liegt da im Schaufenster das Objekt der Begierde: eine PENN, da hat schon der “weisse Hai” drauf angebissen. Im Laden darf ich sie auch mal anfassen, der Preis ist nicht heiss! Wie üblich jammere ich erstmal rum, von wegen Student, armer Segler, viele Kinder, aber auf mehr als 10 Prozent Rabatt kommen wir nicht. Marion meint, eine andere Rolle würde es ja auch tun - FRAUEN EBEN, keine Ahnung!!! Wir vertage das Projekt erstmal auf Montag und jetzt folge ich bereitwillig zum Supermarkt, Wäscherei, Gemüsehändler, ... Letzterer ruft, nachdem er rausgekriegt hat, wo wir herkommen auch erstmal ganz aufgeregt nach Toni. Toni ist der Sohn, war vor x Jahren mal als Austauschschüler in Deutschland und obwohl wir solch wirklich wichtige Fragen, wie den aktuellen Tabellenstand von “Borussia Dortmund” nicht beantworten können, haben wir zwischen den Gemüsekisten eine anregende Unterhaltung. Mama und Papa sind ganz stolz auf ihren Toni, wir auf unser Gemüse und “... selbstverständlich holen wir vor unserer Abfahrt nochmal alles ganz frisch bei Ihnen.” Wir wandern weiter, um uns eine weitere Empfehlung anzuschauen, einen Platz mit vielen tollen Restaurants. Naja, grüne Wiese, in der Mitte grosser Parkplatz und statt  wie bei uns Baumarkt, Küchenstudio und Einkaufscenter drumherum, sind es hier eben Restaurants. Marion entdeckt in einem kleinen Laden dazwischen einen kuschligen Pullover - der Besitzer ist hartnäckig, kein Nachlass, dafür legt er zwei Patagonia-Halswärmer obendrauf. Was soll’s, es wird langsam kälter, der Pullover ist kuschlig und ich wollte schon immer einen Halswärmer haben. Zum Essen gehen wir dann aber doch lieber in den Fischereihafen und lassen uns fangfrischen Fisch servieren!

 

Sonntag, 03.04.2011

Heute ist Sonntag und laut Wetterbericht soll es regnen. Also lassen wir uns richtig Zeit beim Aufstehen, Frühstück, Kaffee. Marion lässt sich besonders Zeit, als ich nackt im Cockpit unter der Dusche sitze und das Duschbad weg ist. Dabei hatte ich diesmal sogar an das Handtuch gedacht! Es ist dann immer noch Sonntag, will aber einfach nicht regnen. Ich überrede sie zu einem Spaziergang. Skeptischer Blick ihrerseits zu den dunklen Wolken, sie macht den Fehler mir zu glauben, dass die uns nicht meinen. Das erste Mal werden wir auf der Schlauchbootüberfahrt zum Yachtclub durchnässt. Beim anschliessenden Spaziergang auf der Mole kommen wir durch den, durch die Luft wirbelnden, Strandsand in den Genuss eines Ganzkörperpeelings und auf dem Rückweg geniessen wir das wohltuend erfrischende Gefühl einer kalten Dusche durch stürmische Regenschauer. Beauty-Farm für Fahrtensegler! Reichlich nass und zerknittert kommen wir zurück in den Yachtclub, trauen uns aber trotzdem ins Club-Restaurant. Sonntag, es ist rammelvoll. Nein, Hilfe bei der Karte brauchen wir nicht, ist doch ganz einfach: Bife de Lomo! Dazu noch einen leckeren Wein, hinterher Eis und Kaffe - mui rico! Sollte man sich eigentlich jeden Tag gönnen!

Warten auf Wind

Dienstag, 05.04.2011

Das Warten nervt langsam. Erst sollte der Wind am Montag abend drehen, dann heute abend und jetzt vertrösten uns die Wetterfrösche auf morgen. Gestern waren wir nochmal bei Tony und Eltern, zwecks Gemüsebevorratung, haben einer Wäscherei unsere (eigentlich fast nur Marions) Wäsche übergeholfen, einige Kleinigkeiten eingekauft und eine neue ANGELROLLE gekauft. Darauf gab`s dann im Clubrestaurant gleich noch ein kühles Getränk und ich war anschliessend mit dem Anbau der Rolle, sowie dem ständigen Betrachten und Anfassen meines neuen Spielzeugs beschäftigt. Heute weht es kräftig - natürlich immer noch aus der falschen Richtung - und wir wissen langsam nichts mehr mit uns anzufangen. Ich beginne verschiedene Bastelprojekte, verteile mich so langsam übers ganze Schiff, Marion fegt das dritte Mal um mich rum, näht, zwischendurch telefoniert jeder mal per Skype, der Wind nimmt immer mehr zu, die Richtung bleibt die falsche, ... ich stiesel langsam rum, Marion auch - pünktlich zum Abend sitzt jeder schweigsam in einer Ecke, angestrengt bemüht, sein Gegenüber zu ignorieren.

Mittwoch, 06.04.2011Heut geht´s los

Heute ist es (fast) windstill, nützt uns aber auch nicht so wirklich was, wir wollen ja segeln. Aber zum Nachmittag soll er langsam wehen und diesmal aus Norden!!! Macht er auch, wir gehen zur Prefectura, um uns schnell abzumelden. Schnell ist aber nicht. Liegt aber nicht an der Arbeitsweise, es sind einfach etliche neue Formulare dazugekommen. Eidesstattliche Erklärung, dass wir nicht die Falklandinseln anlaufen, eidesstattliche Erklärung auch zwecks Südgeorgien (naja, haben ja den Falklandkrieg verloren), dasselbe für irgendeine andere Inselgruppe, die gönnen sie den Chilenen wohl nicht, Erklärung wieviel Proviant, welche Rettungsmittel, wer soll (wann und worüber auch immer?) in Deutschland benachrichtigt werden, sie machen es echt spannend. Als ich dann noch angebe, dass wir auch genug Wein an Bord haben, sind alle beruhigt. Schnell noch Empanadas kaufen, für den kleinen Hunger zwischendurch,  im Yachtclub abmelden, Schlauchboot an Bord nehmen und festzurren, letzten Wetterbericht einholen und dann können wir los. Wird auch Zeit, sonst fangen wir bloss wieder an zu stieseln!

Donnerstag, 07.04.2011Vorfahrt beachten!

Wie immer hinken wir unserer Zeitplanung etwas hinterher, als wir uns gestern 18 Uhr von der Mooringtonne losbinden. Gashebel nach vorne, Kurs Hafenausfahrt - weisungsgemäss meldet Marion per Funk unsere Abfahrt - da werden wir auch schon wieder gebremst. Wir dürfen nicht rausfahren. Äh, was denn jetzt? Erklärung folgt dann kurze Zeit später - ein U-Boot ist gerade im Kanal zur Einfahrt. Ah, guter Hinweis, das wäre etwas eng geworden (und wie ist da überhaupt die Vorfahrtsregel???). Dann dürfen wir auch los - “Bon Viaje - Gute Reise!” Der Wind passt, wie (neuerdings) gewohnt rauschen wir nur so dahin, ich muss etwas auf die Bremse treten, damit wir nicht schon im Dunkeln in Necochea ankommen. Das erweist sich natürlich als Fehler - statt der vorhergesagten, halbwegs gemütlichen 15-20, werden es dann im Laufe der Nacht 25-30 Knoten und der Wind dreht viel zu früh auf West. Ungemütlich und nass stampfen wir langsam gegenan. Als gegen 10 Uhr dann auch die Prefectura über Funk nachfragt, wo wir bleiben, beende ich das Elend, schmeisse den Motor an und wir motoren die letzten 5 Meilen. Wir fahren ein Stück den Fluss hoch zum Yachtclub Quenquen, vorbei an riesigen Getreidesilos, einer eingestürzten Brücke, einem grossen Wrack, wieder Silos - irgendwie nicht gerade ein Naturparadies. Macht nix, wir wollen hier ja eh nur drei Tage auf passenden Wind warten. Etwas unschlüssig kreisen wir vorm Club, da kommt auch schon ein kleines Bötchen. Isabelle zeigt uns eine Mooring, hilft beim “Einfangen”, wegen der starkenBlödi mit Kumpels Tidenströmung gibt’s noch eine zweite fürs Heck und anschliessend einen Kaffee an Bord. Sie ist von der französischen Yacht, direkt vor uns, mit Freund und zwei Kindern auf dem Weg nach Patagonien und hier erstmal “hängengeblieben”. Erstmal frühstücken, duschen dann fahren wir mit unseren Papieren zum Club. “Bienvenido” empfängt uns Alfredo, erklärt uns wo die Prefectura sitzt und bietet an, uns zu fahren. Wir wollen lieber laufen, sehr zur Freude eines der vier Club-Hunde, der schwanzwedelnd mitläuft. Den Weg scheint er aber nicht zu kennen, macht sich unterwegs bei etlichen anderen Hunden unbeliebt und wenn sie dann mal etwas grösser sind als er, versteckt er sich zwischen uns. Ich tauf ihn “Blödi”. In der Prefectura erledigt Marion dann den Papierkram, ich bin damit beschäftigt Blödi davon abzuhalten, sich mit in die Amtsstube zu drängen. Auf dem Rückweg schauen wir uns dann noch eine Gedenkstätte für die Gefallenen des Falklandkrieges an, riesige Skulptur, diverse alte Panzer und Kanonen, danach eine ... äh, ne mehr gibt’s hier eigentlich nicht. Im Club sind mittlerweile eine Handvoll Mitglieder, Nestor, der “Presidente”, Pablo, Marcela, Isabelle, Hervi und wie sie sonst noch heissen. Wir werden herzlich begrüsst, Segler aus Deutschland haben sie hier selten - ein schöner Grund, erstmal eine Kiste Bier zu holen. Es wird dann ein langer und lustiger Abend, mehrfach verkündet der “Presidente” dies sei das letzte Bier und ändert seine Meinung ebenso oft (er ist ja schliesslich der Presidente) und weil es so schön ist legt er für morgen ein “Asado” fest - ein Grillabend für die Segler aus Alemania!

Freitag, 08.04.2011Hunger!!!!

Wir finden etwas schwer aus der Koje und eh wir dann mit dem üblichen Prozedere, Kaffee, Frühstück, noch `n Kaffee, duschen ... mit durch sind ist es Nachmittag. Wir wollen zur Südmole wandern. Blödi schliesst sich uns sofort wieder an - kneift dann aber an der Brücke über den Fluss. Nicht so schlimm, als Fährtenhund taugt er eh nicht und vor grossen Hunden hat er auch Schiss. Also wandern wir alleine weiter, treffen auf der Mole die üblicherweise faul in der Sonne rumliegenden Seelöwen, jede Menge Angler, Marion muss auf Dünen rumkrabbeln, wozu ich zu faul bin und geniessen den Sonnenuntergang (faul wie ein Seelöwe) mit einem Bier vor einem kleinen Kiosk. Im Club brennt schon das Feuer, Pablo bereitet das Fleisch vor, wir küssen einige neue Mitglieder, sitzen beim Wein - angeblich sind ja die zwei Stunden, die man wartet, bis das Fleisch endlich durch ist, die schönsten (es riecht lecker und wir haben Hunger) - die Argentinier schwärmen davon, wie schön eine Tour durch Patagonien ist, am besten mit einem Wohnmobil, Presidente, Marcella, JeanPaul, Vivi und wir - endlich kommt das Fleisch auf den Tisch. Es geht immer noch ganz “tranquillo”, immer mal ein Stückchen auf die Teller, palavern, Wein - das Essen zieht sich bis Mitternacht. Eigentlich viel netter als unsere deutsche Variante: reinstopfen - fertig. Bis um Drei sitzen wir dann noch, werden von Vivi und ihrem Mann für morgen zum Essen eingeladen (nein, bitte kein typisch argentinisches Abendessen bis lange nach Mitternacht - wir wollen Sonntag ganz früh Weitersegeln), Guillermo verspricht uns, morgen Vormittag noch ein paar Kartons von dem leckeren Wein zu bringen, alle wollen irgendwie auch noch unser Boot besichtigen - wir versprechen, auf dem Rückweg unbedingt wieder hier Halt zu machen, finden mit unserem kleinen Schlauchboot noch den Heimweg und fallen todmüde in die Koje!

Sonnabend, 09.04.2011

Das Aufstehen fällt heute noch schwerer und diesmal liegt es wohl nicht am fehlenden Schlaf vom Vortag. Wir schaffen es trotzdem pünktlich um Zwölf ins Clubhaus (unsere Weinkartons stehen schon bereit), treffen dort Pablo und Marcela, die uns zum Essen bei Vivi und JeanPaul begleiten wollen. Vivi entschuldigt sich mehrfach für das (vermutlich nach argentinischen Massstäben) “einfache Mahl”, sie sind erst vor zwei Tagen in das Haus eingezogen - es dauert trotzdem vier Stunden. Obwohl alle noch etwas “geschwächt”, geht`s lustig zu und wir können uns dann auch nur mit dem Hinweis, dass wir ja noch zur Prefectura müssen und dem Versprechen auf dem Rückweg hier zu stoppen, langsam verabschieden. Auf dem Rückweg führe mich mit Pablo die typischen Männergespräche - Autos, argentinische Preise, etc. - und da kommt mir so langsam eine Idee, Pablo findet sie super und verspricht sofort, dabei zu helfen. Zurück auf dem Boot, zwecks einsammeln unserer Papiere, serviere ich Marion erstmal einen Kaffee (ihr muss ich 180° Planänderungen immer wohldosiert und in möglichst entspannter Atmosphäre unterjubeln) und offeriere meine Idee: wir lassen das Boot hier im Club, kaufen uns ein Auto und machen eine Reise nach Patagonien, bevor dort der Winter richtig losgeht. Ein paar Denksekunden später (wie, dann fahren wir morgen nicht los?) ist sie begeistert, holt schon mal den Argentinien-Reiseführer raus und wir schmieden Pläne!

Sonntag, 10.04.2011Nationalpark Quequen02

Heute fällt das Aufstehen deutlich leichter, so ein ruhiger Bord-Abend hat auch mal was für sich. Pablo und Marcela besuchen uns an Bord und da sie selber gerade ein altes Boot wieder herrichten, “kriechen” sie natürlich ganz interessiert überall rein, sind echt begeistert und Pablo noch mehr, als ich ihm unsere drei Tauchflaschen zur Benutzung überlasse. Als “Clubtaucher” muss er die Moorings regelmässig kontrollieren, hat aber nur eine Flasche. Später fahren wir rüber zum Club - dort hat unser neuer Plan schon die Runde gemacht. Alle sind begeistert von der Idee, Guillermo, der die Rundreise vor zwei Jahren mit seiner Frau gemacht hat, will uns mit Tips und Kartenmaterial versorgen (den Wein von ihm haben wir ja schon), Alfredo hat einen Freund, der uns vielleicht seinen Camper vermieten kann, der Presidente verspricht, dass unser Boot hier bestens aufgehoben und bewacht ist, mit Pablo sitzen wir dann bis nachts vorm Computer und suchen gebrauchte Autos, die für unser Vorhaben geeignet sind. Wir wissen gar nicht, wie wir uns für das alles bedanken sollen - hier gehört man wirklich sofort zur Club-Familie dazu. Marion hat immerhin einen Kuchen gebacken, den sie rumreicht und der (vornehmlich von den Kindern) in Nullkomma Nix weg ist. Jetzt verstehen wir auch warum Isabelle und Hervi mit ihren Kindern hier “hängengeblieben” sind. Am Wochenende toben hier etliche Kinder rum, mit denen sie spielen oder sich zanken können, vier Hunde zum “Quälen” für den Rest der Woche und alle sind superherzlich!

Montag, 11.04.2011Herve

Eigentlich sind wir mit Pablo verabredet, zwecks einiger Behördengänge, aber irgendwie sind wir zu spät und Pablo (völlig landesuntypisch) zu früh, sprich er ist schon ohne uns los. Er kommt dann aber mit jeder Menge Auskünften, wie sich ein Autokauf für uns als Ausländer zu gestalten hat. Complicado, aber nicht unmöglich. Nach ausführlichem Skype-Telefonat mit unserer “Bodenstation” in Stralsund, machen wir uns auf die Socken zwecks erster Geldbeschaffung. Über die Brücke nach Necochea, bis zur Hauptstrasse, dann rechts und immer geradeaus. Ganz einfach! Nur, dass alleine das immer geradeaus eine halbe Stunde Fussmarsch bedeutet, bis wir die erste Bank finden und unser Konto um 6000 Peso ärmer machen. Ab jetzt können wir gemütlich weiterwandern, was in der Übersetzung bedeutet, dass Marion an nahezu jedem Schaufenster stehen bleibt. Immerhin schaffen wir es doch noch zum Sonnenuntergang zurück in den Club, um an der täglichen Zeremonie - mit einem Bierglas in der Hand im Schatten eines Baumes zu sitzen , auf die untergehende Sonne zu stieren und alles mögliche zu palavern - teilzunehmen. Isabelle lädt uns zum Fischessen an Bord ihrer “Dunes” ein - zuerst die übliche Besichtigungstour, dann kommt auch Herve, der sich sofort am Herd zu schaffen macht. Der arme Kerl rennt den ganzen Tag in Arbeitszeug im Club rum, repariert überall und muss jetzt auch noch kochen. Ganz von Mann zu Mann bedauere ich ihn ausgiebigst, aber er (Franzose eben) versteht eh kein Englisch. Und Isabelle weigert sich (typisch Frau), das zu übersetzen. Es schmeckt lecker, dauert logischerweise lange und ist dann weit nach Mitternacht als wir endlich in die Koje fallen. Aber morgen gehen wir früh ins Bett! Vielleicht ...

Dienstag, 12.04.2011noch lacht Presidente

Mir ist langweilig - Bordfrau schickt mich an Land, ich soll mir Arbeit suchen. Vorher fahre ich noch ein paar Schlauchboot-Runden um sie mit ausreichend Wasser zu versorgen. Das salz -und sandverkrustete Deck ist ihr ein Dorn im Auge, es bedarf dringend einer pflegenden Frauenhand. Ich düse dann auch lieber schnell zum Club, bevor ihr einfällt, dass das Deck ja eigentlich mein Revier ist und Pablo hat tatsächlich was zu tun für mich. Gemeinsam reparieren wir den “Club-Muli” eine Art Floss mit grosser Winde drauf, mit dem die Mooringgewichte bewegt werden. Einige Auftriebskörper (sprich Fässer) müssen erneuert werden, ein Job bei dem man richtig schön ins Schwitzen kommt und sich ordentlich dreckig macht - also alles, was MANN Spass macht. Bis zum Abend sind wir fertig, ich sammle Marion ein, die mir grosszügig erlaubt, trotz meines eingemodderten Zustands, das frisch geputzte Deck zu betreten hat keiner mehr mit gerechnet - der Fisch kommt doch noch!und wir gönnen uns im Club erstmal eine schöne heisse Dusche. Herve hat ein paar Fische gefangen, für Nestor, den Presidente, Anlass einen Grillfisch-Abend festzulegen. Schnell wird eine Kiste Bier geholt, ein wenig Salat geschnippelt und Herve versucht sich derweil am Grill. Irgendwie erfolglos - als er nach drei Stunden (gegen Zehn) immer noch keine Glut vorweisen kann, bekommen wohl selbst die Argentinier langsam Hunger und der Presidente empfiehlt statt der französischen Variante der Feuerbereitung doch lieber auf die erfolgversprechendere, argentinische zu wechseln. Pablo schafft es dann  innerhalb einer Stunde und um halb Zwölf können wir uns mit knurrenden Mägen endlich über die gegrillten Flussbewohner hermachen. Soviel zum Thema: heute geh`n wir mal früh ins Bett - es wird wieder nach Eins! Aber Morgen ...!

Donnerstag, 14.04.2011Kinderspielwiese

Gestern sind wir tatsächlich früh in die Koje gekommen. Den ganzen Tag über hat es geregnet und gestürmt, teilweise über 30 kn Wind. Nestor beglückwünscht uns zu unserer Entscheidung, hier zu bleiben und zeigt uns das aktuelle Wetter für Puerto Madryn. Mit über 50 kn bläst es dort - da wären wir genau rein gerauscht. Nö, braucht man nicht unbedingt, da sitzen wir dann doch lieber gemütlich im Club und gehen unserer derzeitigen Lieblingsbeschäftigung nach - Autosuche im Internet. Abendessen an Bord, gemütlicher Kinoabend und (auch nicht schlecht) mal vor Zwölf in der Koje liegen. Für heute hat Marion Isabelle, Herve und die beiden Kinder zum Essen eingeladen, grübelt anschliessend, was sie denn eigentlich kochen soll, wälzt diverse Kochbücher und hat endlich einen Plan. Mit Einkaufszettel bewaffnet geht’s nach Necochea. Da Pablo keine Aufgabe für mich hat und ich somit keine Ausrede, darf ich, den Rucksack tragend, mitkommen. Erstmal eine knappe Stunde bis zur Bank, mal wieder eine Camille, zwei Probegrosseltern, Melissa und IsabelleRunde Bargeld zwecks Auto holen, anschliessend Supermarkt. Wir bekommen tatsächlich alles, was der Köchin Herz begehrt und weil das Wetter so schön ist (und ich den schweren Rucksack trage) schlägt sie noch einen ausgedehnten Spaziergang durch Necochea vor. Um zu beweisen, was für ein Kerl ich bin, stimme ich natürlich sofort zu, schlage immer längere Wege vor und so spazieren (Marion) und schleppen (ich) wir uns durch die Stadt - immer auf der Suche nach Autos mit einer Plastikflasche auf dem Dach, dem hiesigen Zeichen, dass es zu verkaufen ist. Richtig fündig werden wir dabei nicht (wahrscheinlich hat sie auch langsam Mitleid mit mir) und nach zwei Stunden gehen wir wieder zurück. Marion macht sich an Bord daran, aus dem Einkauf eine lecker Mahlzeit zu kochen und ich werde mit der Ermahnung, pünktlich um Sieben (zwecks Griesbreikochen - schliesslich kommen ja Kinder) wieder zurück zu sein, noch mal zum Spielen in den Club entlassen. Bin tatsächlich pünktlich, rühre brav den Brei und wenig später kommen sie. Die Kinder nehmen ohne Hemmungen gleich mal die Koje in der Achterkabine alsimmer auf Autosuche Spielwiese in Beschlag, geben bekannt, dass sie nur noch in so einem Boot weiterreisen wollen und Isabelle beneidet uns nicht nur um unseren Platz, sondern auch um den nicht ganz so französisch, saloppen Ausbau. Das Essen schmeckt allen, Griespudding ist bei den Kindern der Renner, Marions Teddy und Hasi müssen anschliessend als Spielzeugersatz herhalten, die “Alten” sitzen palavernd im Salon, Herve muss Isabelle immer wieder erinnern, auch mal was für ihn zu übersetzen, es wird immer später ... und irgendwann mahnen zwei eingeschlafene Kinder zum Aufbruch. Schöner Abend!

Freitag, 15.04.2011vielleicht der?

Von Alfredo bekommen wir endlich die Telefonnummer des eventuellen Vermieters von einem Wohnmobil. Hat etwas gedauert, da er sie von einem Freund hat, dessen Freund wiederum jemanden kennt, der mit mit einem befreundet ist, der .... So funktioniert das hier. hier gefällt uns die Farbe nichtNach einigen vergeblichen Anrufen haben wir ihn endlich an der Strippe und begraben das Projekt gleich wieder, nachdem wir den Preis erfahren. Dann eben doch Autokauf. Pablo führt etliche Telefonate für uns, ich durchstöbere weiter das Internet, Marion “richtet” unseren Haushalt und abends präsentiere ich dann die engere Auswahl. Eigentlich sind nur noch zwei übrig, wir fordern per Mail weitere Fotos an, fahren mal nicht ganz so spät zurück an Bord und machen den zweiten Kinoabend diese Woche.

Sonnabend, 16.04.2011überall Gauchos

Die Mails mit den Fotos sind da, wir entscheiden uns für das Wägelchen Nr.1 in Miramar, Pablo übernimmt die telefonische Terminabsprache, im Club wird es immer voller - heut ist Regatta! Wir haben andere Pläne , denn schon seit Tagen haben wir überall die Plakate gesehen, dieses Wochenende ist Rodeo in Quequen. Ausgestattet mit einer Wegbeschreibung machen wir uns zusammen mit Isabelle und den Kindern auf die Socken. Die Skizze ist nicht ganz massstabsgetreu und verharmlost etwas die Entfernung. Nach einer Stunde erfahren wir, dass wir die Hälfte des Weges geschafft haben - kurzerhand hält Isabelle den Daumen raus, gleich der erste Pickup hält.  “Si, sie fahren auch zum Rodeo, claro nehmen sie uns mit”. Diese Art der Fortbewegung erhöht bei den Kids schlagartig wieder den Spass an dem Ausflug und der steigert sich noch, als wir das Rodeo erreichen - überall Pferde! Eine riesige eingezäunte Wiese, darin versuchen Gauchos abwechselnd Stiere mit dem Lasso einzufangen. Drumherum sitzen echte Gauchos, Freizeitgauchos und solche, die`s mal  werden wollen, Mate trinkend mit ihren Familien, feuern an, fiebern mit, beurteilen, fachsimpeln und je nach Erfolg der Lassoschwinger wird geklatscht oder abgewunken. Dazwischen überall Zelte, Reiter, Pickups, kleine Feuerstellen und natürlich noch mehr Pferde. mit und ohne PferdeEine Handvoll Verkaufsstände - Sättel, Ponchos, Lassos, Schals, Stiefel, Hüte... eben alles was Gaucho so braucht. Zum Leidwesen von Melissa und Camille harmonieren die Preise nicht ganz mit der Höhe ihres Taschengeldes. Wir sind begeistert von dem Spektakel, gönnen uns erstmal ein Bier, schlendern herum - mittlerweile scheinen alle Stiere eingefangen zu sein. Jetzt versuchen die Jungs, sich etwa 15 Sekunden auf wild umherspringenden Pferden im Sattel zu halten. Klappt meist nicht - der Absturz sieht ja schon schlimm aus, aber wie sie es schaffen dann nicht noch von dem bockenden Pferd zertrampelt zu werden ist mir ein Rätsel. Die Kinder sind ganz hin und weg, Marion versucht sich im Fotografieren und ich bin froh, dass ich nicht auf so einem Tier sitzen muss. Die Sonne geht langsam unter, die Feuer werden mehr, Fleisch brutzelt - eigentlich beginnt jetzt der schönste Teil, mit Musik, Asado, Tanz, Wein - aber wir haben ja heute eine soziale Verpflichtung, nämlich Kinder! Die haben wenig Verständnis für unsere pädagogischen Ambitionen und den Aufbruch, werden aber mit der Aussicht geködert, dass wir morgen ja noch mal herkommen können. Diesmal sind wir klüger und halten gleich einen Pickup an. Der versucht den Geschwindigkeitsrekord für die Strecke zu brechen, es ist a...kalt auf der Ladefläche, aber er bringt uns bis fast zum Club und kurz mal frieren ist immer noch besser als ewig lange laufen. Super Ausflug!

Sonntag, 17.04.2011

Ich hatte Pablo versprochen ihm zu helfen - weitere Modifikationen am “Muli” stehen an und nachmittags wollen wir dann einige neue Moorings setzen. Diesmal moddere ich mich nicht ganz so doll ein, wir sind schnell mit dem Umbau fertig - eingespieltes Team eben - und müssen jetzt auf Hochwasser warten, damit der “Muli” dann auch schwimmt. Marion hat sich derweil mit den Kreditkarten auf den langen Weg zur Bank gemacht, um die letzte Runde Pesos für den Autokauf einzusacken. Sie schafft es auch gerade zurück, als dicke schwarze Wolken im Anzug sind. Kurzes Rätselraten mit Isabelle, Rodeo oder nicht? - wir verschieben die Entscheidung auf eine Stunde später. Mit dem Schlauchboot zur “Mira” düsen, wir haben gerade die Leine fest, da kracht die Sturmfront über uns los. Fetter Regen, Windböen bis 40 kn und das bleibt die nächsten Stunden so. Keine abstürzenden Reiter heute, keine Lassoschwinger - wir machen uns die Heizung an, Marion kocht, ich lese - Heimabend!

Montag, 18.04.2011

Wir klettern richtig früh aus der Koje, schnelles Frühstück, dann düse ich zum Club, ob Pablo einen Termin zwecks Autobesichtigung hat. Hat er, nur nicht heute, sondern für Mittwoch. Hilfe könnte er heute auch gebrauchen, aber bitte tranquilo. Das bedeutet, es dauert noch mindestens zwei Stunden ehe er mit der Arbeit beginnt - Südamerika eben! Da schaffen wir doch noch unsere Visa-Verlängerung vorher. Erstmal “Blödi” ablenken, damit er nicht wieder versucht, sich in die Amtsstube zu drängeln, dann machen wir uns auf den knapp einstündigen Weg. Mittlerweile kann Marion unser Anliegen dort in perfektem Spanisch vortragen, wir werden ins nächste Office weitergereicht und erstmal in unserem Elan gebremst: Nein, Verlängerung machen sie hier nicht, dafür ist Mar del Plata zuständig. Na, da fahren wir Mittwoch ja sowieso hin, also zurück zum Club. Pablo hat inzwischen tatsächlich ernsthaft mit der Arbeit an seinem Schiff begonnen, also werfe ich mich schnell in meine Bastelklamotten und setze Marion auch wieder an Land aus. Sie hat die undankbare Aufgabe, sich auf den Weg zum Busbahnhof zu machen, um die Fahrzeiten für Mittwoch rauszusuchen, ich kann gemeinsam mit Pablo Stahlbleche mit der Flex zuschneiden, die Herve dann einschweisst. Macht eindeutig mehr Spass als ein zweistündiger Fussmarsch. Abends sind wir dann beide gleich erledigt - verabschieden uns beizeiten von der “Feierabendbier-Clubrunde”, Marion brutzelt noch schnell was und dann sacken wir auf der Salonsitzbank vorm Laptop-Dieter-Kino zusammen. ...Was lief eigentlich?

Dienstag, 19.04.2011

Ich darf gleich meine Bastelsachen anziehen, Marion schnappt sich die Wäsche und wandert nach Necochea zum Waschsalon. Schönstes Sommerwetter, da macht das Flexen gleich nochmal soviel Spass! Pablo ist happy, dass sein Bootbastelprojekt langsam Gestalt annimmt, der Presidente, weil wir auch noch zwei Moorings versetzen, Herve auch, da er mit dem Schweissen fertig wird und Marion, weil sie wieder duftende Wäsche hat und mich zum Feierabend frischgeduscht in die Arme nehmen kann. Das Feierabendbier haben wir uns jetzt redlich verdient! Und morgen geht`s nach Mar del Plata - Auto ansehen!

Mittwoch, 20.04.2011

Wir hetzen zum Busbahnhof, aus dem geplant halbstündigem Fussmarsch werden 45 Minuten - und (logisch!) weil ich so getrödelt habe, stehen wir genau 3 Minuten nach Abfahrt des Busses am Terminal. Ist aber nicht weiter tragisch, in einer Viertelstunde fährt ein weiterer Bus nach Mar del Plata - den gibt es zwar laut Fahrplan nicht - aber das kann uns ja egal sein. Weich gepolstert, mit Fussstützen und fast liegend erreichen wir zwei Stunden später unser Ziel und lassen uns per Taxi zur “Emigracion” kutschieren. Visa-Verlängerung steht auf dem Plan. Es ist zwar rammelvoll, aber wir können unser Anliegen erstaunlich schnell vortragen. Kein Problem, wir sollen warten. Eine halbe Stunde später dürfen wir alles noch mal erzählen, einige Fragen beantworten - jetzt dauert es nur noch eine halbe Stunde, wir sollen ruhig irgendwo was essen gehen. Machen wir dann auch und gestärkt stehen wir wieder im Office. Das mit dem neuen Visa geht doch nicht, erklärt man uns diesmal. So schnell geben wir natürlich nicht auf, schildern wortgewaltig die Schwierigkeiten unserer Anreise, dass wir uns ab morgen nur noch in der Wildnis ohne jegliche Behörden aufhalten und tatsächlich - wir sollen wieder warten. Die Hoffnung, dass wir noch pünktlich zu unserem geplanten Treffen mit Pablo in Miramar sind, haben wir eh schon aufgegeben, also warten wir brav weiter. Und nur eine Stunde später sind wir wieder dran. Kein neues Visa, das bekommen wir erst 10 Tage vor Ablauf des alten und - hoch lebe die Bürokratie! - heute ist der 11. Tag vor Ablauf! Zähneknirschend  schnappen wir uns ein Taxi zum Busbahnhof, steigen in den nächsten Bus und treffen mit zweistündiger Verspätung in Miramar ein. Pablo sieht das zum Glück gelassen, ruft den Autoverkäufer an und wenig später fangen Marions Augen zu leuchten an, als der knuffige VW-Bulli angerollt kommt. Das Leuchten lässt allerdings nach als er dann vor uns steht. Die zugeschickten Fotos und der tatsächliche Zustand weichen irgendwie stark voneinander ab. Wir machen trotzdem mal eine Probefahrt, ich habe Schwierigkeiten halbwegs gerade auf der Strasse zu bleiben, überall hängen Kabel rum, einen Schalter zum Blinken würde der Verkäufer noch einbauen. Zu dessen Belustigung lege ich mich jetzt auch noch unter das Auto und kann dem Gefährt getrost einen Totenschein ausstellen. Keine Ahnung warum die Karosse noch nicht in sich zusammengefallen ist, aber lange kann es nicht mehr dauern. Wir verabschieden uns höflich, schnappen uns ein Taxi nach Necochea, um nicht erst wieder nach Mar del Plata zu müssen und öffnen im Club erst mal eine Flasche Frust-Wein. Und weil die Runde immer grösser wird, noch eine weitere ...

Donnerstag, 21.04.2011

Unsere Batterien könnten mal wieder etwas Ladung vertragen, also schmeissen wir den Generator an. 10 Minuten erfreuen wir uns an den Ampere auf der Ladeanzeige, dann erstirbt er röchelnd. Planänderung - kein Strandspaziergang heute - ich schlüpfe in meine Bastelklamotten und dann in den Motorraum, um mich meinem Lieblings-Reparatur-Objekt, dem ständig streikenden Generator, zu widmen. Eine halbe Stunde später halte ich den Übeltäter in der Hand: der Impeller der Wasserpumpe hat sich in Einzelteile aufgelöst. Also komplette Pumpe abbauen, um aus den Wasserkanälen die Gummireste rauszupulen, anschliessend Ersatzteilkiste suchen (auf einem Boot liegt immer alles, was man gerade braucht unter gaaaanz vielen anderen Dingen und ausserdem ganz unten) und einen neuen Impeller rauskramen. Vorsorglich hatte ich ja bei unserem letzten Stralsund-Besuch drei neue gekauft - ich hätte bloss vorher etwas genauer messen sollen. Impeller passt, nur der Durchmesser der inneren Messinghülse nicht. Erster Plan: im Club nach einer Ständerbohrmaschine suchen und die Hülse aufbohren. Die Suche ist erfolglos, also bohre ich mit Herve´s Hilfe “freihändig”, mit dem Ergebnis, anschliessend Hülse und Impeller einzeln in der Hand zu halten. Auch kein Problem, neuer Plan: alte, passende Hülse von den letzten Gummiresten befreien und mit Sika in den neuen Impeller kleben. Hält ja vielleicht ´ne Weile. Weil ich eh schon am Basteln bin, nehme ich mir auch gleich den Navi-Rechner vor, der ja zuletzt beim Senden mit Pactor immer abgestürzt ist. Das waren noch die guten Zeiten - heute muckst er sich gar nicht mehr. Also verbringe ich den Rest des Tages mit der Fehlersuche, diagnostiziere irgendwann den Tod der Festplatte, fluche darüber, dass ich sie nicht, wie eigentlich immer geplant, zur Sicherheit kopiert habe, lösche auf der Suche nach einer freien Festplatte versehentlich das Falsche, kreiere in dem Zusammenhang einige Flüche (die hier der Zensur unterliegen), erwecke den Computer aber schliesslich doch noch zum Leben und am Abend grinst dann zumindest schonmal das Windows-Logo vom Monitor.

Freitag, 22.04.2011

Nach dem Frühstück kann ich es kaum erwarten, den geklebten Impeller in die Wasserpumpe zu bauen. Spannung, eine halbe Stunde später den Starterknopf drücken, der Generator rumpelt los, Kühlwasser läuft - na bitte, geht doch. Genug Strom haben wir jetzt, also mache ich es mir am Naviplatz bequem, um den Computer wieder dahin zu bringen, uns zu zeigen wo wir sind, wo andere Schiffe sind, mittels Pactor Mails zu versenden ... Draussen stürmt es, es ist kalt, seit drei Tagen läuft abends die Heizung, wir tragen Socken und somit erklärt Marion die Wintersaison offiziell für eröffnet.Hilfe, die Römer kommen! Aus dem hintersten Winkel, irgendwo ganz tief unter der Achterkoje befördert sie zwei luftdicht verschlossene Säcke mit Wintersachen ans Tageslicht, räumt alle T-Shirts und sonstigen kurzärmligen Sachen aus den Schränken, fängt an, umzupacken und komische Fragen zu stellen “Welchen Pullover soll ich dir in den Schrank legen?” “Alle! Es ist kalt!!!!”. Bis zum Abend ist dann alles erledigt, der Navirechner macht wieder das, was er soll, in den Schränken stapeln sich Pullover, die T-Shirts schlummern vakuumverpackt unterm Bett, das Bastelchaos ist beseitigt, der Generator hat brav die Batterien geladen, die Crew ist abgefüttert und warm für den Landgang angezogen. Kein Clubabend heute, Kultur ist angesagt. Die Kreuze am Flussufer haben wir schon vor ein paar Tagen entdeckt und erfahren, dass hier am Karfreitag ein “espectaculo” aufgeführt wird. Das wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen und machen uns auf die (warmen) Socken. Brennende Fackeln, Scheinwerfer, am Hang hocken überall die Menschen - coole Kulisse, wir hocken uns mal dazu. Mit reichlich Verspätung geht es dann los. Ah, das wird so eine Art Musical - nette Musik, aber in den luftigen Gewändern wäre bei der Kälte sowieso an Unterkühlung gestorben.der Darsteller möchte ich jetzt nicht stecken. Auf dem Hang sitz man zwar unbequem, aber als Römer oder Apostel in Sandalen und Tunika ist es bei der Kälte mit Sicherheit schlimmer. Als die Jungs beim Abendmahl zusammenhocken, bekomme ich langsam einen Krampf im Hintern und kann nicht mehr sitzen. Marion scheint einen besseren Grashuckel erwischt zu haben. Mittlerweile hat Judas seinen Chef verpetzt und sich aufgehängt, mein rechtes Bein ist eingeschlafen und ich hab kalte Füsse. Die Römer können sich nicht entscheiden was sie mit Jesus machen sollen, mir wird immer kälter. Hätte ich doch bloss Schuhe anstelle der Crocs angezogen. Nach vielem Hin und Her (wir wussten natürlich schon was kommt) wird er dann durch Jerusalem geprügelt - Marion friert jetzt endlich auch. Anstatt den kürzesten Weg zu den Kreuzen zu nehmen, marschieren sie ewig und mit Absicht langsam herum. Wir haben uns inzwischen für einen Stehplatz entschieden, ist zwar nicht wärmer, aber der Krampf im Hintern lässt nach. Zur allgemeinen Überraschung wird Jesus jetzt ans Kreuz genagelt, die bösen Römer pieken ihn, Maria jammert, ein paar andere auch, dann wird er wieder abgenommen weil das Kreuz vermutlich für den Nächsten gebraucht wird - wir frieren jämmerlich, stellen uns vor wie lange es bei dem Tempo dauern wird, bis auch noch die Sache mit der Himmelfahrt und Auferstehung erledigt ist und sind uns einig: bei der Kälte eindeutig zu lange! Heimweg!

Sonnabend, 23.04.2011Costa Bonita - Wandern im Windkanal

Der Yachtclub hat heute Regatta im Hafen - es weht noch kräftiger als gestern - das wollen wir uns ansehen. “Blödi”, der eigentlich Capacho heisst, darf auch mit und eine halbe Stunde später sind wir da. Immer zwei Boote treten gegeneinander an, eins treibt gerade kieloben auf dem Wasser, das andere “klebt” an dem Wellenbrecher, Vivi an der Pinne und Juan-Pablo bis zur Brust im Wasser. Bei bis zu 30kn Wind wurden auch die vorhergehenden Rennen nur dadurch entschieden, wer nicht kentert. Die Regatta wird dann abgebrochen, wir machen uns auf den verschobenen Strandspaziergang, vier Stunden bis zur “Costa Bonita”. Tolle Landschaft, leere Strände, dann wieder felsige Steilküsten, strahlender Sonnenschein, jede Menge Wind, jede Menge fliegender Sand, Wracks, Seevögel, ein begeisterter “Blödi”. Auf dem Rückweg finden wir einen kleinen Imbiss mit lecker Empanadas, kaltem Bier für fusslahme Wanderer und Wasser für den Hund und sind pünktlich zum Abend zurück im Club, um in geselliger Runde zu erfahren, wer wieviel Rennen gewonnen, sprich, wer nicht gekentert ist und wer warum baden ging.

Sonntag, 24.04.2011Regatta-Fiesta

Marion bastelt zwei “Osternester” - irgendwie hab ich das Gefühl, dass sie nicht für mich sind und behalte Recht. Leise fahren wir zur “Dune” rüber und die Süssigkeiten werden für Melissa und Camille im Cockpit versteckt. Dann machen wir uns auf den Weg nach Necochea, die hiesige “Gebrauchtwagen-Meile” abklappern. Der Automarkt hat keinen guten Ruf, ist in der Hand der Zigeuner und die tun alles dafür, diesen Ruf zu erhalten. Dick behängt mit goldenen Ketten, Ringen und Uhren preisen sie grossspurig Gefährte an, die vermutlich nicht mal mehr aus eigener Kraft den Weg zum Schrottplatz schaffen. Wenn wir dann auf Autos zeigen, die rein optisch eventuell noch ein halbes Jahr durchhalten könnten, werden Preise genannt, Tango geht anders!als stünde dort ein Mercedes-Jahreswagen. Wir finden nirgendwo ein Fahrzeug, das auch nur annähernd unseren Vorstellungen entspricht und hätten ohnehin keine Lust, ein paar weitere Goldzähne mitzufinanzieren. Also machen wir noch ein bisschen Osterspaziergang, sind abends zurück im Club, wo gerade die Vorbereitungen für die Regatta-Abschlussfeier stattfindet. Es wird immer voller, immer mehr Essen und Getränke werden angeschleppt, wir küssen wieder neue Gesichter und “alte” Bekannte, steuern mangels vorbereiteter Speisen fünf Flaschen Wein bei, laden im Laufe des Abends Vivi und Juan-Pablo für morgen abend zum Essen an Bord ein, etwas später dann auch noch Marcella und Pablo, hören, dass bei Melissa und Camille der Osterhase an Bord war, kommen mit immer neuen Leuten ins Gespräch, schlagen uns den Bauch voll, müssen immer wieder anstossen, erfahren, dass Vivi gerne auch ihre drei Kinder mitbringen will - Claro, no problema! - werden Zeuge missglückter Tangotanz-Versuche, haben jede Menge Spass, gehören zu den Letzten, die sich noch an der Chaosbeseitigung versuchen und fallen gegen 2 Uhr todmüde in die Koje.

Montag, 25.04.2011

Eine leicht panische Bordfrau überdenkt die Menüfolge für den Abend, worin sie das alles kochen soll, wo bitte schön neun Personen sitzen sollen und überhaupt, soviel Geschirr haben wir gar nicht. Nach Konsultation der Kochbücher, wird eine Einkaufsliste erstellt, mir zwecks Abarbeitung in die Hand gedrückt und dann macht sie sich an die Zubereitung des ersten Ganges: Kürbissuppe. Ich brauche eine Stunde, bis ich alle Positionen auf der Liste abgehakt habe, liefere alles ab, frage scheinheilig ob ich irgendwas helfen kann und verdrücke mich dann mit dem Computer in den Club. Dort stöbere ich dann ungestört weiter nach Autoverkäufen im Internet, finde wie meist nichts sinnvolles, frage trotzdem bei einem Fahrzeug an und werde irgendwann von Macella unterbrochen, die sich und Pablo für heute Abend entschuldigt - sie hat einen Arzttermin, wegen der Augen, sorry. Das ist echt schade, nicht nur weil wir gerne mit den beiden zusammensitzen, sie sprechen auch beide Englisch und somit wäre die Unterhaltung wesentlich einfacher und unkomplizierter. Erwartungsgemäss ist Marion genauso begeistert von der Nachricht. 19.30 Uhr schiebt sie dann das vorbereitete Essen in den Ofen und ich fahre wieder zum Club, um, wie verabredet, Vivi nebst Anhang einzusammeln. Niemand da, habe auch nicht damit gerechnet, dass sie pünktlich sind - um 20.30 Uhr taucht dann Pablo auf. Marcella ist gerade vom Arzt zurück und hat auf ihrem Handy eine mehrere Stunden alte SMS von Juan-Pablo gefunden, dass sie heute abend nicht kommen können. Naja, brauchen wir uns wenigstens keine Gedanken mehr zu machen, wo alle sitzen sollen. Ich verabrede mit Pablo, dass wir dann eben morgen Abend zusammen essen und fahre zurück zu Marion. Die ist noch etwas ungeübt in der Spontanität, mit der Südamerikaner Termine machen und auch wieder verschieben und sackt erstmal vor ihren Essenbergen zusammen. Den ganzen Tag steht sie in der Küche und dann kommt keiner - sie darf erstmal an meine Brust. Später gibt es dann Kürbissuppe nur für zwei, wir haben ausreichend Platz zum Sitzen, genügend Teller, ich bringe die randvolle Auflaufform im Clubkühlschrank unter und wir machen auf ganz entspannt - Kinoabend.

Dienstag, 26.04.2011

Etwas Gutes hat das gestrige Desaster, wir haben keine Mühe früh aus der Koje zu kommen. Wir wollen nach Mar del Plata: Visa-Verlängerung, dritter Versuch! Die Kurzform: Nach viereinhalb Stunden “Emigracion” stehen wir leicht genervt und hungrig wieder auf der Strasse. Aber mit neuem Visa! Am Busbahnhof zwei “Boletos” nach Necochea kaufen und da fällt mir am Schalter nebenan unter verschiedenen Reisezielen “Ushuaia” ins Auge. Zwei Stunden Busfahrt lang habe ich Zeit, darüber nachzugrübeln. Irgendwie nervt die ergebnislose Autosuche langsam. Freitag will Pablo mit uns zwar nochmal nach Mar del Plata, um gemeinsam mit einem Freund die Händler abzuklappern aber so richtig glauben wir nicht mehr daran, für wenig Geld ein fahrbereites Auto (mit den notwendigen Papieren!) zu bekommen. Also stelle ich Marion mal meinen neuen Plan “B” vor. In Necochea erfragen wir dann Abfahrzeiten, Verbindungen, Preise - aha! Auf dem Fussweg zurück zum Club haben wir beide Zeit, darüber nachzugrübeln. Dort erfahren wir erstmal, dass Pablo und Marcella sich gerade in der “Wolle” haben - also kein Abendessen zusammen. Gibt es eben Kürbissuppe für zwei und noch einen Kinoabend.

Mittwoch, 27.04.2011mui rico! - lecker!

Den ganzen Vormittag diskutieren wir, dann steht fest: Wir warten nicht länger, sondern packen unsere Rucksäcke und fahren mit dem Bus nach Ushuaia! Genauer gesagt mit drei verschiedenen Bussen, Freitagabend soll es losgehen und Sonntagabend sind wir dann da. Auf Wunsch der Bordfrau machen wir uns dann auch gleich mal auf den Weg zum Busbahnhof, um die Tickets zu kaufen. Ganz so einfach geht es dann doch nicht, wir brauchen die Pässe dazu und so düse ich mit dem Taxi nochmal zurück, um sie zu holen. Zum Glück ist Taxifahren hier billig! Und für die Auflaufform im Clubkühlschrank finden wir auch eine Lösung - abends heizen wir den Ofen im Club an, schieben sie rein und alle, die gerade anwesend sind, sind zum Essen eingeladen. Gute Idee, alle sind begeistert, werden satt und wir haben den Abwasch nicht an Bord!

Donnerstag, 28.04.2011

Marion will vor der Abreise noch ihren Wäscheberg loswerden und macht sich auf den Weg zum Waschsalon. Ich bereite schon mal an Bord einiges vor, sammele sie dann mittags wieder ein und wir sind gerade rechtzeitig vorm “Wolkenbruch” zurück auf dem Schiff. Es stürmt und regnet dann auch ununterbrochen weiter, den Rest des Tages verbringen wir unter Deck. Marion, indem sie Packlisten schreibt, Sachen zusammensucht, in Reiseführern stöbert - ich, indem ich versuche den Eindruck zu erwecken, dass ich auch was sinnvolles tue. Zumindest stehe ich nicht im Weg und bei Männern reicht es ja, wenn sie ihre Sachen eine Stunde vor Abfahrt packen!

Sonntag, 01.05.2011und immer noch Pampa

Der Freitag fängt an, wie der Donnerstag aufgehört hat, es regnet und stürmt. Macht nichts, draussen hab ich ja gestern schon alles abgebaut was eventuell Begehrlichkeiten erwecken könnte. Wir haben genügend Zeit, in Ruhe unsere Sachen in die Rucksäcke zu stopfen. Zwischendurch gibt’s `n Film, noch mal umpacken, was essen - irgendwie ist mein Rucksack immer noch zu voll, also alles wieder raus, zwei Pullover reichen und soviel Socken braucht kein Mensch - bis Isabelle uns endlich mit ihrem Beiboot abholt. Im Club alle noch mal küssen, dann geht’s mit dem Taxi zum Busterminal. Erste Reihe oben - bester Panoramablick - naja, nützt erstmal nicht wirklich, es ist ja stockdunkel. Wir schlafen mehr oder weniger gut (Marion mehr, ich weniger) und sind am nächsten Tag gegen Mittag in Puerto Madryn. Eine Stadt im Sandsturm, unsere Begeisterung, dort später noch hinzusegeln, lässt spürbar nach. Dann geht es weiter durch die Pampa, stundenlangvom Kontinent nach Feuerland beste Aussicht auf: links Pampa, rechts Pampa - also flach und staubgraues Gras. Ab und zu ein paar Dünen, mittlerweile sind Sudoku und das Filmprogramm im Bus der Renner - wir sind froh als wir abends endlich Comodora Rivadavia erreichen. Eine Stunde stehen, neuer Bus, wieder erste Reihe, wieder dunkel. Am Morgen erreichen wir Rio Gallegos - Marion ausgeschlafen, ich zertreten - (8 Uhr und es ist noch stockdunkel!), um zwei Stunden auf den nächsten Bus zu warten. Der sieht dann auch schon etwas abenteuerlicher aus mit Rammschutz, Gitter vor den Frontscheiben und ist deutlich weniger komfortabel - das ausgeteilte Essen passt sich Halt die Klappe!dem an. Wir erreichen die chilenische Grenze, neuer Stempel im Pass, danach weiter bis zur Fähre nach Feuerland. Fähranleger? Nada, eine Betonpiste führt die Uferböschung runter, es “bläst” ordentlich (wie es sich für die “brüllenden Vierziger” gehört), die Fähre muss mehrfach Anlauf nehmen bis sie endlich an der richtigen (betonierten) Stelle ankommt. Knapp eine Stunde dauert die Überquerung der Magellan-Strasse, an Bord kracht und vibriert es gewaltig, nicht alle Passagiere sehen glücklich aus. Auf der anderen Seite geht es dann auf staubigen Pisten weiter, das effektive Heizungssystem hat keinerlei Mühe den Staub in den Bus zu pusten - nach Marions Meinung vorzugsweise zu ihrem Platz. Der Busbegleiter versucht mittels Öffnen der Dachluken Herr der Lage zu werden - wir können zwar wieder atmen, sitzen aber dafür im Windkanal. Verschiedene Lukenstellungen bringen keine Verbesserung, Plätze werden gewechselt, bis wieder jeder ohne wehende Frisur weiterreist. Wieder Grenzübertritt, wir bekommen ein neues Visa für Argentinien. Klasse, das alte ist ja gerade einen Tag alt und hat uns ausser 600 Peso noch zwei Fahrten nach Mar del Plata gekostet. Dafür ist die Strasse jetzt wieder asphaltiert, kein Staub es staubt in Feuerlandmehr, der Bus dreht auf - eine Dachluke fliegt weg, wird wiedergefunden, notdürftig befestigt. Der Reisebegleiter hat jetzt keine Möglichkeit mehr,  geschmacksneutrale Sandwiches zu verteilen, er muss stehend die Luke festhalten. Zwei Stunden später ungeplanter Stopp in Rio Grande, wir tauschen den Bus gegen einen mit schliessenden Dachluken und ausgeruhtem Busfahrer mit Rallye-Ambitionen. Nach 49 Stunden erreichen wir dann gegen 22 Uhr endlich Ushuaia, die SÜDLICHSTE STADT DER WELT! Unser Unterkunft-Problem klärt sich bevor wir unsere Rucksäcke auf den Schultern haben, 10 Minuten später stehen wir in einem gemütlichen Hostel. Vierbett-Zimmer. Ich, Marion und zwei junge Französinnen. Was kann MANN sich mehr wünschen! Die Äusserung bringt mir einen Knuff von meiner Bordfrau ein, ich lade sie schnell zu einem leckeren Abendessen ein.

Montag, der 02.05.2011Ushuaia - fin del mundo

Hab die Nacht mit drei Frauen gut hinter mich gebracht und entgegen Marions Befürchtungen klappte es auch mit dem Bad für zwei Zimmer, sprich zehn Personen, gut. Super Sonnenwetter, windstill, wir machen uns erstmal auf die Socken zwecks Stadterkundung. Aus irgendwelchen Gründen landen wir immer zuerst am Hafen - im Beagle-Kanal spiegeln sich die schneebedeckten Berge, ein phantastisches Panorama. Wir drehen eine ausgedehnte Runde, schlendern anschliessend durch die Stadt, ganz hübsch, jede Menge Souvenir- und Ramschläden, Elektronik, Kameras, Schmuck und Pelze - ist eben eine Touristenstadt und Steuerbegünstigt. Aber die Saison ist vorbei, die paar Nachzügler fallen kaum auf. Wir landen wieder am Hafen und laufen einem Mädel in die Arme, die für eine Bootsfahrt auf dem Beagle-Kanal wirbt. Warum eigentlich nicht? Zwei Tickets kaufen, Hafengebühr zahlen (?) und schon sitzen wir mit zehn weiteren Touris in dem kleinen Boot. Das tuckert los, überall tummeln sich irgendwelche Robben im (vermutlich a...kaltem) Wasser, die Berge glitzern in der Sonne, nach einer Stunde Insel - WGerreichen wir eine kleine Insel mit Leuchtturm, kurzer Stopp damit auch jeder ein Foto schiessen kann, dann weiter zur nächsten Insel. Faule Seelöwen liegen da rum - kennen wir von denen ja nicht anders. An zwei weiteren Inselchen wird zwecks Fotografieren der dort rumlungernden Bewohner aufgestoppt, anschliessend werden auf einer grösseren alle von Bord geworfen. Landgang über die kümmerlich bewachsenen Hügel, eine Grube mit Muschelschalen wird als ehemalige Behausung der früheren Bewohner präsentiert - schwer nachvollziehbar, was die Yamana bewogen hat, bei der Kälte und dem oft knackigen Wind nackt vor ihren Feuern zu hocken. Das milde Klima war’s jedenfalls nicht. Wir haben rundum traumhafte Sicht - links die Ausfahrt zum Atlantik, rechts zum Pazifik, hinter uns Feuerland und vor uns die Isla Navarino, 50 sm dahinter liegt Kap Horn. Alle haben ihre Fotos geschossen, es wird langsam kalt, wir dürfen zurück an Bord, mit einem Glas Likör anstossen und sind eine halbe Stunde später wieder in Ushuaia.

Dienstag, der 03.05.2011an den Anblick kann man sich gewöhnen

Nach dem Frühstück, mölen wir uns erstmal alles an, was wir mithaben - wir wollen zum Glaciar Martial. Hätten vorher wohl mal aus dem Fenster schauen sollen, alles grau, wolkenverhangen, es regnet. 1A Schietwetter! Macht nix, wir disponieren um - Museumstag! Das ehemalige Gefängnis von Ushuaia beherbergt heute diverse davon. Um eine authentische Atmosphäre bemüht, ist der alte Zellentrakt ungeheizt - wir sind froh, so warm angezogen zu sein. Dann kommt maritime Kunst, Südpol-Expeditionen, Schiffswracks um Feuerland, ein bisschen Ureinwohner, wieder Schiffe, Geschichte der Region, Tierwelt, nochmal Kunst, .... nach über drei Stunden reicht es uns. Es regnet immer noch, wir schlendern durch diverse Souvenirläden weil es dort warm und trocken ist, gönnen uns lecker Lachsfilet und sitzen dann abends gemütlich mit anderen Rucksacktouristen schladdernd im angenehm überheiztem Hostel. Argentinier, Franzosen, zwei Mädels aus Deutschland, Brasilien, Kolumbien, England und Island sind vertreten. Wir drücken den Altersdurchschnitt zwar etwas nach oben, aber zumindest springt noch niemand auf, um uns einen Platz anzubieten oder über die Türschwelle zu helfen. Auf den vielen Fotos an den Wänden können wir (noch ohne Lesebrille) erkennen, dass wesentlich betagtere Leute mit ihren Rucksäcken hier rumgesessen haben und steigen ohnehin immens in der Achtung, als einzig Anwesende, die mit einem Boot von Europa nach Argentinien gekommen sind.

Mittwoch, der 04.05.2011zwei Blöde und ein Gletscher

Links Sonnenschein, rechts dicke graue Wolken - Gletscher-Wanderwetter? Wir bemühen uns, nur nach links zu sehen und winken uns ein Taxi ran, das uns hinauf in die Berge fährt. Der Skilift dort oben ist ausser Betrieb und es geht zu Fuss weiter bergan. Vor uns schneebedeckte Gipfel und immer höher werdender Schnee, unter uns, Ushuaia, wird immer winziger. Viele sind hier nicht unterwegs. Die Pfade sind mit Stöckern gekennzeichnet, sehr tourifreundlich - wir wählen den rechten. René geht voran und ich bin arg bemüht, in seine knietiefen Fussstapfen zu treten. Von den Bergen fegen uns starke Windböen entgegen, die reichlich Schnee mit sich herumwirbeln. Am besten fallen lassen und abwarten. Als die Schneehöhe noch weiter ansteigt wechseln wir mühselig auf den anderen, linken Pfad. Kleine rauschende Bächlein unterm Schnee erleichtern das nicht gerade. Jetzt kraxeln wir über loses Geröll bis der Pfad total vereist ist. So lebensmüde sind wir nicht, aber eventuell kann man diese Stelle “umgehen”. Wir kriechen auf allen Vieren den Berg hinauf (schweisstreibende Angelegenheit!) und sehen irgendwann ein: blöde Idee! Auf dem Hintern geht´s vorsichtig wieder hinunter, links, rechts, unter uns kullert loses Gestein. Als wir wieder festen Boden unter den Füssen haben finden wir, dass die Aussicht von hier auch echt toll ist, man muss nicht unbedingt direkt am Gletscher sitzen! Kurze Bananen- und Fotopause (der Fotoakku jammert vor sich hin, es ist einfach eisekalt). Die grauen Wolken sind verschwunden, der Schnee glitzert in der Sonne und das Panorama ist umwerfend! Umgeben von hohen weissen Gipfeln sehen wir gegenüber die chilenischen Berge, das stahlblaue Wasser des Beagle-Kanals und die winzigen bunten Häuser Ushuaias. Der Abstieg geht schneller und inzwischen kommen uns auch andere Wandersleut entgegen, auch Patagonia-Pais-Hostel-Bewohner (die Isländer, leicht bekleidet, in knöchellangen Hosen und Turnschuhen - sie sind die Kälte scheinbar besser gewöhnt!) Die Taxifahrt sparen wir uns, hinab zur Stadt geht`s auf “Abkürzungen” durch einen urigen Wald. Kaum sind wir da durch fängt es an zu schütten. Ist ja nicht mehr weit ... Klatschnass kommen wir in unsem “Stamm-Imbiss” an und hängen uns zum Trocknen auf. Lecker Fisch zum Abendbrot, zurück in`s Hostel, schnell duschen und trockene Klamotten an. Lorry und Oudrey, unsere Zimmer-Mitbewohner haben wir heute früh schon verabschiedet - zu früh auf`s Einzelzimmer gefreut, wir bekommen noch neue “Mitschläfer” - jetzt sind wir aber nicht mehr die Alterspräsidenten!! Wir sitzen noch lange mit Kerstin und Katja, die wir dann auch noch zum Abschied drücken - sie fahren morgen ganz früh weiter nach El Calafate. Wir wollen ein paar Tage später folgen.

Donnerstag, den 05.05.2011mal ohne Feuer

Dickes fettes Schneegestöber, wir haben keine Lust, unsere gerade trockenen Sachen da wieder “auszuführen” und machen Hosteltag. Wir haben den Gemeinschaftsraum endlich mal für uns ganz allein, Zeit für Marion, diverse Freunde mit Ansichtskarten zu beglücken, ich mach mich am Computer zu schaffen. Zwischendurch mal einen Kaffee, ein bisschen lesen - wir haben ja schliesslich Urlaub. Nachmittags lässt das Schneetreiben ein wenig nach - wir machen uns doch noch auf die (dicken) Socken. Kein Wanderwetter, wir gehen ins Yamana-Museum. Das ist nicht allzu gross - so viele haben hier ja auch nicht gelebt. Die weissen “Neubewohner” von Feuerland haben dann auch nur hundert Jahre gebraucht, um ihre Anzahl von etwa 2500 auf eine einzige heute noch lebende Yamana-Frau zu dezimieren. Vorher haben die hier über 5000 Jahre nackt vor ihren Feuern gehockt. Marion fallen anschliessend drei weitere Postkartenkandidaten ein, also noch mal in den Ansichtskartenladen (die Entscheidungsfindung dort dauert bei ihr ja immer etwas länger), dann zur Post, ein Kilo Briefmarken erstehen, wir finden wasserfeste Überzieher für unsere Rucksäcke (Backpack-Kondom), kaufen eine Kinderuhr um nicht mehr zeit-und ahnungslos an den Busterminals zu stehen, erkunden schon mal Abfahrtszeiten für Nationalpark-Bus, sowie geplante Weiterreise und landen schliesslich wieder in unserem kleinen Stammrestaurante. Die Bedienung grinst schon, dasselbe wie immer? Si!!! Lecker Fisch mit Lemon-Sauce und Bratkartoffeln! Kugelrund stapfen wir durch den Schnee zurück ins Hostel, um uns in das übliche abendliche Gewusel im Gemeinschaftsraum zu mischen. Überall wird gebrutzelt, wir mehrfach zum Zulangen eingeladen - schade, riecht ja lecker, aber es geht nichts mehr rein!

Freitag, 06.05.2011der letzte Yamana

Es wurde gestern dann doch etwas später, haben mit Laurent aus Frankreich, Alexandro aus Kolumbien, Yuki aus Japan und einer Flasche Wein aus Argentinien zusammengehockt - wir wissen jetzt was unsere Namen in der Kanji (?) -Schreibweise bedeuten, dass Alexandro als Fotograf super Fotos schiesst und dass es kaum eine Ecke auf der Welt gibt, die Laurent noch nicht mit seinem Rucksack bereist hat. Dementsprechend kommen wir heute etwas später aus der Koje. Schnelles Frühstück, dann geht’s mit dem Bus zum Nationalpark. Hier gibt es verschieden lange Wanderstrecken, mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden - wir entscheiden uns für “Medio”, entlang des Largo Roca bis zur chilenischen Grenze. Uriger Wald, neben uns der See, die schneebedeckten Berge - Marion ist leicht am Nörgeln, da sie bei meinem Wandertempo nicht jeden Baum ausgiebig genug betrachten kann. Meinen Plan mit dem Bad gebe ich bei dem eisigen Wind dann auch auf - Marion braucht ewig lange fürs Foto, vermutlich aus Rache wegen dem vorherigen Tempo. Die Grenze ist dann unspektakulär, ein kleiner Gittermast. Wir wandern natürlich noch ein paar hundert Meter weiter - wer sollte uns auch daran hindern? - der Pfad endet Märchenwaldaber in einem Sumpf, also Rückzug. Auf dem (langsamen) Rückweg stellen wir fest, dass wir hier doch nicht alleine sind. Die letzten zwei unentdeckten Yamanas? Nö, sie sprechen deutsch, sind nicht nackt - also auch nur Touristen. Nach vier Stunden sind wir am Ausgangspunkt, in einer gemütlichen Holzbaude warten wir bei Kaminfeuer und heisser Schokolade auf den letzten Bus und beschliessen, nochmal für eine Wanderung herzukommen. Zurück in Ushuaia tauschen wir erstmal unsere Kinderuhr um - nicht, weil sie für uns zu kompliziert ist, die Batterien haben nach einem halben Tag schon den Geist aufgegeben. Dann kurzer Einkauf im Supermercado, heute mal kein Fisch im Restaurante, ich werde kochen. Aus den geplanten knusprigen Bratkartoffeln, wird dann so eine Art Kartoffel-Zwiebel-Eier-Pamps - Yuki betrachtet das Ergebnis etwas irritiert, Marion isst es trotzdem ganz tapfer. Für morgen wünscht sie sich wieder Fisch!

Sonnabend, 07.05.2011Ich will nicht weiter!

Es schneit, es schneit und es schneit! Marion macht sich trotzdem tapfer auf den Weg - sie hatte einen Waschsalon entdeckt und sofort bestanden unsere Sachen den Schnuppertest nicht mehr. Meine Nase ist da ja weniger empfindlich, ich setze mich ganz still neben dem Ofen auf die Couch und bin froh, dass ich nicht mit muss. Sie stapft auch noch ein weiteres mal durch das Schneegestöber, ich gebe meinen Platz neben dem Ofen nicht auf. Am späten Nachmittag packt mich dann die Wanderlust, ausgeruht und aufgewärmt kennt mein Elan keine Grenzen - Marion fusslahm und durchgefroren, ist am Bibbern. Sie setzt sich mit einer verkürzten Wanderung durch, auf dem Rückweg dann kurzer Stopp im Supermercado, sie will mir heute mal zeigen wie man richtig kocht. Das Ergebnis unterscheidet sich optisch doch gewaltig von meinem Vortagsmenü - keine mitleidigen Blicke von unseren Mitbewohnern.

Sonntag, 08.05.20Dann eben Picknick am Ofen!11

Nationalpark, die Zweite steht heute auf dem Plan. Der Wecker (Kinderuhr) klingelt extra früh. Wir schmieren uns nach dem Frühstück ein paar Knoblauch-Käse-Schinken-Tomaten-Baguettes zwecks Picknick, packen auch eine Flasche Wein zum Lunch in den Rucksack, mölen uns besonders dick ein und so, bestens präpariert, stiefeln wir zum Hafen, von wo die Busse abfahren. Meistens jedenfalls. Heute aber nicht, lassen wir uns erklären - der Nationalpark ist geschlossen - zuviel Schnee. O.k., nicht zu ändern, aber da wir nun mal wandertechnisch bestens vorbereitet sind stapfen wir weiter durch den Schnee - machen wir eben Picknick irgendwo am Beagle-Kanal. Das gestaltet sich dann schwieriger als gedacht, irgendwie ist immer ein Zaun zwischen uns und dem Wasser. Erst Flugplatz, dann das 4. Marine Infanterie Bataillon, riesige Sendemasten, ... so schnell geben wir nicht auf. Es nieselt - DAS MACHT UNS DOCH NICHTS AUS! Immer neue Zäune, irgendwie entfernen wir uns immer weiter vom Kanal, es nieselt immer stärker - macht uns immer noch nichts aus. Tapfer stapfen wir weiter, langsam wird uns klar, dass wir wohl nie ans Wasser kommen werden - jetzt regnet es richtig und DAS MACHT UNS SEHR WOHL WAS AUS! Also Rückzug! Klatschnass kommen wir im Hostel an und machen Picknick auf der Couch neben dem Ofen! Das Wetter bleibt auch die nächsten Tage so, wir verzichten auf die zweite Nationalpark-Runde und beschliessen, morgen nach El Calafate weiter zu fahren.

 

Montag, 09.05.2011Ferry in der Magellan-Strasse

3.30 Uhr, Jorge weckt uns. Schnell in`s Bad, leise anziehen damit unsere französischen Mitbewohner nicht aufwachen. Heisser Kaffee wartet auf uns, die restlichen Sachen werden in die Rucksäcke gepresst, dann ist das Taxi schon da. “Hasta proxima vez”, von Jorge gibt’s noch ein Küsschen links, eins rechts und schon düsen wir zum Busbahnhof. Sternklarer Himmel, eisekalt! Der Bus kommt etwas später, alle suchen etwas verschlafen ihre Sitzplätze. Ein grosser Hund schmuggelt sich unauffällig mit hinein und macht es sich auf Platz 19 und 20 bequem. Kurz vor Abfahrt wird er entdeckt, der Busfahrer hat arge Mühe, ihn aus dem warmen Bus zu befördern, Ciao Ushuaia!  Bis zur chilenischen Grenze verschlafen wir alles, dann geht’s auf Schotterpisten weiter. Dreimal hält der Fahrer, um sich mit Werkzeug und Arbeitskombi unter sein Gefährt zu legen, beim vierten Mal geht’s einfacher, da droht nur eine Seitenscheibe rauszufallen, die mittels reichlich Klebeband gesichert wird. Wir erreichen die Fähre über die Magellan-Strasse natürlich nicht pünktlich, dafür haben wir diesmal Sonnenschein, wenig Wind - entspannte Überfahrt. Zwei Stunden später stehen wir an der argentinischen Grenze, bekommen unsere Stempel - weiter geht’s. Marion stellt fest, dass ihr Einreisestempel das gestrige Datum trägt - dank ihres Ausreisestempels von heute früh ist sie jetzt also illegal im Land. Früher hätte sie das ja fertig gemacht, jetzt beschliesst sie, das Datum einfach mit dem Kugelschreiber überzumalen. Womit keiner gerechnet hat, wir kommen fast pünktlich in Rio Gallego an und schaffen unseren Anschlussbus nach El Calafate. Dort trudeln wir dann 22.30 Uhr ein, wandern mit unseren Rucksäcken in ein Hostel, bekommen ein Vierbettzimmer für uns ganz allein, schlürfen im grossen Aufenthaltsraum noch ein Willkommens-Bier und fallen  in die Betten. Macht echt müde, den ganzen Tag im Bus rumsitzen.

Dienstag, 10.05.2011chilenische Flamingos

Ausgiebig frühstücken, dann geht’s auf zur Stadtbesichtigung. Wir fanden Ushuaia ja schon recht touristisch - El Calafate topt das um Welten. Bei 10.000 Einwohner etwa 350.000 Touristen pro Jahr! Die sind zum Glück jetzt gerade alle nicht da, die Saison ist vorbei! Die eine Hauptstrasse mit ihren Geschäften und Restaurants ist leer und schnell durchbummelt, dank Marion haben wir eh schon wieder einen herrenlosen Hund an den Hacken und wandern lieber zur “Laguna Nimez”. Dort treiben sich jede Menge Flamingos rum. Haben immer gedacht, die gibt’s nur im Warmen - nö, vermutlich wegen der tollen Aussicht auf die schneebedeckten Berge stehen sie auch gerne im kalten Wasser Patagoniens. Irgendwann wird es uns zu kalt auf dem “Naturlehrpfad”, auf dem Rückweg gesellt sich ein weiterer Hund zu uns - in der Stadt müssen wir uns erstmal in ein Café flüchten, um die beiden schwanzwedelnden Begleiter endlich loszuwerden. Heisse Schokolade ist jetzt ohnehin ne gute Idee, anschliessend schnell zum Supermercado zwecks Lebensmittelbeschaffung und dann versucht sich Marion in der Hostel-Küche an der Essenszubereitung.ganz viel Eis Das Ergebnis sieht zwar anders aus, als der angekündigte Name - schmeckt aber trotzdem.

Mittwoch, 11.05,2011

Es heisst mal wieder früh aufstehen, wir haben für heute die Tour zum “Glaciar Perito Moreno” gebucht. Punkt 8 holt der Bus uns ab, wir treffen erstmal die beiden deutschsprechenden Yamanas vom Nationalpark Ushuaia wieder. Die einstündige Busfahrt verschlafen wir, es ist eh noch stockdunkel, pünktlich zum Sonnenaufgang erreichen wir den Nationalpark und stehen mit offenen Mündern vor dem Gletscher. Naja, noch nicht direkt davor, aber das soll sich ändern. Wir besteigen eine kleine Fähre, die uns auf die andere Seite des “Lago Argentino” bringt (übrigens der grösste See Argentiniens), es gibt eine kurze Einweisung und dann bekommen wir unsere Spikes unter die die Schuhe geschnallt. Claro, wir haben dasein Wunder der Natur Vollprogramm gebucht - nicht nur blöd vorm Gletscher stehen - wir wollen auch rauf! Nochmal kurze Ermahnung, dem Nachbarn nicht auf die Füsse latschen, bergab leicht nach hinten beugen, mit der ganzen Fussfläche auftreten - dann geht’s im Gänsemarsch aufs Eis. Marion stapft besonders kräftig, damit die Spikes sich auch ins Eis krallen und beneidet die dickeren, bei denen “beissen” sich die Stahlspitzen automatisch inund immer schön fest auftreten den Untergrund. Links und rechts riesige und kleine Löcher und Spalten, durch die das Tauwasser abfliesst. Es funkelt und glitzert, dann schimmert es wieder himmelblau - wir sind hin und weg. Am Ende der eineinhalbstündigen Tour steht dann ein Tisch einsam im Eis, darauf Gläser und Whiskey-Flaschen. Unser Guide hackt dazu Eis aus dem Gletscher und dann gibt es “Whiskey on Gletscher-Ice”. “Salud”. Mit einem Grinsen im Gesicht schwenken wir die Gläser - der Whiskey ist zwar nochGlaciar Perito Moreno02 nicht so betagt, aber die kreisenden Eiswürfel! Ungefähr dreihundert Jahre! Wieder festen Boden unter den Füssen entledigen wir uns der Spikes und haben eine halbe Stunde Zeit zwecks Picknick. Zusammen mit Tobi und July suchen wir uns ein schönes Plätzchen mit phantastischem Blick auf den Gletscher, verdrücken unsere mitgebrachten Baguettes und verpassen natürlich die Abfahrt der Fähre. Die Nacht im Eis bleibt uns erspart, das Boot legt noch mal an und nach einer Runde durch kleine und grössere Eisberge bringt sie uns wieder ans andere Ufer. 10 Minuten Busfahrt, dann werden wir am Aussichtspunkt ausgesetzt. Eine Stunde haben wir für den Rundweg, traumhafter Blick sowohl auf Nord- und Südseite des Gletschers, wir knipsen die Speicherkarte voll und sind diesmal pünktlich zur Abfahrt. Die Rückfahrt verschlafen wir mal wieder komplett. Ein absolut Hammer-Ausflug heute, mit über hundert Euro pro Person zwar kein Schnäppchen, aber jeden Cent wert. What a day!

Donnerstag, 12.05.2011

Tobi und July sind heute weiter nach El Chalten, wir gönnen uns noch einen Ruhetag. Stadtbummel, da wie gesagt klein, sind wir fix mit durch und anschliessend brauchen wir zwei Anläufe, um uns Bustickets für morgen zu kaufen. Pässe vergessen - claro, ohne Pass kein Ticket. Und dann buchen wir auf Wunsch der Bordfrau auch noch zwei Plätze auf einer Fähre in Chile. Scheinbar braucht sie Abwechslung vom ewigen Busfahren. Und weil wir eh grad dabei sind uns zu ruinieren, gönnen wir uns in der gemütlichen Pizzeria neben dem Hostel gleich noch ein lecker Abendessen.Kinderbetreuung

Freitag, 13.05.2011

Es ist stockdunkel, wir stapfen mit unseren Rucksäcken zum Busbahnhof. Pünktlich 07.45 Uhr sind wir da, fallen in die Sitze und schlafen weiter. Knapp fünf Stunden dauert die Fahrt bis El Chalten, vier davon soll ich angeblich geschnarcht haben. Schnurgerade gehts auf die Anden zu, links und rechts flach, ab und zu Schafe oder Guanacos. Dann wird’s immer spannender, die schneebedeckten Gipfel immer grösser, reissende Bäche, der fast senkrecht aufragende 3400m hohe “Monte Fitz Roy” - alle Mitreisenden sind am knipsen - wir können uns nicht einigen, wer von uns beiden den Fotoapparat blöderweise in den Rucksack gepackt hat. Die liegen im Gepäckabteil. Kurz vor El Chalten beginnt der Nationalpark, alles aussteigen und zwecks Belehrung ins Park-Informationszentrum. Anschliessend greifen wir uns dann die Rucksäcke und stiefeln erstmal zwecks Hostelsuchenicht Sibirien, wir sind in El Chalten-Patagonien durch den Ort. Der ist noch kleiner als El Calafate - eigentlich ein kleines Dorf - und wir werden auch schnell fündig. Zimmer für uns allein und zu Marions grosser Freude mit eigenem Bad. Sogar der Preis ist gut. Wir werfen uns gleich mal an den Computer, unsere Fährbuchung klappt nicht ganz so wie geplant. Die Reederei hat uns per Mail einen Vordruck geschickt, den wir ausdrucken, unterschreiben und zurück faxen sollen. Im Hostel geht der Drucker nicht, aber im Dorf gäbe es einen Laden mit Internet, Drucker und Fax. Wir machen uns gleich mal auf die Socken, den Laden gibt’s tatsächlich, hat aber geschlossen. Wir werden trotzdem reingelassen, ein Computer wird für uns freigeräumt - Marion widmet sich der Kinderbetreuung, ich unserem Vordruck. Nützt aber alles nichts, es fehlt das Programm zum Öffnen der Datei. Ich überlege mir einen Plan B, Marion, ob sie das kleine Mädchen mitnehmen kann. Wir hauen uns in einem gemütlichen kleinen Restaurante erst mal die Bäuche voll, wandern zurück ins Hostel und vertagen unser kleines Problem erstmal, der Landessitte entsprechend, auf morgen.

 

Sonnabend, 14.05.2011noch nicht müde, wir bewundern die Landschaft

Der Berg ruft, aber wir müssen erstmal über Internet unsere “Bodenstation” in Stralsund anrufen. Plan B, Christiane mit ihrem vollausgestattetem Büro, ist wie so oft mal wieder Retter in der Not. Eine Stunde später haben wir das ausgefüllte, unterschriebene Dokument als PDF-Datei auf unserem Rechner - Technik ist geil! Mit dem Faxen hat es zwar noch nicht geklappt, aber wir haben ja noch zwei Tage Zeit. Danke “Bodenstation”! Wir mümmeln uns ein, lange Unterhosen, Halswärmer, Mütze, Handschuhe, dazu ein “Fresspaket” und auf geht’s. 22 km Fussmarsch liegen vor uns, bergauf, bergab, über Geröllfelder, durch Wälder, zwischendurch gibt’s Aussichtspunkte mit phantastischem Blick auf die weissen Gipfel - der “Fitz Roy”, den “Torre” und etliche andere. Dazu Gletscher, reissende Gebirgsbäche, kleine Seen, ... Nach 11 km erreichen wir (schon etwas schweissgebadet) die “Laguna Torre”, einen kleinen See, in den einer der Torre-Gletscher endet. Diverse kleinere und grössere Eisbrocken schwimmen darin, vor uns die riesigen Felsen, alleLaguna Torre - dafür wandert man doch gern so weits funkelt in der Sonne, strahlend blauer Himmel über allem - was für ein Anblick! Eine halbe Stunde sitzen wir einfach nur da, geniessen die Aussicht, unsere mitgebrachten Baguettes, machen jede Menge Fotos aus allen Perspektiven, werden von den neben uns kampierenden Argentiniern mit Wein versorgt, ich verzichte auf das Bad im Eis (mit vollem Magen soll man ja nicht schwimmen) und machen uns langsam auf den Rückweg, um nicht noch im Dunkeln durchs Gebirge tappern zu müssen. Abendliche Genickstarre ist vorprogrammiert - immer wieder schauen wir zurück auf das beeindruckende Panorama. Unterwegs flattert dann noch ein Specht an uns vorbei, landet neben uns und beginnt, wie wild auf den armen Baum einzuhacken. Marion gibt natürlich nicht eher Ruhe, bis sie den Krachmacher auch noch abgelichtet hat (er will einfach nicht fürs Foto stillhalten). Wir erreichen El Chalten trotzdem vorm Dunkelwerden, schleppen uns noch bis zur Pizzeria (da keiner mehr Lust hat zu kochen) und anschliessend in`s Hostel, wo wir endlich die dampfenden Füsse von den dicken Wanderschuhen befreien können.

Sonntag, 15.05.2011Wasser fällt von Felswand

Nachricht von der “Bodenstation”:  Faxen nach Chile bisher erfolglos. Wir trösten uns damit, dass die Chilenen am Wochenende ihr Fax ausgeschaltet haben, streifen uns wieder die Unterhosen über und wandern los. Heute die seniorenfreundliche Variante, der kürzeste und einfachste Trail zum “Chorillo del Salto”, einem Wasserfall. Unterwegs muss Marion unbedingt Guanacos fotografieren (die sie für Lamas hält) und auch sonst jeden Strauch und Baum ausgiebigst betrachten, wir sind trotzdem in einer Stunde dort. Wasser fällt von Felsen runter, wir gucken eine Weile zu, fühlen uns irgendwie noch nicht ganz ausgelastet und entscheiden uns für zwei weitere kurze Trails. Es geht zum Mirador “Los Condores”, wir sehen tatsächlich ein Condor-Pärchen über uns kreisen, boah! Beeindruckende Tiere, mit bis zu 3,2m Flügelspannweite (da wir nicht nachmessen können, einigen wir uns, dass unsere beiden es nur auf bescheidene 3,19m bringen), die bis 7000m hoch fliegen können! Anschliessend wandern wir weiter zum “Las Aguilas”, geht doch nichts über ein Nickerchenvon wo man eine phantastische Aussicht auf den “Lago Viedma” mit den darin schwimmenden Eisbergen, den “Monte Fitz Roy” und überhaupt in alle Richtungen hat. Marion entdeckt dann noch das Condor-Nest mit lautstark schreiendem Jungcondor, ich kraxele auf alle noch in der Nähe stehenden Felsen, wir leeren unseren Picknick-Rucksack, ruhen ein wenig im (harten, stechenden) Gras und machen uns auf den Rückweg, um pünktlich zum Sonnenuntergang vor unserer Stammpizzeria zu stehen. Dort treffen wir Tobi und July, die gerade von einer dreitägigen Bergtour zurück kommen und nach eigener Aussage stinken. Die Wiedersehensfreude ist gross, wir umarmen sie trotzdem. Auf ihrer Hostelsuche hatten sie bisher wenig Erfolg, entweder war keine Heizung da, das Zimmer zu winzig, oder Wanzen im Bett ...

Montag, 16.05.2011

in der Ferne winkt das Ziel - der Monte Fitz RoyPlatt, platter, am plattesten - wir sind fix und fertig! Das waren weit über dreissig Kilometer heute, immer schön bergauf, bergab, wolkenloser Himmel, allerfeinste Aussicht - wir sind zum “Lago de los Tres” unterwegs, dem kleinen Gletschersee am Fusse des “Fitz Roy”. Kurz vorm Ziel wird unser Elan dann gebremst, der Weg ist komplett überflutet. Wir entwickeln wenig Ehrgeiz, die nächsten hundert Meter bis zu den Knien durchs Wasser zu waten, kurzes Kartenstudium und Planänderung. Es gibt einen etwa zehn Kilometer langen Verbindungsweg zu einem anderen Trial, von dort sind es dann nur noch drei Stunden bis El Chalten. Klappt dann auch alles super, immer schön eben oder bergab, vorbei an herrlichen Gebirgsseen, klopfenden Spechten, wunderschönen Rastplätzen, bis wir dann vier Kilometer vor El Chalten an einer weiteren Gabelung stehen. Wir fühlen uns noch fit und entscheiden uns (dämlicherweise) für die längere Route. Die führt dann (um den ahnungslosen Wanderer zunächst in Sicherheit zu wiegen) hätten wir doch bloss den anderen Weg genommen!erstmal immer schön eben durch einen Wald, um sich dann (wenn eh keiner mehr umdreht) gehässigerweise steil bergauf zu winden und damit auch gar nicht wieder aufzuhören. Die Füsse werden immer schwerer, der Rucksack sowieso, wir keuchen, schwitzen, rutschen - keine Ahnung, wie die Landschaft um uns herum aussieht. Wir können den Ort schon sehen, aber immer wenn wir denken, jetzt geht’s endlich runter, macht dieser hinterhältige Pfad den nächsten Schlenker um einen Berg. Wider Erwarten schlittern wir kurz vorm Dunkelwerden doch noch den letzten Abhang bis El Chalten runter, schleppen uns bis zur Pizzeria und können mit einer letzten kraftlosen Armbewegung Essen und einen Krug Wein bestellen.

Dienstag, 17.05.2011

Die Knochen tun erstaunlicherweise nicht mehr weh, unseren Plan, zum “Lago del Desierto” zu fahren, geben wir trotzdem auf. Es stürmt, und zwar richtig. Zeitweise erwarten wir, dass jeden Augenblick eins der Fenster durchs Haus fliegt, draussen sind genug Gegenstände unterwegs. Marion packt mal wieder einen Wäschesack zusammen, um ihn im Waschsalon (zwei Waschmaschinen, die in einem kleinen Anbau stehen) nebenan abzuwerfen während ich versuche, am Rechner den Eindruck von angestrengter Tätigkeit zu vermitteln und ansonsten bringen wir die Zeit mit Lesen und Kaffeetrinken rum. Hotelurlaub eben.

Mittwoch, 18.05.2011geht doch nichts über ein warmes Plätzchen

Der Sturm hat sich gelegt, die Fenster sind alle drin geblieben, dafür ist es a...kalt und es schneit. Unser Ehrgeiz noch zum “Lago del Desierto” zu fahren ist gleich Null - haben wir eben einen See mit Gletscher nicht gesehen. Wir packen unsere Sachen zusammen, checken aus und müssen die Zeit bis zur Abfahrt des Busses nach El Calafate irgendwie rumbringen. Wir versuchen es mit Wandern, aber bei dem kalten Wind zeigt Frau nach einer Stunde nur noch wenig Begeisterung. Also hocken wir in unserer Pizzeria - schon besser, da warm - lesen, Karten schreiben und da wir schon mal so gemütlich sitzen, vertilgen wir auch gleich noch eine Pizza Grande mir Extraportion Knoblauch. Oh, unsere armen Busnachbarn in den nächsten zwei Tagen! Morgen früh geht’s dann von El Calafate gleich weiter nach Puerto Natales in Chile und von dort (auf Wunsch der Bordfrau) vier Tage mit der Fähre bis nach Puerto Montt. Ich wäre ja lieber immer schön an den Anden entlang die Ruta 40 in Argentinien weiter mit dem Bus - also gab`s eine demokratische Abstimmung. Ich glaub Marion hat dabei heimlich zwei Hände gehoben - jedenfalls schippern wir jetzt die chilenische Küste lang. Hoffen wir zumindest, die Fährgesellschaft hat gerade eine Mail geschickt, dass sich die Abreise wegen schlechtem Wetter verschiebt.

Donnerstag, 19.05.2011

Von der vierstündigen Busfahrt nach El Calafate gibt’s nichts Aufregendes zu berichten, es war dunkel, also Augenpflege. Bei Renè im wahrsten Sinne des Wortes, er hat Backbord ein dickes Auge (kein Fausthieb von mir, vermutlich vom Wind). Mit Augentropfen aus einer Farmacia versorgt, suchen wir unser “altes” Hostel in El Calafate heim, bekommen wieder das sGaucho - ein Job für harte Männerelbe Zimmer (auf Nachfrage auch Rabatt ;). Duschen, schlafen, früh wieder aufstehen, Frühstück, um 8.30 Uhr fährt der Bus nach Puerto Natales ab. Gegen 13 Uhr erreichen wir die argentinische Grenzstation, die Beamten sind dermassen mit dem “ß” von Jenß beschäftigt, dass niemandem mein falscher Einreisestempel auffällt - puh! Neue Seite, Ausreisestempel, der Nächste!... - Die chilenische Grenzstation besteht aus drei Häusern in der verschneiten Landschaft, drei Pferde grasen dahinter auf der Weide, eher ein Bauernhof. Die Beamten sind super genau, alle Gepäckstücke werden durchleuchtet wie auf einem Flughafen. Nächster Stempel. Weiter geht`s nach Puerto Natales, über die verschneiten Berge, aus der Strasse ist längst eine Schotterpiste geworden, die mitunter stark vereist ist - ein Streufahrzeug kommt uns entgegen: ein Mann stehend auf der Ladefläche, ab und an eine Schippe Sand auf den Weg werfend. Etwas später stoppt der Bus, eine grosse Herde Kühe wird von Gauchos auf Pferden durch ein Gatter quer über den Weg getrieben, einzeln, offensichtlich werdeEndlich wieder ne schaukelnde Kojen sie bei der Gelegenheit gleich gezählt. Die Landschaft ist phantastisch, hier gibt es offensichtlich noch mehr Condore, Guanacos und riesige Schaf- und Kuhherden. Alles verschneit und dazu strahlender Sonnenschein. Puerto Natales liegt malerisch in einer Bucht, kleine bunte Häuser aneinander gekuschelt, davor das blaue Wasser des Fjordes “Ultimo Esperanza” (Letzte Hoffnung - spanische und deutsche Entdecker hatten sich im Gewirr der Fjorde und Kanäle hoffnungslos verfranst). Mit den Rucksäcken geht`s quer durch die Stadt in Richtung Hafen, auf der Suche nach dem Navimag-Office. Das ist schnell gefunden, wir checken ein, bekommen unsere Bordkarten und haben noch “Auslauf” bis 21 Uhr... Als die Sonne hinter den Bergen verschwindet wird es schlagartig eiskalt, man spürt die feuchte Meeresluft, trotz Handschuhen, Mütze, langen Unterhosen. Später flüchten wir in ein kleines Cafè und trinken eine heisse Schokolade nach der anderen. Die Besitzerin dreht die Heizung hoch und wir tauen langsam wieder. Abends gönnen wir uns Lachs und danach wackeln wir zum Boarding. Als wir unsere Kabine betreten können wir es kaum fassen: eine 4er Kabine mit Fenster, und - wir sind ganz allein! Uh, phantastisch! Kleiner Rundgang durch`s Schiff, Bad, Essenraum, Bar, Sonnendeck, genial! Gefällt uns!

als Kuh reist man etwas unbequemer

Freitag, 20.05.2011

“Muuuuuh!” “Muuuuuuh!” Ein Traum? Nein, es sind wirklich Kühe mit an Bord. Über Nacht wird die Fähre beladen, legt gegen 6 Uhr ab, kreist noch über drei Stunden in der Bucht und dann geht es auf grosse Fahrt. Weckruf um 8 Uhr über Lautsprecher, das Frühstück steht bereit. Wir sind beeindruckt: neben frischen Brötchen sogar Rührei, Käse, Wurst, Joghurt, Cornflakes, ... nach einem Blick auf den Essenplan sind wir ganz sicher, hier werden wir gemästet! Anschliessend schleppen wir uns auf`s dritte Deck, in die Bar, wo man bequem in Ledersesseln sitzen und lesen (oder was auch immer) kann. Wir treffen Sascha und Flo (DeuWir schlängeln uns durch die chilenischen Kanäletschland), denen wir schon auf unserer letzten Wanderung in El Chalten begegnet sind, Ben aus Frankreich, den Engländer John, der eigentlich in Hongkong lebt, zwei Mädels aus Holland, ...  Das Wetter ist ziemlich diesig, es nieselt und die Sicht auf die schöne Fjordlandschaft wird zum Nachmittag immer schlechter. Üppiges Mittag (schon wieder Lachs!), dann ein Vortrag über Patagonien: Gletscher, Gebirge, Plattentektonik, Flora - interessant, kurzweilig erzählt, mit schönen Dias dazu (nicht einmal Renè schläft ein ;). Ab und an hüpfen wir raus auf`s “Sonnendeck”, sehen ein paar Seelöwen, Kormorane und Albatrosse, aber Regen und Wind vertreiben uns nach kurzer Zeit. Dann wird auch schon zum nächsten Essen gerufen: Vorsuppe, Fleisch mit Reis, Salat, Nachtisch. Uff!Zu Besuch auf der Brücke

Sonnabend, 21.05.2011

Wunderbares Wetter heute - wenn wir nicht gerade am Essen sind stehen wir draussen auf den Decks, bestaunen die Fjordlandschaft und sehen drei Wale. Auf die Brücke dürfen wir auch. Hier wird ausschliesslich mit Papierkarten gearbeitet. Einige der Geräte sind die selben wie bei uns, an Bord der “Mira”. Der Vortrag fällt heute aus, wir fahren in den “Golfo de Penas”, auf den offenen Pazifik hinaus und Welle und Wind nehmen zu. Ein Grossteil der Passagiere verschwindet nach und nach unauffällig in Richtung Toiletten oder in die Kojen. Als es Abendbrot gibt finden sich lediglich ca 10 Leute ein, die noch Appetit haben. Man muss sein Tablett auch auf dem Tisch gut festhalten und seltsamerweise sind Stühle und Tische an Bord nicht verschraubt, alles kann “wandern” wie es will. - Die Kühe sind ganz still, ob denen auch schlecht ist? Die Viecher tun mir echt leid!

Sonntag, 22.05.2011

Zum Frühstück sind auch Kptn und Flo auf dem Sonnendeckwieder alle vollzählig. Die gestern das Abendbrot ausgelassen haben essen jetzt um so mehr. Genudelt sitzen wir beim nächsten Vortrag “Fauna Patagoniens”. Gewusst, dass Albatrosse halbseitig schlafen können während sie fliegen? Krass! Kleine Vögel, grosse Vögel und auch die “Nicht fliegende Dampfschiffente” ist dabei. - Die Fähre liegt heute ruhiger, wir sind wieder in den Kanälen. Alles lümmelt in den Ledersesseln, liest, spielt Karten, versorgt sich gegenseitig mit neuen Tips für weitere Reiseziele oder geht raus aufs Deck in der Hoffnung, doch noch einen Wal fürs Foto zu erwischen. Die einzige “Körperertüchtigung” besteht darin, sich ein Deck nach unten zu bewegen, wo dreimal am Tag der Versuch unternommen wird, uns zu mästen. Wie immer - Vorsuppe, Hauptgericht, Salat, Pudding - noch passen die Hosen! Letzter Abend an Bord: der Barkeeper ignoriert grosszügig die überall “reingeschmuggelten” Weinflaschen und verteilt trotz schlecht gehendem Eigengeschäft kleine Schälchen mit Knabbereien. Es bleibt beim Vorsatz, nicht zu spät ins Bett zu gehen - es wird eher “früh”! Zu Marions grosser Überraschung, beteilige ich mich dann aber, nachdem die Bar geschlossen wird, nicht noch an dem Versuch von Sascha, Flo und Ben, den Fahrern der Viehtransporter beim Leeren ihrer Pisco-Flaschen zu helfen.

Montag, 23.05.2011nicht viel los in Puerto Montt

Das Einlaufen in Puerto Montt haben wir natürlich verschlafen, das Rumpeln der Viehtransporter, die von der Fähre fahren, weckt uns. Schnell nochmal duschen, frühstücken, alles in die Rucksäcke stopfen - Punkt 8 Uhr stehen wir im Nieselregen an Land. Wir sind die Einzigen die noch hierbleiben wollen - also schütteln und umarmen wir Sascha, Flo, John, ... und stapfen mit unserem Gepäck los, zwecks Hostelsuche. Natürlich hat Marion im Travel -Guide vorab schon mal ein preiswertes Objekt ausgemacht, wir irren also nicht völlig orientierungslos rum, finden die Pension und darin auch ein freies Zimmer. Dann Stadtbesichtigung. Die ist zwar gross, aber sehenswert ist eh nur die Altstadt und der Fischmarkt am Hafen. Alles etwas windschief, kleine Häuser, Holz, Wellblech, der letzte Anstrich ist schon Jahre her - dazu der ständige Nieselregen, reges Marktreiben und über allem ein grosser Regenbogen. Irgendwann haben wir jede Strasse in der Altstadt das zweite mal gesehen - wir schlendern zum Fischmarkt. Muscheln in allen Variationen, Krabben, Fisch in riesigen Mengen - darüber jede Menge kleinster Imbisse, wo man dichtgedrängt auf langen Bänken sitzend, sich die fangfrischen Meeresfrüchte auf den Teller schaufeln lassen kann. sogar das Wasser ist wegDazu wird, mangels Alkohollizenz, Wein in Teetassen ausgeschenkt - so zumindest laut Reiseführer. Einzig nervend sind dann die vielen Imbissbetreiber, die mangels Gästen versuchen die Handvoll, durch die Fischstände schlendernden Touris, jeweils auf eine ihrer Bänke zu locken. Wir entscheiden uns für eine “Mutti”, die weniger aufdringlich ist, schieben uns erwartungsvoll in eine Bankreihe und verstehen von dem Wortschwall, mit dem die diversen Möglichkeiten, sich den Bauch vollzuschlagen offeriert werden mal so ziemlich gar nichts. “Plata Mixta” klingt irgendwie nach “von jedem etwas”, nochmals wird ausführlich geschildert, was sie dort raufzupacken gedenkt - wir verstehen immerhin Königskrabbe und Muscheln, alles andere werden wohl verschiedene Fische sein. Sind es dann aber nicht, es sind verschieden Muscheln! Davon jede Menge, in der Mitte ein Berg Königskrabbenfleisch und mehrere faustgrosse Stücke, irgendwie gnubblig schmeckendes Fleisch (von dem wir hinterher erfahren, dass es sich um Meeresschnecken handelt, die auch noch vom Aussterben bedroht sind. Sorry!). Marion ist irgendwie bedient und stochert lustlos im Krabbenfleisch rum - ich hatte auch mehr auf frischen Fisch gehofft, statt Unmengen von Muscheln alleine in mich rein zu stopfen - der Wein kommt dann auch noch ganz schnöde im Glas und als dann noch eine Kakerlake an der Wand runter krabbelt, ist Marion vollends satt. Ich verspreche ihr, dass wir beim nächsten Mal wieder Dinge essen, die wir mögen, kaufen auf dem Busterminal für morgen Bustickets zur Insel “Chiloe”. drehen noch eine Runde durch die Stadt und entdecken einen Schuster, dem Marion mal schnell ihren Rucksack zum Nähen überhilft und kriechen dann ganz früh unter den Berg Decken ins riesige Bett in unserer Pension.

Dienstag, 24.05.2011Dauerregen auf Isla Chiloe

Die riesigen Berge der Anden sind ja schön anzuschauen, haben aber den grossen Nachteil, dass die vom Pazifik kommenden Wolken dort alle hängenbleiben, versuchen sich zu “erleichtern” und dieses mittels ausgiebigen Regen tun. Und wir sitzen im Augenblick genau da drunter, im niederschlagsreichsten Gebiet Chiles. Mit Bus und Fähre fahren wir auf die Insel “Chiloe” nach Ancud, es regnet nahezu ununterbrochen - ein typischer Tag hier, wird uns lachend von den Einheimischen versichert. Der Regen ist dann aber doch nicht die einzige Attraktion (im Januar und Februar soll es sogar ETWAS WENIGER regnen), es gibt eine Handvoll kleiner Orte, jede Menge Natur und Holzkirchen. 16 davon sind heute UNESCO Weltkulturerbe - entstanden sind sie, weil die Bewohner so arm waren, dass sie sich keinen anderen Baustoff leisten konnten. Nicht mal Nägel. Alle anderen Häuser sind natürlich auch aus Holz, stehen grösstenteils auf nicht mal die Fischer mögen rausPfählen, meist etwas windschief - arm sind die Leute hier immer noch. Wir nutzen die Momente, wo der Dauer- in Nieselregen übergeht, schlendern, durch die paar Strassen von Ancud, besuchen eine Holzkirche, den Fischerhafen und essen in einem gemütlichen kleinen Restaurant (dessen Wände und Decke mit Tausenden von Visitenkarten tapeziert sind und wo es eine Speisekarte gibt) lecker fangfrischen Lachs. Der Besitzer ist hocherfreut, als wir ihm die Empfehlung seines Restaurants in unserem Chile-Reise-Guide zeigen und übersetzen und er bittet uns, seine einzige deutsche Speisekarte auf Rechtschreibfehler durchzusehen. Das ein und andere wird verbessert und als Dank fällt unsere Rechnung glatt etwas kleiner aus ;) Anschliessend tauschen wir am Busterminal unsere Tickets für eine frühere Rückfahrt um ... Die nassen Sachen verteilen wir im Zimmer zum Trocknen, kriechen unter die Bettdecken und beschliessen, morgen weiterzufahren. Raus aus dem Regen!

Mittwoch, 25.05.2011Vulcano Villarica - das Ziel

Von Sascha hatten wir auf der Fähre den Tip bekommen, Pucon zu besuchen: Seen, Berge, heisse Quellen, o.k., das gibt’s da überall und einen schneebedeckten aktiven Vulkan, den man besteigen und wieder runter rodeln kann. Das zog! Also sitzen wir im Bus nach Pucon, können getrost die Augen schliessen, da eh alles grau in grau und voller Regenwolken ist und hoffen auf besseres Wetter bei unserer Ankunft. Das klappt tatsächlich, auf dem letzten Ende reisst die Wolkendecke auf, im strahlenden Sonnenschein liegen der Lago Villarrica, links, rechts Berge, die Holzhäuser von Pucon vor uns und über allem thront der weisse Gipfel des Vulkans. Das Hostel “El Refugio” liegt gleich schräg gegenüber vom Busterminal - Sascha wartet schon auf uns und mit ihm, schon seit Tagen  eine Handvoll weiterer Hostelbewohner auf das Wetterfenster zur Vulkanbesteigung. Beste Bedingungen morgen - ich melde mich mal gleich mit an - Marion, nachdem die Schwierigkeiten und Dauer der Tour ausführlich beschrieben wird, wählt es für sich ab. Gesundheitsfragebogen, Verzichtserklärung, Versicherung - jede Menge Häckchen und Unterschriften, Pesos über den Tisch schieben - jetzt gibt’s kein Zurück mehr! Da eh grad beim Geldausgeben, buchen wir auch gleich noch die “Hot Springs” und schlendern anschliessend durch Pucon, genauer gesagt durch die einzige Geschäftsstrasse, auf der Suche nach Badehose und Bikini dafür. Bei mir ist die Entscheidung ganz einfach, es gibt nur eine Hose in meiner Grösse - Marion will es morgen nochmal ohne meine wertvollen Ratschläge versuchen.

Donnerstag, 26.05.2011da sehn sie noch gut aus

5.30 Uhr klingelt der Wecker, wir pellen uns in die lange Unterwäsche, Hosen und Pullover, schnelles Frühstück, Kaffee, Proviant und Getränke einpacken, dann geht’s zur “Vulcano” Agentur. Neun verschlafene Bergsteiger in spé bekommen klobige wasserdichte Schuhe, sowie einen grossen Rucksack mit Hosen, Jacken, Stulpen, Helm, Spikes, Picke usw. verpasst - wir haben Mühe, unseren Proviant noch mit reinzustopfen. Per Kleinbus und Schneeketten geht es zum Fuss des Vulkans, nochmal kurze Einweisung, Rucksäcke geschultert, Eispicke in die Hand, dann stapfen wir hintereinander los: drei Guides und neun hochmotivierte Möchtegernbergsteiger. Nach einer Stunde die ersten “Aussetzer”. Voll jugendlichem Übermut nehme ich Marga, einem holländischem Mädel ihre Wasserflaschen ab, um sie mit in meinen Rucksack zu stopfen. Blöde Idee, wie ich noch feststellen werde. Weiter geht’s, die Reihe zieht sich immer weiter auseinander - ich fühl mich noch super und denke, schade, dass Marion nicht mit dabei istnoch 800 Meter - vielleicht sollten wir die Tour am Wochenende noch mal zusammen machen. Zwei Stunden später denke ich, dass die Idee wohl doch nicht so gut ist. Mittlerweile sind wir mit den Spikes unterwegs, mein Rucksack scheint 20 kg zu wiegen, ich habe aber noch gute Haltungsnoten. Nach und nach erreichen alle aus der Gruppe den Rastplatz, brechen wortlos zusammen - einzig die beiden Kanadierinnen scherzen, dass das Zuhause in Calgary der übliche Weg in den Supermarkt oder die Bar wäre. Die letzten 800m - vorneweg stapft unbeirrt unser Guide im Zickzack, dann munter Kanadierin Nummer Eins (von der ich vermute, dass sie jeden Morgen vorm Frühstück einen Marathonlauf macht und ohnehin zweimal die Woche den Mount Everest besteigt), Kanadierin Zwei schon wortlos, ich klebe mit meinem 40 kg-Rucksack an ihren Fersen (auf keinen Fall klettere ich hier ein zweites Mal hoch!), keuchend jeden Schritt zählend, mit grossem Abstand folgt Marga, irgendwann Sascha, dann lange niemand! Die letzten 300m! Kanadierin Eins weiter mühelos, Nummer Zwei mit leichtem Abstand und will mich jetzt immer vorbei lassen - wie denn?! - ich bin froh, dass ich dranbleibe! Jetzt bin ich auch sicher, 50 kg auf dem Rücken zu haben, die Schuhe mit den Spikes wiegen vermutlich genausoviel. Dann endlich der Gipfel, die letzten schwerfälligen Schritte, Rucksack abwerfen, die Eispicke hochreissen - Geschafft! Fünf Stunden, die Letzten quälen sich eine halbe Stunde später über den Rand - dementsprechend kurz gestaltet sich ihr Gipfelaufenthalt. Viel zu sehen gibt es eh nicht, wir stehen mitten in der Schwefelwolke, der Wind weht eisig - aber jetzt kommt der beste Teil! Mit klammen Fingern zwängen wir uns in die restlichen wasserdichten Klamotten, schnallen uns eine Art Plasteschaufel mit Griff unter den Hintern und sausen etappenweise auf den Dingern bergab. Geil!!!!! Warum habe ich eigentlich nicht nur den Rückweg gebucht? Der Schnee stiebt nach allen Seiten, bremsen ist out - leider geht’s dann doch nicht bis ganz nach unten - das letzte Stück stapfen wir wieder brav im Gänsemarsch. Zumindest war es so gedacht, tatsächlich ist es eher eine Mischung aus wanken, rutschen, purzeln, stolpern, im Schnee versinken - aber irgendwie geht es immer bergab und nach zwei Stunden stehen alle schweissgebadet wieder am Fuss des Vulkans. Schulterklopfen, Händeschütteln - alle Strapazen sind vergessen - Wo steht eigentlich der nächste Sechstausender?Nixe im Trikini - wird meist auf Händen getragen

Marion empfängt die “müffelnden” Nachwuchsalpinisten mit zugehaltener Nase und Umarmung. O.k., die Klamotten gehören in den Wäschesack und wir unter die Dusche. Sie war inzwischen nicht nur fleissig, sondern auch bei der Bikini-Suche erfolgreich. Es ist sogar ein Trikini (?) geworden. Den kann sie dann auch vorführen - um 20 Uhr werden wir von einem Kleinbus eingesammelt, um eine Stunde später an einer der vielen heissen Quellen hier wieder abgeworfen zu werden. Mitten in der Natur, etliche kleinere und grosse Becken mit unterschiedlich heissem Wasser, neben uns rauscht ein Fluss und über uns stehen Millionen Sterne am Himmel. Raus aus den Klamotten, wir tasten uns vorsichtig in die “Swimmingpools aus Felsstein” - Boah!!! Tom, der Hostelbetreiber hatte unbedingt zur Mitnahme von Wein geraten - ist zwar verboten, aber jeder macht es. Dementsprechend tauchen überall Weinflaschen auf, werden rumgereicht, jeder hockt oder liegt mehr oder weniger entspannt auf einem Stein, schwimmt ein Ründchen, ist am Palavern oder döst vor sich hin, ich baue Schiffchen aus meinen Badelatschen, Omar, der Israeli, versucht sie zu versenken, Marion versucht, Marga und Sascha die Mira sowie etliche andere Sterne zu zeigen, zwei Engländer, in Rekordzeit eine eingeschmuggelte Kiste Bierdosen zu leeren, die zwei holländischen Mädels immer noch ihre Weinflaschen endlich aufzubekommen, .... ruckzuck sind zwei Stunden um - wir stolpern zurück zum Bus und wer auf der Rückfahrt nicht schon einschläft, tut es spätestens sofort im Hostel. What a day!

Freitag, 27.05.2011Weinkenner unter sich

Ein Glück, dass wir gestern das schöne Sonnenwetter ausgenutzt haben - dicke Wolken heute, es weht und regnet zwischendurch immer wieder. Macht nix, können wir die müden Knochen mal am Kamin im Hostel langmachen, lesen, faulenzen, kurzer Stadtspaziergang, Sascha verabschieden, der heute nach Bariloche weiterfährt, ...tja und dann ist noch “Mama-Geburtstag”. Meine Mutter feiert heute ihren “Siebzigsten”, das Ganze ohne uns und ist darüber dementsprechend traurig. Immerhin ist unser Geschenk noch pünktlich angekommen und ich verspreche per Skype, dass wir zum “Hundertsten” auf jeden Fall da sind! Abends laden Tom und Greis (kein uralter Rentner, sondern ein junges chilenisches Mädel), die guten Geister des Hostels, dann zur Weinverkostung ein. Zwölf Hostelbewohner versuchen in den nächsten Stunden 13 verhüllte Weinflaschen zu bewerten - die Gläser werden mit Kennermine geschwenkt, gerochen, daran genippt, die Flüssigkeit auf der Zunge gerollt, gekaut, geschmatztWeinverkostung hinterlässt Spuren oder einfach nur plump runtergeschluckt - anschliessend die persönliche Punktwertung verkündet. Logischerweise schwindet mit der Anzahl der getesteten Flaschen, die Ernsthaftigkeit der Angelegenheit - munter durcheinander schwatzende Mädels, schlucken, von der “Punktrichterin” angesprochen, schnell den aktuellen Testkandidaten runter, mit schwerer werdender Zunge wird wahllos eine Zahl in den Raum geworfen - der Spassfaktor steigt immens! Die Auswertung ist dann eigentlich auch nur noch Nebensache, laut durcheinander schwatzend werden die Flaschenreste geleert und wer danach nicht müde in die Betten kriecht, folgt weinselig Tom`s Aufforderung, noch eine Bar heimzusuchen. Marga und Marion stürmen in Tanzstimmung los, ich denke, dass das keine so gute Idee ist und behalte Recht. Es wird eine seeeehr langer Nacht!

Sonnabend, 28.05.2011

... über Stock und über Steine ...02Unser körperliches Wohlbefinden beim Aufstehen hinkt dem herrlichen Wetter draussen etwas hinterher. Ein ausgedehntes Frühstück und drei Tassen Kaffee später, fühlen wir uns dann wieder fit für unserer heutige Aktivität - Horse Back Riding. Klaus, der Besitzer der Pferdefarm holt uns mit seinem Pickup ab, er ist vor dreizehn Jahren aus Deutschland ausgewandert - das erleichtert die Kommunikation schon mal ungemein. Unsere Pferde warten schon geduldig - da meine einzigen Erfahrungen im Reiten aus Cowboy-Filmen resultieren, gibt es erst mal eine kurze Einweisung. Der Sattel ist zum Sitzen, Zügel, links rum, rechts rum, Gas Bremse - alles klar, Ledergamaschen angeschnallt und schon schwingen wir uns (schon fast so elegant wie im Film) nach oben. Kurz mal die Lenkung probiert, Gas geben - funktioniert tatsächlich. Sam ist ein Mädel, auch aus Deutschland, unser Reit-Guide für heute und froh, mal Landsleute im Sattel neben sich zu haben. Gemütlich geht’s los, 10 Minuten später dann der erste Galopp.für einen echten Cowboy ist kein Wasser zu tief Alle bleiben im Sattel, Bremse funktioniert auch - Sam ist zufrieden - ab jetzt geht’s querfeldein weiter. Über Wiesen, kleine Wälder, am Fluss entlang, durch ein Mapuche-Dorf (die hiesigen “Indianer”), wir durchqueren einen Bach - nach zwei Stunden kurze Rast. Picknick - für uns gibt’s fertige Sandwiches, die Pferde müssen sich ihr Gras selber suchen. Weiter geht`s, lässig im Sattel sitzend versuche ich, bei dem Gestucker einhändig Fotos zu schiessen, was meist misslingt - dafür haben wir eine super Aussicht auf die herrliche Landschaft ringsum. Riesige Berge, reissende Bäche, die drei schneebedeckten Vulkane - einzig die Vorliebe der Pferde, besonders dicht an dornenbewachsenen Büschen vorbeizugehen (vermutlich um den “Ballast” abzustreifen) zwingt zur Aufmerksamkeit auf den Weg. Nach über vier Stunden stehen wir begeistert und mit Dauergrinsen im Gesicht wieder auf der Farm und ich verkünde Marion sofort meinen Plan, den Rest Südamerikas nur noch auf einem Pferd bereisen zu wollen.

Sonntag, 29.05.2011

Mit wundem Hintern beim Frühstück sitzend, überdenke ich meinen Plan bezüglich der weiteren Reise noch mal. Der Bus hat auch so seine Vorteile - also gehen wir erstmal rüber zur Busgesellschaft, um Tickets zu kaufen. Eigentlich soll es nach Santiago weitergehen - wir schauen uns beide an - Willst du eigentlich nach Santiago? Nö, und du? Auch nicht. - Dann also gleich nach Valparaiso. Der Bus fährt erst abends - genug Zeit, das Zimmer zu räumen, ausgiebig durch die Stadt und Umgebung zu spazieren, ein paar weitere Vulkan-Fotos zu schiessen, am See lang zu wandern, sich im Hostel noch mal aufzuwärmen, Abendbrot zu essen, von Tom und Greis zu verabschieden, langsam mit den Rucksäcken zum Terminal schlendern, um dann den Rest der Nacht mit unseren strapazierten Hinterteilen unruhig auf dem Bussitz hin-und herzurutschen. Nix mit gemütlichem Schlaf!

Montag, 30.05.2011Lift spart Treppen steigen

7.45 Uhr - Busbahnhof Valparaiso. Ziemlich zertreten quälen wir uns aus dem Bus, keiner von uns beiden hat die Nacht ein Auge zugekriegt (1. wegen dem schmerzenden Hintern, 2. wegen der Klimaanlage, mal pottenwarm, dann wieder eiskalt). Gönnen uns erstmal eine Kaffee bei einem der “fliegenden” Händler, um wach zu werden. Dieses Mal haben wir ein Hostel über´s Internet ausgesucht und reserviert, wo wir zu um 11 Uhr angekündigt sind - noch jede Menge Zeit. Nach 1 Stunde machen wir uns trotzdem auf den Weg durch die gerade erwachende Stadt, ausser uns ist kaum jemand unterwegs. 30 Minuten gemütlicher Fussmarsch (so man das mit komplettem Marschgepäck gemütlich nennen kann)und wir stehen vorm “Licanantay”, dem Hostel unserer Wahl. Die Lage ist gut, ziemlich zentral, die kleine Strasse führt bergauf - wie fast alle hier - und der alte Stadtfriedhof ist beinahe nebenan. Wir klingeln - erstmal tut sich nichts. Nach fast 5 Minuten öffnet sich knarrend eins der alten Fenster, ein verschlafener, langhaariger Kopf schiebt sich durch den Spalt und verschwindet wieder. Etwas später geht dann doch tatsächlich die Tür auf und der “Herr des Hostels” führt uns in sein Reich. Er scheint wirklich gerade aus dem Bett gefallen zu sein und tappert barfuss über die kalten Dielen. Wir erklären, dass wir reserviert haben, er ist überrascht, gibt uns aber trotzdem ein Zimmer, in dem 6 ungemachte Betten stehen. Das wird noch gemacht, wir sind ja schliesslich viel zu früh. “Claro!” Unsere Rucksäcke können wir aber schon abparken, dann gehen wir in die Stadt, auf der Suche nach einer Panaderia, nach Frühstück und um uns schon mal umzusehen. - Gegen 14 Uhr treffen wir zufällig Lorent aus Paris (das 3.Mal! Ushuaia, El Chalten und jetzt hier). Er läuft schon seit zwei Tagen quer durch Valparaiso, kennt die schönsten Fleckchen, die Plätze mit der besten Aussicht und ist heute auf der Jagd nach guten Fotos. Wir “jagen” ihm hinterher und haben gegen Abend tatsächlich schon die halbe Stadt gesehen. Fix und fertig fallen wir anschliessend in unsere inzwischen frisch bezogenen Betten.Concerto - unplugged für Marga und Marion

Donnerstag, 02.06.2011

Valparaiso hat, wie alle Hafenstädte, einen ganz speziellen Charme. Die Stadt zieht sich an dem schmalen Küstenstreifen entlang und dann die steil aufragenden 42 Hügel hinauf. Von überall sieht man den Hafen und die, auf Reede liegenden Schiffe. Viele der meist kleinen Häuser sind grellbunt gestrichen und einige Strassenzüge sind mit wirklich schönen Graffitis versehen. Leider sind viele der ganz alten Häuser in einem erbarmungswürdigen Zustand. Treppen hat´s an jeder Ecke und es heisst, dass wenn man alle Treppen Valparaiso´s bestiegen hat, man einmal um die Welt gegangen ist. Ausserdem gibt es 16 Schrägaufzüge (z.T. 150 Jahre alt), die die Berge mit bis zu 70% Steigung rauf und runter rattern. Theoretisch jedenfalls, die meisten sind defekt und mangels Ersatzteilen ausser Betrieb. Bis ungefähr 14 Uhr liegt Valparaiso versteckt im Dunst des KüstennebelsValparaiso taugt nicht nur zum Wandern (kommt vom Humboldt-Strom, der kaltes Wasser mitbringt), danach reisst der Himmel auf und bei guter Sicht kann man die Gipfel der Anden im Hinterland, sogar den schneebedeckten “Aconcagua” (6959 m, Arg.), den höchsten Berg Amerikas, sehen. - Wir sind jeden Tag unterwegs, sitzen mal am Meer, schauen sehnsüchtig auf die Pazifik-Dünung (ach ja, das Meer! ;), treffen uns nochmal mit Lorent und Marga (Holl.), die inzwischen auch hier angekommen ist. - Mich haben Husten und Schnupfen fest im Griff (wahrscheinlich die Klimaanlage im Bus :( und ich versuche, einen Tag im Bett zu bleiben. Aber im Hostel ist es so kalt und ungemütlich, dass ich mich doch aufraffe und lieber hinaus in die Stadt, in die Sonne gehe. Wir kaufen uns Bustickets für morgen nach La Serena, Zeit für einen Hostel- und Ortswechsel!

Freitag, 03.06.2011

Claro, dass Marion in ihrem Valparaiso-Bericht meine aufopferungsvolle Krankenpflege unerwähnt lässt - Hustensaft kaufen, Kiwis besorgen, am Bett sitzen und bedauern, Händchen halten, Taschentuch reichen, ... Nach siebenstündiger Fahrt sind wir in La Serena angekommen, die Sonne scheint, es ist warm, die ersten T-Shirts tauchen auf ... Natürlich noch nicht bei uns, aber immerhin nutze ich einen unbeobachteten Augenblick, um mich meiner langen Unterhose zu entledigen. Wie an fast jedem Busterminal bekommen wir einen Hostel-Flyer in die Hand gedrückt, Maria´s Casa , klingt nett. Ist es dann auch: Einzelzimmer, breite Betten mit sechs Decken, kuschliger Hof mit viel Grün und Maria bedient das Klischee der Herbergs-Mutti perfekt.

Sonnabend, 04.06.2011links Berg, rechts Berg - in der Mitte Wein

Wir haben mal gleich die Tour ins Valle de Elqui gebucht - dem Mekka des Pisco. Pisco ist das Nationalgetränk der Chilenen, in dem Tal hatte es seinen Ursprung und dort sind die berühmtesten Brennereien ansässig. Um 8 Uhr sollen wir abgeholt werden, quälen uns dementsprechend früh aus den Betten, eine halbe Stunde später ist es dann tatsächlich soweit. Erster Stopp an einem See, aha - Wasser, links, rechts Berge - Foto schiessen, weiter. Nächster Stopp bei einer Papaya-Plantage (die chilenischen sind vieeeel kleiner als die tropischen, dafür süsser), Marion lässt sich spontan zu einem Papaya-Marmeladen-Glas-Kauf hinreissen - die Weiterfahrt verhindert schlimmeres. Die Berge an beiden Seiten sind mittlerweile riesig, kahl, schimmern in allen Farben und in der Mitte eine grüne Oase. Weintrauben, Weintrauben und später immer noch Weintrauben - kein Wunder, mehr als 320 Tage im Jahr scheint hier die Sonne. Ab und zu kuschelt sich ein kleines der braucht noch ein bisschen ...Dorf an die Berghänge, ein Gaucho reitet vorbei, in der Mitte immer noch Weintrauben. Wir erreichen Pisco Elqui, das Dorf hiess nicht immer so: 1936 hat der amtierende chilenische Präsident es umbenannt, um den Peruanern zuvorzukommen, die sich den Namen “Pisco” für ihren Selbstgebrannten gesetzlich schützen lassen wollten. Das Tal zieht aber nicht nur Pisco-Liebhaber, Naturfreunde oder uns an, die hohen Berge ringsum bergen jede Menge verschiedenster Mineralien (weshalb sie ja auch so schimmern) und somit tummeln sich hier auch diverse esoterische Gestalten, die sich von den “ausgestrahlten Energien” inspirieren lassen. Uns interessieren aber weniger die mit allerlei Klimbim zugehängten Karten-, Handaufleger-, gemeinsam “Omhhh”-Ruf-, oder wasweissich-Läden - uns zieht es in eine der Pisco-Brennereien. Nicht irgendeine, die älteste Chiles muss es sein. Wir erfahren alles, was es wissenswertes über die Schnapsherstellung gibt, testen verschiedene edle Tropfen und Marions Ermahnung, dass das Fassungsvolumen unserer Rucksäcke begrenzt ist, verhindert, dass ich dann mehr als eine Flasche mitnehme. Auf dem Rückweg suchen wir noch ein Öko-Restaurant heim - hier wird ausschliesslich mit Sonnenenergie gekocht. Unser Ziegenbraten schmeckt trotzdem lecker - scheint also zu funktionieren. Nach zehn Stunden werden wir vor unserem Hostel wieder abgeworfen, haben neben Marmeladenglas und Pisco-Flasche auch jede Menge tolle Eindrücke und Fotos mitgebracht und klettern todmüde unter unsere sechs Bettdecken.

Dienstag, 07.06.2011

Seit drei Tagen hocken wir hier -  Marion gelüstet es nach einer Observatorium-Besichtigung (hier in der Umgebung wurden die weltweit grössten Teleskope errichtet, um in der extrem sauberen, wolkenfreien Gebirgsluft in den nächtlichen Himmel stieren zu können). Klappt wohl an etwa 350 Tagen im Jahr - bloss jetzt gerade nicht. Vor zwei Tagen hat es hier eine Nacht durch geregnet, mehr Niederschlag als soEine der vielen alten Kirchen in La Serenanst im ganzen Jahr. Könnte uns ja eigentlich egal sein, wenn der Niederschlag in den Bergen nicht als Schnee runtergekommen wäre, der jetzt tagsüber taut und das verdunstende Wasser bildet eine schöne Wolkenschicht. Also nichts mit Sterne-Gucken. Dabei hätte das sogar einen astronomischen Ignoranten wie mich interessiert. In der Wolkenbruch-Nacht sind wir auch beide aus dem Schlaf (unter den sechs Bettdecken heraus) gerissen worden - beide Betten haben gewackelt. Lag nicht an uns. Jetzt haben wir erfahren, dass der Pyuehue-Vulkan ausgebrochen ist und die Erde wackelt hier eben ab und zu. Wir vertreiben uns die Zeit mit Stadtbesichtigung - nett und sehr gut “in Schuss”, Strandwanderung (lang und leer), Tierparkbesuch (Kondor im Käfig, Lama das nicht spucken will), Wäschewaschen (nicht viel zu tun - macht Maria für uns), zweimal täglichem Heimsuchen der Reise-Agentur zwecks aktueller Wetterprognose fürs Observatorium und abendlichem Futtern in einem klitzekleinen “Eingeborenen-Lokal”. Die beiden rundlichen Muttis dort passen zwar kaum durch die eng gestellten Tische, setzen aber alles daran, uns auf einen ähnlichen Körperumfang zu trimmen. Nachdem wir heute zum x-ten Mal die Stadt durchquert haben und die Wolken uns auch die nächsten Tage erhalten bleiben, haben wir kurz entschlossen zwei Bustickets gekauft - WUnterwegs Kakteen- und Sukkulentenwüsteeiterreise!

Mittwoch, 08.06.2011

Wir waren ja schon auf der Fahrt von Valparaiso nach La Serena von der Landschaft begeistert - diesmal sind wir hin und weg. Schroffe Felsenküste, hohe Dünen, schimmernde Berge, Kakteenwüste, ... kurz nach Mittag kommen wir dann in Copiapo an. Ein Bergwerksstädtchen in der Atacama-Wüste, in einem Tal gelegen, warm, staubig - mein persönlicher Reisewunsch. Nicht, dass es hier irgend etwas zu sehen geben würde, der Plan ist, einen Mietwagen zu nehmen und dann ins Gebirge zur argentinischen Grenze zu fahren. Der Gebirgspass auf 4700 m Höhe - vorbei an Lagunen, Salzsee und links und rechts die 5- und 6000er. Also auf zum Mietwagenverleih - dort der erste Nackenschlag: für die Strecke vermieten sie nur Allrad-Fahrzeuge (der Preis treibt mir Schweissperlen auf die Stirn) und vorab müssen wir bei der Polizei nachfragen, ob der Pass frei ist. Zweiter Nackenschlag: der Pass ist wegen Schnee gesperrt (vor zwei Tagen haben sie gerade eine fünfköpfige Familie “verloren” - was auch immer damit gemeint ist). Aber die Strecke bis um den Salzsee ist befahrbar, dazu die “Laguna Roza” auf 3800 m Höhe, wo man evtl. Flamingos sehen kann. Ausgerechnet FLAMINGOS - wenn’s dort wenigstens Elefanten gäbe! Grosse, dunkle Wolken schweben über meinem Haupt - Marion braucht einige Zeit, mir die abgespeckte Tour schmackhaft zu machen. Also reservieren wir für Freitag einen Pickup - der Eintagestrip hat immerhin den Vorteil, die Bordkasse etwas weniger zu strapazieren. Wir schlendern noch ein wenig durch die Stadt, eigentlich doch ganz witzig hier - in den runtergekommenen Kneipen warten dralle Mädchen auf den Feierabend der Minenarbeiter, die sich dann entweder frisch geduscht dazu setzen, oder sich, noch in Arbeitsmontur und Helm, nur ein Feierabendbier genehmigen. Marion braucht sich keine Sorgen um mich zu machen, die deftigen Damen sind nicht ganz mein Geschmack, für mich auch nur ein Bier!

Donnerstag, 09.06.2011

Marions ReisefAussichtspunkt über Copiapoührer vermerkt für Reisende, die es doch versehentlich nach Copiapo verschlägt, dann tatsächlich zwei, drei Punkte, die eine Besichtigung wert sind: der Erste ist ein Berg mit schöner Aussicht. Also klettern wir erstmal hinauf - im Unterhemd, es ist richtig heiss und ausser uns eh keiner an dem Aufstieg interessiert. Von dort sieht man die selbe staubige Stadt, nur aus einer anderen Perspektive. Danach kann man an einer Strasse die alten Villen der ehemaligen Bergwerksbarone sehen - aus der Zeit, als die Minen noch genug Silber hergaben. Wir finden die Strasse recht schnell, aber keine Villen. Letztendlich einigen wir uns darauf, dass die Häuser dort ja einen Tick grösser und etwas weniger runtergekommen sind, und somit vermutlich dem hiesigen Massstab einer Villa entsprechen. Danach dann die zentrale “Plaza” mit der Kathedrale (sie nennen die Kirche tatsächlich so) und den vielen alten, knorrigen Pfefferbäumen. In einigen weiteren Autovermietungen erfahren wir, dass man für einen Pickup auch wesentlich mehr Geld ausgeben kann, in “unserer” Vermietung, dass der reservierte Wagen nicht mehr frei ist und wir dafür einen (etwas teureren) Zweisitzer bekommen und beim Abendessen in einer kleinen Kneipe, was sich hinter dem Gericht, auf das wir ahnungslos mit dem Finger zeigen, verbirgt: dickes Brötchen mit Fleisch drin.Laguna Roza

Freitag, 10.06.2011

Punkt 7 Uhr stehen wir vor der Autovermietung und tatsächlich ist, wie versprochen, jemand da, der uns den Schlüssel in die Hand drückt. Unseren grossen “Überlebens-Rucksack” vollgestopft mit warmen Klamotten, Schlafsäcken, Getränken, Essen, Thermoskanne (extra gestern noch gekauft - dafür leer, da die Küche im Hostel noch abgeschlossen war) schmeissen wir (staubdicht verpackt) auf die Ladefläche und fahren erstmal tanken. Nicht, dass der Tank leer wäre, aber man hat uns extra drei Reservekanister mitgegeben, die wir unbedingt vorher füllen sollen, dazu zwei Reserveräder, Schaufel, Schneeketten, reichlich Werkzeug - mein Gott, wir machen einen Tagesausflug! An der Tanke können wir nicht nur die Kanister,viele Steaks sondern auch die Thermoskanne füllen, dann geht`s los in den Sonnenaufgang. Mag ja ganz romantisch sein, aber nicht, wenn sie direkt von vorne kommt. Nach 20 km dann runter von der Strasse, auf Schotterpisten ins erste Tal. Es staubt gewaltig, die Berge sind gewaltig - erster Stopp an einem alten, verlassenen Indianerdorf. Zwei Stunden quälen wir uns durch enge Schluchten, Täler, Geröllebenen, dann ein letzter Pass (über 4000 m) und stehen vor der “Laguna Roza”. Hammer!!! Keine Flamingos, dafür ein Salzsee auf 3800 m Höhe und dahinter majestätisch diverse schneebedeckte Vulkangipfel. Dazu noch grasende Lamas (oder wie sie hier heissen mögen) - über eine Stunde wandern wir (schön langsam wegen der Höhe) an der Lagune entlang. Nächster Pass und wir haben die “Salar de Maricunga”, die südlichste, der Anden-Salzebenen erreicht. Eine Stunde nur geradeaus,viel Schnee in der Salzebene über den (trockenen) Salzsee, immer auf die “Tres Cruces” zu, drei 5000er, nach denen der Nationalpark auch benannt ist, dann (hohe fahrerische Herausvorderung) eine Linkskurve! Weiter durch die Salzebene (jetzt auch mit Schnee), immer am Fusse der Berge entlang, der erste Gegenverkehr des Tages! Ein Pickup der Parkranger. Eine Stunde später dann der Abzweig zum Pass nach Argentinien, kurz danach der Grenzposten. Wir erfahren, dass der Pass seit heute wieder frei ist (ärger!), da wir aber weder aus dem Nachbarland kommen, noch dorthin wollen, können wir ohne Kontrolle weiterfahren (freu!). Stundenlang fahren wir durch die beeindruckende Bergwelt, Schluchten, Pässe, alten Minen, Sand- oder Geröllebenen, können gar nicht zählen, wie oft wir halten, staunen, mit offenen Mündern auf, in den verschiedensten Farben schillernden Felsen, starren, Fotos schiessen, ..on the road. Einziges Problem auf der ganzen Tour ist mein dilettantischer Versuch, mittels Schlauch-Ansaug-Technologie die Reservekanister in den Tank umzufüllen. Mund mehrfach voll mit Benzin - Tank bleibt leer. Marions eiligst gebastelter Trichter aus einer Plasteflasche war da wesentlich hilfreicher. Pünktlich zum Sonnenuntergang, nach knapp 12 Stunden und 400 phantastischen km stellen wir mit Dauergrinsen im Gesicht, den völlig eingedreckten Pickup der Vermietung wieder vor die Tür, zerren unseren (genauso dreckigen) Rucksack von der Ladefläche, um eine Strasse weiter was zu essen. Ah, Freitag - bei den drallen Mädels herrscht heute Hochbetrieb - eine Tür weiter geht es etwas ruhiger zu, wir wissen sogar was wir bestellen und verspeisen Fisch auf Salat zu einer Fussballübertragung.

Sonnabend, 11.06.2011wir sind da, wo der Pfeffer wächst

Weiterfahrt heute, der Bus nach San Pedro de Atacama geht um 21.45 Uhr - also noch ein ganzer Tag in Copiapo. Wir dehnen das Frühstück bis um Zwölf aus, parken unsere Rucksäcke im Hostel und versuchen die Zeit rum zu bringen. Stadtrundgang gibt nicht viel her, wir schlendern zum Fluss. Aha, kein Wasser drin. Marion entdeckt den Friedhof, wir lesen aufmerksam Grabinschriften (bringt fast zwei Stunden). Kurzer Imbiss (weitere Stunde), dann ein Park, den wir noch nicht kennen. Wochenende, überall toben Kinder, nebst den daneben rumsitzenden Eltern, Kletterburg, Hüpfburg, allerlei Sportgeräte an denen wir uns teilweise versuchen - irgendwie vergeht die Zeit nicht. Nochmal die “Plaza” - eine Band spielt lautstark, nebenan versucht der Pfarrer in der “Kathedrale” dagegen anzubimmeln. Wir vertilgen noch zwei Fische (wo kommen die eigentlich her? Aus dem ausgetrockneten Fluss jedenfalls nicht), holen unsere Rucksäcke und stehen viel zu früh am Busterminal. Um uns zu ärgern hat der Bus auch noch fast eine Stunde Verspätung, gegen Elf versuchen wir eine halbwegs bequeme Position in unseren Sitzen zu finden und fahren dann endlich unserem nächsten Ziel entgegen.

Sonntag, 12.06.2011

Hatte ich geschrieben das Copiapo staubig ist? Quatsch! San Pedro de Atacama ist staubig. Ein kleines Oasen-Dorf mitten in der Wüste - 1800 Einwohner - drei Strassen in Längs- und vier in Querrichtung. Keine länger als 500 Meter. Dafür über 120000von Inkas keine Spur Touristen im Jahr. Die kommen dann auch nicht wegen dem Staub oder den Dorfstrassen, sondern wegen der einmaligen Landschaft und Natur ringsum - riesiger Salzsee, Wüste, Vulkane, Geysire, Thermalquellen, gigantische Sanddünen, ... und glücklicherweise auch nicht alle auf einmal, sondern im Sommer. Jetzt sind nur die Rucksacktouristen hier - entsprechend leer sind die Hostels. Wir werfen unser Gepäck gleich im ersten ab, bekommen ein Einzelzimmer zu annehmbaren Preis, schlürfen zwei Kaffee zum Munterwerden und machen einen ersten Stadt (besser Dorf-)-bummel. Nach einer halben Stunde haben wir jede Strasse gesehen, eingestaubte Klamotten, diverse Flyer mit Tourangeboten in die Umgebung und dazu eine Karte. Nur drei Kilometer entfernt, eine alte Inka-Festung - da wandern wir doch gleich mal los. Die Sonne knallt so richtig auf den Schädel, die Füsse in den dicken Wanderschuhen qualmen, Staub in Nase, Mund und Augen - alte Kulturen erleben hat eben seinen Preis. Das erfahren wir dann auch nochmal als wir angekommen sind, 2000 Peso pro Person Eintritt sind fällig. Dafür dürfen wir dann durch die, terrassenförmig oder doch, Inka beim Töpfernangelegten Ruinen trampeln, von unten und von oben angucken - viel zu sehen gibt es nicht mehr - nach einer Stunde stehen wir wieder unten. Dafür kommt jetzt die zweite Hälfte des Eintrittspreises, auf dem benachbarten Berg gibt es einen super Aussichtspunkt - eine Stunde soll der Aufstieg dauern. Wir sind etwas schneller und auf dem Gipfel dann ganz hin und weg. Egal in welche Richtung man blickt, es ist einfach nur krass! Zur einen Seite, die riesige Salzwüste, dann die schneebedeckte Kette von Vulkanen, die gleichzeitig die Grenze zu Bolivien bildet, dann ein grüner Canyon mit dem Rio San Pedro, Kopf etwas weiter drehend, dehnen sich riesige Sanddünen und abschliessend das Valle de la Muerte mit seinen bizarr geformten Felsformationen. Fotoapparat gezückt, Knöpfchen drücken, BATTERIE LEER steht auf der Anzeige - mit einem gehässigen Surren fährt sich das Objektiv wieder ein. SCH....!!! Also keine Fotos heute - geniessen wir einfach nur die Aussicht. Kurz vor Sonnenuntergang sind wir wieder im Dorf, fangen langsam an zu frieren, haben Hunger, können uns auf kein Restaurant einigen, sind beide eingeschnappt und gehen eben hungrig ins eiskalte Bett. Käpt`n noch im Vollbesitz seiner KräfteJeder in seins!

Montag, 13.06.2011

Wo sind wir hier gelandet? Tagsüber in der Sonne gedörrt, nachts schockgefrostet! Nach einer Stunde bin ich heute Nacht zähneklappernd aufgestanden, habe mir lange Unterhosen, dicke Socken angezogen und Marion drei weitere Decken übergeworfen. So ging’s. Dafür werden wir zum Frühstück schon wieder gegrillt. Wir machen uns zu einer der vielen Fahrradvermietungen und von dort mit zwei Mountainbikes ins “Valle de Luna” auf. Jeder Touri muss mindestens einmal dort gewesen sein, ob bequem per Kleinbus kutschiert, oder so wie wir, mit der sportlich ambitionierten Variante, per Fahrrad. Ewige Schotterpisten, immer bergauf, immer wiederValle de Luna ohne Mondschein sind links und rechts Dünen zu erklimmen, Canyons zu durchwandern oder locken Felsen zum Klettern. Auf 3000 m Höhe schlaucht das einen untrainierten Mecklenburger Flachlandradler doch ganz gut. Habe teilweise echt Mühe an der munter vorweg strampelnden Bordfrau dranzubleiben und lasse sogar unter fadenscheiniger Begründung eine Düne aus. Das Tal zieht sich über etliche Kilometer, die Berge sind gespickt mit den verschiedensten Kristallen, die sie in der Sonne (insbesondere zum Untergang) in allen denkbaren Farben schimmern lassen. Besonders spektakulär soll dieses Naturschauspiel bei Vollmond sein - Bordfrau wärmt sich den Hinternschliesslich heisst es ja auch so, “Tal des Mondes”. Die langsam sinkende Sonne mahnt irgendwann zum Rückzug, währenddessen sich links und rechts die Kleinbusse voll Touris abparken, die ihr Sonnenuntergangsfoto schiessen wollen. Marion schaut sehnsüchtig, aber wir haben echt keine Lust im Dunkeln und bei Eiseskälte durchs Tal zu hoppeln, also strampeln was das Zeug hält und wir erreichen San Pedro gerade noch bei Tageslicht, geben die Mountainbikes zurück und das “Popo-Meter” bestätigt - das waren weit über 50 Kilometer! Heute werden wir uns auch über das Lokal einig, verschlingen neben drei am Nachbartisch vorm Bier einschlafenden “Eingeborenen” jeder ein halbes Huhn und klettern diesmal satt unter unsere Bettdecken.

Dienstag, 14.06.2011falls man dem Cheffe was beichten muss - Kirchlein von San Pedro de Atacama

Sascha hatte per Mail seine Ankunft für heute angedroht - wir beissen gerade genüsslich in unser Frühstücks-Brötchen, da steht er auch schon in der Tür. Er ist noch müde von der Nachtfahrt, uns tun die Hintern weh - also easy going heute. Es gibt ohnehin erstmal genug zu erzählen, anschliessend schleppen wir ihn eine Runde durchs Städtchen, schauen bei diversen Agenturen zwecks gemeinsamer Tour zu den Geysiren rein, lassen ihn anschliessend etwas schlafen, um uns der Aktualisierung unserer Website zu widmen (oh, das wurde ja mal wieder höchste Zeit!) und treffen uns zum gemeinsamen Abendessen wieder. Diesmal eine der unzähligen, urgemütlichen Touri-Lokale - etwas teurer, aber dafür mit richtigem Kaminfeuer - also WARM! Ich nörgle noch etwas über die dekorativ auf dem riesigen Teller verteilten Salatblätter rum, aber nach drei Menügängen ist man tatsächlich satt und meine Bemerkung, dass wir uns seine (gepfefferten) Weinpreise nicht leisten können, animiert den Betreiber spontan dazu, uns mit je einem Glas Wein “aufs Haus” zu beglücken. Na also, geht doch!

Mittwoch, 15.06.2011Pause Nummer X

Wir haben uns mit Sascha zur Fahrradtour verabredet. Er bringt gleich noch drei neue Leute aus seinem Hostel mit. Warren und Patrina aus Irland sowie Steph, ein australisches Weibchen, sind heute früh mit dem Nachtbus angekommen und wollen mit zum "Valle del Diablo". Sechs Fahrräder auf einmal, da kommt unser Vermieter fast ins Schwitzen. Klappt aber alles, schnell noch Wasser kaufen, dann geht’s los. Nicht allzu weit, kurz hinterm Ortsausgang - erste Pause. Die Mädels sind arg am Japsen - kein Problem, wir können ja langsamer fahren. Nach 500 m, der nächste Stopp - noch langsamer? Das zieht sich dann so weiter - noch langsamer fahren geht nicht, man würde schlichtweg umfallen - also hangeln wir uns von Pause zu Pause, durchqueren dreimal den Rio San Pedro (bei uns nennt man so etwas eher Bach), verpassen dabei irgendwie den Abzweig in den Canyon zum Valle und stehen dann irgendwann vor einer kleinen einsamen Kirche. Drei Stunden für zwölf Kilometer (auf zugegebenermassen übler Piste) - die zwei Mädels haben ihre Kondition für den ersten Tag in der Höhe doch arg überschätzt. Marion geniesst die Aussicht, Sascha die WaagerechteViel zu sehen gibt’s da nicht, ein bisschen mit der Glocke bimmeln, Kekse futtern, den Berg nebenan raufklettern, dann heisst`s Rückweg, wir wollen schliesslich noch auf den "Mirador" neben der Inka-Festung - unser Foto-Akku ist heute voll (!!). Steph und Patrina entwickeln bisher ungeahnte Radfahrqualitäten - wir schaffen die Strecke in einer Stunde (ich entdecke nebenbei den Eingang zum Canyon) und pünktlich halb Fünf stehen wir vorm Berg. Der hat es dann noch mal in sich, die Mädels begnügen sich mit einem etwas tieferen Beobachtungspunkt, Sascha braucht `ne Weile, ehe er die Aussicht geniessen kann, Marion holt unsere Rundum-Fotos nach und Warren knippst begeistert aus allen Lagen. Runter geht’s dann wie immer schneller, was vorteilhaft ist, erstens wird’s langsam kalt und zweitens ist unsere Fahrrad-Mietzeit fast um. Also strampeln wir munter Richtung San Pedro, begrüssen unterwegs einen verdutzten Wandersmann namens Laurent mit "Bonjour" und Küsschen (letzter Kuss in Valparaiso), stellen pünktlich auf die Minute unsere Fahrräder zurück und verabreden uns alle sechs (frisch geduscht) auf ein GROSSES BIER und Abendessen. Letzteres ist zwar ganz gut, der Traum vom grossen kühlen ZISCH zerplatzt allerdings angesichts der Preise und reduziert sich auf ein klitzekleines Döschen. Naja, auch nicht so schlimm, schliesslich müssen wir ja morgen ganz früh aufstehen.

Donnerstag. 16.06.2011... geht doch nichts über ein erfrischendes Morgenbad!

Noch etwas zerknittert, ein paar Kekse im Bauch und einen schnellen Kaffee geschlürft, stehen wir Punkt VIER Uhr vor unserem Hostel, um uns einsammeln zu lassen. Zusammen mit unserer gestrigen "Radlergruppe" und einem französischem Pärchen wollen wir heute zu den Geysiren. Das zweite MUSS für jeden San Pedro de Atacama-Touristen, schliesslich sind es die höchstgelegenen der Welt, auf 4320 Meter. Warum das allerdings so früh sein muss, darüber mag ich um die Uhrzeit noch nicht nachdenken. Das tun die Anderen scheinbar auch nicht, alles versucht in dem wild auf den Schotterpisten rumpelnden Kleinbus irgendwie die Augen nochmal zuzudrücken. Klappt irgendwie nicht, aber nach zwei Stunden sind wir ja auch schon da. "Park-Gebühr" zahlen, schnell noch Mütze und Handschuhe überziehen (nur -6°C heute, wir haben Glück, sonst ist`s kälter) und schon stehen wir staunend vor den Löchern mit den Blubberblasen und Wasserdampf. es dampft und blubbert überallSonnenaufgang, ringsum steigt der Dampf aus der Erde, mal zischt es oder grummelt es dazu, echt cool. An einem natürlichen Bassin gibt’s erstmal Frühstück, wer will kann hinterher noch ein Bad nehmen. Das Geysir-Feld war und ist für die hiesigen Indios ein heiliger Ort - keine Ahnung, ob sich die Inkas schon in dem Natur-Swimmingpool geaalt haben - ich muss da jedenfalls mal reinhüpfen. Sascha, Warren und der Franzose folgen - für die nächste halbe Stunde sind wir dann für die dick eingemümmelten anderen Touris, die mit ihren Kameras am Rand stehen, die Hauptattraktion. Vor allem, als wir hinterher nackt hüpfend versuchen, wieder in unsere Socken und Unterhosen zu kommen. Eine Stunde müssen wir noch aufpassen, in keins der Löcher zu fallen, oder uns zu verbrennen, dann geht es ... einfach zum knuddelnweiter nach Machuca, einem verlassenen Indiodorf. Seit hier aber alle Touribusse hinkurven, haben sich drei Familien wieder niedergelassen, grinsen für einen Peso nebst Lama in die Kamera, verkaufen Lamafleisch vom Grill, oder vertickern selbstgestrickte Mützen und Socken (natürlich aus Lamawolle). Dazu gibt’s noch eine kleine Kirche und das war’s. Das Kirchlein ist ganz hübsch, das Fleisch echt lecker und, da wirklich jede Gruppe hier "abgeworfen" wird, treffen wir natürlich auch Laurent. "Ca va?", Küsschen links, rechts - der Bus hupt, wir müssen weiter. Marion ist schon ganz hipplig, jetzt geht’s zu ihrem persönlichen Highlight, dem Kaktustal. Machen aber auch echt was her, die Stachelteile. Wie sie heissen, hab ich natürlich vergessen, aber sie wachsen nur auf felsigem Untergrund zwischen 2700 und 3500 Metern Höhe und das auch nur ein bis fünf Zentimeter pro Jahr.  Die zum Teil sechs, sieben Meter grossen Gesellen haben also schon ein paar hundert Jährchen auf dem Buckel und werden wegen ihrem harten Holz auch ganz gern für Bastel- und Bauprojekte missbraucht. Deswegen stehen sie jetzt unter Naturschutz und sind durchnumeriert. Kurz nach Zwölf werden wir wieder vor unserem Hostel "abgeworfen", sind irgendwie platt, versuchen es mit Mittagsschlaf, sind anschliessend genauso zertreten, essen noch schnell in unserem "Eingeborenen-Lokal" Abendbrot und verschwinden anschliessend unter unseren Bettdecken.

Freitag, 17.06.2011Käpt`n mit neuem Bauprojekt

Langsam müssen wir uns entscheiden, ob wir erst nach Bolivien und dann nach Peru wollen - oder umgedreht. Ich bin für Bolivien - wir sind eh nur 30 km davon entfernt - Marion ist für Peru. Also fahren wir weiter nach Arica - Richtung Peru. Den Plan haben scheinbar noch etliche andere - wir bekommen kein Busticket mehr für heute abend. Dann geht’s eben erst morgen weiter und dafür versuchen wir uns heute noch mal am "Valle del Diablo". Zwei Fahrräder gemietet, auf altbekannter Piste radeln wir los. Die Flussdurchfahrten schaffen wir jetzt schon ohne nasse Füsse, den Eingang zum "Valle" kennen wir ja bereits. Eine halbe Stunde Fahrt durch einen schmalen Canyon, schon stehen wir im Tal des Teufels. Irgendwie nicht viel anders als die anderen Täler, wir sind nicht mehr sonderlich beeindruckt. Erstmal auf einen Berg geklettert - tolle Aussicht - Keks knabbern, Wasser schlürfen, dann machen wir uns auf den Rückweg. Unterwegs hatten wir noch einen Abzweig entdeckt - kleines Schild: Tunnel. Zeit haben wir ja noch genug, also schauen wir doch mal, wo’s da hingeht. Auf jeden Fall geht’s stramm bergauf. Kleinster Gang, keuchend strampeln wir, um uns im Schneckentempo höher und höher zu bewegen. Ich gebe irgendwann auf und schiebe, bin dabei genauso schnell wie die verbissen in die Pedale tretende Marion - wenig später schieben wir beide. Das noch `ne ganze Weile, bis wir endlich vor einem grossenund immer schön auf dem Radweg bleiben schwarzen Loch stehen. Tunnel meint also tatsächlich einen Tunnel. Erstmal geniessen wir ausgiebigst die wirklich phantastische Aussicht bevor wir uns ins Dunkel vortasten. Nach etwa fünfhundert, windigen und staubigen Metern stehen wir auf der anderen Seite und haben ein riesiges trockenes (claro, wir sind ja in der Wüste), hügeliges Tal vor uns. Ich kann Marion nicht für eine Durchquerung begeistern, nach meinen Berechnungen müssten wir dahinter zum "Tal des Todes" und von dort weiter nach San Pedro kommen. Sie traut meinen Berechnungen natürlich nicht - nach Picknick und etwas rumklettern machen wir uns auf den Rückweg. Ausser Bremsen haben wir dabei nichts zu tun - macht eindeutig mehr Spass als der Hinweg. Schon auf der Hauptpiste nach San Pedro treffen wir dann ein chilenisches Radlerpaar - sie wollen hoch zum Tunnel und von dort weiter durchs Tal, dann am "Todestal" entlang zurück nach San Pedro. (WÜRG!!!) Claro, sie kennen den Weg - ob wir nicht mitwollen? Nochmal eine Stunde bergauf wollen wir uns dann aber auch nicht antun - wir drücken ihnen die Daumen, dass sie es noch im Hellen schaffen - zuckeln ganz langsam Richtung San Pedro, geben die Räder zurück, gönnen uns eine warme Dusche, ich mir ein kaltes Bier, das scheint Sascha`s Stichwort zu sein. Er steht in der Tür, um uns für Warren`s Vorschlag auf einen Kneipenbummel (so gegen Zehn) zu begeistern. Bei mir kein Problem, Marion`s Begeisterung ist etwas verhaltener. Wir haben noch jede Menge Zeit, drehen die x-te Runde durchs Dorf, essen in unserem Stammlokal, drehen noch `ne Runde, klappern mit den Augen und sind nur noch am Gähnen. Also nix mit ausschweifendem Kneipenbesuch - um Neun krabbeln wir unter unsere Decken und sind sofort weg.

Sonnabend, 18.06.2011

Früh reisst uns das heisere, leise Piepsen unserer Armbanduhr aus dem Schlaf - es regnet! Hier in der Atacama-Wüste?! Wir fragen extra nach, so ungewöhnlich ist das anscheinend doch nicht. San Pedro liegt ja nicht in der Kernwüste, wo schon seit Jahrzehnten kein Regentropfen mehr gefallen ist. Aber gerade heute! Mittags müssen wir unser Zimmer räumen, 20.30 Uhr fährt erst unser Bus nach Arica ... Wir tappern beinahe in Vollkombi (keine Sonne = kalt!) durch den, mal nicht staubigen Ort, selbst die Atacamenos sind heute mit Poncho und Mütze unterwegs. Die hohen Berge und Vulkane im Osten sind schneebedeckt und in dicke Wolken gehüllt - irgendwie mystisch. Vorm Ort haben wir eine wunderbare Sicht darauf und finden noch dazu einen kleinen Strassenimbiss, wo die Empanadas ganz frisch aus dem Öl kommen - absolut lecker und auch noch billig. Anschliessend schleppe ich den leicht murrenden Käpt´n. noch auf den Friedhof  (kunterbunte Gräber, geschmückt mit Papierblumen, Girlanden, kleinen bunten Windmühlen - absolut kein trauriger Ort) und in das archäologische Museum, in dem bis vor drei Jahren noch eine Mumie ausgestellt wurde, nach Protesten der indigenen Bevölkerung aber entfernt und bestattet wurde. Sascha läuft uns über den Weg (er sieht irgendwie nicht so gut aus heute) , der gestrige “Bierumtrunk” zog sich bis zum Morgengrauen! Wieder eine Verabschiedung, aber vielleicht kreuzen sich unsere Wege ja noch mal. Die Abfahrt rückt näher - wir schlagen uns in unserem “Eingeborenen-Lokal” schnell noch die Bäuche voll, schnappen unsere Rucksäcke, lassen uns im Bus in unsere 1-.Reihe-Semi-Cama-Sitze plumpsen ... und schlafen ein.

Sonntag, 19.06.2011warten auf die Fischer - faule Pelikane in Arica

Rene sagt, ich hätte geschnarcht!!! Kann ja gar sein :-) Kurz vor 7 Uhr stehen wir am Busterminal in Arica, irgendwie viel zu früh. Also erstmal in Ruhe Kaffe schlürfen, damit wir die Augen aufkriegen, vor 8 Uhr brauchen wir eh bei keinem Hostel anklopfen. Zu Fuss, mit geschulterten Rucksäcken stiefeln wir dann los in die Innenstadt und geraten dabei in irgendwelche Filmaufnahmen. Ob wir etwas Zeit hätten? Claro! Also traben wir mit unserem Gepäck noch mal brav vor der Kamera lang - sind wir jetzt berühmt? Ein Hostel ist dann schnell gefunden, Doppelzimmer mit eigenem Bad und Fernseher! Als Filmstars erscheint uns das auch angemessen. Wir hauen uns noch mal in die Koje und sind haben die Augen dann auch schon etwas weiter auf, als wir zum Bummel durchs Zentrum aufbrechen. Irgendwie alles tot hier - naja, Sonntag eben. Also weiter zum kleinen Fischerhafen. Hier ist eindeutig mehr los - genauer gesagt, sitzen sie hier in Scharen: Pelikane, die sich von den Fischern Happen erbetteln. Was für grosse Vögel! Wenn sie fliegen erinnern sie fast an Flugsaurier. Und natürlich faulenzen dazwischen auch etliche Seelöwen. Wir “fachsimpeln” mit einem Fischer, erfahren, dass z.Zt. nicht viel los ist mit Fisch - aber ab September ist der Mahi-Mahi wieder da und der Schwertfisch und ... ! Über die palmenbestandene Hauptplaza, super Aussicht vom El Morrodie fast nur von Kormoranen bevölkert (und entsprechend zugesch... ) ist, geht’s zum Yachthafen, wo tatsächlich ein Dutzend Segelboote an Mooringbojen hängend, vom Schwell des Pazifik hin und her gezerrt werden. Weia, ein Glück, dass wir hier nicht liegen. Schnell noch den Leuchtturm umrunden und weiter geht’s zum “El Morro”, einem südlich der Stadt gelegenen steilen Felsen, noch mit reichlich Kanonen bestückt (aus der Zeit des Salpeterkrieges, vor dem Arica und Umgebung noch zu Peru gehörten), sowie einer riesigen Christus-Statue. Rene erwägt ernsthaft, sich das Kriegsmuseum dort oben anzuschauen - ich kann ihn bremsen und wir geniessen lieber die phantastische Aussicht auf Stadt, Meer und Umgebung. Langsam steigt der Küstennebel hoch und wir daher (mangels Aussicht) wieder runter, noch ein schnelles Abendbrot, ab aufs Zimmer und wenig später schnarchen wir wohl beide ...

Montag, 20.06.2011kein Jahrmarkt - Einwohnerendlager

Heute wollen wir in das östlich von Arica gelegene Azapa-Tal, genauer gesagt in das dortige “Museo Arqueologoco”, wo noch vier ca 7600 Jahre alte Mumien zu sehen sind. Dagegen sind die ägyptischen ja noch richtig frisch! Wir schnappen uns ein Taxi, stellen unterwegs fest, dass das betagte Teil so viele Gebrechen hat, dass wir nicht sicher sind überhaupt dort anzukommen. Klappt aber doch, dafür stehen wir vor verschlossener Tür. Ab 30.06.2011 wieder geöffnet. Sch...! So lange wollen wir dann doch nicht warten, aber wo wir schon mal hier sind, können wir uns ja auch den Ort mal ansehen. Das ist schnell erledigt - eine alte Kirche, ein paar niedrige Häuser, meist von üppigem Grün überwuchert, jede Menge Gärten voll Papayas, Wein, Maracujas, Feigen, Apfelsinen, ... bleibt noch der Friedhof. Im ersten Augenblick halten wir das eingezäunte Gelände für einen Marktplatz mit vielen, vielen kleinen Verkaufsbüdchen - sorry, erst beim näheren Hinsehen erkennen wir die Gräber. Weit ziehen sie sich den sandigen Berghang hinauf, teilweise überdacht, typisch nordchilenisch kunterbunt geschmückt, mal mit Kunstblumen, dann wieder mit einem Kaktus oder wehenden Fahnen. Weiter oben sitzen zwei ältere Herren auf einer Grabumrandung und leeren gemütlich ihr Dosenbier. Wir bekommen auch je eine Dose angeboten und werden eingeladen, gemeinsam mit ihnen auf ihren verstorbenen Amigo anzustossen und ihm Gesellschaft zu leisten. Äh, Gracias, aber so früh trinken wir noch kein Bier?! ... Abends bummeln wir dann noch mal ausgiebigst durch Aricas Gassen - heute steppt hier der Bär. Geschäftiges Treiben überall, kleine Läden, Strassenstände, wer beides nicht hat, trägt einen Bauchladen vor sich her. Da Rene`s “Lieblings-Wanderhose” ihm mittlerweile fast vom Hintern fällt, kaufen wir ihm nebenbei eine neue (für umgerechnet stolze 7 Euro), essen lecker Abendbrot, gönnen uns Weintrauben (ich) und Bier (Rene), geniessen den Trubel und unseren letzten Tag in Chile. Morgen geht’s nach Peru!

Dienstag, 21.06.2011Sehenswürdigkeit Nr.6 - runder Bogen aus Beton

Schnelles Frühstück im Hostel, Rucksäcke packen, schultern - Abmarsch Richtung Busterminal. Halbe Stunde Fussmarsch, stärkt die Beinmuskulatur und schont den Geldbeutel. Colectivos (Sammeltaxis), die über die Grenze bis nach Tacna in Peru fahren stehen dort jede Menge. Abgefahren wird wenn das Taxi voll ist - drei Leute hinten und neben dem Fahrer passen auf den Beifahrersitz auch ,noch mal zwei. Nach einer halben Stunde stehen wir am chilenischen Grenzübergang - aussteigen, Stempel abholen, fünfhundert Meter weiterfahren bis zum peruanischen Kontrollpunkt. Diesmal müssen die Rucksäcke mit raus - Einreisestempel, Gepäck durchleuchten und wieder ins Taxi. Eine Stunde später stehen wir in Tacna am Busterminal. Ringsum Gewusel - erinnert uns irgendwie an Nordafrika - rundherum sandige Hügel, die mit Parolen und Emblemen "verziert" sind - wir schultern die Rucksäcke und machen uns erstmal auf in die Stadt. Ein Hostal (hier Hospedaje) ist schnell gefunden, Gepäck abwerfen und mit Stadtplan versehen ziehen wir los Richtung historischem Stadtzentrum. Denken wir zumindest, nach einer halben Stunde und den ersten Strassenschildern ist klar, dass wir in die falsche Richtung laufen. Also diesmal andersherum, stehen wir dann irgendwann tatsächlich im Zentrum und schauen uns mal die Handvoll im Stadtplan markierten Sehenswürdigkeiten an. Stadttheater, historisches Gebäude, noch eins, Denkmal, Kirche, alte Lokomotive, alter Bahnhof - wir beschliessen, die restlichen Punkte auszulassen und uns am Markt zwecks Hunger in einem Restaurant niederzulassen. Gute Idee, die Portionen sind riesig, schmecken lecker und mit grossem Bier und Trinkgeld kostet der Spass umgerechnet ganze 6 Euro. So gestärkt, schlendern wir noch bis zum Dunkelwerden rum, verlaufen uns auf dem Heimweg, finden das Hostal dank hilfsbereiter Polizisten trotzdem, schauen uns im Bett sitzend "Avatar?" auf spanisch an und schlafen ein, als die Bösen endlich besiegt sind.

Mittwoch, 22.06.2011steinalt - äh, die Bilder unten natürlich

Eigentlich sind wir ja nur in Tacna geblieben, weil Marion im Reiseführer entdeckt hat, dass es in der Nähe irgendwelche Petroglyphen gibt. Mein blödes Gesicht hat sie wohl bemerkt und erklärt, dass es sich um in Stein geritzte Motive handelt - alte Felsschmierereien also. Wir müssen nach Mikulla, also erstmal auf zum Busterminal. Dort sind wir falsch, nach Mikulla fahren die Busse vom Zentrum ab - Taxi geschnappt, stehen wir wenig später am richtigen Bus. Das Gefährt ist etwas klapprig, voll mit Einheimischen, die in die umliegenden Dörfer wollen - die zwei Gringos werden auf den besten Platz ganz vorne neben dem Busfahrer bugsiert. Der sorgt auch dafür, dass wir im richtigen Dorf aussteigen, zeigt uns die Richtung in die wir wandern müssen - nur zwei Kilometer. Nach einer Stunde strammen Wandern ein Hinweisschild: "archaelogical complex Petroglyphs" 1,5 Kilometer. Immerhin wissen wir jetzt, dass wir in die richtige Richtung laufen und was wir von peruanischen Entfernungsangaben zu halten haben. Wenig später stehen wir dann vorm Eingangsgebäude zum Park nebst Parkwächter. Eintritt 1 Soles pro Person - er kann auf unseren 20 Soles Schein nicht rausgeben - wir sind eh die einzigen Besucher heute und dürfen umsonst rein. Ein Wanderpfad, ... der sieht mir überhaupt nicht ähnlichauf einer Hängebrücke über einen kleinen Canyon - irgendwie wissen wir nicht so recht, wonach wir Ausschau halten sollen. Also erstmal den höchsten Berg erklimmen - irgendwo müssen die Felskritzeleien ja zu sehen sein. Von oben auch nix zu sehen, aber wir entdecken etliche Wanderwege im Canyon nebst einige Fähnchen. Wieder unten an einem Fähnchen stehend, bemerken wir endlich worum es hier geht. Vor 1500 Jahren haben gelangweilte Indios hier nicht die Felsen beschmiert, sondern alle möglichen Dinge in die Steine gekratzt. Weit über fünfhundert solcher Steine liegen hier - Marion entwickelt sofort den Ehrgeiz, sie alle zu finden. Mehr als drei Stunden kraxeln wir durch den Canyon, entdecken immer neue Steine, mit immer neuen "Bildern" - bis ich mit Blick auf die Uhr und den Rückweg ihren Elan bremsen muss. Schön, dass wir uns so gut ergänzen, einer hüpft von Stein zu Stein, der andere kennt die Uhr. Also langsam zurück, selbst als wir den Park verlassen haben entdecken wir auf dem Weg zum Dorf jetzt immer noch Steinkritzeleien. Dann zieht eine dicke Nebelwand das Tal hoch - eben noch im Unterhemd, sind wir Minuten später in Pullover und Jacke unterwegs. Im Dorf brauchen wir auch nicht lange auf den Bus zu warten, was drei alte zahnlose Männer der Chance beraubt, mit den zwei Gringos auf irgendeinen Heiligen anzustossen. Der Bus ist genauso klapprig, wie auf der Hintour - der Busbegleiter muss die Tür jedesmal mit einem Schraubenzieher aufhebeln, wenn einer rein oder raus will - wir erreichen Tacna trotzdem. Marion hatte gestern ein pakistanisches Lokal entdeckt und selbiges für das heutige Abendmahl auserkoren. Ich bin etwas am Nörgeln, als wir in den vollgemölten kleinen Raum mit zwei Tischen kommen, aber das Essen schmeckt dann super, die Portionen sind gewaltig, es ist spottbillig und wir erfahren die halbe Lebensgeschichte des Betreibers, nebst der seiner riesigen Verwandtschaft. Und diesmal finden wir sogar den Weg zum Hostal zurück.

Donnerstag, 23.06.2011was`n hier los

Wieder einmal heisst es, die im Zimmer verteilten Klamotten in die Rucksäcke zu stopfen, selbige zu schultern und Richtung Busterminal zu stapfen. Halb Zehn soll der Bus nach Arequipa fahren, macht er aber nicht - auch nicht schlimm - wir haben ja Zeit. Den geordneten Betrieb auf argentinischen oder chilenischen Busbahnhöfen gewohnt, ist das chaotische Treiben hier irgendwie nicht ganz nachvollziehbar für uns - aber uns wird immer wieder versichert, dass unser Bus auch irgendwann auftauchen und abfahren wird. Eine Stunde später tut er das tatsächlich - wie meist, ist dann schon die phantastische Landschaft das Fahrgeld wert. Unterwegs zwei, drei Stopps in irgendwelchen staubigen Dörfern - sofort ist der Bus von einer Traube buntgekleideter Muttis umringt, die lautschreiend ihr Gebäck, Fleisch, Getränke, oder was auch immer feilbieten. Gegen ein kleines Entgelt für den Busfahrer, dürfen sie sich mit ihren vollgepackten Körben sogar durch die Sitzreihen im Bus drängeln. Am späten Nachmittag erreichen wir Arequipa, greifen uns einen der uns belagernden Taxifahrer, um ins Stadtzentrum, zur "Plaza de Armas" zu kommen und der hat nebst Stadtführerqualitäten auch gleich einen guten Tipp zwecks Hostal für uns: Einzelzimmer nebst Bad und Frühstück - wir haben für wesentlich mehr Geld schon deutlich schlechter kampiert. Arequipa ist wirklich toll gelegen, umgeben von drei schneebedeckten Vulkanen und schöner historischer Altstadt - wir machen uns gleich mal auf die Socken zwecks erster Erkundungsrunde. ... jetzt trampeln sie auch noch die schönen Bilder kaputtWeit kommen wir nicht, gleich um die Ecke auf der zentralen "Plaza" ein riesiger Menschenauflauf. Die gesamte Strasse um die Plaza ist mit Bildern aus Blumen u.ä. Grünzeug geschmückt, Vor der hell erleuchteten Kathedrale eine Bühne, nebst Stühlen, davor in Nachthemden gesteckte Jungen, die brav die Hände gefaltet haben und "Halleluja" singen. Das schauen wir uns doch mal an. Da die Peruaner alle recht klein gewachsen sind, haben wir natürlich beste Sicht - zum Leidwesen, der hinter uns Stehenden. Die Stühle füllen sich mit lauter verkleideten Priestern, eine Art Papstdouble beglückt die Massen mit einer Rede. Ah, eine Messe - der Erzoberbischof bringt sich langsam in Ekstase - immerhin bekommen wir mit, dass wir jetzt gesegnet sind und als die Rede von Brot und Fleisch ist, knurrt mir allmählich der Magen. Ohnehin sind wir mit den katholischen Ritualen nicht so ganz vertraut und etwas überrumpelt, als unsere Nachbarn plötzlich anfangen uns zu umarmen. Das mit der Hostie und dem Keks in den Mund schieben wählen wir dann aber doch ab. Wider Erwarten endet die ellenlange Predigt aber doch irgendwann und der Oberpriester besteigt nebst einigen anderen Gesellen so eine Art "Papa-Mobil", um gaaaaaanz langsam um die "Plaza" zu kutschieren. Ganz so gross, wie bei dem angebeteten Erlöser ist unsere Leidensfähigkeit dann doch nicht - wir haben Hunger und verdrücken uns in eine Pizzaria, vertilgen zwei "Grande-Portionen" und kriechen anschliessend satt und gesegnet in unsere Kojen.

Freitag, 24.06.2011sieht sonst richtig nett aus, ohne die Weisskittel - Kathedrale von Arequipa

Arequipa ist nicht nur eine schöne Stadt, nebst Vulkanen drumherum, sondern gleichzeitig auch noch Ausgangspunkt für einen Besuch des "Colca-Canyons". Der zweittiefste Canyon der Welt, da müssen wir natürlich mal durchgelatscht sein, also machen wir uns auf die Socken, um die Tour bei einer Reiseagentur zu buchen. Davon scheint es dann hunderte zu geben - nach sechs oder sieben Angeboten wissen wir immerhin, dass es eine übliche Zwei- oder Drei-Tagestour gibt, auf der sich alle Touris tummeln und eine längere, schönere und anspruchsvollere, die kaum gebucht wird. Ich bin für die längere Tour, Marion weiss noch nicht. Eine Bierpause später schlendern wir zurück ins Office, wo der Vier-Tages-Treck angeboten wurde. Grosse Eierei jetzt - eigentlich geht die Tour zwar jeden Tag, aber jetzt gerade nicht - wir sind schlicht die einzigen zwei Interessenten und dafür starten sie eben nicht. Also sind wir genauso schlau wie vorher, latschen durch weitere Büros und finden schliesslich eine Agentur, die lecker Bruzzel-Budeverspricht am Sonntag mit uns zu starten, egal ob sie noch weitere Teilnehmer finden (was es für sie erst profitabel machen würde). Mittlerweile ist es später Nachmittag, ausser Trecking-Agenturen haben wir nichts gesehen - so kann man den Tag auch rumbringen. Irgendwie habe ich die schweisstreibende Wanderung in praller Sonne im "Steinkritzel-Tal" noch in Erinnerung - claro, ohne kurze Hose kann ich auf keinen Fall wandern. Marion zeigt Verständnis, worauf wir uns sofort in den Trubel des Marktviertels werfen. Erstmal stärken - "Eingeborenen-Imbiss", Papa am Herd, Muttern serviert - schmeckt lecker und umgerechnet 1,50 Euro incl. zwei Getränken und Trinkgeld - besser geht nicht. Anschliessend grasen wir zwei Stunden die Stände ab, ich bin nach zehn Minuten fertig - die restliche Zeit brauchen wir, um ein passendes Model für Marion zu finden. Alle sind furchtbar hilfsbereit, die zwei Gringos mit dem ausgefallenen Wunsch werden überall weitergereicht - am Ende wird’s dann doch die kleinste kurze Männerhose. Kurze Damenhosen sind hier offensichtlich nicht so in Mode - Frau trägt lang oder einfach mehrere Röcke übereinander.

Sonnabend, 25.06.2011Wandervorbereitungen

Marion erwacht, entdeckt ein :-) graues Haar und sofort ist klar, so kann sie nicht in den Canyon (Anmerkung Bordfrau: so´n Quatsch!;). Also machen wir uns nach dem Frühstück gleich mal ins Marktviertel auf, wo wir gestern auch diverse Frisörbuden entdeckt haben. Marion linker Stuhl - da meine "Frisur" bereits mehrfach kritisiert wurde - ich auf dem rechten. Es gibt einige Unstimmigkeiten bezüglich der auf dem Kopf zu verteilenden Farbe zwischen Marion und Frisöse - in der Zeit fährt sie mir dann schon mal mit dem Haarschneider beidseitig über den Schädel  - fertig! Marions Farbton ist mittlerweile auch geklärt - ich verbringe die nächsten eineinhalb Stunden damit, den Leuten auf der Strasse im Weg zu stehen. Dann der grosse Augenblick, die Haube wird gelüftet - Marion ist sofort am Nörgeln. Nicht das eine graue Haar wurde übergefärbt, sondern alle anderen Haare sind jetzt auch grau und natürlich auch ganz falsch geschnitten. So schlimm ist es bei Tageslicht aber gar nicht und als ich endlich aufhöre zu grinsen, traut sie sich auch auf die Strasse. Endlich haben wir Zeit, um uns die Stadt anzuschauen, klappern ein paar Kirchen ab, einige andere nette Gebäude und landen dann bei der Hauptattraktion, dem "Monasterio Santa Catalina". Umgeben von gewaltigen Mauern, bildet das Kloster eine kleine Stadt innerhalb der Stadt. Irgendwie ist aber in den letzten Jahrzehnten der Bedarf an Wohnraum für Nonnen wohl rapide rückläufig gewesen und somit ein grosser Teil des Klosters jetzt für Besucher zugänglich. Der Eintrittspreis ist gepfeffert, aber für Kultur ist uns ja nichts zu teuer und somit trampeln wir nebst weiteren Touris durch die heiligen Gemäuer. Die dem weltlichen Leben entsagenden Damen haben nicht etwa in kleinen, engen Zellen gehaust, sondern hatten eigene kleine Häuschen oder Unterkünfte - dementsprechend gross ist dann auch das Kloster. Fast drei Stunden sind wir unterwegs ... ehemalige Wohnung der Schwester X (man beachte das Kreuz an der Wand), gemeinsamer Gebetsraum der Novizinnen, ehemalige Wohnung der Schwester Y (ah, eine Spindel), gemeinsamer Frühstücksraum, die Wohnung der Nonne Z (man beachte das Nachtgeschirr), Kapelle, Wäscheplatz, ehemaliger Krankensaal, Dutzende weitere Unterkünfte (man beachte ...), verräucherter Küchen, Nachttöpfe - alles ganz interessant, wir sind trotzdem froh als wir wieder draussen stehen. Mehr Kultur brauchen wir heute nicht - wir hauen uns in einem Imbiss die Bäuche voll und verziehen uns auf unser Zimmer, die Rucksäcke umpacken. Was muss alles mit für vier Tage Trecking? Am Ende haben wir zwei gepackte Rucksäcke stehen (meiner fühlt sich beängstigend schwer an), der Rest wird im Hostal "geparkt", bis wir zurück sind. Und weil wir ja einen Fernseher haben, schauen wir uns bis Mitternacht noch einen Film mit Harrison Ford auf spanisch an - blöde Idee, in zwei Stunden müssen wir wieder aufstehen.... da gaaaanz unten müssen wir hin ...

Sonntag, 26.06.2011

Der Bus kommt eine halbe Stunde zu spät - Glück gehabt, wir haben eine Stunde verschlafen. Acht Gestalten hocken schon darin - sind wir also doch nicht allein. Vier Stunden rumpeln wir durch die Nacht, Pässe bis knapp 5000 Meter Höhe, es ist a...kalt, die Scheiben frieren ringsum zu, wir klappern unter den ausgeteilten Decken. Kurzer Stopp zwecks Frühstück, eigentlich mag keiner bei den Temperaturen aussteigen - dann geht’s weiter zum Canyon. Mittlerweile wärmt die Sonne langsam, nächster Stopp am “Mirador del Condor”. Hier stehen schon etliche weitere Busse und Dutzende verschlafende Touris starren den Abhang runter um zu sehen, wie die riesigen gleichnamigen Vögel majestätisch hin und her fliegen. Irgendwie sind wir etwas irritiert, als der Guide in unserem Bus immer vom zweitägigen Treck schwafelt, die Auflösung kommt, als unsere Mitfahrer irgendwo alle ausgesetzt werden um wandern zu gehen. Für die Vier-Tages-Trecker, also uns beide, geht es weiter bis Cabanaconde, einem kleinen Städtchen oberhalb des Canyons - auf geht`sdort werden wir unserem Führer übergeben. Der ist weiblich, halb so gross wie wir und heisst Natalie. Kleines Essen zur Stärkung vorweg, dann schultern wir die Rucksäcke und stapfen Natalie hinterher. Nur elf Kilometer für den ersten Tag, immer bergab - klingt easy. Ist es dann aber doch nicht, der alte Muli-Pfad windet sich steil abwärts, wir rutschen auf dem Geröll und Sand mehr als wir laufen - dafür ist die Aussicht einfach nur gigantisch - so man denn zum gucken kommt. Natalie knickt immer mal wieder eine Pflanze ab - der Saft hilft bei Wunden, dieser gegen Pickel, diese Pflanze ist gut für Babys oder dagegen, wenn man diese Spinne zerquetscht, kann man sich die Fingernägel oder das Gesicht bemalen - als sie dann auch noch versucht uns die indianischen Namen für die verschiedenen Kakteen beizubringen, da riecht man auch gleich wieder viel bessergebe ich auf. Für mich klingt alles gleich nach Whauwhau - ich kann mir ja schon nicht mal die spanischen merken. Nach vier Stunden stehen wir schweissgebadet unten am Rio Colca und eine Kletterparty später an einigen kleinen Geysiren direkt am Fluss. Klamotten runter, über die heissen Steine zum Wasser tappern - Aua!!!, das ist noch heisser. Stückchen weiter ist’s besser, wir lassen uns auf einem Stein im Fluss nieder - ein Stückchen nach links neigen - heiss, ein Stückchen nach rechts - A...kalt. Klasse, Temperaturregulierung durch dynamische Körperbewegung. Eine Stunde haben wir uns dann noch weiter zu schleppen, bis wir eine Handvoll Hütten erreichen. Zwei Familien wohnen hier, bei einer können wir unsere Rucksäcke in einer Hütte abwerfen. Tür, vier Wände, ein Bett in der Mitte, daneben eine Kerze - ich tippe auf ehemaligen Stall - Marion, etwas romantischer veranlagt, findet das es eher an eine Klosterzelle erinnert. wohlverdientAuf jeden Fall ist es sauber, die Besitzerin ist nett, hat halbwegs kühles Bier für müde Wanderer und unten am Fluss gibt es weitere heisse Quellen nebst Becken. Sauber zum Abendbrot ist immer gut, also quälen wir uns noch mal abwärts, schälen uns aus den staubigen Klamotten - ich, pflichtbewusst schüttel brav die Hose aus und dabei sucht der Fotoapparat (aus der sonst immer verschlossenen) Kameratasche den Weg in die Freiheit. Der Weg ist nicht allzu lang, kurzer Aufsetzer auf einem Stein und dann, Plumps ins Becken. Die gute Nachricht - heisse Quelle - das Wasser ist warm, kostet mich also keine grosse Überwindung hinterher zu springen und nach dem Ausreisser zu tauchen. Die schlechte - der Kamera ist das egal, sie gibt keinen Mucks mehr von sich. Beim Bad dann logischerweise etwas gedrückte Stimmung, zurück aufs Gehöft, Abendessen verschlingen, Beisser putzen und dann kriechen wir unter die Decken in unserer Klosterzelle. Uns tun alle Knochen weh - vor allem die in den Beinen.

Montag, 27.06.2011

Wecken um Sechs - die Knochen tun immer noch weh - erstmal Frühstücken. Marion verspürt plötzlich einen unheimlichen Drang nach dem kleinen Häuschen auf der Wiese, dazu Magenkrämpfe - super Timing. Hilft alles nichts, wir müssen weiter. Zwei Stunden am Berghang entlang bis zum kleinen Dorf LLanta - die Landschaft ist phantastisch - Marion ist das egal. Nach und nach wandern ihre Sachen in meinen Rucksack, ihr geht’s dadurch nicht besser, aber immerhin schleppt sie sich unter Krämpfen weitere zwei Stunden bis nach Fure. Ein Dutzend Hütten, an einem Berghang gelegen, ringsum gigantische grüne Berge, an drei Seiten rauschen Wasserfälle herab, ein paar gelangweilte Ziegen und Mulis, in der Mittagshitze spielende Kinder und vor sich hin dösende alte Muttis mit ihren typischen langen Zöpfen, bunten Kleidern und Hüten. Marion hat dafür kein Auge, fragt nach dem nächsten Klo und legt sich in unserem heutigen Stall (Klosterzelle) nieder. Dafür lass ich mir mit Natalie das Mittag schmecken, kurze Siesta und eine Stunde später brechen wir zu einer dreistündigen Wanderung in ein Nachbartal zu einem weiteren Wasserfall auf. Der Pfad hat es in sich, ich kann echt nicht glauben, dass die Mulis hier noch laufen können, allerdings belehren mich die zahlreichen Köddel eines Besseren. Der Wasserfall wird sicher keinen besonderen Platz in der Hitliste der weltweiten Wasserfälle einnehmen, aber die Landschaft drumherum ist sicher einmalig. Riesige Berge ringsum, weitere kleinere Wasserfälle - KEIN FOTOAPPARAT - wir geniessen einfach nur die Aussicht. Zurück im Dorf, geht’s Marion nicht besser, obwohl unsere "Gastmutti" versucht sie mit Coca-Tee wieder aufzupäppeln. Medikamente gibt’s hier nicht und Coca hat schon den alten Inkas geholfen. Die scheinen aber andere Gebrechen gehabt zu haben. Marion leidet, ich lass mir mit Natalie das Abendbrot schmecken und anschliessend geben wir uns bei lauwarmen Bier gegenseitig Sprachunterricht. Ich kann jetzt schon sagen "das Bier ist sehr teuer". (OK, hier muss auch jede Flasche stundenlang per Maultier herauf transportiert werden)

Dienstag, 28.06.2011

Wieder quälen wir uns um sechs unter unseren Decken hervor, ich esse mit Natalie lecker Frühstück, Marion trockene Kekse nebst Coca-Tee und ständig auf der Suche nach Spülwasser, Servieten oder Taschentüchern für ihr Leiden. Bis zum heutigen Tagesziel muss sie noch durchhalten - das tut sie auch tapfer. Auf teilweise knapp halbmeterbreiten Pfaden schlängelt sich der Weg am Beg entlang - eine Seite steil Bergauf, andere Seite mindestens genauso tief bergab. Marion unter Krämpfen, ich mit riesigem Rucksack - wenn unsere Mütter uns jetzt sehen könnten, würden die kein Auge mehr zukriegen. Weiter durch herrliche Kakteen-Ebenen, dann wieder steile Schluchten - gegen Mittag treffen wir die ersten ausländischen Wanderer - wir sind jetzt auf dem "Zwei-Tages-Touri-Treck". Zwei Stunden und einige Pausen später (Marion erklärt nach kurzem "Verschwinden", sie weiss jetzt, warum ein Kaktus eben Ka(c)ktus heisst), haben wir unser Ziel erreicht - eine kleine, grüne Oase am Fuss des Canyons mitten im Fluss gelegen. Palmen, Strohhütten, ein Swimmingpool und etliche Touristen. Letzteres hat immerhin den Vorteil, dass wir von einem Mädel Schmerztabletten bekommen, was Marion zumindest soweit auf die Beine bringt, dass sie abends noch mit am Feuer sitzt um mit einem schottischem und einem australischem Paar bei Bier (ich) und Coca-Tee (sie) lang und breit über vergangene und bevorstehende Reiseziele zu labern.

Mittwoch, 29.06.2011

Wie jeder Canyon hat auch dieser einen Nachteil, wenn man unten ist, muss man auch wieder rauf. Das ist dann beim zweittiefsten der Welt entsprechend höher. Für Marion haben wir gestern schon einen Muli gemietet, sie will dem armen Tier auch noch den grössten Teil unseres Gepäcks überhelfen. Der Pulk bricht um fünf für die zwei- bis dreistündige Kletterparty auf - Natalie und ich finden, dass eine dreiviertel Stunde später auch ausreichend ist. Gut im Training, klettern wir mit Stirnlampe los - Marion wird mit ihrem Tier eine halbe Stunde später auf den Weg geschickt. Der Aufstieg hat es wirklich in sich - hechelnde "Ausfälle" links und rechts - vom sportlichen Ehrgeiz gepackt, gönnen wir uns keine Pause und stehen in einer super Zeit von einer Stunde 50 Minuten schweissgebadet mit als Erste auf dem Gipfel. Muli und Marion kommen wenig später, die lange vor uns aufgebrochenen innerhalb der nächsten Stunde. Wohlverdientes Frühstück in Cabanaconde, dort verabschieden wir uns mit vielen Küsschen, Umarmungen und reichlich Tipp (Trinkgeld) von Natalie, klettern in einen Kleinbus, um uns mit weiteren Touris zu einer weiteren "Hotspring" kutschieren zu lassen. Nach unseren Naturbassins lockt dieses vollgestopfte lauwarme "Touri-Swimmimgpool" nicht wirklich, weiter geht’s zum Mittagessen in einem "typisch peruanischen Lokal" (Marion mag eh nichts essen), kurzem Halt um eine Lamaherde anzuglotzen und eine Stunde später am "Mirador los Vulcanos". Auf fast 5000 Meter Höhe stehen wir im eisigen Wind - ringsum ein Dutzend schneebedeckter Vulkane - phantastischer Anblick, allerdings uns tun die “Muttis” leid, die hier in der Kälte hocken und versuchen ihre selbstgestrickten Lama-Mützen,-Decken, oder -Socken an den Mann (sprich Touri) zu bringen. Gegen Abend werden wir dann wieder in Arequipa abgeladen, stecken dem Portier in unserem Hostel ein kleines Trinkgeld zu (für die Aufbewahrung unserer Rucksäcke und um uns mittels Rasierer, Shampoo und Kamm wieder auf zivilisationstauglich zu trimmen), packen unsere ganzen Klamotten so lange hin und her bis alles auf zwei Rucksäcke verteilt ist, lassen uns mit dem Taxi zum Busterminal kutschieren, behindern die Abfahrt des Busses etwas, da wir mit dem hiesigen Ritual der Gepäckaufgabe nicht ganz vertraut sind und lassen uns endlich in unsere bequemen Semi-Cama-Sitze plumpsen, um per Nachtbus nach Cusco weiterzufahren. Fazit Colca-Canyon: Geil - aber nächstes mal mit Notfallkoffer, Aspirin und Kohletabletten!

 

Sonnabend, 02.07.2011Modebewusst!

Cusco - "Nabel der Welt" - Hauptstadt und Mittelpunkt des alten Inka-Reiches. Marion erstmal egal, sie hockt seit zwei Tagen im Bett, froh über ein eigenes Klo mit richtigem Toilettenpapier und nimmt brav die Medizin, die ihr unser "Leibarzt" Andreas per funkmedizinischer Ferndiagnose verordnet hat. Vielen Dank nach Stralsund!!!!! Immerhin sind wir einen Abend schon mal um die Ecke zum "Plaza de Armas" gegangen - weiter ging’s nicht - alles rammelvoll mit Menschenmassen und irgendwelche Heiligen wurden im Kreis um den Plaza geschleppt. Aber im Gegensatz zu der bierernsten Veranstaltung in Arequipa, wo die Oberpriester in ihre Bettlaken gehüllt, mit erhobenen Zeigefinger eine Predigt gehalten haben, war es hier eine echt spassige Massnahme. Die Leute haben sich ihre alten Indio-Klamotten übergeworfen und wer keine mehr hat, ist eben in den üblichen buntenFrau trägt Hut Röcken nebst Hut rumgetanzt. Alle paar Meter eine andere Kapelle, jede hat was lustiges gespielt - natürlich alle gleichzeitig. In dem Gewusel hätte man Stunden zubringen können - Marions derzeitige Vorliebe für Porzellan hat das verhindert. Ich habe die zwei Tage immerhin dazu genutzt, unseren Fotoapparat mal etwas zu zerlegen. Daraufhin gab er schon mal erste Lebenszeichen von sich, einzig die dicken Wassertropfen hinter den Linsen schienen ihn noch in Funktionsweise und Bildqualität zu beeinträchtigen. Also habe ich mittels Nagelscheremehr torkeln als tanzen und Stopfnadel auch noch die Linsen operativ entfernt (es sind drei), da Marion ja nicht zugeschaut hat diese mit Spucke und T-Shirt gereinigt und KLICK, das erste Foto geschossen. Etwas verschwommen - beim zweiten Reinigungsversuch habe ich statt Spucke Wasser genommen. Much better! Heute dann erster Versuch einer Stadtbesichtigung. Wir kommen wieder bis zur “Plaza de Armas” - wieder “Umzug”. Jede Menge Menschen, Kostüme, Kapellen - macht einfach Spass zuzuschauen - die Stadt kann warten! Das Ganze wälzt sich dann irgendwann durch die engen Gassen, wir hinterher, die Musiker spielen stundenlang die selbe Musik, die Tänzer taumeln langsam vor Erschöpfung, ich vertilge zwischendurch meinen ersten Hamster, wir sehen die selben Tänzer das ?-te Mal an uns vorbei torkeln, ein Ende ist nicht abzusehen - Rückzug auf einen Plaza mit vielen Menschen und BIERSTAND. Wir lernen Erwin kennen, der vor fünfzig Jahren mit seinem Vater in Deutschland war um zu lernen, wie man Bier braut (hat was gebracht) und Gustavo, der uns als Pateneltern für seine halbjährige Tochter auserkoren hat. Er meint das ernst, per Telefon wird schon mal Frau und halbe Verwandtschaft alarmiert - wir haben echt Mühe uns da wieder raus zu winden.

Sonntag, 03.07.2011stabile Grundmauern

Wir schaffen es doch tatsächlich durch die Altstadt zu bummeln. Echt super! Früher, als die Inkas noch so unter sich waren, haben sie tonnenschwere Steine rangeschleppt, glattgeschliffen und schön übereinander gestapelt. Da passt kein Blatt zwischen! Und die Brocken waren nicht etwa quadratisch - bis zu zwölf Ecken haben die Teile! Dann kamen die Spanier - irgendwie hat ihnen die Architektur wohl nicht ganz zugesagt - also haben sie mal alles platt gemacht und auf die Grundmauern ihre Kirchen und Häuser hochgemauert. Die hatten es zwar nicht ganz so gut drauf, aber immerhin ist das Ganze jetzt Weltkulturerbe. Heute sieht man dann eben Kirche auf Ex-Sonnentempel oder alte Patrizierhäuser auf Inka-Fundament. Auf jeden Fall beeindruckend und es macht Spass durch die Gassen zu schlendern, den Trubel zu geniessen, sich der Lama-Mützen-oder Poncho-Verkäuferinnen zu erwehren, einfach nur rumzusitzen, an einem Strassen-Imbiss was zu futtern, Sonne geniessen, Füsse baumeln lassen, ...

Montag, 04.07.2011

Machu Picchu ruft - wir machen uns mal dran, Tour-Anbieter abzuklappern. Davon gibt es reichlich, aber immerhin kennen wir nach einigen Angeboten die verschiedenen Möglichkeiten, zu der alten Inka-Stadt zu gelangen. Mein persönlicher Favorit, per Inka-Trail (der Original-Trail ist auf Monate voraus ausgebucht, aber es gibt diverse Alternativ-Trails), scheitert an Marions noch etwas schlappen Zustand. Üblicherweise fährt man ansonsten per Bahn, das geht dann von ganz teuer bis ganz, ganz teuer. Letzte Möglichkeit, die Geschichte auf eigene Faust angehen. Also machen wir uns auf zum Busterminal, erfahren, dass wir hier falsch sind, zuckeln per Taxi zum kleinen Lokal-Bus-Terminal, lassen uns dort die Strecken, Abfahrtzeiten und Preise raussuchen, freuen uns wieviel Geld wir mit dieser Variante sparen können, beschliessen das Ersparte auf der anderen Strassenseite in einen Imbiss zu investieren und stellen fest, dass das eine Fehlinvestition ist. So schlecht haben wir lange nicht gegessen!Saqsayhuaman

Dienstag, 05.07.2011

Heute mal wieder Kultur - Marion möchte zum Saqsayhuaman. Ich versuch gar nicht erst, das auszusprechen - es geht um eine alte Inka-Festung oberhalb der Stadt. Also erstmal schön bergauf wandern, bis zum Pförtnerhäuschen, wo mit den Eintrittskarten gewedelt wird. Hier steht man vor der Entscheidung: Teures Ticket, das für die nächsten zehn Tage zur Besichtigung so ziemlich sämtlicher Steine berechtigt, die die Inkas in der weiteren Umgebung aufeinandergestapelt haben, oder nur halb so teuer - dafür darf man dann nur am selben Tag auf halb so viele Steine starren. Wir beschliessen nicht alle Steine sehen zu müssen und beschränken die Sache auf den heutigen Tag. Mit dem selben Trick wird einem auch in Cusco der Museumsbesuch vermiest. Wenn man in eins möchte wird sofort das teure Kombiticket wird eigentlich nackt geopfertfür alle Museen gezückt. Einzeln ist nicht - in alle Museen wollen wir nicht. Die nächsten zwei Stunden bestaunen wir die riesigen Steinbrocken, klettern überall rum, geniessen die Aussicht und machen uns dann auf den Fussweg nach Qènqo, dem nächsten Steinhaufen. Hier hatten die alten Inka-Priester ein Labyrinth für ihre Zeremonien in irgendeinen heiligen Felsen gehauen. Marion muss auf dem Opferstein Probeliegen, ich bin am Nörgeln, weil die Jungfrauen da eigentlich nackt liegen müssen - sie, weil ihr der Stein dafür zu kalt ist und das mit der Jungfrau sei eh schon eine Weile her. Also brechen wir die Zeremonie an der Stelle ab und ziehen weiter nach Pukapukara. Diesmal per Bus. Eine kleine Festung auf einem kleinen Hügel - diente einst zur Bewachung der Inka-Strasse nach Cusco und um den jungen Priestern irgendwelchen Unfug beizubringen. Der Hügel strahlt auch irgendwelche Energien aus - also probieren wir das mal aus. Ich liege alleine - nix - Marion daneben - immer noch nix. Marion auf mir - wir spüren immer noch keine Energie, hübsche Gassen02aber die Blicke der anderen Besucher. Also machen wir uns aus dem Staub und auf zur letzten Inka-Stätte für heute - nach Tambomachay. Wieder ein Ort für alte Zeremonien - kein Opferstein diesmal, dafür Wasser, das aus Steinquadern läuft. Davor ein paar Muttis mit ihren selbstgehäkelten Verkaufsschlagern, wir staunen ein bisschen und beschliessen: genug Kultur für heute! Per Bus geht`s zurück nach Cusco, lecker Abendessen für wenig Geld, Feierabendbier im Hostel, unter die Decken krabbeln - Nachtruhe!

Mittwoch, 06.07.2011

Was braucht man alles für den Machu Picchu-Trip? T-Shirts oder lange Unterhosen - Marion entscheidet sich für beides, ich bin Optimist. Wir packen unsere zwei “kleinen” Rucksäcke, “parken” den grossen mit den restlichen Sachen im Hostel, erstehen einen grossen Speicher-Chip, um zur Sicherheit mal alle bisherigen Fotos drauf zu kopieren, bummeln durch die Stadt, vertreiben uns die Zeit beim Rumstöbern in diversen Souvenirläden, treffen Ben, den Franzosen von der chilenischen Fähre, entdecken Gassen, in denen wir bisher noch nicht waren und irgendwie warten wir eigentlich nur darauf, dass der Tag endlich rum ist.

 

Donnerstag, 07.07.2011wie ärger ich am besten meinen Käpt`n

So früh sind wir lange nicht mehr aufgestanden - halb acht soll der Bus nach Santa Maria abfahren. Sechs Stunden Fahrt sind es bis dahin. Wir stehen pünktlich am Terminal und werden davor von einem “Collectivo” (Kleinbus) “abgefangen”. Ist zwar etwas teurer und fährt erst um Acht los, braucht aber nur drei Stunden bis Santa Teresa. Klingt verlockend, wir lassen dämlicherweise den Bus fahren und hocken um Acht im “Collectivo”. Dort hocken wir auch noch um Neun und mit uns fünf andere murrende Fahrgäste. Der Fahrer will das Auto unbedingt voll kriegen, ignoriert das Gezeter seiner bisherigen Kunden - um halb Zehn gibt er endlich auf und fährt los. Immerhin versucht er die die Zeit wieder rauszuholen, strammes Tempo, ibeim nächsten Mal mit Bus!mmer bergauf bis auf 4800 Meter, dicker Schnee ringsum - einer Frau wird schlecht - Spuck-Pause, das hält auf. Eine Stunde später stehen wir im T-Shirt zur ?-ten Spuck-Pause mitten im üppigsten Grün, Bananenstauden, etc. Krasse Landschaft! Der Frau geht’s etwas besser, der Fahrer gibt Gas - eine Reifenpanne bremst seine Bemühungen. Dafür hat man ja ein Ersatzrad, eine Stunde später ist das auch platt. In einer Wellblech-Hütte am Strassenrand gelingt es tatsächlich, den Reifen zu reparieren und der Fahrer schafft es, uns ohne weitere Pannen nach FÜNF Stunden in Santa Maria abzusetzen. Mit dem halb so teuren Bus wären wir eine Stunde früher da. Der kleine, staubige Ort ist für uns aber nur Zwischenstation, etliche Taxis buhlen schon um Kundschaft. Losgefahren wird natürlich erst, bloss nicht vom Weg abkommen!wenn der Wagen voll ist - wir haben Glück, ein französisches Pärchen hat das selbe Ziel wie wir - Santa Teresa. Eine Stunde über Schotterpisten, dafür immer am Hang eines riesigen Canyons lang - phantastische Landschaft! Die meisten “Inka-Trails” wandern die selbe Strecke - nur eben nicht so komfortabel. (Und wesentlich teurer - unser Taxi kostet uns umgerechnet 5 Euro). Umsteigen in Santa Teresa, wir haben wieder Glück - ein spanisches Paar will ebenfalls nach Hydroelectrica. Ätsch - 36 Dollar gespart!Hinter dem Namen verbirgt sich ein kleines Wasserkraftwerk und eine Bahnstation. Dafür endet die Piste hier - es geht nur noch per Bahn weiter (18 Dollar pro Person), oder zu Fuss - immer schön die Gleise lang. Ca zweieinhalb Stunden soll die Strecke dauern - wir schultern unsere Rucksäcke und hecheln los. Mitten durch den Hochgebirgs-Dschungel, sattes Grün rundum, neben uns rauscht der Fluss - traumhafte Wanderung, wenn man denn Zeit hat. Haben wir nicht, in zwei Stunden geht die Sonne unter und die Verlockung, im Stockdunkeln durch den Dschungel über die Gleise zu stolpern, ist nicht sonderlich gross. Schweissgebadet erreichen wir mit dem letzten Zipfel Sonnenlicht “Agua Caliente”, den Ort am Fusse des Machu Picchu. Schlechtes Timing - heute sind die Feierlichkeiten zum 100. Jahrestag der Entdeckung der alten Inka-Stadt - so viele Touristen auf einem Haufen haben wir noch nicht erlebt. Entsprechend schwierig gestaltet sich die Zimmersuche - wir brauchen über eine Stunde eh wir unsere Rucksäcke auf zwei leere Betten in einem 5-Bett-Zimmer werfen können. Platt, aber stolz. Was haben wir doch Geld gespart! Das relativiert sich dann allerdings, als wir die Rechnung für unser Abendbrot bekommen.

Freitag, 08.07.2011wenigstens einer hat Spass am Grünzeug

Der Trubel mit der Jubiläumsparty ist gelaufen - Musiker, Kamerateams und Gäste suchen das Weite - wir uns eine neue Unterkunft. Anschliessend kaufen wir unsere Tickets für die morgige Machu-Picchu-Besichtigung und machen mal auf Stadtbummel. Das ist schnell erledigt, der Ort ist klein und besteht eigentlich nur aus Hotels, Restaurants und Souvenirläden. Wir gönnen uns ein lecker Mittagessen und um zu verhindern, dass ich mir noch ein zweites Bier bestelle, beschliesst Marion, dass wir ja auch wandern könnten. Da mir keine passende Ausrede einfällt, stiefeln wir also los - mal wieder die Bahngleise entlang. Irgendwo soll es einen Wasserfall geben - nach einer Stunde stehen wir tatsächlich davor. Macht nicht allzuviel her das Geplätscher, dafür gibt’s jede Menge Grünzeug - Marion ist begeistert. Ich dann auch wieder als wir zurück in “Agua Caliente” sind und ich vor einem grossen kalten Bier sitze. Schnell noch ein paar Brötchen für morgen schmieren, sich für ein Restaurant zwecks Abendbrot entscheiden und dann ab in die Koje - die Nacht wird kurz!

Sonnabend, 09.07.2011dafür kann man schon mal etwas früher aufstehn..

Es gibt zwei Möglichkeiten nach Machu Picchu zu gelangen: mit Bussen (teuer und ausserdem bei Backpackern verpönt) oder zu Fuss auf dem alten Inka-Pfad. Aber nur die ersten vierhundert Besucher pro Tag erhalten einen Stempel auf ihre Eintrittskarte, der auch zur Besteigung des benachbarten Huayna Picchu berechtigt. Und den wollen wir natürlich haben. Halb Vier klingelt daher unser Wecker, wir springen in die Klamotten und stiefeln im Licht der Stirnlampe los. Mit uns etliche andere Wandersleute - überall strammes Tempo - jeder will sich eine gute Ausgangsposition sichern. Nach zwanzig Minuten stehen wir dann vorm noch verschlossenen ersten Tor zum Machu Picchu - vor uns schon etwa 100 Leute brav in einer Reihe. QualitätskontrolleWann sind die denn aufgestanden? Die Schlange hinter uns wird immer länger, um Fünf öffnet sich dann endlich das Tor, alle hasten los. Der Pfad windet sich im Zickzack den Berg hoch - früher sind die Jungs hier mit Feder im Haar hochgeklettert, heute schön im Gänsemarsch mit Stirnlampe. Das Tempo ist mörderisch, einige versuchen trotzdem noch zu überholen, was auf dem schmalen Pfad eigentlich unmöglich ist. Dafür freut sich jeder heimlich über diejenigen, die hechelnd aufgeben - wieder ein paar Plätze gutgemacht. Nach einer Stunde stehen wir endlich keuchend und klatschnass oben - wieder brav in Reihe vor dem verschlossenen Haupteingang. Die ersten Busse tauchen auf - die Fusslahmen und Weicheier dürfen sich mit einreihen. Halb Sieben beginnt dann die Zeremonie mit den Stempelkissen - wir haben natürlich eine super Position erkämpft und bekommen unsere STEMPEL! Lässig durchschreiten wir das Eingangstor, um ein paar Schritte weiter mit offenen Mündern dazustehen. Boah!!! Zwischen dganz oben - Huayna Picchuen Gipfeln des Machu Picchu und Huayna Picchu liegt die terassenartig angelegte alte Inkastadt im Licht der aufgehenden Sonne vor uns - einfach krass!!! Links und rechts steile Abhänge, alles in üppigem Grün - es dauert ne Weile bis wir die Münder wieder zukriegen. Der Anblick ist einfach alle Strapazen wert! Schnelles Frühstück, dann machen wir uns auf Erkundungstour. Drei Stunden ziehen wir umher, klettern rum, schiessen Fotos - Inka-Brücke, Tempel des Condor, Tempel der drei Fenster, Sonnentor (blöde Idee - fast eine Stunde wandern wir dafür bergauf), ... kurz vor Zehn stehen wir vorm Tor zum Huayna Picchu und präsentieren stolz unsere Eintrittsstempel. Steil windet sich der Pfad den Berg hinauf, kurz unterhalb des Gipfels “klebt” der Mondpalast am Hang - nach einer Stunde stehen wir endlich ganz oben und haben eine geht doch nichts über ein Mittagsschläfchen02phantastische Aussicht auf die alte Stadt und das Urubamba-Tal. Geil! Die nach uns Hochkeuchenden schielen neidisch auf unseren Aussichtsfelsen, nach einer halben Stunden überlassen wir ihn gnädigerweise und machen uns an den Abstieg. Unten wälzen sich mittlerweile Menschenmassen durch die alten Gemäuer - wir halten erst mal ein Mittagsschläfchen zwischen ein paar Lamas auf einer Wiese. Hinterher sind wir zwar munterer, die anderen Besucher aber auch - sie trampeln immer noch überall rum. Wir schleppen uns noch zum Intiwatana, dem Observatorium rauf - stellen fest, dass man vor lauter Menschen kaum noch Steine sehen kann und beschliessen: Wir haben genug gesehen. Bergab ist der Inkapfad viel weniger anstrengend, wir sind trotzdem schweissgebadet als wir endlich wieder in Agua Caliente ankommen, uns erschöpft im ersten Strassenkaffee auf die Holzbänke plumpsen lassen und erstmal ein grosses kaltes Bier bestellen. What a day! PROST!

Sonntag, 10.07.2011heut haben wir ja Zeit

Machu und Huayna sind bezwungen, an jedem Souvenirladen von Agua Caliente sind wir mindestens einmal vorbeigelatscht - Zeit abzuhauen. Also schultern wir unsere Rucksäcke und machen uns auf den Weg. Immer schön an den Bahnschienen lang - diesmal haben wir ja Zeit, sehr zur Freude von Marion, die ausgiebigst jedes Pflänzchen beschnuppert und begrapscht. Und davon gibt es viele. Nach zweieinhalb Stunden kommen wir trotzdem in Hydroelectrica an - ein “Colectivo” wartet schon mit einem französischen Pärchen auf weitere Mitreisende. Die Fahrt durch den Canyon ist genauso phantastisch wie auf dem Hinweg, Santa Maria ist dann noch genauso staubig. Eine Handvoll Häuser links, rechts der Strasse - davor ein paar “Colectivo-Kleinbusse”, die auf Fahrgäste lauern. Marion ist noch geheilt von der Herfahrt und legt gleich mal fest, dass wir diesmal den Bus nehmen. Die Franzosen schliessen sich an - an einem Strassenimbiss (???) können wir die Tickets erstehen. Genauer gesagt können wir den Fahrpreis bezahlen, unsere Namen werden aufgeschrieben, dahinter eine 11 und 12 - das wären unsere Plätze. Wir hauen uns bei der geschäftigen “Mutti” auch gleich die Bäuche voll und verbringen die nächsten zwei Stunden damit, auf der Dorfstrasse zu sitzen, zu warten und uns ab und zu den Staub von den Klamotten zu peruanischer Mischkonzern - Fahrkartenschalter, Imbiss, Minimercado, ...klopfen. Der betagte Bus erscheint tatsächlich irgendwann, das Gepäck unterzubringen ist einfach, mit den Plätzen im Inneren wird es schon schwieriger. Nach viel Hin- und Hergeschiebe, Gezeter und nachdem drei Mädels vorne beim Fahrer auf der Motorabdeckung plaziert werden, hat dann doch jeder einen Sitz und der Bus zuckelt los. Das funktioniert aber nur bis zum nächsten Dorf, hier lauern weitere Fahrgäste. Eine Dame zückt ihr Ticket mit Platz Nummer 11, wir haben natürlich keine Tickets, das Theater geht von neuem los - am Ende werden Klapphocker im Gang aufgestellt, die Dame sitzt auf Marions Platz, Marion auf meinem und ich stehe. Und das für die nächsten vier Stunden - hätten wir doch bloss das “Colectivo” ... Die letzte Stunde reichen die Plätze dann wieder für alle, wir greifen uns in Cusco ein Taxi, sind erstaunt, dass das Gefährt es tatsächlich bis zu unserem Hostel schafft - die Hostelmutti freut sich, uns wieder zu sehen (wir hatten vor der Abreise noch nicht bezahlt), ich, dass sie ein Zimmer für uns hat und Marion, dass unser “geparkter” Rucksack noch da ist. Schön, wenn sich alle freuen.

Montag, 11.07.2011

Eigentlich wollen wir weiterfahren nach Puno, treffen aber das schottische Pärchen vom Colca-Canyon, die gerade von dort kommen und noch “bedient” sind. Touristisch, teuer und rammelvoll! Das brauchen wir jetzt nicht unbedingt und beschliessen, eben gleich zur bolivianischen Seite des Titicacasees zu fahren, nach Copacabana. Also machen wir uns erstmal auf zum Busterminal. Dort geht es, wie in Peru üblich, zu wie auf dem Jahrmarkt, vor jedem der unzähligen Busagenturen werden lauthals die Fahrziele ausgerufen. “Lima, Lima, Lima, Liiiimaaaaa! Arequipa, quipa, quipa, quiiiiiipaaa!” Copacabana kommt nicht allzu oft vor, wir werden trotzdem fündig. Abfahrt allerdings erst morgen Abend. Anschliessend suchen wir erstmal unsere ganzen miefigen Klamotten vom Machu Picchu - Trip zusammen und packen sie in einem Waschsalon auf den Tresen. Der gute Mann nimmt es ganz genau, greift sich jeden Stinkesocken, Schwitz-T-Shirt und Schlüpper einzeln, um die genaue Anzahl brav in einen Bogen einzutragen. Marion würde am liebsten im Boden versinken! Abends machen wir uns dann auf die Suche nach einem israelischem Lokal - preiswert und lecker, den Tip hatten wir von einem israelischem Pärchen bekommen. Die Suche ist erfolgreich, das Lokal gemütlich - einzig, die auf hebräisch  gedruckte Speisekarte bereitet uns Schwierigkeiten. Wir tippen mit dem Finger auf ein paar Gerichte, haben keine Ahnung, was wir da eigentlich bestellen und essen - alles ist lecker - wir sind begeistert! Meine Begeisterung lässt allerdings nach, als ich den Rest der Nacht mit Krämpfen im Bett sitzend zubringe, einzig unterbrochen von den Momenten, wo ich vorm Klobecken hocke.

Dienstag, 12.07.201er darf auch mal ausruhen1

Ich bin hundemüde, zertreten und schlapp und fühle mich von Marion nicht ausreichend bedauert. Im Gegenteil, sie stellt voll Panik fest, dass wir ja heute Peru verlassen und sie noch gar kein Souvenir hat. Also soll das nachgeholt werden und den Rest des Tages werde ich durch unzählige Souvenierläden geschleppt, wo eigentlich immer die selben bunten Mützen, Tücher, Taschen rumliegen. Einzig Marion und einige weitere Frauen (deren Männer genauso nutzlos wie ich daneben stehen) können Unterschiede entdecken und hasten von einem Stand zum nächsten, um mit den darin hockenden “Muttis” über Qualität und Preise der auserwählten Stücke zu feilschen. Letztendlich dauert das Auswahlverfahren bei Marion zwar eeeewig, die Ausbeute ist aber bescheiden, so dass ich mir im Gegensatz zu den meisten anderen Männern keine grossen Gedanken machen muss, wo ich das alles noch im Rucksack verstauen soll. Und weil sie so bescheiden war, darf sie sich auch aussuchen, wo wir Abendbrot essen. Das israelische Lokal! Äh, na gut, ... ich beschliesse genau das zu essen, was sie gestern hatte (sie hat schliesslich nicht geko...), tippe mit dem Finger auf die entsprechende Nummer in der Karte und bin begeistert. Echt lecker! Anschliessend sammeln wir unsere Rucksäcke im Hostel ein, fahren zum Busterminal, sind diesmal mit dem Prozedere der Gepäckabgabe vertraut, vergessen auch nicht, unsere Schlafsäcke vorher rauszunehmen (in Peru gibt’s im Bus keine Decken - man hat seine eigene mit oder friert!), erfahren, dass der Bus nicht wie versprochen durchfährt, sondern wir in Puno umsteigen müssen, quetschen uns in die engen Sitze und versuchen die Augen zuzudrücken.

Mittwoch, 13.07.2011... da gehn noch mehr rauf!

Wir werden tatsächlich früh um Fünf in Puno aus dem Bus geworfen, trotten mit unseren Säcken hinter den einheimischen Fahrgästen her und bekommen dadurch immerhin mit, dass wir unsere Tickets hier für die Weiterfahrt umtauschen müssen. Ein anderer Backpacker “verpennt” das - als wir zwei Stunden später bei der Abfahrt die neuen Fahrscheine präsentieren müssen und er ganz verdutzt seinen alten zückt, wird er rausgeschmissen. Eine Stunde Fahrt, der Bus stoppt in Yunguyo, letzter Ort vor der bolivianischen Grenze und letzte Möglichkeit, unsere restlichen peruanischen Soles auszugeben. Wir nutzen die Gelegenheit, uns schon mal ein paar Bolivianos einzutauschen - ist ganz angenehm, in ein neues Land zu kommen und schon etwas Geld in der Tasche zu haben. Nächster Halt an der Grenze, alle stehen mit ihren Pässen Schlange, um sich die nötigen Stempel abzuholen. Schnell zurück zum Bus - aber statt in die Polster zu plumpsen, dürfen wir unser Gepäck einsammeln. Irgendwie verstehen wir zwar nicht worum es geht, aber auf jeden Fall fährt der Bus nicht weiter. ... nicht gesunkenDer Fahrer zeigt uns in welcher Richtung Copacabana liegt - nur 8 km! Alle sind am Zetern und Schimpfen, nützt letztendlich alles nichts - wir schultern unsere Rucksäcke und stiefeln langsam los. Ein Dorfbewohner bietet an, uns gegen einen gewissen Unkostenbeitrag die halbe Strecke mit dem Auto mitzunehmen (klingt verlockend), ein anderer meint, dass wir am Ufer eventuell auch ein Boot direkt bis Copacabana finden. Klingt noch besser. Also umgedreht und zum Seeufer laufen. Dort liegt tatsächlich ein Boot im Schilf, ein Dutzend Fahrgäste aus dem Bus hocken schon drauf - für uns ist auch noch Platz. Immer weitere Leute tauchen auf - der Bootsbesitzer wittert das Geschäft seines Lebens und schiebt sie alle noch irgendwo hin. Am Ende sitzen dann 25 Leute nebst reichlich Gepäck auf dem ca 10m-Gefährt und entgegen allen Prognosen kentert und versinkt es auch nicht auf der einstündigen Überfahrt. Wäre auch blöd gewesen, es gab nur sechs Schwimmwesten. Cool - passender als in einem Schilfboot kann man den Titicacasee doch gar nicht überqueren und dass knapp 100 m vorm anderen Ufer das Benzin vom Aussenborder alle ist, tut der Sache auch keinen Abbruch. Der Mann muss natürlich auch von irgendwas leben, also hält er am Ende brav die Hand auf - wir sind froh, schon ein paar Bolivianos zu haben. Wir suchen uns erstmal ein Hostel (Doppelzimmer, eigenes Bad für umgerechnet 5 Euro - Copacabana ist nun mal ein Urlauberort und daher etwas teurer :-) und schlendern anschliessend durch den Ort. Das ist schnell erledigt und da der Tag sich eh dem Ende zuneigt, setzen wir uns ans Seeufer, bestellen ein Bier und geniessen den traumhaften Sonnenuntergang am Titicacasee.

Sonnabend, 16.07.2011Käpt`n siecht am Titicaca dahin

Der Käpt`n ist krank. Schwerkrank! Die erste Nacht im Hostel ist echt die Hölle. Keine Luft, Nase dicht, Hals dick - am Ende liege ich zitternd in Vollkombi und Mütze unter  Schlafsack und vier Decken, in jeder Hand ein Taschentuch und warte, ob ich den nächsten Sonnenaufgang noch erlebe. Den Tag verbringe ich dann eingemümmelt am Strand in der Sonne sitzend, E-Book lesend und nebenbei langsam eine Rolle Klopapier abrollend, Blatt für Blatt voll zu schnoddern. Und statt hingebungsvoller Pflege und Bedauern, ernte ich vorwurfsvolle Blicke - sie hat kein E-Book und langweilt sich mit Sudokos. Gestern hat sie den sonnigen Strand dann abgewählt, ich werde vor einer Kirche auf die Bank gesetzt (ich bin ja dankbar, dass sie mich nicht auf einer Friedhofs-Bank geparkt hat) und Frau erklimmt irgendwelche Aussichtsberge. Abends haben wir uns dann zu einem der vielen Strand-Imbisse geschleppt (ich zumindest, Marion ist neben mir hergetänzelt), wo ich mit gebrochener Stimme meinen Fisch bestelle. War bestimmt lecker - riech und schmeck aber nichts! Ob aus LiebeObservatorium - sieht man doch gleich, oder der Erkenntnis, dass sie die Rucksäcke alleine schleppen muss, wenn ich dahin sieche - jedenfalls werde ich mit Medizin versorgt, gezwungen Tee zu trinken, muss sogar Apfelsinen essen und habe heute das Gefühl, dem Tod noch mal von der Schippe gesprungen zu sein. Erstmal suchen wir uns ein neues Hostel. Die Zimmer waren ja nett (sind jetzt eh verseucht), aber mit irgendeinem bautechnischem Trick ist es dem Besitzer gelungen, dass es darin noch kälter ist als draussen. Marion schiebt mich auch gleich mal durch Copacabana - drei bunte Strassen, zwei Kirchen, eine Plaza - fertig. Darauf war sie vorbereitet und hat noch “Inti Watana”, das Horca del Inka, ein astronomisches Observatorium der alten Indios auf dem Plan. Das liegt natürlich auf einem Berg. Ich keuche wie blöd, muss alle paar Meter pausieren - wer uns beobachtet, muss denken ein junges Mädchen (schleim) zerrt ihren Urgrossvater den Berg hoch. Die Aussicht ist super, die Steine wie gewöhnlich alt, von Inkas keine Spur mehr. Abends dann wieder Fisch am See, diesmal schmeck ich was - lecker - und werfe einen begehrlichen Blick auf die Roller und Motorräder, die hier zum Vermieten rumstehen.

Sonntag, 17.07,2011der machen wir doch erstmal Feuer unterm Hintern

Mit meiner Überredungskunst und Verweis auf den kleiner gewordenen Berg Taschentücher, die um mich verstreut liegen, gelingt es mir Marion für eine Motorradtour zu begeistern. Lange Unterhosen, Mütze und Handschuhe - so ziehen wir zum Strand. Der Preis für die Enduro ist schnell ausgehandelt, viel zu erklären hat der Besitzer nicht - an dem Ding funktioniert ausser dem Motor eh nichts. Wir düsen los, erster Stop “flaoting Islands”. Die schwimmenden (Schilf-) Inseln können wir schnell abhaken, sie sind einzig für die Touri-Beglückung gebaut - also lungern Souvenir-Verkäufer und Imbiss-Betreiber darauf rum. Weiter geht’s zu einer kleinen Kapelle in einer Felsgrotte - wir zünden rein auf Verdacht mal ein paar Kerzen an und winken der dort rumstehenden Heiligen brav zu. Immer schön am Ufer lang, kommen wir durch einige kleine Fischerdörfer, sehen richtige “floating Islands”, Schilfboote und jede Menge tolle Natur. Der Plan, im Fischerdörfchen Yampupata Mittag zu essen, scheitert daran, dass wir die einzigen Touris sind und das kleine Restaurant für zwei Hansels trotz ausgiebiger Überredungsversuche nicht extra aufmacht. Am Hafen treffen wir eine Familie aus La Paz, erfahren in der nächsten Stunde alles was es Wissenswertes über Bolivien, die Inkas, Cocapflanzen und Titicacasee gibt, werden eingeladen sie in La Paz zu besuchen und können anschliessend die alte Inka-Strasse nicht finden, auf der wir weiterfahren wollen. Dafür finden wir eine alte “Mutti”, die vor einer Hütte neben der Strasse hockt, uns ein paar Waffeln verkauft und sich vermutlich über die ersten Kunden in dieser Woche freut. Weiter geht’s durch die Berge nach Sampaya einem uraltem Dorf auf der anderen Seite der Halbinsel am Hang klebend. Hier ist die Zeit echt stehengeblieben, wir schlendern natürlich nur mit gestricktem Helm aus echter Lamawolle(genau gesagt klettern) durch die Gassen, haben einen phantastischen Blick über den See, mit den schneebedeckten Bergen und Vulkanen dahinter (angeblich der schönste Teil der Anden und natürlich alle 5-,6,-oder mehr tausend Meter hoch), warten eigentlich darauf jeden Augenblick einem Inka zu begegnen und ärgern uns, dass wir nicht mehr Zeit haben. Da wir sowieso völlig eingestaubt sind, entscheidet Marion, dass wir durch die Berge zurück fahren - es geht bis 5000 Meter hinauf, wir müssen öfter halten um Lama- oder Ziegenherden vorbeizulassen, die nach Hause getrieben werden (dürfen wie üblich keine Fotos machen), rollen durch weitere abgeschiedene Dörfer und herrliche Landschaften und bremsen mit dem letzten Zipfel Tageslicht (Scheinwerfer funktioniert ja auch nicht) vor dem glücklichen Besitzer, zahlen eine Stunde nach und sind happy über den tollen Ausflug. Heute gibt’s mal keinen Fisch - wir entdecken ein kleines “Eingeborenen-Lokal”, verschlingen jeder einen Teller voll Fleisch, Bratei, und Reis, hinterher noch eine Suppe und sind anschliessend kugelrund und um 1,80 Euro ärmer. Besser geht nicht!

Montag, 18.07.2011Strandspaziergänger unter sich

Die “Isla del Sol” steht auf dem Plan - die heilige Sonneninsel, wo die alten Inkas schon irgendwelchen Zauber drauf veranstaltet haben. Halb Neun geht das Fährboot - wir müssen uns also entsprechend früh unter den Decken rausschälen um einen Platz zwischen den anderen Touris zu erhaschen. Der Trend geht zu einem sonnigen Plätzchen auf dem Dach - nö, so blöd sind wir nicht, unten ist es viel wärmer. Nach zwei Stunden dürfen alle in Challapampa, dem Nordhafen der Insel von Bord springen, ein paar Häuschen, die üblichen Lama-Mützen-Verkäuferinnen, brutzelnde Imbiss-Muttis (gibt lecker Frühstück), ein klitzekleines Museum und wir dürfen das erste Mal Eintritt für den archäologischen Komplex abdrücken. Der Weg führt an wunderschönen einsamen Sandstränden lang, dann bergauf (natürlich ehemaliger Inka-Pfad) und schliesslich stehen wir vor einer Handvoll alter Steine. Claro, heilige Stätte - hier hat Viracocha, die Indio-Gottheit einst Sonne und Mond angerufen, damit sie die Erde bescheinen. Scheint funktioniert zu haben, zumindest die Sonne scheint gerade. Und weil er hier eh schon mal zu tun hat, hat er auch gleich noch  seinen Kindern Manco Capac und Mama Ocllo, die zwei ersten Inkas, befohlen hier aus und immer schön aufpassen, dass die Touris auch brav bezahlendem Wasser zu steigen. Die müssen bei den Wassertemperaturn elendig gefroren haben, haben vermutlich deshalb fleissig gekuschelt und so kamen viele, viele kleine Inkas dazu. Irgendwer erklärt, was dann die Priester hier später noch so getrieben haben - wir wandern schon mal weiter. Scheinbar hatten die Inkas eine Vorliebe dafür, ihre Wege immer bergauf, bergab zu bauen wir dürfen das heute ausbaden. Irgendwo auf einem Berg steht der nächste Ticketverkäufer, wir müssen für den weiteren Teil der Insel bezahlen. Ok, die Landschaft ist super - da zahlt man doch gerne. Eigentlich sollen hier auch noch alte Steine rumliegen - wir sind etwas desinteressiert und laufen weiter. Ein anderes deutsches Pärchen schliesst sich uns an - wir sind munter am Schladdern. Fast am anderen Ende der Insel dann ein neuer Trick der Inselbewohner - Ticketverkäufer. Ich bin stinkig, halte das für Wegelagerei und will nicht zahlen - meiner Holden gelingt es, mich zu besänftigen. Wir erreichen also mit neuem “Boleto” den Südhafen der Insel, mit berühmter alter Inka-Treppe, die vor lauter darauf rumstehenden Touristen nicht zu sehen ist. Dafür wartet unsere Fähre auf uns, wir bevorzugen wieder den warmen Innenplatz und sind pünktlich zum Sonnenuntergang zurück in Copacabana. Fazit: Wer die Isla del Sol besuchen möchte, sollte es tun - aber dann für zwei, drei Tage (da kann man seelenruhig alleine über die schöne Insel trampeln) und mit Wegelagerern rechnen. Wir gehen erstmal in unser “Eingeborenen-Lokal” was essen! Hinterher noch zum Plaza, von wo Musik kommt - eine Handvoll Männer trinkt Bier, spielt immerzu dieselbe Melodie und einige kugelrunde Muttis tanzen dazu. Zumindest drehen sie sich mit ihren Röcken und Hüten im Kreis.

Dienstag, 19.07.2011wenn das mal gut geht

Abschied von Copacabana, wir haben noch etwas Zeit und schlendern noch mal zur Kathedrale, wo wie jeden Tag etliche buntgeschmückte Autos stehen, um vom Priester gesegnet zu werden. Daneben üblicherweise die ganze Familie, die das Gefährt anschliessend mit reichlich Sekt oder Bier begiesst und dann dazu übergeht den Rest selbst zu verkonsumieren. Scheint was zu bringen - wir haben bisher noch keinen Unfall gesehen. Gegen Mittag geht’s dann los mit dem Bus, nicht allzu weit, erstmal kommt ne Fähre. Sieht etwas abenteuerlich aus die motorisierte Holzschute - glücklicherweise werden die Passagiere aber mit einem Motorboot übergesetzt. Beides kommt heil auf der anderen Seite an, zwei Stunden später erreichen wir auch schon La Paz. Phantastischer Anblick, die höchstgelegene Hauptstadt nicht viel zu sehen vom Plazader Welt liegt in einem riesigen Kessel, die braunen Häuser scheinen die Hänge hochzukriechen, über allem thront der “Illimani”, ein schneebedeckter 6439 m hoher Berg mit vier Gipfeln. Der Bus quält sich nach unten, wir stehen mit unseren Rucksäcken mit mal neben einem Friedhof und chartern erstmal ein Taxi ins Zentrum. Das ist nur ein paar Strassen weiter, wir sind sicher den doppelten Preis zu zahlen - egal, wir machen uns auf Hostelsuche. Nicht so einfach mit dem Gepäck in dem Trubel, aber wir werden fündig. Zeit für eine erste Stadtbesichtigung, Regierungspalast, noch ein Palast, jede Menge Kirchen - macht echt Spass hier. Abendessen in einem kleinen Lokal, wir sind die Exoten und werden von den übrigen Gästen mit den hiesigen Trinkgebräuchen vertraut gemacht. Man trinkt “Negra”, eine Art Grappa - wir schaffen es heil zurück ins Hostel!

Mittwoch, 20.07.2011Lama taugt nicht nur zum Mützenhäkeln

Seit zwei Tagen ströpen wir durch La Paz. Marion hat ihren Reiseführer konsultiert und schleppt mich zu diversen Sehenswürdigkeiten. “Virgen de La Paz”, Kathedrale, noch ne Kirche, darin jede Menge Heilige - wir sind froh endlich im Alltagsstrassentrubel zu landen. Die historischen Gassen mit den etwas maroden Kolonialhäusern, der "Hexenmarkt", wo es vom Lama-Fötus über allerlei Kräuter und Räucherstäbe so ziemlich alles zu kaufen gibt was der moderne Haushalt so braucht, die vielen angrenzenden Strassen, beidseitig zugestellt mit Verkaufs- und Imbissständen, wo man zu Fuss schon Mühe hat sich durchzuquetschen - hier quälen sich auch noch laut hupend die betagten Busse und Autos durch. Das Ganze nennt sich "Mercado Negro", ist aber gar nicht schwarz, sondern quirlig und kunterbunt und heisst auch nur so weil die Betreiber keine Steuern zahlen. Wird von der Stadt aber toleriert, zum Glück - hier kann man sich stundenlang und immer wieder durchschieben. Macht einfach Spass! Wir haben auch eine Handvoll "Outdoor-Läden" entdeckt, genug Trekking-Touren werden hier ja auch angeboten und wer sich durch Berg und Tal scheuchen lassen will, muss sich ja auch zünftig einkleiden können. da quäln sich auch noch Busse durchMarions kritischer Blick auf meine abgelatschten Schuhe treibt uns dann auch hinein. Ich entdecke tatsächlich das selbe Paar Schuhe, wir lassen uns schnell von einem Automaten mit Geld versorgen, Marion entfernt von den alten Tretern schon mal die Schnürsenkel während ich stolz in die neuen steige. Sie ist gerade fertig, ich nicht - am linken Schuh ist eine Öse falsch rum eingenäht - unmöglich, den Schnürsenkel dahinter zu klemmen. Da hilft auch kein Preisnachlass, ohne Schnürsenkel taugt der Schuh nun mal nix. Also alles wieder retour - morgen haben sie ein anderes Paar da. Haben sie tatsächlich - allerdings ist da irgendwas schlecht vernäht, er drückt - natürlich auch der linke Schuh. Wir durchstöbern alle anderen Läden - entweder gibt’s MEINEN Schuh nicht, oder falsche Grösse - und immer wenn wir fündig werden, hat der einen Fehler. Für die Betreiber nie ein Problem - wir sollen warten und zehn Minuten später präsentieren sie Ersatz. Allmählich merken wir, dass sie sich lediglich aus den benachbarten Läden einen Schuh borgen, die wir dann natürlich schon kennen und sofort auf den jeweiligen Verarbeitungsfehler zeigen können. Logischerweise immer am linken Schuh - wir brechen das Projekt ab, meine alten Treter müssen eben noch durchhalten. SonnentorZwischendurch gibt es an einem der unzähligen Strassenstände frischgepressten Orangensaft wegen der Vitamine, irgendwas Gebrutzeltes wegen dem knurrenden Magen oder Coca-Blätter, weil die für alles gut sind. Etwas wehmütig stehe ich vor den Angeboten für Mountainbike-Touren über die "Death Road" - die gefährlichste Strasse der Welt - aber wir sind beide noch bös am Kröchen, also fällt das aus.

Donnerstag, 21. 07.2011

Mal wieder Kultur heute, wir machen uns auf den Weg nach "Tiahuanaco". Das heisst, erstmal mit einem Taxi zu einem kleinen Terminal, von wo aus "Colectivos" starten, die einen nach zwei Stunden an der alten Stadt rauswerfen - Boliviens bedeutendste archäologische Stätte und das, obwohl bisher erst ein Bruchteil ausgegraben wurde. Hier haben in ihren besten Jahren die Aymara rumgelungert, nebenbei einen Grossteil Südamerikas beherrscht und das lange vor ... noch fleissig am Ausbuddelnden Inkas, zu einer Zeit, als in Europa noch überall die Bären rumliefen. Das beeindruckendste Ereignis findet hier jedes Jahr am 21.Juni statt, wenn hunderte traditionelle Priester mit einer Zeremonie das neue Aymara-Jahr begrüssen - dieses Jahr das 5519.! Also stapfen wir auch munter durch die Anlage, viel zu sehen ist nicht - man ist noch fleissig am Ausbuddeln. Ein Stück Acapana-Pyramide, ein bisschen Tempel, das verzierte Sonnentor, in Stein gehauene Kammern, von deren Wänden Gesichter herunterstarren, ein paar Götzen - nach zwei Stunden sind wir überall mal rumgetrampelt. Wir nehmen wieder ein "Colectivo", der Fahrer ist diesmal Formel 1 Fan und liefert sich mit anderen Kleinbussen spannende Rennen. Überholmanöver werden selbst bei entgegenkommenden Trucks nicht abgebrochen, die Fahrgäste nehmen mit Angstschweiss auf der Stirn zur Kenntnis, dass zur Not auch drei Fahrzeuge nebeneinander passen. Wir sitzen ganz vorne neben dem Fahrer - beste Rennübersicht - sehr zu Marions Leidwesen, sie ist froh, als wir endlich in La Paz ankommen.was glotzt ihr so

Sonnabend, 23.07.2011

Irgendwie kommen wir nicht so richtig los von der Stadt - macht auch einfach echt Spass hier. Zwecks guter Rundumsicht schleppt Marion mich auf zwei Berge. Der erste ist tatsächlich zum Runterglotzen gedacht - auf dem zweiten zahlen wir brav einen Eintritts-Obulus und stehen mitten in einer Schar tobender Kinder. Ein riesiger moderner Spielplatz über der Stadt - wir tun so, als ob wir unsere Enkel suchen. Wir wandern zum Gefängnis von La Paz, das von den Insassen selbst verwaltet wird und zeitweise auch zu besichtigen ist. Heute nicht, uns fehlt scheinbar der entsprechende kriminelle Background - im Gegensatz zu den Jungs die gerade mit ihren Handschelle hineindürfen. Der moderne Teil der Stadt ist schnell abgehakt, Hochhäuser, Geschäftsstrassen, Parks - alles modern eben, nichts für uns. Dafür gibt’s im Rest immer wieder was neues zu entdecken, wir treffen einige Bekannte aus Chile und Peru wieder, Marion lässt sich die Sohle ihrer Lieblingsschuhe von einem Schuster wieder annähen (schön von Hand, für 1,50 Euro), wir schlucken tapfer Hustensaft und schlucken Halstabletten, kaufen Bustickets nach Uyuni, essen lecker an jeder Menge Strassenimbisse, freuen uns immer wieder über die Bordkassenfreundlichen Preise hier, packen unsere Rucksäcke um, "parken" den grossen wieder im Hostel und stehen mit leichterem Gepäck, Mütze, Handschuh und langen Unterhosen pünktlich zur Abfahrt am Abend am Busterminal. Ziemliches Durcheinander hier, unser Bus fährt nicht wann er soll, am Ende dann aber doch, nur dass es ein anderer ist und es werden sogar Decken verteilt!

Sonntag, 24.07.2011links nichts los ...

Das mit den Decken war ja ganz nett, aber bei weitem nicht ausreichend - es war a...kalt - zum Glück hatten wir unsere Schlafsäcke mit. Dazu übelste Piste, was die Sache mit dem Schönheitsschlaf auch nicht gerade erleichterte und der Fahrer bricht den Streckenrekord - wir stehen zwei Stunden früher in Uyuni. Was sollen wir hier bei fetten Minusgraden früh um Fünf? Das leuchtet dem Fahrer auch irgendwie ein - wir dürfen bis um Sieben im Bus sitzen bleiben. Dann aber Rausschmiss, wir können trotz Unterhosen gar nicht so schnell zittern, wie wir frieren - die meisten Fahrgäste werden von ihren Agenturen zur vorgebuchten Salzwüstentour abgeholt und die verbliebene Handvoll wird von dick eingemümmelten Tour-Verkäufern umringt. Wir haben keine Lust gleich zu starten und suchen uns mal eben ein Hostel. Darin ist es genauso kalt wie draussen, wir werfen uns in voller Montur unter die Decken und schnarchen erstmal ein paar Stunden. Gegen Mittag sieht es auch gleich viel freundlicher aus - der Ort nicht unbedingt, aber es scheint die Sonne und ist halbwegs warm und nach Frühstück und Kaffee machen wir uns auf zwecks Stadtbesichtigung. Uyuni bedient perfekt das Klischee einer verlassenen, staubigen Westernstadt - passend dazu nicht mehr benutze Bahngleise, einige abgestellte Bahnwaggons und vermutlich würde sich kein Mensch hierher verirren, wenn es nicht Ausgangspunkt für den Besuch... rechts auch nicht der nahegelegenen "Salar de Uyuni" wäre, dem grössten Salzsee der Welt. Trotz mangelnder Besichtigungsobjekte geniessen wir die Wanderung in der warmen Sonne bis wir feststellen, dass es langsam Zeit wird, eine Agentur zwecks Tour heimzusuchen. Davon gibt es im Ort reichlich - eigentlich scheint der halbe Ort aus Reiseagenturen zu bestehen, die eigentlich alle die selben Fahrten mit Geländewagen in die Salzwüste und durch die spektakuläre Wüstenlandschaften des Altiplano anbieten. Die Kunst besteht nur darin, eine zu erwischen, die auch halbwegs das hält, was sie verspricht, deren Fahrzeuge den Trip durchhalten (reichlich betagt sind sie alle) und dessen Fahrer die Fahrt auch nüchtern bewältigen. Die Dreitagestour ist z.Zt. ohnehin nicht möglich, da das Grenzgebiet zu Chile wegen Schnee nicht befahrbar ist - kommt uns aber entgegen, Geysire und und Gebirgsseen hatten wir ja in San Pedro schon bestaunt. Am Ende entscheiden wir uns für eine Zweitagestour mit einer Agentur, wo wir zumindest frisch ausgehängte Kommentare von Tourteilnehmern eine gewisse Referenz bieten. Schaun wir mal!

Montag, 25.07.2011die hatten schon bessere Tage02

Zusammen mit einem französischem und einem kanadischem Pärchen, nebst jungem, erfahrenem, englischsprachigem Fahrer soll die Tour um Zehn starten. Um halb Elf stehen wir immer noch vor der Agentur, neben uns eine polnische Familie und Morillo aus Brasilien - von Auto und Fahrer keine Spur. Die Agenturchefin telefoniert nervös - guter Start! Eine halbe Stunde später tauchen beide auf, wir können unser Gepäck aufs Dach werfen und Luiz, unser Fahrer, tritt entsprechend seinem fortgeschrittenem Alter auf´s Gas - gaaanz behutsam. Ausserdem muss er auch erst noch Essen abholen, sich von seiner Familie verabschieden, tanken, ... um Zwölf geht’s endlich los. Erster Halt am “Cementerio de los Trenes”, 3 km hinter der Stadt. Dutzendevon wegen Schnee - alles Salz!02 alte Lokomotiven rosten hier in der Wüste auf den nicht mehr genutzten Gleisen ihrem völligem Zerfall entgegen. Macht Spass drauf rumzuklettern und auf jeden Fall cooles Fotomotiv. Luiz fällt ein, dass er noch mal zurück nach Uyuni muss, irgendein Dokument abholen, dann fahren wir endlich wirklich zur Salzwüste. Kurzer Stopp an einem Dorf am Rand, die Einwohner leben vom Salzabbau und natürlich davon, den durchkommenden Touris ihr Selbstgestricktes anzudrehen. Marek und Anna, unsere polnischen Reisebegleiter, erstehen erstmal eine Flasche Wein - die wird rumgereicht - das schafft Kontaktestachlige Insel02 und lockert die Atmosphäre. Dann rollt der Jeep endlich aufs Salz. Die grösste Salzfläche der Erde, im Schnitt zehn Meter, teilweise bis zu dreissig Meter dick - soweit das Auge reicht, in allen Richtungen nur eine krustige weisse Fläche. Wir machen einige Stopps, jede Menge Fotos und halten irgendwo an einem aus Salz gebautem Häuschen zwecks Mittagessen. Etliche weitere Jeep-Besatzungen sind hier auch am Mampfen, andere versuchen, die unmöglichsten Posen aufs Foto zu bannen, einige Fahrer basteln jetzt schon an ihren Fahrzeugen. Wir düsen weiter übers Salz, bis zur “Isla des Pescadores”, einer Insel mitten in der Salar, bewachsen mit riesigen Kakteen. auf Pachamama - die MuttererdeKrasser Anblick - wir verzichten darauf, über die kleine Insel zu trampeln (die Kakteen hatten wir auf der chilenischen Seite schon zu Genüge bestaunt) und geniessen einfach nur die phantastische Landschaft. Salzseen hatten wir ja schon vorher gesehen, aber das hier ist einfach unbeschreiblich! Nach weiteren zwei Stunden Fahrt stehen wir kurz vor Sonnenuntergang am anderen Ufer des Sees vor einem flachen Häuschen - unser Salzhotel. Die äussere Optik täuscht, innen ist es echt gemütlich und relativ warm. Wir sind nicht die einzige Truppe, die hier absteigt, aber die mit Abstand lustigste. Das Abendessen ist lecker, zusammen mit Marek und Anna plündern wir die Weinvorräte der Küche, unser brasilianischer Student wird immer munterer und Luiz müssen wir in Anbetracht seiner morgigen Fahrertätigkeit bremsen, permanent auf “Pachamama” und “Pachapapa” anzustossen.

Dienstag, 26.07.2011... sieht irgendwie nicht mehr gut so aus

Wir schaffen es tatsächlich alle, wie verabredet pünktlich zum Sonnenaufgang draussen am See zu stehen. Ist dann aber weniger spektakulär als erwartet - dafür sind wir die ersten beim Frühstück. Schlafsäcke zusammenrollen, Rucksäcke aufs Dach werfen, weiter geht’s noch ein Stück durch die Salar, dann verlassen wir diese, um übers Altiplano zu rollen - einer Wüstenlandschaft mit ein paar Bergen drumherum. Die Dinger sind alle 5-6 Tausend Meter hoch - sollte uns eigentlich mehr beeindrucken, aber alles eine Frage der Perspektive, wenn mann schon auf 4000 Meter ist, macht es nicht mehr ganz soviel her. In der Nähe eines Dorfes werden wir abgeworfen, hier befindet sich ein alter Indianerfriedhof. Jede Menge Steinhügel, die ausgehöhlt wurden und in die Tote als Mumie reingesetzt wurden. Für mich sehen die aus wie Skelette mit ein bisschen Stoff drumrum - genau das Richtige, was man so kurz nach dem Frühstück braucht. Weiter geht’s, die Landschaft wird abwechslungsreicherzu faul zum laufen - das verhindert das allmähliche Entschlummern der Fahrzeuginsassen. Wir rollen ewig über irgendwelche Gebirgspisten, mir ist schleierhaft, woran Luiz sich bei den überall abzweigenden Fahrspuren orientiert, der Toyota hat auch keine Lust mehr und ist müde am Röcheln - da erreichen wir doch unser nächstes Ziel, eine Laguna. Natürlich über 4000 Meter hoch, schneebedeckte Berge drumrum, Flamingos drin und MÖWEN darüber. Wenigstens das ist eine Überraschung. Ok, wir sind durch unsere bisherigen Touren durch die Anden etwas verwöhnt, die anderen laufen begeistert umher, Luiz ist die Lustlosigkeit seines Fahrzeugs relativ egal - zusammen mit einem anderen Fahrer hocke ich unter der Motorhaube, der findet den Fehler und Luiz kocht Mittag. Passt doch. Wir zuckeln - jetzt wieder etwas schneller - weitere Stunden durchs Gebirge, halten an einigen tollen Plätzen, bewundern mehrere Vulkane, posieren vor bizarr geformten Felsen in einem Tal, sind froh, dass wir keine drei Tage im Auto sitzen müssen und rollen irgendwann auf einer richtigen Strasse wieder Uyuni entgegen. Kurz vor Sonnenuntergang, 10 km vor der Stadt ist das Benzin alle, wir basteln einen Flaschentrichter für den Reservekanister, hindern Luiz daran, diesen wie hier üblich nach Gebrauch einfach in die Landschaft zu schmeissen und stehen kurz nach Siebenzwischendurch mal lüften endlich wieder vor der Agentur. Die Chefin hat Wort gehalten und hat zwei Bustickets nach Potosi, sowie eine Hostelreservierung für uns. Schnell schreiben wir ihr noch eine Reisebeurteilung für ihre Pinnwand, der Bus fährt in einer halben Stunde - die Verabschiedung reihum fällt entsprechend etwas kürzer aus. Der Bus steht schon da, diesmal wird das Gepäck aufs Dach geladen, wir lassen uns in unsere Sitze fallen - endlich mal sitzen! - und werden wieder aus dem Bus geholt. Wir müssen mit einem anderen Bus fahren, eine Stunde später - dafür sei der bequemer. Das ist ein Argument, also Gepäck wieder runter und warten. Der andere Bus kommt, ist bequemer, was insofern vorteilhaft ist, dass er fast drei Stunden länger braucht, als geplant - um Zwei sind wir in Potosi! Zum Glück wissen wir diesmal schon, wo wir hinwollen, haben eine Reservierung und Taxis, die den Weg kennen stehen auch rum. Wir landen im luxuriösesten Zimmer, das wir bisher hatten, spülen uns unter der Dusche den Wüstenstaub ab und kriechen in die Koje. Nacht!

Mittwoch, 27.07.2011hier gibts sogar Mülleimer

Potosi ist nicht nur die höchstgelegene Stadt, sondern besitzt auch die höchstgelegene Brauerei der Welt. Wenn das kein Grund ist da mal hinzufahren ... Potosi liegt auf gut 4000 m Höhe im Schatten des “Cerro Rico”, dem “Reichen Berg” und wurde nur wegen dessen Silbervorkommen hier gegründet. Davon gab`s soviel, dass die Stadt im 17. Jahrhundert nicht nur eine der grössten der Welt war, sondern auch eine der reichsten. Irgendwann war dann mit dem Silber Schluss, geblieben ist eine gut erhaltene historische Altstadt, mit jeder Menge Kirchen, Kathedrale und alter Herrenhäuser.Bordfrau fügt sich gut in die Reihe ein Für uns gibt’s also genug zu sehen, einige Stunden schlendern wir durch die Strassen und Gassen, staunen hier, bewundern da, buchen eine Tour für morgen, lassen uns von kugelrunden Aymara-Muttis am Markt beköstigen, klettern auf einen Turm um von oben auf die Dächer zu glotzen, füllen in einer Farmacia unsere Hustensaftvorräte auf, trinken bei einer anderen Indio-Mutti irgendwelches zusammengemixtes Gebräu gegen alle Krankheiten dieser Welt, finden keine geöffnete Kneipe um endlich ein “Potosina” zu probieren, schlagen uns am Market, weil’s so lecker war, noch mal die Bäuche voll und verschwinden irgendwann zwecks Schönheitsschlaf  wieder in unserer Edelsuite.

Donnerstag, 28.07.2011... wir brauchen Coca, Fusel, Zigaretten, Dynamit, ...

Der Berg ruft! Kurz nach Acht werden wir vorm Hostel aufgesammelt, nebst einigen weiteren Touris neu eingekleidet, Hosen (fast 5 Nummern zu gross, hält dank Gürtel aber), Stiefel an, Helm auf, Lampe dran und los geht’s. Erst mal zum “Miners Market”, hier gibt’s von Cocablättern, Zigaretten, 98%-igem und Dynamit alles was ein Minero so braucht - wir erstehen mal von jedem etwas, als Mitbringsel für die Kumpel, die wir jetzt besuchen wollen. Es geht hinauf zum “Cerro Rico”, dann stehen wir vor unserem “Loch” in den Berg - wir zwei, ein Brasilianer, ein Kalifornier und ein ehemaliger Minero als Guide. Wir “verkosten” schnell noch den 98%igen (Mut antrinken?) Platzangst sollte man hier nicht haben, auf zwei schmalen Schienen stolpern wir im Licht der Helmlampen in den dunklen, schmalen Gang. Die hölzernen Stützen sind teilweise weggeknickt, macht nichts, später sind gar keine mehr da. Ab und zu tauchen beladene Loren auf, jede 1,5 Tonnen schwer, geschoben von zwei Mineros, die sich jedesmal freudig von unseren Mitbringseln bedienen.gehts da noch weit runter Überall zweigen Stollen ab, auf Leitern klettern wir immer tiefer, verschwinden hier durch ein Loch, krabbeln da durch einen Gang und wir hoffen, dass unser Guide sich noch auskennt. Ab und an treffen wir Mineros, müssen unseren Hochprozentigen mit ihnen teilen - erster Schluck auf den Boden für “Pachamama”, zweiter in den Mund, kauen wie wild Cocablätter, können in der staubigen Luft kaum atmen, erfahren, dass jährlich etwa 40 Bergleute hier durch Unfälle sterben (was unser Wohlbefinden nicht unbedingt steigert - warum erzählen sie uns das nicht wenn wir wieder draussen sind?), dass keine Sprengungen in der Mine stattfinden, wenn Besucher drin sind - in den Nachbarminen schon. Es rummelt und kracht mehrfach gewaltig, rieselt von der Decke, in irgendwelchen dunklen Gängen hört man Gestein runterpoltern. Unter Tage hat sollte sie immer tragen, so`n Helmder liebe Gott nichts zu melden, hier herrscht der Teufel, “El Tio” genannt - genau wie die Mineros opfern wir ihm schnell ein paar Zigaretten, ne Handvoll Cocablätter und einen kräftigen Schluck. Drei Stunden, stolpern, kriechen und klettern wir durch die dunklen, engen Schächte - unser Führer findet den Weg zurück, wir sind happy, wieder draussen in der Sonne zu stehen, holen erstmal ganz tief Luft und sind uns einig: Unvergessliches Erlebnis, aber noch mal brauchen wir das nicht! Diesmal finden wir endlich unseren “Potosina” -Stand - Prost! - gegen die Staublunge und überhaupt.  Wir schlendern noch ein bisschen durch die Stadt, beschliessen, die “Casa Real de Moneda”, die ehemalige Münzanstalt nicht zu besuchen - drei Stunden Führung durch das gewaltige Gebäude sind uns doch zuviel Kultur für heute - tun noch mal was gegen die Staublunge, erstehen ein paar Original-Potosi-Silber-Ohrringe für zukünftige Kap-Umrundungen, lassen uns von den Marktmuttis kulinarisch verwöhnen und geniessen das nächtliche Potosi.

Freitag, 29.07.2011weisse Stadt

Auf Wunsch einer einzelnen Dame geht`s noch nicht zurück nach La Paz, wir machen einen Schlenker über das nahegelegene Sucre. Ehemalige Hauptstadt von Bolovien, nennt sich immer noch so - die “weisse Stadt” laut Marions Reiseführer. Nach vier Stunden Busfahrt sind wir da, von weissen Häusern ist erstmal nichts zu sehen. Das ändert sich als wir mit dem Taxi im historischen Zentrum landen. Wir mieten uns in einem Hostel gegenüber der riesigen Markthalle ein - das garantiert Trubel vor der Haustür und kurze Wege zum Essen. Es ist erstaunlich warm, 1000 Meter Höhen- machen mal 6 Grad Temperaturunterschied und die Sonne scheint sowieso immer. Einige Touris laufen in T-Shirt rum, wir bevorzugen weiter unsere Jacken, genau wie die Indiomuttis, die unbeeindruckt in ihren Röcken, Decken und Hut rumsitzen. Ein bisschen durchs Zentrum laufen, weisse Häuser bestaunen, auch weissauf der Plaza sitzen, Schuhputzer und Mützenverkäufer abwimmeln, durch die Markthalle schlendern, sich an einem der vielen Stände zwecks Abendessen niederlassen - dann ist der Tag auch schon gelaufen.

Sonnabend, 30.07.2011

Marion ist etwas deprimiert - ihre Eltern feiern heute Goldene Hochzeit und die kann dort nicht mittanzen. Also durchstreifen wir etliche Telefon- und Internetläden zwecks Anruf. Das ganze mehrere Stunden und erfolglos - ihre Stimmung wird dadurch nicht besser. Ich errege mit meinen abgelatschten Trekkingschuhen weiter das Mitleid der vielen Schuhputzer - einer will sie mir sogar umsonst putzen, scheitert aber genauso an meinem hartnäckigen Widerstand. Die “weisse Stadt” beschränkt sich auf eine Handvoll Strassen die sind schnell abgewandert, wir versuchen unser Glück nochmal zwecks Anruf - wieder nix - lümmeln auf der Plaza rum, Frühstück-, Mittag- und Abendessen in der Markthalle, bummeln weiter rum, .... und könnten eigentlich weiterfahren, wenn morgen nicht Sonntag wäre...

Sonntag, 31.07.2011... Brot ham wir, Saft ham wir, irgendwas fehlte doch noch.

... denn jeden Sonntag ist Markttag in Tarabuco, die Indios der Umgebung kommen zu Fuss, auf dem Esel, der Lkw-Ladefläche oder per Bus hierher um alles Mögliche zu kaufen, verkaufen oder zu tauschen und da müssen wir natürlich auch hin. Wir bevorzugen den Bus, nach zwei Stunden Fahrt sind wir da. Der Ort ist klitzeklein und heute rammelvoll. Hunderte Indiofamilien sitzen oder drängen durch die engen Gassen, beidseitig alles voller Verkaufstische, Brutzelstände - Getreidesäcke, neben bunten Klamotten,  Hokuspokus-Zubehör neben gerupften Hühnern oder ungerupften Flamingos und Adlern (!), alte Kofferradios neben aus Autoreifen gefertigten Sandalen, ... Marion ist am Nörgeln über den Geruch meines seit über einer Woche getragenen Pullovers und beschliesst, mich neu einzukleiden. Leider differieren Indiomode und mein Geschmack etwas - für den Rest des Tages laufe ich mit einem bestickten Folklorehemd rum. Dafür rieche ich jetzt besser behauptet meine Angebetete. Macht einfach Spass sich durch das Gewusel zu zwängen, ... nehm wir heute Flamingo oder Adlerdie Leute in ihren verschiedenen Trachten beim Feilschen zu beobachten, Cocatee zu trinken, ... und zu versuchen, unauffällig einige Bilder aus der Hüfte zu “schiessen”- wie üblich mögen es die Leute nicht, von den Gringos fotografiert zu werden. Nachmittags sitzen wir dann wieder im Bus nach Sucre, bummeln dort noch ein wenig rum, haben Mühe, ein Abendessen zu finden (die Markthalle hat sonntags zu), treffen zufällig Charly, der mit seinem Boot gemeinsam mit uns in Buenos Aires lag (klein ist Südamerika ;), holen unsere Rucksäcke aus dem Hostel und fahren zum Busterminal zwecks Weiterreise nach La Paz. Und weil Busfahren in Bolivien so schön billig ist, haben wir uns diesmal das Beste vom Besten gegönnt - “Cama”, Liegesitze für die zwölfstündige Fahrt!

Montag. 01.08.2011

Blöde Idee, mein Sitz ist kaputt - jedesmal wenn ich mich im Schlaf umdrehe, fällt er auseinander, ich darf aufspringen, ihn wieder zusammenstecken und raube Marion damit genauso den Schlaf. Entsprechend zertreten kommen wir also um Sieben in La Paz an und belagern gleich mal die verschiedenen Ticketverkäufer zwecks Bus nach Buenos Aires. Allzu viele haben so früh noch nicht geöffnet, wir werden trotzdem fündig. “Panamericana” verspricht, dass wir mit ihnen in gut 50 Stunden in der argentinischen Hauptstadt sind - wir kaufen zwei Tickets für morgen. Per Taxi ins Hostel, unser grosser Rucksack steht noch dort in der Abstellkammer (freu!!), wir packen die kleineren dazu und ziehen erstmal los frühstücken. Der Markttrubel auf den Strassen hat schon begonnen, wir sitzen mitten in einem Kreisverkehr, im Rücken rollen die Busse und Autos hupend vorbei und wir verschlingen genüsslich frisch gebrutzelte “Api” und schlürfen Kaffee dazu. So gestärkt können wir auch unser Zimmer in Beschlag nehmen, Marion holt per Skype ihre Anrufe nach, überlegen, was wir mit unseren Coca-Vorräten so machen, wieviel Platz wir noch in den Rucksäcken haben und machen uns auf Shoppingtour in den geliebten Trubel der Stadt. Hosenkauf für den Käpt`n (der hat aber auch einen Verschleiss!!) - unsere Vorstellungen bezüglich der Farbe weichen stark voneinander ab - es wird die von Marion bevorzugte dunkle Hose, neuen Pullover braucht er auch - scheitert an meinem energischen Widerstand, die ausgestellten Dinger zu tragen, ein bisschen Silber und Geschmeide für die Frau, Hustendragees, Zigaretten, Steingötze, brauchen wir eigentlich noch neue gehäkelte Mützen?, aus Spass nerven wir noch mal erfolglos die Schuhverkäufer, ... besuchen das Coca-Museum, wo man alles erfährt, was man über die Pflanze so wissen muss, essen lecker in den Marktbuden und stellen fest, dass der Tag viel zu schnell zu Ende geht. Um Zehn packen wir im Zimmer unsere Rucksäcke, sind überrascht, dass wir alles reinkriegen und sind jetzt ein wenig traurig, aus Bolivien abzureisen.

Freitag, 05.08.2011

Über drei Monate waren wir jetzt unterwegs, haben Naturwunder bestaunt, Städte bewundert, verschiedene Länder besucht, neue Freunde getroffen - die Schuhe sind abgelatscht, die Rucksäcke schwer - Zeit, nach Hause zu fahren. Dienstag Mittag stehen wir pünktlich am Bus, der sieht schon etwas abenteuerlich aus, wir sind die einzigen Gringos. Die Abfahrt verzögert sich, einige der kugelrunden, buntberockten Muttis versuchen riesige Bündel in die Gepäckabteile zu stopfen - der Busfahrer weigert sich mit Hinweis auf das zulässige Gesamtgewicht - für die Muttis ist das natürlich kein Argument - eine halbe Stunde dauert das Gezeter, claro, der Fahrer verliert, die Bündel kommen mit. Entgegen unserer Befürchtung hält das betagte Fahrzeug tapfer durch, der Fahrer hält zwar öfter an, um irgendwo dran rumzuklopfen, aber am nächsten Morgen stehen wir pünktlich in Villazon, der bolivianischen Grenzstadt.  Wir müssen unsere Bustickets umtauschen, haben zwei Stunden Zeit Frühstück zu essen und unsere restlichen Bolivianos zu verjubeln, dann können wir die Rucksäcke in einen neuen Bus werfen und nachdem auch geklärt ist, welcher Passagier auf welchen Sitz gehört, geht’s weiter. Aber nur fünf Minuten, da stehen wir an der Grenze. Und das tun wir auch für die nächsten vier Stunden - eine halbe davon brauchen wir vielleicht für Aus- und Einreisestempel um den Zoll unsere Rucksäcke abtasten zu lassen und dem Arzt beim Gesundheitscheck Rede und Antwort zu stehen die letzten Meter(Haben sie irgendwelche Seuchen oder sonstige Leiden? Nein! Ok - Batsch, Stempel), die restliche Zeit stehen wir echt sinnlos in der Sonne. Endlich wieder einladen, in die Sitze plumpsen, der Bus gehört einer argentinischen Gesellschaft, hat eine Klimaanlage und der Fahrer ist sehr stolz darauf. Das Ding wird bis zum Anschlag aufgedreht, draussen scheint ja schliesslich die Sonne, im Inneren sitzen alle in Mützen, Jacke und Decken gehüllt. Dafür ist die Landschaft wieder mal super, die Sitze bequem - nur der Bus quält sich merkwürdig langsam vorwärts. Mitten in der Nacht rollen wir in irgendeine Stadt, dort in ein Busdepot und gleich weiter auf die Werkstattrampe. Aussteigen ist nicht, zehn Minuten soll die Reparatur dauern - eine Stunde wird es dann, zur Besänftigung der Fahrgäste werden gleich zwei Mahlzeiten auf einmal ausgeteilt. Dafür geht die Fahrt dann mit deutlich höherem Tempo weiter. Die Landschaft am nächsten Morgen ist echt einschläfernd - flach, flach, links Wiese, rechts Wiese, ab und zu eine Kuh oder ein Traktor. Sieht aus wie Meck/Pomm, nur hört das hier nicht auf. Irgendwann aber doch, wir rollen abends in Buenos Aires ein, stehen in der Rush-hour und sind gegen Acht dann endlich auf einem Busterminal. Die meisten Bolivianer steigen hier aus, wir wollen noch bis zum Hauptterminal “Retiro” weiter, da entdecke ich an einem Schalter ein Schild “Necochea”. Ich stürze hin, erfahre dass heute noch ein Bus ohne Wortedorthin geht, Marion kauft zwei Tickets und ich kann im letzten Augenblick das Gepäck aus unserem Bus zerren. Supi, sparen wir uns den Weg über Mar del Plata. Die zwei Stunden Wartezeit nutzen wir um gleich mal unser erstes argentinisches Steak zu essen. Auch nicht schlecht! Der Bus ist fast leer, “Cama”, wir lassen uns auf den super bequemen, breiten Liegesitzen nieder, die fallen nicht auseinander, der Bus ist beheizt - wir schlafen so gut wie sofort ein und durch bis Necochea! Um Sieben stehen wir in der Kälte, erstmal einen Kaffee nebst Croissant (heissen hier “Medialuna”), dann müssen wir dem Taxifahrer zeigen, wie man zum Yachtclub fährt, werfen unser Gepäck ins Clubgebäude, paddeln mit einem am Steg angebundenem Bötchen zur “Mira”, zotteln unsere eigenes Schlauchboot nebst Aussenborder ins Wasser, bringen Fremdbötchen wieder zurück, laden unsere Rucksäcke ein UND SIND NACH 69 STUNDEN FAHRT ENDLICH WIEDER ZU HAUSE!!! Das ist jetzt aber ein Glas Wein wert - und anschliessend hau´n wir uns erstmal in die Koje!

Sonnabend, 07.08.2011

Gestern haben wir uns zwecks Nahrungsbeschaffung abends dann noch ans Ufer begeben, sind auf dem Rückweg Pablo in die Arme gelaufen, werden gleich mal reingezerrt und vor eine Flasche Wein gesetzt, erfahren alles was es im Club an Neuigkeiten gibt (ist nicht viel), dürfen anschliessend ausführlichst berichten, neue Flasche, wir sind froh, dass wir unseren Einkauf vorher erledigt haben und gegen Mitternacht in der Koje. Heute dann das Boot entkeimt, bewährte Arbeitsteilung - ich draussen, Marion drinnen - haben den Inhalt der Rucksäcke im Schiff verteilt, ich habe unserem Rechner neues Leben eingehaucht, die Welt wissen lassen, dass wir noch leben, Marion hat dafür die verteilten Klamotten ihrer eigentlichen Lagerstätte zugeführt und lecker Essen bereitet. Abends sind wir dann rüber in den Club, alle wollen umarmt werden, wissen was wir wo getrieben haben und zwecks Belebung des Clublebens legt der Presidente fest: Montag Abend Bildervortrag!

Montag, 09.08.2011Empanada-Massenproduktion

Seit gestern pestet sich Marion vor ihrem Rechner, um aus über 2500 Fotos eine erträgliche Anzahl für den Vortrag rauszusuchen. Mir geht`s nicht besser - ich sitze vorm anderen Rechner, neben mir verteilt unzählige Notizzettel und  versuche, die fehlenden sechs Wochen auf der Website nachzutragen. Üble Jobs, jeder schimpft leise vor sich hin, aber zumindest Marion wird pünktlich fertig. Wir düsen nebst Computer an Land, dort hat bereits eine rege Betriebsamkeit eingesetzt. Heute soll es Empanadas geben, scheinbar für den halben Ort, die Frauen starten eine Massenproduktion. Teig ausrollen, Füllung rein, zuklappen, umrödeln, fertig ... der Nächste! Um die Chance auf einen heutigen Beginn des Fotovortrages zu erhöhen, beteilige ich mich irgendwann mit Pablo an der Produktion - ich finde meine Modelle besonders dekorativ. Die fertigen Teile werden dann teils in Öl geworfen, teils in den Ofen geschoben - die rumsitzenden Männer stopfen das Endprodukt mal schon immer in sich rein. Ruhe jetzt, gleich geht`s losAllgemeines Gemampfe setzt ein, dazu Bier, Rotwein - alles ist am Labern, bis der Presidente irgendwann das Signal gibt: Jetzt Fotos! Mit einem spanisch-englisch-Mix kommentiert Marion ihre Bilder, beifälliges Gemurmel “Ah, Perito Moreno!”, “Oh, Valparaiso - muy lindo!” ... zwei Stunden dauert der Vortrag, keiner schläft ein, keiner haut ab, immer wieder begeisterte Fragen, Fotos müssen nochmal gezeigt werden, Riesenapplaus am Ende - war doch gar nicht so schlimm!

Freitag, 12.08.2011

Die ganze Woche das selbe Programm. Ich sitze am Rechner und schreibe mir die Finger wund, Marion bringt ihren “Haushalt” wieder auf Vordermann, zwischendurch mal einkaufen, mittels Kanister und unzähliger Schlauchbootüberfahrten die Wassertanks füllen, abends dann in den Club, wo wir dank Internetverbindung die Ergebnisse meiner literarischen Ergüsse “hochladen” können - jeden Tag hinkt die Website dem Geschehen etwas weniger hinterher. Marion beantwortet in der Zwischenzeit unzählige angesammelte Mails, ... und ein Bier mit den Clubleuten trinken müssen wir schliesslich auch. Das ist nicht weiter tragisch, seit drei Tagen haben wir abends dermassen Niedrigwasser, dass die “Mira” aufsitzt  und dann dermassen schiefhängt, dass wir eh nicht an Bord sitzen können. Nestor hat das in seinen 20 Clubjahren vielleicht dreimal erlebt - Preisnachlass gibt er uns für die Tage trotzdem nicht, statt dessen noch ein Bier aus :-) Montag früh wollen wir schon wieder in Buenos Aires sein, also haben wir uns gestern mal befleissigt, uns um Busverbindungen zu kümmern - irgendwie waren wir bisher wohl verwöhnt - kein Nachtbus hat mehr Plätze frei - wir “dürfen” also Sonntag Nachmittag schon fahren.

Sonnabend, 13.08.2011

17.45 Uhr. HURRA! Ich bin fertig, Tatsächlich alle Zettel abgearbeitet, Fotos dazwischen gequetscht - das aktuelle Datum grinst mich von der Homepage an. Jetzt nur noch schnell in den Club, hoffen, dass wir alles gesendet bekommen und das nicht zu viele Leute da rumsitzen die noch schnell ein Bierchen mit uns trinken wollen, am Montag die Bilder verpasst und sie jetzt sehen wollen, ... Marion hat schon mal ihr Rucksäckchen gepackt - ich werde meine zwei Socken wohl morgen eine Stunde vor Abfahrt reinwerfen.

 

Donnerstag, 18.08.2011... was sind schon zwölf Stunden im Transit

Seit gestern sind wir in Deutschland - vier Wochen Urlaub an der Ostsee - haben wir uns zwar nicht verdient, machen wir aber trotzdem. Marion will endlich ihren Eltern zur "Goldenen" gratulieren, ich sie nicht alleine fahren lassen und ausserdem meine Mutter nachträglich zu ihrem 70sten schütteln. Und ehrlich gesagt würde ich ohne Bordfrau ohnehin nichts finden auf dem Schiff. Sonntag, halb Zwölf hat Isabelle uns nebst Rucksäcken vom Boot abgeholt. Schnell ein Taxi zum Busterminal gegriffen, dann fläzen wir auch schon in den Bussitzen. Abends um Acht rollt der in Buenos Aires ein, wir haben reichlich Zeit für die Weiterfahrt zum Flughafen - der Flieger startet erst um halb Sieben am nächsten Morgen. Der fliegt dann bis Rio de Janeiro - jetzt beginnt der schönste Teil - knapp zwölf Stunden sitzen wir etwas zertreten im Transitbereich des Flughafens. Abends geht dann die Maschine nach Frankfurt - wir landen mit halbstündiger Verspätung, was es uns ermöglicht, dem letzten Zug nach Stralsund noch hinterher zu winken. Kurz umdisponieren, wir rufen bei Tina und Stefan an, schnappen uns den nächsten Zug nach Köln und futtern uns bei den beiden durch. Um sicherzugehen, dass wir weiterreisen, setzen die zwei uns dann am nächsten Tag persönlich in den Zug - natürlich nehmen wir vorher noch das lecker Frühstück mit. Auf die Deutsche Bahn ist dann Verlass - acht Stunden später rollt der Zug in den Stralsunder Bahnhof, wo schon unsere "Bodenstation" Sven und Christiane winkend stehen, um uns auf ihren "Landsitz" zu verschleppen und dort mit allerlei Delikatessen zu mästen versuchen. Ist doch ganz einfach, so´n Trip an die Ostsee - gerade mal 78 Stunden!

Mittwoch, 14.09.2011

Heute früh früh sind wir nach lächerlichen 45 Stunden Fahrt zurück an Bord unserer "Mira". Knapp vier Wochen "Heimaturlaub" liegen hinter uns. Wir haben Oma Lise besucht, die Eltern geschüttelt, die Kinder mit einem Kurzbesuch in Berlin erschreckt, uns mit vielen Freunden getroffen, jede Menge benötigter Ersatzteile und nicht benötigter "Spielzeuge" gekauft, uns bei Sven und Christiane durchgefuttert, bei Karin "Asyl" gefunden und Olaf auf seiner Bootsbaustelle genervt, endlich mal Manner und Iris heimgesucht, die "Eden`s" auf ihrer fast letzten Etappe nach zweijähriger Atlantikrunde geschüttelt, "Navman-Walter" nur knapp verpasst, uns von Jorgos, Vangelis und Mary verwöhnen lassen, einen lustigen Abend mit Peti, Klaus, Bernd und Steffi verbracht, endlich mal Norbert und Antje von der "Antje" kennengelernt, Silki geknuddelt, uns von Dieter und Ilka zum Essen einladen lassen, gefreut Dietmar wiederzusehen und seine Tatjana kennenzulernen, eigentlich zu wenig Zeit für unsere "Leibärzte" Andreas und Angela gehabt, dafür um so mehr im Arbeitsdress auf Svens Booten gewerkelt, ...

Sorry, für alle, die etwas zu kurz gekommen sind und alle, die wir noch gerne besucht hätten und es nicht geschafft haben - nächstes Mal bestimmt - und vielen Dank an alle, die uns, wie auch immer unterstützt, geholfen, beschenkt, untergebracht, durchgefüttert, Nase geputzt, Schnürsenkel zugebunden, .... haben!  ;)

Donnerstag, 15.09.2011

Der übliche Bordalltag - Marion versucht, die Rucksäcke zu leeren und alles sinnvoll unterzubringen, ich nutze jede leergeräumte Stelle, um mich mit meinen Ersatzteilen, Mitbringseln und Werkzeugen weiter auszubreiten. Gestern habe ich uns schon mal zwei Leselampen an jede Koje gebastelt - die Kabel dafür hatte ich schon während der Bauphase mit verlegt - das Problem war nur, sie wiederzufinden. Bordfrau war anfangs etwas am Nörgeln über den "unnötigen Kauf" - abends hab ich sie dann grinsend mit einem Buch in der Hand unter ihrer Lampe erwischt. Als wir heute früh unsere Äuglein aufmachten, schaukelt ein neuer Nachbar neben uns. Die "Fagel Bla" mit den Finnen Olli und Merja. Beide noch etwas zertreten von der Überfahrt - wir verabreden uns zum Abend - ich widme mich voller Hingabe meinem Lieblingsprojekt, dem neuen Navicomputer - Marion übersieht grosszügig das Chaos im Salon und beschliesst erstmal die übrigen Räumlichkeiten aufzuklaren. Sie ist dann auch wesentlich erfolgreicher - bis auf den Salon glänzt alles - der neue Computer gibt noch keinen Mucks von sich. Das schreit förmlich danach, den Kummer darüber im Alkohol zu ertränken - zusammen mit Olli und Merja machen wir uns auf in den Mini-Mercado, Obst, Gemüse und Bier kaufen - fallen dann in den Club ein, wo wir herzlichst begrüsst werden, den Finnen das "Club-Gästebuch zwecks Eintrag rüber geschoben wird und mir lauter leere Gläser, um endlich Bier einzuschenken.

Sonntag, 18.09.2011Projekt Navi-Computer

Vier Tage widme ich mich bereits dem Projekt "Navi-Computer". Tag zwei brachte einen Lichtblick - in der improvisierten Versuchsanordnung endlich erste Signale auf dem Bildschirm. Marion, des chaotischen Zustands im Salon überdrüssig, schnappt sich die Wäsche und verschwindet für ein paar Stunden in den Waschsalon. Ich muss mich bei den Beschimpfungen meines widerspenstigen Bastelobjektes nicht mehr so zurückhalten - das bringt den Durchbruch. Derart eingeschüchtert, glimmen endlich alle LEDs wie sie sollen, auf dem Monitor erscheinen sinnvolle Meldungen - stolz präsentiere ich der zurückgekehrten Bordfrau das Ergebnis. Vom Regen etwas durchgeweicht (o.k., ich sollte sie schon eine Stunde früher vom Clubponton einsammeln), zeigt sie sich wenig beeindruckt. Na gut, jetzt muss natürlich noch ein Betriebssystem aufgespielt werden, Naviprogramm, Seekarten, ... Das beschäftigt mich dann weitere Stunden - pünktlich zum Schlafengehen liegt zwar immer noch die Computerplatine, umgeben von einem Wirrwarr von Kabeln, Messgeräten, Lötkolben, ... auf dem Tisch, aber der schief daneben hängende Monitor zeigt brav unsere Position auf der Karte. Supi! Am nächsten Tag muss dann alles nur noch sinnvoll in der Naviecke installiert werden. Ich säge (zur grossen Freude von Marion) noch eine Lüftungsöffnung in den Schrank, muss jetzt nur noch das Blut wegwischen und im gesamten Salon Staubsaugen, Computi in´s Gehäuse setzen, alles mehrfach irgendwo anschrauben (irgendwas passt immer nicht), Kabel verlegen, Monitorwand vorsetzen, stolz das Startknöpfchen drücken und auf einen schwarzen Bildschirm starren. Monitorwand wieder abnehmen, alles mehrfach checken, Netzteil wechseln,gemeinschaftliches Pizza-Verschlingen Festplatte tauschen - Computi zeigt sich unbeeindruckt, der Bildschirm bleibt schwarz! Als ich alles wieder ausbaue, um die Versuchsanordnung auf den Tischen auszubreiten und den Rest des Tages vor mich herschimpfend zu experimentieren, schnappt Bordfrau sich ein Buch und verzieht sich in die Vorderkabine. Zu ihrer Leselampe! Heute endlich mal schöner Sonnenschein, Sonntagsfrühstück beendet - ich schiele auf mein Kabelchaos nebst Computi - Marion streikt. OK, irgendwie kann ich ihn im Augenblick sowieso nicht leiden - wir machen uns landfein und wandern zu den "Faulis", den Seelöwen an der Mole. Die sind heute aber nicht die Attraktion, eine Gruppe von fünf Walen hat beschlossen, vor der Mole ein Schauspringen zu veranstalten. Tolle Vorstellung - wir leider ohne Fotoapparat! Irgendwann sind wir des Gehopses überdrüssig - Marion wollte eh schon immer mal den Strand von Necochea langwandern - ich trotte schwerfällig hinterher. Der Strand ist lang, ich frag mich, wo meine durchtrainierten Trekking-Waden geblieben sind - irgendwann zeigt Marion Erbarmen, wir wandern zurück in die Zivilisation, ich werde, weil ich so tapfer durchgehalten habe, mit einem Riesen-Eis belohnt (Marions ist genauso gross), wir schaffen auch die letzten Kilometer bis zum Yachtclub noch und sind pünktlich zum, vom Presidente angeordneten "Pizza-Club-Abend" zurück. Das übliche Prozedere, mit knurrendem Magen und Weinglas in der Hand, stundenlang der Pizza-Massenproduktion zuschauen (die Männer), sich daran beteiligen (die Frauen) und dann vereint (die Kinder zuerst) über die, leicht angebrannt aus dem Ofen gezogenen Ergebnisse argentinischer Backkunst herzufallen. Lustiger Abend!

Montag, 19.09.2011

Die Aufgabenstellung ist klar formuliert: "Sieh endlich zu, dass du deinen Navi-Rechner in Gang bringst!" Ausserdem läuft unser Zolldokument für das Boot in zehn Tagen ab und wenn wir noch nach Puerto Madryn wollen, wird’s höchste Zeit. Da der neue Computer scheinbar das Zeitliche gesegnet hat, mache ich mich also zähneknirschend daran, den Urzustand wieder herzustellen, sprich, den alten Rechner wieder einzubauen. Dazu neues Netzteil, neue Festplatte, neues Betriebssystem - ich bin für den Rest des Tages beschäftigt. Marion ist derweil aufgefallen, dass ihre Fotoseiten um mehrere Monate dem Geschehen hinterher hinken und macht sich an ihrem Computer zu schaffen. Fotos raussuchen, verwerfen, feststellen, dass die erwählten Bilder von mir schon im Text verwendet wurden, wieder löschen, neu raussuchen, ...

Dienstag, 20.09.2011bei Flächwasser wirds oft unbequem an Bord

Meine Naviecke ist aufgeräumt, der alte Computer zeigt (wenn auch langsam) die Position, Marion sitzt an ihren Fotos - ich mach mich mal auf den Weg, einen Tacker besorgen. Die beim Segeln verrutschenden Salonpolster nerven irgendwie schon lange - der Plan ist, sie mittels auf den Brettern unter den Polstern getackerten Klettstreifen zu fixieren. Zuerst lerne ich alle "Ferreterias" (Eisenwarenläden) von Quequen kennen. Drei sind es insgesamt, alle möglichst weit auseinander gelegen, keiner hat einen Tacker - dafür weiss ich jetzt, dass das Ding "Engrampadora" auf spanisch heisst. Also zurück, über die Brücke nach Necochea wandern - erste Ferreteria nix, zweite geschlossen, dritte auch - claro. Siesta! Nach dreieinhalb Stunden bin ich zurück, habe eine schöne Wanderung hinter mir, aber keinen Engrampadora. Die fleissige Bordfrau spendet Trost, der erbarmungslose Olli winkt von nebenan. Ich hatte versprochen, ihm bei seiner Reparatur im Mast behilflich zu sein, was bedeutet, dass er im Bootsmannsstuhl sitzt und ich ihn hochkurbel, da Merja das nicht schafft. Glaub ich sofort, als ich an der Winch kurbel - ich bin froh, dass er auf halber Höhe die erste Reparatur hat. Irgendwie schaff ich es dann auch noch ihn bis in die Spitze hochzuleiern, frage mich wozu er dort oben eigentlich eine Schwimmweste braucht und warum mir vorher nie aufgefallen ist, dass Olli ungefähr hundertfünfzig Kilo wiegen muss. Das Werkzeug ist so schwer, erklärt er mir später, als wir (er etwas durchgefroren und ich schweissnass und keuchend) uns wieder im Cockpit treffen. Dafür gibt’s jetzt erstmal ein Bier, als es im Cockpit zu kalt wird, verziehen wir uns nach unten in den geheizten Salon, die Sonne geht unter, Wein kommt auf den Tisch, später Snacks, noch ein Wein, ... und das Schönste ist, Bordfrau ist nicht mal sauer als die Tidenströmung mich, nebst Schlauchboot irgendwann zurück zur "Mira" treibt: endlich konnte sie mal ganz in Ruhe an ihrem Computer arbeiten! Ich sollte Olli und Merja vielleicht öfter mal besuchen.

Mittwoch, 21.09.2011

Der Countdown läuft, für Freitag ist ein Wetterfenster für die Überfahrt nach Puerto Madryn vorausgesagt. Also mache ich mich schon mal daran, unsere Wassertanks zu füllen. Marion hat mit unseren Wasservorräten ja grosszügig geaast, als sie den Aschestaub vom Deck geschrubbt hat (ja ja, irgendwie ist es mir gelungen, ihr den Aussenbereich unauffällig mit unterzujubeln). Also die leeren 5-l Wasserflaschen ins Schlauchboot werfen, zum Clubponton tuckern, sie alle füllen, zurück zum Boot, einzeln in die Tanks plätschern lassen, wieder zum Ponton, ... das ganze sechs Mal - ich bin auf Stunden beschäftigt. Derweil sortiert Marion an ihren Fotos - erste Erfolgsmeldungen - sie ist schon bei Monat Juni! Danach Wanderung nach Necochea - neue Ferreterias kennengelernt, keinen Engrampadora! Dafür gibt der Presidente mir den Tip, zwecks unserem Zolldokument doch mal mit Guillermo zu reden, "... der hat da einen Bekannten der bei der Aduana (Zoll) arbeitet ..." Guillermo kommt erst heute Abend aus Buenos Aires zurück, also kann ich mich auf dem Boot noch etwas nützlich machen - Marion am Computer - (ah, die Fotos vom Juli), ihr Blick verhindert, dass ich irgendwelche Bastelarbeiten im Salon anfange. Macht nichts, ich kann mich auch draussen beschäftigen. Cockpitlautsprecher auswechseln, Windfahnensteuerung anbauen und weil’s soviel Spass macht, der sich überall vom Deck lösenden weissen Farbe mit einem Spachtel grosszügig nachhelfen. Abends düse ich dann zwecks Dusche und Guillermo in den Club, gerate in die übliche Männerrunde, halte brav mein Glas mit hin, wenn Bier nachgeschenkt wird, bekomme von dem Palaver zwar kaum was mit, rede mir ein, dass das aber gut ist für mein Spanisch, noch ein Bier, ich verstehe schon mehr, ... Guillermo taucht nicht mehr auf.

Donnerstag, 22.09.2011

Proviant bunkern müssten wir ja auch mal, also zotteln wir nach dem Frühstück unsere Einkaufs-Caddys aus ihrem Versteck, werfen alles ins Schlauchboot und tuckern zum Ponton. Dort versuchen Olli und Merja gerade, ihren Einkauf ins Schlauchboot zu laden. Haben die zwei Schlafstörungen? Sie wollen morgen los, was Marion spontan dazu verleitet, sie zum Abendessen einzuladen. Und damit die Erwartungshaltung nicht zu gross wird, schwächt sie gleich ab: es gibt aber nur ein einfaches Mahl. Den Weg bis zum Supermercado hat sie dann Zeit darüber nachzugrübeln, was sie bloss kochen soll. Im Markt hat sie dann einen Plan, Blumenkohl und allerlei anderes Gemüse wandern in den Einkaufswagen, dazu reichlich Saft, Wasser, Milch, wir sind arg am Schnaufen auf dem Rückweg. Marion werkelt dann auf zwei Baustellen gleichzeitig, mit den Fotos am Computer und dem Gemüse in der Küche. Irgendwann taucht zwischendurch Isabelle auf, der Marion gleichmal unser Bordbuch zwecks Eintrag in die Hand drückt und die mir eigentlich nur Guillermos Ankunft vermelden wollte. Andererseits ist sie auch ganz froh, sich mal von den zwei Kids zu erholen, also lasse ich die Mädels schladdern und düse mit unseren Schiffspapieren zum Club. Guillermo verspricht, morgen früh gleich zur Aduana zu fahren und damit er ordentlich ausgelastet ist, gebe ich auch gleich noch eine Weinbestellung bei ihm auf. Er hat da einen Bekannten, der ist Weinhändler ... Zurück an Bord, sitzen die Mädels schon beim Glas Wein - wie gut, dass ich gerade nachgeordert habe. Olli und Merja trudeln auch pünktlich ein, das "simple meal" wird hochgelobt und restlos verputzt - zeitiger Feierabend - die beiden wollen morgen lossegeln.

Freitag, 23.09.2011

Ganz so zeitig kommen unsere finnischen Nachbarn doch nicht weg - erstmal zur Prefectura zwecks Abmeldung, dann noch warten, bis das Wasser hoch genug ist - also noch nix mit Winken, wir zotteln erstmal los zur zweiten Einkaufsrunde. Mit den vollgepackten Caddys sind wir gerade pünktlich zum Tröten und Winken zurück - auf Wiedersehen in Puerto Madryn - dann ziehen wir wieder los, diesmal zum Gemüsemarkt. Genug Grünzeug und Vitamine einsacken, alles zum Boot schleppen und irgendwo Platz dafür in Schränken und unter Bodenbrettern suchen. Marion macht sich dann wieder über ihre Fotos her, ich beschliesse, mich der Sitzpolster-Befestigung eben ohne Tacker zu widmen. Klettband mit doppelseitigem Klebeband an die Bretter kleben, sollte den Zweck auch erfüllen - eine verständnisvolle Bordfrau zieht dafür mehrfach ohne zu murren mit ihrem Computer um. Abends taucht dann Guillermos Auto vorm Club auf, ich düse gleich mal rüber. Schlechte Nachricht, der Chef der Aduana war nicht da - erst Montag wieder. Irgendwie blöde Situation für uns - in acht Tagen endet unser Zolldokument, vier Tage brauchen wir für die Fahrt nach Puerto Madryn. Also eigentlich können wir dort gleich wieder ausklarieren, um dann nonstop nach Uruguay zu segeln. Irgendwie auch nicht das, was wir uns vorstellen. Guillermo meint gehört zu haben, dass man nach dem Ausklarieren 30 Tage Zeit hat das Land zu verlassen und vielleicht können wir ja auch bei der Aduana in Puerto Madryn eine Verlängerung bekommen ... und um dem Trostpflästerchen noch eins draufzusetzen, lädt er unsere Weinbestellung aus. Dermassen aufgebaut eile ich zu meiner Holden, ihr die frohe Kunde zu überbringen - sie teilt meinen Optimismus zwar nicht so ganz, aber auf jeden Fall wollen wir morgen loszufahren. Und wenn gar nichts geht in Puerto Madryn, kann ja immer noch einer krank sein, oder der Motor läuft nicht, das Segel ist kaputt, ...

Sonnabend, 24.09.2011Käptn kommt in Segelekstase

Wenn wir wollen, können wir auch richtig früh aufstehen ... und heute wollen wir! Den nassen Waschlappen einmal um den Körper wedeln, schnelles Frühstück - schon sind wir auf dem Marsch zur Prefectura. Oh, fünf Beamte für nur ein Boot - meist ist das eher hinderlich, aber heute klappt alles ausgesprochen schnell. Listen ausfüllen, überall unterschreiben, versprechen, dass wir nicht zu den "Malvinas" (der Rest der Welt nennt sie Falklandinseln) fahren - schon halten wir unseren abgestempelten Zettel in der Hand. Auf halbem Rückweg sammelt uns dann Guillermo mit seinem Auto ein - heute klappt einfach alles. Er muss uns unbedingt noch alle möglichen Plätze zeigen, die wir in Argentinien und Uruguay besuchen müssen - also schleppen wir ihn, nebst unzähligen Karten und Reisführern mit aufs Boot, trinken einen Kaffe zusammen, schauen uns brav alle markierten Plätze an, verstauen die überlassenen Karten und Bücher irgendwo und düsen zurück zum Club. Restliches Liegegeld bezahlen - es wird grosszügig abgerundet - alle nochmal schütteln und drücken, zurück zur “Mira”, Schlauchboot und Aussenborder verstauen, in die warmen Segelklamotten springen - es kann endlich losgehen! Von Land wird gewunken und gehupt, wir winken zurück - eine halbe Stunde später haben wir den Fluss hinter uns - nach nach fünf Monaten schwimmt unser Schiffchen endlich wieder auf dem Meer!

Dienstag, 27.09.2011

19.00 Uhr, dreieinhalb Tage und 430 sm später knallt unser Anker vorm Yachtclub Puerto Madryn auf den Grund. Neben uns schaukelt die "Fagel Bla" und eine Handvoll kleinerer einheimischer Yachten. Schaukeln ist etwas untertrieben, sie springen förmlich in der netten Welle, die wir gerade dank des kräftigen Nordwindes haben. Soviel also zum gemütlichen Landfall. Die Überfahrt war ansonsten ganz easy, erster Tag schön kräftiger Wind - wir machen Meilen ohne Ende - ich hole sogar meine Angel wieder rein, bei den Temperaturen und der Welle habe ich echt keinen Bock, den zu erwartenden zwei-Meter-Fisch im Cockpit zu zerlegen. Dafür schleime ich mich bei der Bordfrau ein und koche! Sie hat mir mein Gefluche über die hin- und herrutschenden Teller und Töpfe auch nicht weiter übel genommen und tapfer alles aufgegessen. Den Rest der Zeit haben wir uns, wie auf See üblich mit Lesen vertrieben - der Bücherberg "zum Weitergeben" ist schon beachtlich angewachsen. Zweite Nacht schläft der Wind dann ein - wir dürfen den Motor anschmeissen. Wir haben kurz Verbindung zu Olli und Merja - sie motoren auch, bloss 100 Meilen vor uns. Nächsten Morgen dann alles wieder chic, Wind da, Batterien auch voll, wir können wieder zur geräuschlosen Fortbewegung übergehen. Eigentlich müssten hier überall Wale rumschwimmen, aber irgendwie verhalten die sich dermassen unauffällig - wir sehen keine. Dafür schwimmen jede Menge Pinguine hier rum - die sind auch einfach besser zu sehen. Marion nutzt dann meine letzte Freiwache, um den Kurs etwas weiter auf See, Richtung Südgeorgien zu korrigieren "wegen der starken Strömung und den Strudeln vor der Halbinsel Valdez" - zum Glück schlafe ich nicht lange und kann den Umweg über die Antarktis gerade noch abwenden. Ist dann eh nix zu sehen von Strudeln, unsere Scheiben sind dicht von Sand und Salzwasser und ausserdem ist es total diesig. Auf den letzten vierzig Meilen bekommen wir dann aber doch noch eine Gratiswäsche - die Wellen spülen ordentlich vor, der Regen schön mit Süsswasser nach. Ist doch immer wieder ein schönes Gefühl, mit einem sauberen Schiff in den Hafen einzulaufen.

Mittwoch, 28.09.2011Frühlingsanfang in Patagonien

Den Prefectura Besuch haben wir gestern ganz eindeutig abgewählt - bei den Wellen mit unserem kleinen Schlauchbötchen? Nö! Die kommen dann auch gleich heute früh mit ihrem Boot vorbei, um an die Wichtigkeit des Besuchs zu erinnern - Marion verspricht in perfektem Spanisch über Funk unser baldiges Erscheinen. Also tuckern wir dann mal rüber zum Strand, werden dort schon von einer Handvoll Yachtclubis erwartet, die nicht nur unser Schlauchboot die hundert Meter den Strand hoch schleppen, sondern uns überschwenglich begrüssend mit allen Annehmlichkeiten ihres Anwesens vertraut machen. O.k., Bar, Duschen und etc. können wir immer noch heimsuchen, erstmal haben wir der Prefectura unser Erscheinen angedroht. Grosses Gewusel dort, mehr Beamte hätten in den Raum wirklich nicht reingepasst - alle sind furchtbar nett und hilfsbereit und sie rufen sogar bei der Obrigkeit in der Provinzhauptstadt an, um uns bei der Bitte, die Ankerplätze in der gesperrten Naturschutz-Zone aufsuchen zu dürfen, behilflich zu sein. Wir sollen einen schriftlichen Antrag per E-Mail stellen und dann abwarten ... Nächster Anlaufpunkt, die Aduana. Stellen wir uns doch mal blöd und fragen ganz unschuldig nach einer Verlängerung unseres Zolldokuments. Ja, kein Problem, wir sollen mal die Kopien unserer Papiere hierlassen und morgen können wir dann das neue Dokument mit weiteren acht Monaten Gültigkeit abholen. Äh!!?? Die "Fagel Bla" hat in Buenos Aires trotz Nachfrage bei ihrer Ersteinreise nur noch drei Monate bekommen, Isabelle versucht in Necochea seit Wochen vergeblich eine Verlängerung zu bekommen ... irgendwie ticken die Uhren in Patagonien wohl anders. Ganz happy, schlendern wir dann durch die Stadt, lassen uns im Tourist-Office etliche bunte Flyer in die Hand drücken, finden ein gemütliches italienisches Restaurante, stellen fest, dass wir uns mit zwei Pizza Grande doch etwas übernommen haben, entdecken einen "Carrefour"-Supermarkt, wo allerlei Leckereien den Besitzer wechseln und kommen dann irgendwann etwas fusslahm wieder im Yachtclub an. Weiter Mitglieder wollen geküsst werden (ist ja eine nette argentinische Angewohnheit, dieser Begrüssungskuss - aber ich bevorzuge dafür mehr weibliche Personen), wir pellen uns in die wasserdichten Segelklamotten, kommen fast trocken zum Boot und haben wenig später Besuch von Olli und Merja. Die hatten sich gestern Mittag zum ersten Landgang aufgemacht, sind dann abends vom Nordwind mit den entsprechenden Wellen überrascht worden und haben die Nacht im Yachtclub verbringen müssen. Wir päppeln sie erstmal mit einem Wein wieder auf.

Donnerstag, 29.09.2011

Es bläst aus Nord, unser Boot schaukelt und zottelt an der Kette - irgendwie stehen die Chancen für einen Landgang nicht gut. Also erstmal gaaanz langes Frühstück - fällt uns dank der "Carrefour"-Leckereien ja nicht schwer. Anschliessend Zeit totschlagen - für mich mit einem Buch in der Hand ganz einfach, Marion, etwas anspruchsvoller, versucht sich mit Handfeger und Lappen im schwankenden Boot nützlich zu machen. Halb drei, Wind hat etwas nachgelassen, Welle nicht - um drei schliesst die Aduana - wir müssen endlich los. Unter fadenscheinigen Ausflüchten drückt sich meine Holde vor der nassen Überfahrt - also geniesse ich die Salzwasserdusche eben alleine. Zum Glück wird jegliche Aktivität auf den zwei ausländischen Yachten vom Club aus beobachtet, somit greifen sofort hilfsbereite Hände zu, als ich tropfend am Strand angespült werde. Bei vier Meter Tidenhub, ist der Weg vom Wasser bis zum Club zumindest bei Ebbe doch reichlich lang und auch ein klitzekleines Schlauchboot dann entsprechend schwer. Gerade rechtzeitig schlage ich bei der Aduana auf, bekomme unser neues Zolldokument in die Hand gedrückt: Schönen Aufenthalt in Argentienien! Ich bedanke mich überschwenglich und da ich schon mal an Land bin, mach ich mich auch gleich mal auf die "Ferreteria"-Suche zwecks Engrampadora. Die haben alle Mittagspause, ich mach auf Stadtbesichtigung, schau mich schon mal nach einem Fahrradverleih um, erstehe lecker Kuchen für die an Bord zurückgebliebene Besatzungshälfte, werde dann mit meinem Tacker fündig (wobei wir drei Stück ausprobieren und aus denen dann einen funktionierenden basteln), schlendre zurück zum Yachtclub und beschliesse angesichts der Welle auf besseres Wetter zu warten und auf der Clubterrasse erstmal ein Bierchen zu trinken. Nicht ahnend, dass Marion mich vom Boot mit dem Fernglas beobachtet, schäkere ich mit der Bardame, hole mir ein zweites Fläschchen, stelle fest, dass es abends ganz schön kalt und die Wellen nicht weniger werden, werfe mich in die Segeljacke, habe die blöde Idee, die Hose wegzulassen, springe und schaukel durch die Wellen und werde jedesmal von einem Riesen Schwall Wasser übergossen, erreiche endlich triefend und bibbernd unser Boot - wo ich von einer sehnsüchtig wartenden Bordfrau voller Bedauern in Empfang genommen werde. Kein vorwurfsvoller Blick von wegen Bier und Bardame, sondern voller Verständnis für die kluge seemännische Entscheidung, an Land auf bessere Bedingungen zu warten (das die nicht kamen ist ja schliesslich nicht meine Schuld), werde ich den Rest des Abends bemitleidet und verwöhnt.

Freitag, 30.09.2011... und vor 150 Jahren haben hier die ersten Waliser rumgelungert

Schönes Wetter, Olli und Merja kommen vorbei - sie gelüstet nach Kultur - ob wir nachmittags mit ins Museum wollen. Claro! Aber vorher bekommen sie noch Besuch von einigen Kindern des Clubs, zwecks Bootsbesichtigung. Die kommen dann vorher erst bei uns vorbei, schön aufgereiht mit Schwimmweste im grossen Schlauchboot schreien sie ihr "Bienvenidos en Puerto Madryn" herüber. Als nächstes sitzen dann Caroline und Alejandro zum Kaffee bei uns im Boot - sie kommen grad vom Tauchen zurück (das Wasser hat nur 10°!!!!) und waren mal neugierig. Anschliessend kommt ein weiteres Clubmitglied (wir können uns die ganzen neuen Namen gar nicht merken) - an der "Fagel Bla" hängen schon zwei fremde Schlauchboote - irgendwie gelingt es uns allen dann doch, uns mit dem Hinweis auf den Museumsbesuch an Land retten. Im Club nickt man begeistert, das Museum müssen wir unbedingt sehen, am besten nehmen wir ein Taxi, oder den Bus Nr. ... Schönstes Wetter, strahlender Sonnenschein - wir bevorzugen den Fussmarsch. Der ist dann recht lang, das letzte Stück entlang einer kleinen (sogar klitzekleinen) Steilküste mit diversen ausgespülten Höhlen, wo vor hundertfünfzig Jahren die ersten walisischen Siedler angelandet sind. Der Eintrittspreis im Museum ist recht stolz, so gross ist das Haus doch gar nicht. Jede Menge Schulklassen sitzen überall rum, Bilder mit Walen, Seelöwen, Pinguinen an der Wand, ein Walskelett, Plastik-Orca an der Decke, hier und da läuft ein Filmchen, ein Becken in Badewannengrösse mit Muscheln, Schnecken und anderem Krabbelgetier - irgendwie sind wir recht schnell durch. Das Spannendste ist noch ein dunkler Raum mit grossen Boxen an den Wänden, wo man den Walgesängen lauschen kann. Am besten im Liegen auf den Ledersofas. Mein kuschliger Annäherungsversuch wird von Marion mit dem Hinweis auf die eventuell auftauchenden Schüler allerdings abgeblockt. Wieder draussen, zeigen alle vier Daumen nach unten - muss man nicht weiterempfehlen. Der Rückweg ist dann genauso lang, dafür kälter - die Sonne geht langsam unter. Gemeinsam suchen wir noch den "Carrefour" heim, Olli und Merja wollen Sonntag weiter segeln und wir zwecks Wochenendeinkauf, da für morgen wieder Starkwind angesagt ist und wir vermutlich nicht an Land kommen. Gemeinsames Feierabendbierchen dann im Yachtclub, wieder neue Männer küssen, wieder neue Namen. Die übliche Frage: Segelt ihr nach Norden oder Süden? Bei Olli und Merja eindeutig, sie wollen nach Ushuaia - bei uns zeige ich nach Süden und Marion nach Norden.

Sonnabend, 01.10.2011rolliger Ankerplatz

Kann man streichen - kräftiger Nordwind, jede Menge Regen, knackige Welle und ein wild schaukelndes Boot nebst zwei faulen Insassen mittendrin. Insasse Eins rafft sich dann irgendwann auf, um, mit einer Hand immer wieder den Computer festhaltend, sich an den Juli-Bildern für die Web-Site zu schaffen zu machen - Insasse Zwei bleibt konsequent faul.

Sonntag, 02.10.2011

Zur Abwechslung mal wieder Sonnenschein, fast ruhige See und emsiges Treiben im Yachtclub. Wie vermutlich in jedem argentinischen Yachtclub ist Sonntags Regatta. Diverse Schlauchboote werden mittels Traktor bis ins Wasser gebracht, düsen anschliessend zu den, an den Moorings liegenden Segelbooten - einige nicht, ohne vorher vorbeizukommen und uns zum Mitsegeln aufzufordern. Können die Jungs immer gar nicht so richtig verstehen, dass man, wenn man eh immer segelnd mit dem Boot unterwegs ist, nicht so heiss drauf ist, mal schnell seinen Haushalt wegzuräumen, um jetzt eben nur so zum Spass hin und her zu kreuzen. Als die Boote mit ihren Segeln verschwunden sind, taucht der Segelnachwuchs in ihren Optimisten und Jollen auf - unser Boot markiert die Wendestelle - sie haben viel Spass, möglichst dicht an uns vorbeizusegeln, oder einen Meter vorm "Aufschlag" geschickt zu wenden und dabei ihr Schulenglisch an uns zu erproben. Unsere Finnen kommen zum Kaffee vorbei, um sich zu verabschieden. Sie erzählen, dass morgens (ach ja, sie scheinen ja Schlafstörungen zu haben) öfters Wale zwischen den Booten auftauchten - Marion beschliesst spontan, an der offensichtlichen Diskrepanz zwischen unseren Aufsteh- und den Wal-Besuchszeiten zu arbeiten. Wir schütteln uns noch mal ausgiebigst, verabreden Frequenzen und Zeiten zwecks Funkkontakt und winken den beiden wenig später hinterher. Ich hab dann noch Lust, zum Club rüber zu fahren zwecks vermutlicher geselliger Regatta-Auswertungs-Runde - Bordfrau, arg müde und zertreten wegen der mangelnden Nachtruhe, nicht. Bordfrau gewinnt.

Montag, 03.10.2011

Morgens erster Funkkontakt mit der "Fagel Bla" - ich geb’ ihnen mal die erste Wetterprognose durch. Tagsüber 20 bis 25 Knoten aus Nord, nachts dann ansteigend auf 35 - 42 Knoten. Sie mögen ja kräftigen Wind, so kräftig dann aber auch nicht - sie beschliessen, sich vorher mal lieber in eine geschützte Bucht zu verdrücken. Das würden wir am liebsten auch tun, wir liegen ungeschützt gegen Nordwind vor Puerto Madryn, der Golfo Nuevo ist 35 Meilen breit (soweit wie von Sassnitz nach Schweden) - genug Platz, damit sich ein paar kleine hübsche Wellen bis zu uns aufbauen können. Auf der anderen Seite könnten wir zwar schön geschützt vor Puerto Pyramides ankern, aber das liegt in der gesperrten Zone und die Provinzregierung in Trelew hat wichtigeres zu tun, als auf unsere Mailanfrage zu antworten. Der Wind nimmt immer mehr zu - nachmittags messen wir 30 Knoten, das sind sieben Beaufort - ohne Abdeckung, mit entsprechender Welle vor Anker, ist das `ne ganze Menge. Nachmittags taucht das argentinische Segelschulschiff, die “Libertad" im Dunst auf - eigentlich war ja toller Empfang an der Seebrücke geplant - nix ist, sie legt sich eine Meile weiter draussen vor Anker und wartet auf bessere Zeiten. Gegen Abend haben wir Merja dann nochmal an der Funke, schlechte Verbindung - aber immerhin verstehen wir, dass sie in irgendeiner Bucht ankern. Marion ärgert sich mit ihrer Fotoseite rum, ich versuche lustlos an meinem Rechner die Tagebuchseiten zu aktualisieren, eigentlich sinnlos, da die aktuelle Version der Webseite sich auf Marions Computer befindet , ich bin am Rumnörgeln, habe langsam schlechte Laune, Marion ist so klug, mich zu ignorieren - das Warten bei dem Geschaukel nervt!!!

Dienstag, 04.10.2011Bordfrau beim Whale-Watching

Eine gutgelaunte, ausgeschlafene Merja berichtet von ihrem ruhigen, geschützten Ankerplatz, eine zertretene "Mira"-Crew gibt ihr dafür die schönste Windprognose für ihre Weiterfahrt zur "Caleta Horno". Wir haben echt die Horror-Nacht hinter uns. Gegen Mitternacht ist dieser gehässige Wind fast eingeschlafen. Die Welle war natürlich weiter da, kein Wind, der das Boot mit dem Bug entgegen der Wellenrichtung drückt - also legt Boot sich quer zur Welle, wird hin und her geschleudert und in seinem Inneren natürlich auch alles, was nicht halbwegs sturmsicher verstaut ist. Immer wieder sind wir abwechselnd aus der Koje gekrochen, dabei in eine Ecke geflogen, um irgendwelche herumrollenden oder rutschenden Gegestände weg zu packen, nur um wenig später festzustellen, dass wir wieder was übersehen haben, was sich selbstständig gemacht und quer durchs Boot fliegt. In der Koje rollen wir, trotz des verzweifelten Versuchs uns irgendwo festzuhalten, abwechselnd aufeinander - immer wenn ich gerade so denke: Yep, ist sie aber heute wieder stürmisch, die junge Frau! - rollt sie schon wieder zurück zur anderen Seite. Dafür scheint wieder die Sonne, es ist warm und als wir mit der Kaffeetasse im Cockpit sitzen, tauchen tatsächlich zwei Wale hinter uns auf. Eh Marion mit dem Fotoapparat wieder auftaucht, sind die beiden abgetaucht - dafür kann sie Fotos von der "Libertad" schiessen, die endlich, über die Toppen geflaggt, zu ihrem Empfang einlaufen kann. Wir pellen uns auch in die Segelkombis und Gummistiefel, kommen trocken ans Ufer und machen einen Stadtbummel. Ich munter im T-Shirt, Marion fängt in ihrem dicken Pullover langsam an zu dampfen. Kleinlaut gesteht sie, dass sie auch noch die Thermounterhosen an hat: "Na und, wir sind ja schliesslich in Patagonien!" Ja, aber es sind über zwanzig Grad! Wir finden einen Platz am Strand, wo sie sich dann unauffällig ihrer Unterhose entledigen kann, einen Tauchshop, der uns morgen Mountainbikes vermieten will, unsere kleine Pizzeria, wo wir diesmal nur eine Pizza Grande bestellen, lecker Bife de Lomo, das im "Carrefour" in unseren Rucksack wandert, heisse Duschen im Yachtclub und anschliessend ein kaltes Bier auf der Clubterasse. Und wir kommen sogar wieder trocken auf der "Mira" an.

Mittwoch, 05.10.2011ohne Unterhose durch die patagonische Pampa

Morgendliche Funkrunde, Merja berichtet begeistert von ihrem Ankerplatz in der "Caleta Horno". Rundum geschützt, Natur pur, die Robben schwimmen neugierig zu ihrem Boot, tauchen nach Krabben, jede Menge Seevögel - Marions Augen fangen an zu leuchten. Wenn ich denn unbedingt noch weiter nach Süden will, und soweit ist das ja auch gar nicht, ... Wir frühstücken erstmal, Kaffee im Cockpit und wieder ein Wal hinter uns. Anscheinend hält sich unsere Attraktivität so frühmorgens, unrasiert und ungeschminkt für Wale in Grenzen - als wir die Kamera draussen haben, taucht er wieder ab. Macht nix, wir wollen heute eh zum Whale-watching. Zwanzig Kilometer von Puerto Madryn entfernt gibt es einen Strand, an dem die Wale bei Hochwasser bis fast ans Ufer schwimmen sollen. Also machen wir uns auf die Socken zum Tauchshop, mieten zwei Fahrräder, ernten verständnislose Gesichter, als wir nach einem Fahrradschloss fragen und strampeln dann eben ohne los. Sonnenschein - ich im T-Shirt, Marion ohne Unterhosen, radeln wir mehr oder weniger munter durch die Pampa. Bergab mehr - bergauf weniger munter. Kurze Rast an einem namenlosen Strand - in der Ferne sehen wir die Wale aus dem Wasser springen. Nix wie weiter! Wir kommen zum "Playa El Doradillo", ein paar Autos parken hier schon, am Strand spielen Kinder, Erwachsene lungern faul im Sand rum - keine Wale. Ist ja auch noch kein Hochwasser - wir stellen unsere Fahrräder mal dazu und machen auf Strandspaziergang.... und jetzt springt er schon wieder! Im Yachtclub hatte man uns nicht nur mit handgemalter Wegbeschreibung ausgestattet, sondern auch noch den "Punta Flecha" ans Herz gelegt, das ist vier Kilometer weiter. Genug Zeit für Marion, sich ausgiebigst der Krabben und Muscheln im Sand zu erfreuen und später, auf der Steilküste, auch noch diverser Piepmätze. Erschwerend für unser Marschtempo kommt jetzt dazu, dass auch die ersten Wale vorbei schwimmen. Wir erreichen den "Punta Flecha" trotzdem, traumhafter Blick über den "Golfo Nuevo", links und rechts auf zwei Buchten - in beiden tauchen ab und an Wale auf. Gehässige Möwen stürzen sich dann auf sie, fangen an rumzupicken - Wal findet das ätzend und taucht wieder ab. Endlich bequemt sich mal einer und springt zweimal ganz aus dem Wasser. Marion nestelt an ihrem Fotoapparat, verpasst alles - ich mit Fernglas, geniesse perfektes Showprogramm. Irgendwann ist es ihr über, immer im falschen Augenblick auf die Kamera zu drücken und geniesst die Show lieber ohne. Dann haben die Wale keine Lust mehr aufzutauchen, nur ein Paar schwimmt noch vorm "Playa El Doradillo" rum. Also machen wir uns auf den Rückweg dorthin, unsere Fahrräder stehen schliesslich auch dort - hoffen wir zumindest. Sind sie dann tatsächlich, wir setzen uns in den Sand und schauen zu, was eine Walmama mit ihrem Jungen in relativer Strandnähe so treiben. Cool. Halb Fünf machen wir uns dann auf den Rückweg - gefühlt nur bergauf und zeitgleich mit den meisten Autofahrern, die eine elende Staubwolke hinterlassend, an uns vorbeifahren. Wir sind nicht nur schweissnass, als wir die Fahrräder endlich wieder abstellen, sondern auch völlig eingesandet. Mit etwas weichen Knien schleppen wir uns dann zu einer Pizzabude, bestellen erstmal ein grosses Bier, um die Kehle wieder staubfrei zu bekommen und anschliessend zwei grosse Pizzen. Wir lernen es wohl nie - die Hälfte müssen wir uns einpacken lassen, stellen uns im Yachtclub unter die schöne heisse Dusche, verzichten auf das Terassen-Bier, springen in Gummistiefel und Kombi, schaffen es fast trocken an Bord, legen uns mit dicken Bäuchen auf die Salonpolster und machen Kinoabend!... und da gehört noch ein Komma hin!

Donnerstag, 06.10.2011

Logisch, dass es regnet, Nordwind herrscht und wir in der Welle schaukeln. Nicht weiter schlimm, Marion hatte ihr Juli-Foto-Projekt für beendet erklärt, ich habe Zugriff auf ihren Rechner und somit der aktuellen Website-Version. Ich muss jetzt nur noch alles von meinem Rechner in ein anderes Format bringen, rüberkopieren, wieder umformatieren, Fotos dazu raussuchen, dann kommt der schwierigste Teil - Marion liest Korrektur. Das heisst sie liesst dann ungefähr zwei Stunden an einer Seite Text, um ein kleines Komma richtig zu setzen (das ich natürlich absichtlich falsch gesetzt habe, damit ihre Bemühungen nicht ganz umsonst sind)! Wenn wir dann noch Glück haben und uns in das schwache und immer wieder mal verschwindende WIFI-Netz des Clubs einwählen können und es auch noch mit der Übertragung klappt, ...

Freitag. 07.10.2011

Hat ja gestern abend supi geklappt mit der Datenübertragung, Website mal wieder brandaktuell - zur Belohnung haben wir uns dann in die Polster gekuschelt, aufgeklappter Laptop vor uns uns, "Lost" geguckt. Heute dann wieder als Wetterfrosch verkleidet, die neusten Windprognosen für Olli und Merja über Funk. Irgendwie haben wir auch keine Lust mehr, hier vor der Stadt rumzuschaukeln, wollen erstmal weiter südlich zur "Caleta Horo" und versuchen dann eben auf dem Rückweg noch mal unser Glück hier - sprich ein paar windstille Tage, damit wir uns per Mietwagen zur Halbinsel Valdez aufmachen können. Für Sonntag sieht es nach Segelwetter aus, davor morgen nochmal Bäh-Wetter. Also müssten wir heute schon zur Prefectura zwecks Abmeldung und Marion meldet auch gleich mal einen Bedarf an Obst und Gemüse an. Wie fast alle Geschäfte hier, macht der Gemüseheini seinen Laden erst wieder Nachmittags auf, also verschieben wir den Landgang mal auf halb Vier. Blöde Idee, gegen Drei kommt der Wind wieder auf, nebst Welle - Marion fängt an zu streiken - ich will dann eben alleine rüberfahren, Wellen jetzt mit ersten Schaumkämmen, ich lass in Vollkombi das Schlauchboot runter, es kracht nur so hin und her, jetzt fängt es auch noch an zu Schütten - O.k., das brauch ich dann auch nicht - Boot wieder hochziehen, aus der Kombi pellen, kein Landgang heute! Für den Rest des Tages hört es auch nicht mehr auf zu regnen - wenigstens ein sauberes Schiff - wir verdrücken eine Riesen Lasagne und schaffen mehrere Folgen "Lost".

Sonnabend, 08.10.2011... spanisch für Anfänger

Bei Olli und Merja regnet es auch, nur torkelt ihr Boot nicht wie blöd - sie liegen ja schön geschützt in der "Caleta Horno". Was soll`s, wir machen eben so richtig schön auf faul und fangen schon mal mit Frühstücksfernsehen an. Nicht, dass mich irgendwann das schlechte Gewissen gebeutelt hätte, es lag einfach daran, dass ich nicht mehr sitzen konnte und mich deshalb daran mache, den Küchen-Wasserhahn zu zerlegen. Der nässt seit einiger Zeit unter sich, was Bordfrau bereits mehrfach Anlass gab, meine Bastelleidenschaft in diese Richtung zu lenken. Mit immensem Körper-und Werkzeugeinsatz mach ich mich erfolglos über das Teil her - zwei Stunden später baue ich ihn wieder an - jetzt tropft er nicht nur, sondern sieht auch noch schön zerkratzt aus. Marion räumt das, vorab aus dem Küchenschrank evakuierte Zeug wieder ein und beantragt einen neuen Wasserhahn. Anschliessend schläft sie über ihrem Spanisch-Lern-Ordner ein, ich skype zeitgleich mit der "Scorpio", den "Eden"s und Karl von der "Maia". Dabei verpasse ich dann die Abend-Funk-Runde mit Olli und Merja - müssen sie halt mal ohne neues Wetter schlafen gehen. Und weil`s draussen eh nur düster und bäh ist, der Windgenerator sich fast überschlägt und die Batterien so schön voll sind, gibt’s früh Abendbrot und wir erfahren wie es bei "Lost" weitergeht.

Sonntag, 09.10.2011

Heute scheint endlich mal wieder die Sonne und der Wind hat auch nachgelassen. Dafür immer noch jede Menge Welle, was ein Anlanden am Strand weiter unmöglich macht. Nachmittags (die Zigaretten gehen zur Neige), habe ich dann einen neuen Plan. In Vollkombi tucker ich mit Schlauchbötchen durch die Wellen - für die Touris auf der Seebrücke bin ich echt die Attraktion. Aber dort liegt auch das Prefectura-Schiff und daran ein Lotsenboot. Dort frag ich brav, ob ich mich mal kurz festbinden darf - eigentlich nicht, aber für eine halbe Stunde zwecks Einkauf drücken sie mal ein Auge zu. Also hangel ich mich über die zwei Schiffe, dann mit Hilfe der Festmacherleinen zur Treppe der Seebrücke, um eine halbe Stunde später mit Brot, Zigaretten und zwei Bier als Dankeschön fürs Augen zudrücken, auf dem selben Weg zum Schlauchboot zurückzukehren. Kombi überwerfen, Motor anschmeissen und schon verschwinde ich zur Freude der versammelten Touris in den Wellentälern, um gleich darauf wieder aufzutauchen. Den Spass gönn ich ihnen noch ne Weile, bis ich dann bei der "Mira" anschlage, heil nach oben komme und auch das Gummiboot wieder aus dem Wasser bekomme. Marion ist auch happy, weil sie kein Brot backen muss, ich heil zurück bin und am meisten, weil sie schon fast eine Stunde mit Silki per Skype telefoniert ...

 

Mittwoch, 12.10.2011

Sind wir doch am Montag tatsächlich los gekommen. Wind bläst brav aus Südwest, keine Welle am Ufer - ganz easy und trocken kommen wir an Land. Das heisst erstmal zu den Bergen angespülten Kelp, durch das man stapfen muss eh man dann wirklich Strandsand unter den GumWal an backbordmistiefeln hat. Segelkombi abwerfen - auf landfein getrimmt, besuchen wir zuerst die Prefectura. Dauert diesmal etwas länger, aber nach einer dreiviertel Stunde sind alle Formulare ausgefüllt, abgestempelt, unterschrieben und wir können los. Vorher noch zum Gemüseladen, zwecks Vitaminen, "Carrefour" zwecks Fleisch und Marion schielt erfolglos immer mal nach links und rechts wegen ihrem neuen Wasserhahn. Danach unsere Beute zum Yachtclub schleppen, dort winke, winke machen und schon geht`s mit Gummibötchen zurück. Alles verstauen, das Schlauchboot auf dem Deck verzurren - etwas später als geplant, holen wir halb zwei den Anker auf - gerade ist eine neue Yacht (Polen) angekommen - mehr als "Hallo" rüber rufen geht nicht mehr. Wunschgemäss hat der Wind auf Nordwest gedreht, die Segel rauschen aus, wir machen es uns im Cockpit bequem - Sonnenschein, der Autopilot macht den Job - was will man mehr. Passend kommt eine Gruppe Delphine vorbei, wenig später die ersten Wale. Irgendwann ist eigentlich immer irgendwo Blas zu sehen, jetzt kommen die dicken Gesellen teilweise bis auf zwei Schiffslängen an uns ran - das ist dann selbst mir zu dicht. Wir ändern mehrfach den Kurs, sie aber auch - Vorfahrtsregelung auf See scheint nicht ihre Stärke zu sein. Sonnenuntergang - wir sind uns einig: schöner hätte unser Hochzeitstag nicht sein können. Einziger Wermutstropfen ist ein "kleines"(ca 5 m), Delphine an steuerbordbauchoben schwimmendes totes Walbaby, an dem wir vorbeisegeln. Ein Männchen, wie Marion mit Kennerblick feststellt. Am nächsten Morgen dann ein phantastisches Panorama: auf einer Seite taucht rot die Sonne langsam auf, auf der anderen geht der fette, orange Vollmond unter. Im Laufe des Tages dann Planänderung, wir segeln erstmal zur "Bahia Jansen". Rolliger Ankerplatz meint der "Patagonia Guide" - wir sind unbeeindruckt, nach zehn Tagen vor Puerto Madryn. So schlimm ist es dann auch gar nicht und am Ufer stehen jede Menge Pinguine. An Land dürfen wir nicht weil Naturreservat, und bei der Brandungswelle wäre das ohnehin unmöglich. Macht aber auch Spass, einfach im Cockpit zu sitzen und die Frackträger durchs Fernglas zu beobachten, wie sie schreiend am Ufer stehen, rumwatscheln, sich fortpflanzen (zensierte Version) oder ab und an schwimmend neben unserem Boot auftauchen. Das machen auch noch zwei neugierige Robben. Abends gibt´s ausser lecker Essen auch noch eine Fortsetzung von "Lost" und danach kriechen wir in unsere rollende Koje. Heute früh dann nichts mehr mit strahlend Sonnenschein, es regnet. Das mindert unsere Lust am Weitersegeln erheblich. Dann bleiben wir eben noch einen Tag! Gerade will ich mich auf´s Faulenzen einrichten, da hört der Regen auf. kurzentschlossen werfen wir unsere Segelkombis über, leiern den Anker hoch und ab geht´s. Gerade mal 500 m weit, da muss ich den Rückwärtsgang einschmeissen und mit Vollgas aufstoppen. Genau, aber auch ganz genau vor unserem Bug - Blas. Ein Wal! Dann taucht eine riesige Rückenfinne auf - Ein Orca???!!! Der schwimmt jetzt mal gemütlich neben uns, taucht unter uns durch, dann wieder zum Bug. Wir stehen mit offenem Mund an der Reling und können ihn unter Wasser gut sehen.  Die Ähnlichkeit unseres Unterwasserschiffes mit einem Robbenbaby scheint doch nicht sehr gross zu sein, sein Interesse lässt nach und er schwimmt langsam von uns weg in Richtung Ufer. Boah!!! Ich bin richtig am Stammeln vor Begeisterung, Marion eilt zwecks Feindiagnose zu ihrem Wal-Buch. "Es könnte eventuell auch ein kleiner Schwertwal gewesen sein", meint sie dann nach eingehendem Studium kundtun zu müssen. Ich lass mir doch meinen Orca nicht vermiesen! Wir haben schönsten Segelwind, etliche Stunden und 45 sm später tasten wir uns langsam in den Puerto Santa Elena. Keine Ahnung warum die Argentinier immer alles Puerto (Hafen) nennen, das Ding ist eine Bucht mitten in der Pampa. Dafür bietet sie allerdings geschützte Ankerplätze, je nachdem wo man den Anker abwirft, ist man nach Nord, West oder Süd gut abgedeckt. Wir kriechen in eine Ecke, in der wir gegen den vorherrschenden Nord-WPuerto Santa Elenaestwind super geschützt liegen. Marion macht sich an die Abfütterung der Besatzung, ich kümmere mich um deren Unterhaltung, sprich Laptop anschalten und neue "Lost" - Folge anklicken - sowohl kulturell als auch kulinarisch bereichert, kommt uns beizeiten das Gähnen und wir kriechen in die Koje.

Donnerstag, 13.10.2011

Es ist fast windstill, strahlender Sonnenschein. Übliche Funkrunde mit Olli und Merja, Frühstück, Kaffee - dann hält es uns nicht mehr an Bord. Ich mach das Gummiboot nebst Motor startklar, Marion packt den "Picknick-Korb" und schon tuckern wir zum Strand. Das Schlauchboot schön weit den Strand hochtragen, Gummistiefel gegen Trekkingschuhe tauschen und dann stapfen wir los. Erste Begegnung: drei braune Kühe, die fluchtartig das Weite suchen. Also nix mit frischem Steak heute abend. Wenig später finden wir ein Grabkreuz "Cpt. George Grumby, 15. May 1887" - der liegt also schon etwas länger hier. Wir kommen zu einer kleinen, flachen Bucht, in die sich Fischer manchmal bei Sturm verkriechen. Sogar eine Schutzhütte haben sie sich gebaut, mit grossem Grill drinnen und Bergen von Knochen und drei Kuhschädeln draussen. Die scheinen bei der Beschaffung von Steaks also erfolgreicher zu sein. Wir wandern über diverse Dünen, Berge, Puschelgras-Wiesen - ich schneller, Marion langsamer, da sie immer wieder kleine Blümchen. Kakteen oder Krabbelkäfer entdeckt, ab und zu treffen wir auf ein paar Schafe, die sofort panikartig davonrennen (was für Erfahrungen haben die denn bisher mit wandernden Seglern gemacht?) und nach drei Stunden auf eine Estancia - einen kleinen Bauernhof. Wohnhaus, Windrad mit Wasserpumpe, Schafe, Hühner, Pferd und Wachhund, der schwanzwedelnd angerannt kommt, um von Marion gekrault zu werden. Leider kein Bewohner, der Traum von der Einladung zum Steak und Selbstgebranntem zerplatzt. Wir stiefeln weitere drei Stunden durch die patagonische Pampa, können ausser überall rumliegenden Knochen, weghoppelnden Hasen, kreisenden Adlern und den üblichen Schisser-Schafen nichts aufregendes entdecken und sind happy,Schisser-Schafe irgendwann wieder beim Schlauchboot und wenig später an Bord zu sein. Heute macht Marion mal das Essen (ich hab dieses Jahr ja schon einmal gekocht), wir hauen ordentlich rein - wandern macht hungrig! - und sind froh, unsere gestählten "Wanderwaden" endlich im Salon ausstrecken zu können.

Freitag, 14.10.2011

Es bläst recht kräftig, diesmal aus Süd. Ich sitze gerade vor meinem Morgenkaffee, greife zum Mikrofon, um mit Olli zu labern - da gibt es einen Ruck gefolgt von dem hässlichen Geräusch, den ein über den Grund schabender Anker verursacht. In Rekordzeit bin ich in der Hose (äh, den ersten Morgenkaffee trink ich halt immer im Schlaf-T-Shirt) und im Cockpit, aber bevor wir den Motor starten können, erneuter Ruck - kein Schaben mehr - der Anker hält wieder. Alles kein Grund zur Aufregung - wir hatten den Anker bei Nordwind eingefahren und wenn der Wind dann gehässigerweise mit 25 bis 30 kn aus Süd bläst, treibt das Boot halt in die andere Richtung, zieht die Kette hinter sich her und da der Anker so konstruiert ist, dass er sich in Zugrichtung eingräbt und hält und entgegengesetzt rausbricht, tut er das dann eben, wenn genug Zug in die falsche Richtung erfolgt. Im Idealfall gräbt er sich dann sofort in die neue Zugrichtung ein. Wenn der Wind zu kräftig, oder der Ankergrund nicht so gut ist, dauert es eben länger (oder geht gar nicht). Der Wetterbericht droht eh für den ganzen Tag mit 25 kn aus Süd, LandgaHier wachsen nur dornige Sträucher, Kakteen und Pampagrasng fällt aus. Nicht schlimm, wir haben Zeit, wir haben Strom und wir haben "Dieter`s Filmgrüsse" auf Festplatte!

Sonnabend, 15.10.2011

Der Wind hat nachts wieder auf Nord gedreht, der Anker brav gehalten. Für heute sagt der Wetterbericht das selbe Spiel voraus: Tagsüber auf Süd drehend, 35 kn, nachts dann zurück auf Nord. Ankerauf und eine Bucht weiter, wo wir besser gegen Südwind geschützt liegen nützt auch nicht wirklich, da haben wir dann mitten in der Nacht das nächste Problem. Also entscheidet der Kpt. ganz pragmatisch: Zweitanker kommt raus! Der wohnt im Ankerkasten, ist schnell an Deck befördert. Mit der 20-m-Kette, die in einer Salonbilge liegt, dauert es schon etwas länger. Dazu noch 30 m Ankerleine, alles mit Schäkeln verbinden - dann steuert Marion das Boot (mit schabender Hauptankerkette) sachte vorwärts, bis zu einer Position, die etwa auf gleicher Höhe, aber südlich unseres Hauptankers liegt. Hier befördere ich den Anker-Ketten-Leinen-Berg über Bord, der Wind treibt uns zurück - Marion vergewissert sich, ob ich das Ende der Leine auch am Boot befestigt habe - dann ein Ruck, Anker hält - fertig! Das war auch schon das einzig Aufregende des Tages, wir bekommen die 35 kn Wind und sitzen gemütlich im geheizten Schiff. Marion, scheint die komplette Vorderkabine umzuräumen bei ihrem Ansinnen, "dort mal gründlich sauber zu machen"... ich schau da lieber nicht rein, um nicht zu stören und bin ausserdem mit der Installation und Erprobung "wichtiger neuer Navigationsprogramme" vollauf beschäftigt. Zwischendurch ein, zwei Folgen "Lost", Abendbrot - das war`s schon. Da war Merja und Olli`s Tag doch viel aufregender. Die beiden liegen seit zwei Tagen in Puerto Deseado (das ist wirklich ein Hafen) und hatten heute Besuch von zwei Erwachsenen und DREIZEHN Kindern an Bord!

Sonntag, 16.10.2011

Es gibt auch ein "Paragonia-Net", eine Funkrunde für die paar bekloppten Segler, die sich freiwillig hier unten den Hintern abfrieren. Betrieben wird es von Wolfgang und Gabi, einem ehemaligen deutschen Seglerpärchen, das jetzt in der Nähe von Puerto Montt/Chile wohnt. Also melden wir uns da heute mal rein, erzählen brav, wer wir sind, womit unterwegs, wo wir gerade rumlungern und wo wir hinwollen. Sie freuen sich, ein neues Schiff in der Runde zu haben - ausser uns melden sich nur zwei weitere Yachten, beide irgendwo aus Chile. Anschliessend dann noch Laber-Runde mit Olli, das wird ja jetzt richtig stressig morgens!Wanderpause Heute ist der Wind auch wieder lieb zu uns, also Landgang! Marion zieht es diesmal in die andere Richtung. Irgendwo , weit, weit weg gibt es Sandstrände - vielleicht sind da ja Pinguine und ein Gürteltier hat sie bisher auch noch nicht gesehen. Also stapft sie los, ich tapfer hinterher, über Dünen, Felsen, Puschel-Wiesen, Berge, Täler, um Buchten herum, ... Unterwegs die üblichen Panik-Schafe, Adler, Schwäne, ein Flamingo, und drei tote Gürteltiere. Marion ist anspruchsvoll, die zählen nicht! Überhaupt liegen hier Unmengen von Knochen und Schädeln rum. Ein Mekka für jeden Anthropologen, die könnten hier jahrelang vor den ausgebleichten Schädeln hocken und über Alter, Geschlecht und Schuhgrösse der ehemaligen Besitzer sinnieren. Nach über vier Stunden wandern ist Schluss, auch wenn Marion hinter dem nächsten Kap eine neue Bucht (und diesmal voller Pinguine) vermutet - der Käpt. befiehlt Rückmarsch! Irgendwo entdecken wir wieder eine Estancia, sind aber beim Abkürzen über so viele Zäune geklettert und uns nicht ganz sicher, ob die Bewohner das gut finden - also machen wir lieber einen Bogen drumrum. Wir finden unsere Bucht wieder, das Schlauchboot nebst Gummistiefeln auch, tuckern zurück und, weil wir morgen weiter wollen, ziehe ich es auch gleich auf`s Deck - Feierabend! Naja, fast, ich muss nur noch Olli an der Funke bespassen, Marion hat da die noch anspruchsvollere Aufgaben - sie muss mich bekochen. Macht sie aber lecker!

Montag, 17.10.2011

Schöner Nordwind heute, zum Nachmittag leicht abflauend - meinen die Wetterfrösche zumindest - das setzt bei uns ungewohnte morgendliche Aktivität frei: HCommerson-Delphinealb Neun stehen wir gewaschen und abgefüttert in Segelkombi auf dem Deck, klar zum Ankerauf. Das funktioniert ungefähr mit den ersten 10 m Kette, die restlichen 40 haben sich hoffnungslos hinter irgendwelchen Felsen verhakt. Wir brauchen fast eine Stunde, mit vor-, zurück-, hin- und herfahren, bis der Anker endlich oben ist. Ich bin happy, bei 8° Wassertemperatur nicht tauchen zu müssen. Der Wind hat es dann mit dem Abflauen auch besonders eilig, wir müssen fast die ganze Strecke motoren. Dafür haben wir allerdings relativ ruhige See, jede Menge Delphine, ab und zu schwimmen Pinguine vorbei und natürlich Albatrosse und die riesigen, majestätisch über`s Wasser dahingleitenden Petrels. Am frühen Nachmittag erreichen wir die "Isla Leones", der Wind fängt wieder an zu blasen. Eigentlich wollten wir es genau andersrum - auf dem Weg Wind und jetzt etwas weniger. Wegen des Riffs vor der Insel halten wir 3 sm Abstand, durchs Fernglas sehen wir vor uns eine durchgehende Linie Schaumkämme - kurz hinter der Insel beginnend, vor uns längs und irgendwo am Horizont verschwindend. Äh, soweit geht das Riff auf keinen Fall. Also langsam ranfahren und dann hinein in das Gewirbel. Irgendwie krass, eben noch fast glatte See, krachen wir jetzt in den konfusen Wellen hin und her. Wir sind nicht alleine, eine Gruppe Delphine hat richtig Spass, springt, taucht, macht Saltos... Eine Stunde später ist der Spuck vorbei, wir schleichen durch die "Bahia Gil" auf der Suche nach der Einfahrt zur "Caleta Horno" (eine Art schmaler Canyon - angeblich der schönste Ankerplatz in Argentinien). Irgendwie sieht es in natura immer ganz anders aus als auf den Skizzen im Revierführer, zumal bei sich bei knapp 5 m Tidenhub die Küstenlinien teilweise ohnehin erheblich ändern - wir finden die schmale Einfahrt trotzdem. Mit langsam reintasten ist bei der Strömung mal nichts, also geht´s etwas schneller - noch einmal zwischen den Felsen nach rechts abbiegen, dann sind wir mitten in der Caleta. Echt geil - ringsum etwa 30 m hohe Felswände - dazwischen wir. WiSonnenuntergang in der Caleta Hornor kriechen in eine Ecke, Anker raus. Jetzt fehlen nur noch die Landleinen. Also werfe ich Schlauchbooti über Bord, springe mit der ersten Leine hinterher und rudere die 20 m an Land. Leine um einen Felsen wickeln, zurück zum Boot, mit der Winch stramm ziehen und befestigen. Nächste Leine, anderer Felsen, zurück zum Boot - feststellen, dass Leine zu kurz ist. Erste Leine ist länger, also die wieder abmachen, beide tauschen, um Felsen wickeln, strammziehen, festmachen. Gefällt mir irgendwie auch noch nicht. Die Felsen sind scharfkantig, die Leinen sind also in kürzester Zeit durchgescheuert. Neuer Plan. Die Flex rauskramen, zwei 5-m-Enden von unserem Ankerkettenrest abflexen, damit an Land rudern, Leinen vom Felsen lösen, Ketten um den Felsen wickeln, feststellen, dass ich keine Schäkel mithabe um die Kettenenden zu verbinden, zurück zum Boot, Leinen dann mit Schäkel an die Kette, ab zum anderen Felsen, Schäkel zu klein, grösseren Schäkel holen, an Land alles befestigen, zurückrudern, jetzt Leine zu kurz da Boot weggetrieben - weitere Leine holen zwecks Verlängerung ... Marion macht Fotos von der tollen Sonnenuntergangsstimmung... ich rudere wie blöd, um auch noch eine 50-m-Leine nach vorne auszubringen, die ist logischerweise auch zu kurz ... nach drei Stunden sitze ich schweissgebadet endlich im Cockpit, brauch erstmal ein kaltes Bier und bekomme auch gleich lecker Abendbrot. An unserer Landleinen-Ausbringtechnologie müssen wir eindeutig noch feilen!

Dienstag, 18.10.2011

Olli berichtet über Funk, dains Eck gekuscheltss sie in der Caleta Horno fast zwei Stunden mit den Landleinen gekämpft haben - ich schweige mich über unsere Zeit lieber aus. Strahlender Sonnenschein: Auf zum ersten Landgang! Marion favorisiert zum Anlanden einen kleinen Felseinschnitt rechts von uns, der am Ende in einem kleinen Tal endet (bestimmt 60 m zu rudern!) Als fauler Käpt´n finde ich es bequemer, uns an  einer Landleine die 20 m bis zum Felsen zu ziehen, das Boot ein Stück höher auf einen Vorsprung zu legen und dann die Felswand hochzukraxeln. Oben sind wir echt überrascht wie kräftig es bläst - auf unserem Boot unten im Canyon ist davon kaum etwas zu spüren. Wir klettern ein paar Stunden über die Berge und durch Täler, entdecken jede Menge Guanaco´s, die panisch wegrennen wenn wir näher kommen, Pinguine, die wegfliegen (aha, also Kormorane), mal wieder keine Gürteltiere, machen Picknick in einem ausgewaschenen Felsbalkon über dem Canyon, finden am Ende die Felswand wieder, an der wir hochgeklettert sind - aber nicht die Stelle für den Abstieg. 30 m vor uns schaukelt die "Mira" und irgendwo unter uns muss das Schlauchboot liegen - wir trauen uns nirgends runter. Letztendlich kraxel ich irgendwo runter, kann mich (dank Ebbe) auf glitschigen Felsen bis zum Gummiboot durchhangeln, Marion mittels nach oben gebrüllter Anweisung zu ihrer ohnehin favorisierten Anlegestelle dirigieren, widerstehe der Ob Gürteltiere Kekse mögen...Versuchung sie dort sitzen zu lassen und rudere rüber, um sie brav einzusammeln. Marion hat ja gleich gewusst, dass die Stelle besser ist.

Mittwoch, 19.10.2011

Gerade schlürfen wir unseren "Augen-aufmach-Kaffee", als wir auf der anderen Seite der Caleta zwei Uniformierte oben auf dem Felsen winken sehen. Schnell die Funke einschalten, dann werden wir auch schon auf spanisch zugetextet. Aha, die "Prefectura" erkundigt sich nach unserem Wohlbefinden! Der Einfachheit halber schlüpf ich schnell in Hose und Jacke, rudere rüber und kann sie so mit weiteren wichtigen Daten für ihr Formular beglücken. Kurz noch einen Stempel raufgedrückt, dann kraxeln sie den Fels wieder hoch und ich kann zum Frühstück zurückrudern. Heute paddeln wir natürlich gleich zu der Stelle, von der Frauen wissen, dass sie besser ist und folgen auch Keiner weiter hierweiter Marions Plan, dem Verlauf des Canyon´s zu erforschen. Erstmal müssen wir dazu wieder über einige Berge und durch Täler klettern, dann stehen wir in einer ewig weiten Ebene. Links und rechts Berge, der Fluss ist mittlerweile ein 2 m breites Rinnsal. Wir stapfen weiter, immer wieder Guanaco´s, die aber scheinbar wissen, dass sie wohlschmeckend sind und sich verkrümeln, bevor ich dicht genug rankomme, um das zu testen. Marion ist wie immer auf der Suche nach Gürteltieren. Wir finden hunderte Erdlöcher von ihnen, aber keine Bewohner. Meine Bemerkung, dass die Viecher vielleicht nachtaktiv sind, verleitet sie zu der Idee, bis zum Abend vor so einem Bau zu warten - das kann ich ihr ausreden. Nächster Versuch ist dann, ein Tier mittels Keks vor´m Loch aus dem Bau zu locken. Das Interesse von Gürteltieren an Keksen mit lange überschrittenem Haltbarkeitsdatum ist gleich Null - irgendwann wird auch dieses Experiment abgebrochen. Dafür finden wir am späten Nachmittag die Stelle wieder wo wir unser Schlauchboot geparkt haben, paddeln zum Boot und sind froh, unsere wandermüden Beine endlich langmachen zu können.

Donnerstag, 20.10.2011Guanacos - immer auf der Hut

Heute "Wachwechsel" auf dem "Patagonia-Net": Wolfgang und Gabi machen Urlaub mit dem Wohnmobil, Jürgen von der "Spoosmooker" übernimmt die Leitung. Wir haben eh nichts neues zu vermelden, dafür dann hinterher Olli. Die "Fagel Bla" ist heute von Puerto Deseado aufgebrochen zu ihrer letzten Etappe nach Ushuaia. Bei uns ist wieder Wandertag, diesmal auf der anderen Seite des Canyons. Immer die Küste lang, bis zur benachbarten "Bahia Huevo", der Eierbucht. Eier finden wir keine, dafür hunderte angespülte tote Pinguine. Bis hundert zähle ich mit, da haben wir vielleicht ein Viertel der langen Bucht durchwandert, dann konzentriere ich mich lieber auf sonstiges Strandgut - Marion wie immer auf die Muscheln und Steine. Die Landschaft ist wieder fantastisch, die Guanaco´s genauso scheu und die Füsse am Abend platt wie immer. Geile Gegend hier!

Freitag, 21.10.2011

Heute mal Wolken, es bläst selbst in unserem Kessel kräftig und das Boot zerrt kräftig an den Leinen. Also verzichten wir auf´s Wandern und machen einen Bordtag. Der Wassermacher leckt irgendwo, ich verkrieche mich mit Werkzeug in den Motorraum, was Marion Freiraum für den GrossMit Blick zur Eier-Buchtputz im übrigen Schiff verschafft. Die Leckstelle ist schnell repariert, dafür leckt jetzt die Motorraum-Bilgenpumpe. Das gute Stück also ausbauen und zwecks Demontage in den Salon schleppen. Blöde Idee - gerade frisch geputzt - ich darf mich ins kalte Cockpit begeben. Die Pumpenmembran ist gerissen und Ersatz natürlich nicht an Bord. Jetzt beginnt die übliche Fahrtensegler-Improvisation ... Als geeignetes Material wird ein Schlauchbootflicken befunden, das ganze schön rund auf Grösse schneiden, mit ´ner Nagelschere ein Loch für den Pumphebel schnippeln, alles zusammenbauen, anschliessen und schon summt sie los und der Wasserstand im Motorraum sinkt. Supi! Mittlerweile scheint die Sonne wieder, der Wind hat auch nachgelassen. Marion findet: Eins-a-Haarschneidewetter! Und dann liegen da auch noch vier Müllbeutel in unserer Bilge, die auf eine halbwegs fachgerechte Entsorgung, sprich Verbrennung warten. Also werfen wir alles ins Gummiboot, paddeln an Land, sammeln Holz und machen erstmal ein schönes Lagerfeuer. Dorthinein werden nach und nach die Müllbeutel drapiert, es knallt und qualmt fürchterlich, aber am Ende bleibt nichts übrig. Ich werde nebenbei auf eine angeschwemmte Fischkiste gesetzt, mittels Schere und Rasierer auf zivilisationstauglich getrimmt. Wozu eigentlich, hier gibt`s keine Zivilisation?

 

Sonnabend, 22.10.2011

Mein neuer Haarschnitt muss ausgeführt werden, Marion hat als heutiges Tagesziel den Leuchtturm auserkoren. Den konnten wir auf unseren bisherigen Wanderungen immer irgendwo am Horizont erspähen - natürlich nur wenn man auf einem Berg stand - ich wäre damit auch zufrieden gewesen, Marion nicht, sie muss ihn mal anfassen. Also klettern wir StunLeuchtturm San Gregorio am Canal Leonesden über Berge und Felsen, durchwandern Täler und Ebenen, erschrecken arme Guanacos und ab und zu Schisser-Schafe, um irgendwann tatsächlich vor dem alten Turm zu stehen. Ich muss da natürlich raufklettern - super Aussicht - Marion fotografiert inzwischen lieber irgendwelche Geier, die aussehen wie Kondore. Der Wind pfeift kräftig, wir suchen uns ein geschütztes Plätzchen zwecks Imbiss, bewundern noch `ne Weile die phantastische Rundumsicht und machen uns dann auf den Rückweg. Der ist noch länger, dafür müssen wir weniger klettern, die Guanacos lassen sich immer noch nicht fangen, Gürteltier gibt`s auch nicht - halb Sieben pellen wir uns aus den Wanderschuhen, ich lass mich zwecks Beschaffung eines aktuellen Wetterberichts in meinen Navi-Sessel plumpsen, Marion durchsucht ihre Nahrungsmittelreserven nach was brauchbarem. Gute Nachrichten bei beiden: morgen fast windstill, abends dann Südwind für drei Tage - Marion hat was gefunden und eine Idee, was sie draus kochen kann. Schlechter bei Olli und Merja - sie sind jetzt Höhe Feuerland, 30-35 kn Wind, mal wieder einen Wassereinbruch in die Navi-Ecke, Navigationscomputer platt. Dafür böllert die Heizung, Olli hat was zu reparieren und Merja was zu wischen.

Sonntag, 23.10.2011

Der Käpt`n hat kurzfristig entschieden: wir haben ein super Wetterfenster für den Rückweg! Bordfrau fühlt sich etwas überrumpelt und ist leicht am Murren. Als sie dann aber erfährt, dass wir vorher noch bei der "Isla Leones" ranfahren, ist sie am Strahlen - dort soll eine Pinguinkolonie geben. PersönlicFrackträger-Meeting auf Isla Leoneshes Ziel: Landleinen einsammeln und verstauen innerhalb einer Stunde - deutlich zu ehrgeizig! Wir kommen trotzdem rechtzeitig los, der Anker rasselt diesmal brav nach oben und langsam tuckern wir aus dem Canyon, vorbei an den Felsen und Riffen davor, Kurs "Isla Leones". Als Ankerplatz haben wir die Bucht auf der Südseite auserkoren, eingerahmt von zwei weiteren kleinen Inseln. Wir tasten uns langsam vorwärts, eine Seekarte haben wir nicht, laut Skizze im Revierführer hat die flachste Stelle der Einfahrt 3 m. Stimmt! Ohrenbetäubender Lärm empfängt uns. Der  Strand der Bucht und die benachbarten Inseln sind mit Seelöwen bevölkert, die nichts weiter zu tun haben, als faul in der Sonne zu liegen und herumzubrüllen. Unser Anker fällt, die ersten kommen schon mal neugierig angeschwommen. Ich weiss gar nicht, auf welcher Seite ich das Schlauchboot runterwerfen soll. Marion ist schon ganz aus dem Häuschen, am Strand stehen auch jede Menge Pinguine in Gruppen rum und ... ja, WAS machen die eigentlich? Wir rudern erstmal zwischen den Seelöwen durch zum Ufer (immer schön sachte, damit wir die Jungs nicht erschrecken und sie dann vielleicht in unser Gummiboot beissen), schleppen es "flutsicher" ein Stück hoch und ich hab noch nicht mal den Rucksack aufgeschnallt, da hockt Marion schon neben der ersten Gruppe Frackträger. Von dichtem sieht deren Tätigkeit auch nicht anspruchsvoller aus - sie stehen nur blöd rum, glotzen auf`s Wasser und hauen sich dabei vermutlich die Taschen voll, was für Draufgänger sie sind. Oder sie ziehen über ihre faulen Nachbarn, die Seelöwen her. Keine Ahnung, wir können das natürlich nicht verstehen. Marion ist hin und weg, knipst aus allen Lagen, gibt ihnen wahrscheinLeicht konfuses Gürteltierlich schon heimlich Namen und es dauert ewig, bis wir endlich weiterlaufen können. Das ist dann auch eher so eine Art vorsichtiges stolzieren - wir sind mitten im Brutgebiet, überall Löcher und Büsche, in denen die Damen auf ihren Eiern hocken. "Sorry" und "Disculpa" murmelnd, stelzen wir da durch. Einen halben Meter neben uns verdrehen die Eierhockerinnen ihre Köpfe und betrachten misstrauisch die Eindringlinge. Jetzt weiss ich auch, worüber die Kerle da unten am Strand labern: "... boah, und dann hab ich ihr mal schnell drei Eier gemacht!..." Wir sind aber nicht die einzigen ungebetenen Gäste, irgendwelche Adler schleichen hier auch rum und wehe, eine Pinguinin ist mal kurz auf einen Schwatz zur Nachbarin - weg sind die Eier! Ein Gürteltier “hastet” vorbei und Marion sieht es natürlich nicht. Macht nichts, wenig später das nächste. Das verfolgt seinen üblichen Plan: Komische zweibeinige Wesen - ab ins Erdloch. Funktioniert nicht, Erdloch noch nicht fertig! ´nen andern Plan hat er nicht, also steht er erstmal blöd rum und denkt nach. Marion kriegt sich vor Begeisterung gar nicht mehr ein, fotografiert, bis die Speicherkarte glüht, Gürteltier dreht sich beim Nachdenken auch noch brav im Kreis, als posiere er extra für die Kamera. Als Marion ihm dann auch noch den Rücken krault, hat er endlich seinen Plan B ausgebrütet: Loch fertig graben! Wir lassen ihn in Ruhe buddeln und wandern weiter, bergauf zum Leuchtturm. Diesmal kann Marion sich nicht nur über windschiefe Sträucher, hartes Gras uSeeelefant - ca 3500 kg, bis zu 7mnd klitzekleine blaue Blumen freuen, hier gibt`s auch richtig grosse Kullerkakteen (die man in der Fachliteratur vermutlich unter einem anderen Namen findet). Das nächste Gürteltier watschelt vorbei, nicht sonderlich in Eile - typisch südamerikanisch eben. Der Leuchturm steht, wie üblich, auf dem höchsten Punkt der Insel. Es ist richtig heiss heute, kein kalter Wind und wir kommen ordentlich ins schwitzen. Selbst hier oben hocken vereinzelt Pingu-Ladys - wir brauchen ja schon eine halbe Stunde bis hoch, wie lange sind die denn mit ihrem Watschelgang unterwegs? Der Leuchtturm arbeitet seit Jahrzehnten automatisch, es gibt mehrere Nebengebäude. Die Wohnbereiche sind noch gut erhalten, Küche, Schlafräume - aber ausser Seglern verirrt sich kaum jemand mehr hierher. In einem Raum haben die sich dann auch seit über zwanzig Jahren verewigt - claro, dass ich uns da auch mit raufkrakel. Bordfrau möchte ja eigentlich wieder zurück zu ihren Lieblingen in unsere Ankerbucht, ich überrede sie aber, noch zu einer anderen Bucht zu wandern. Auf dem Weg darunter dann wieder mal Gürteltier und Pingus, am Strand ist dafür nichts los. Zwei einsame Seelöwen schwimmen gemächlich herum und am Ufer liegen nur riesige Knochen, vermutlich von ihren Grossvätern. Zwei zerlöcherte alte Fischerboote aus Holz und das war`s dann schon. Wir machen gPinguin-WGemütlich Picknick und uns dann auf den Rückweg. Das bekannte Bild: Seelöwen am Gähnen und Brüllen, Pingus am Glotzen und Labern. Also laufen wir noch weiter. Am nächsten Strand dann wieder Seelöwen, einer riesig und viel heller - ich achte da gar nicht weiter drauf, bis Marion meint: Das ist ein Seeelefant! Was? Tatsächlich, den muss ich unbedingt aus der Nähe sehen. Die Seelöwen verdrücken sich schon mal ins Wasser, das riesige fette “Monster” dreht sich nur gelangweilt um - also noch dichter. Jetzt richtet er sich drohend auf - Marion ruft mir zu, dass die auf Land unglaublich schnell sind. Wie schnell? Weiss sie nicht - Elefanti richtet sich noch weiter auf - ich trete lieber den Rückzug an und jetzt bin ich ganz aus dem Häuschen vor Begeisterung. Ein richtiger Seeelefant und ganz aus der Nähe! Allmählich verabschieden sich die Pinguine am Strand so nach und nach von ihren Kumpels und watscheln nach Hause. Für uns wird`s auch langsam Zeit aufzubrechen, damit wir noch bei Tageslicht aus diesem Gewirr von Felsen und Riffen rausschleichen können. Zwei Stunden später haben wir die letzte Insel passiert, ein phantastischer Sonnenuntergang - Kurs NORD - ab jetzt geht`s ins Warme! Olli und Merja haben gerade 5°C, bis zu 50 kn Wind - was haben wir das gut!

Dienstag, 25.10.2011

 So gut haben wir es dann auch nicht mehr, denn gleich in der ersten Nacht hat die Heizung ihren Geist aufgegeben. Es ist a...kalt! Gestern hat es kräftig geweht und wir waren zügig unterwegs - dafür etwas unkomfortabel: Marion musste das Essen mal wieder auf dem Fussboden sitzend, die Töpfe zwischen den Beinen eingeklemmt, zubereiten. Ich habe das Ergebnis trotzdem tapfer gegessen. (Bordfrau: Das war ja wohl auch lecker! ;) Heute dann etwas ruhiger. Ich hab mich in den Motorraum verkrochen und dort irgendwie eingekeilt und versucht, die Heizung auszubauen. Das Teil habe ich ja gleich zu Beginn unseres Boots-Ausbaus dort installiert und mittlerweile sind etliche Geräte dazu gekommen - natürlich alle darüber, darunter, daneben - ich war um einige Schrammen, Beulen und Pflaster reicher, als das Ding endlich im Salon stand. Erstmal zerlegen und feststellen, dass der Brenner total verkokst ist, alles abkratzen, reinigen, wieder zusammen- und einbauen. Klingt easy, hat aber über fünf Stunden gedauert. Einschalten - springt trotzdem nicht an - Sch... , weiter frieren!

Donnerstag, 27.10.2011

Gestern hätten wir eigentlich in Puerto Madryn ankommen können, aber die Wetterprognose ist weiter günstig, sprich, die Windrichtung passt. Wir haben uns beide angeguckt " Willst du noch nach Puerto Madryn?" "Nö, ich hab alles gesehen was ich wollte. Und du?" "Ich auch!" Also weiter Kurs Nordost, sind ja nur vier Tage bis Mar del Plata. Haben der Prefectura dann eine Mail geschrieben, dass wir also nicht nach Madryn fahren, sondern nach Mar del Plata. Die haben auch gleich nachgefragt, wann genau wir denn in Puerto Madryn ankommen? Das ignorieren wir erstmal. Heute fing der Wind etwas an zu schwächeln, haben wir also mal den Stinker angeschmissen. Mir ist auch eingefallen, dass ich ja auch ein Ersatzteil für die Heizung an Bord habe, den Glühstift. Vielleicht liegts ja auch an dem? Ich also wieder am Heizungsausbau. Diesmal war´s auch etwas ruhiger (die See und nicht im Motorraum - da rödelt der Motor vor sich hin) und ich schon deutlich schneller. Glühstift wechseln, zusammenbauen, zurück in den lauten Motarraum, alles anbauen, starten - NICHTS! OK, sitzen wir eben weiter in langen Unterhosen, dicken Pullovern und in Decken gehüllt. Bordfrau hat auch schlechte Nachrichten: Gerade hat sie die letzten Eier und die letzte Tomate verarbeitet. Ab jetzt gibt´s nur noch Dosenkost! Besser klingt´s bei unseren Finnen: Sie sind endlich in Ushuaia angekommen.

Welle, Welle, nochmal Welle

Sonntag, 30.10.2011

Mit Mar del Plata wurde es dann auch nichts, irgendwie kann der Wind uns gut leiden, wir sind dran vorbei gerauscht. Haben brav `ne Mail an die dortige Prefectura geschickt, mit dem selben Ergebnis - wir bekommen lauter nette Antwortmails, wann wir denn nun dort ankommen. Gar nicht! Wir segeln durch bis Buenos Aires. Nur zweimal auf der ganzen Strecke mussten wir für ein paar Stunden den Motor anschmeissen, einen Tag sind wir unter Segel mit 2 kn rumgedümpelt, ansonsten ging es meist zügig voran. Dann waren die Wellen aber ganz nett, einen halben Tag hatten wir, nachdem der Wind gedreht hatte, gleich zwei Wellen - von hinten und von der Seite - das hat ganz nett gekracht. Aber nicht so schlimm, jetzt rutschen unsere Salonpolster ja nicht mehr weg. Warum hat das eigentlich drei Jahre gedauert, bis wir die endlich befestigt haben? Mit Frischfisch aus Patagonien war`s auch nicht doll. Kaum Endlich mal wieder Fischhatten wir den Köder hinterher geschleppt, konnte man drauf lauern, dass sich die blöden Seevögel drauf stürzen. Einmal hatte ich einen Albatros am Harken, beim nächsten Mal hat sich ein Petrel an der Leine erhängt - nimmt einem echt den Spass am Angeln. Traue mich erst wieder, als wir schon im Rio de la Plata sind und schwups, hängt ein Fisch dran. Auf Grössen- und Gewichtsangaben will ich nicht weiter eingehen - es gibt einen lecker Fischsalat für zwei. Heute Nachmittag rauschen wir an Buenos Aires vorbei, da kamen fast Heimatgefühle auf. Wir haben beide noch keine Lust auf einen Yachtclub, also trödeln wir ein bisschen, so dass wir pünktlich zum Sonnenuntergang vor der Einfahrt zum Rio Lujan mit seinen vielen Yachthäfen sind und lassen davor unseren Anker ins k...braune Wasser plumpsen. Knapp 900 sm in genau sieben Tagen - wir sind echt zufrieden mit unserem Hausboot. Und die Crew hat sich den Willkommensschluck auch mehr als verdient!

Montag, 31.10.2011

Voller Enthusiasmus tuckern wir heute den Rio Lujan hoch, biegen in den “Yachtclub Argentino” ab und machen am "Welcome-Ponton" fest. Der diensthabende Marinero teilt unsere Euphorie nicht: Kein Platz für Gäste! Damit lassen wir uns natürlich noch nicht ausbremsen und stiefeln erstmal zum Club-Office. Zum Glück ist Mathias da, der sich auch sofort an uns erinnert und vor Peinlichkeit und Bedauern fast hinter seinem Tisch verschwindet. Sie haben wirklich keinen Platz, der Club trägt nicht nur wie üblich irgendeine Regatta aus, sondern diesmal einen Weltmeisterschaftslauf - sie sind wirklich rammelvoll mit den Teilnehmern. Fieberhaft telefoniert er dann die benachbarten Clubs ab und findet in einem einen freien Platz für uns, wenn denn unsere Papiere in Ordnung sind. Ok, also düsen wir mit einer Remise (billigeres Taxi) erstmal dorthin, zeigen unsere Papiere vor, werden für akzeptabel befunden und bekommen einen Schriebs für die Prefectura in die Hand gedrückt. Neue Remise, auf nach Tigre! Die Prefectura dort werkelt noch genauso planlos rum wie schon im Frühjahr - wir sind trotzdem nach einer Stunde wieder draussen und beschliessen, zu Fuss zurück zu gehen. Hatten wir ja lange nicht. Kurz noch in den "Carrefour" abbiegen, einen schönen FLEISCHBATZEN kaufen - Marion wirft gleich noch irgendwelches Grünzeug, Bananen und anderes Gemüse in den Korb. Damit dann zum Club Argentino, Leinen loswerfen und weniger schwungvoll als heute früh tuckern wir wieder raus. Uns wurde zwar genau beschrieben, welche der vielen Einfahrten für irgendwelche Yachthäfen die unsere ist, wir erwischen trotzdem erstmal die falsche. Der zweiter Versuch klappt dann - wir steuern in den "Centro de Exposicion". Klingt nicht nur recht nüchtern, sieht auch sehr aufgeräumt aus. Eine französische Segelyacht, ansonsten grosse und ganz grosse Motoryachten. Wir fädeln uns gekonnt in die einzig freie Lücke, Leinen festmachen, Stromkabel, Wasserschlauch - ab jetzt Vollkomfort! Da wir in den nächsten Tagen nicht nur viel zu basteln, sondern auch zu organisieren und kaufen haben, zottele ich schon mal die Fahrräder unter der Koje raus (geht wie immer nur mit vielen unsittlichen Flüchen) und baue sie im Cockpit zusammen. Der Kompressorschlauch ist auch wieder gerissen - hatte ich den nicht beim letzten Mal gerade repariert? Pünktlich zum Sonnenuntergang, als es aus der Kombüse schon verführerisch schnuppert, ist alles aufgebaut und repariert. Marion hat inzwischen nicht nur lecker gebrutzelt, sondern auch gekonnt serviert: mein Teller mit riesigem Fleischberg, das eine Salatblatt stört da eigentlich nur - auf ihrem ist das klitzekleine Fleischstück vor lauter Grünzeug kaum zu finden. Gut so!

 

Donnerstag, 03.11.2011Mia wird berühmt

Drei Tage Chaos auf dem Kutter. Der Sommer hat beschlossen, genau jetzt mit aller Macht über Buenos Aires einzufallen, wir triefen nur so unter uns. Marion hat daraufhin sofort begonnen, die grossen, vakuumverpackten Säcke mit den Sommerklamotten unter der Koje rauszuzotteln, alles im Schiff zu verteilen, zu begutachten, umzusortieren, anzuprobieren und letztendlich in die Schränke zu stopfen. Da müssen dann natürlich vorher die Winterpullover raus und auch irgendwo verteilt werden, was das Chaos noch vergrössert. Am schlimmsten ist aber, dass das Ganze mich daran hindert, mich mit meinen Werkzeugen und Ersatzteilen wie üblich auszubreiten. Andererseits müssen Letztere zum grössten Teil ohnehin erstmal besorgt werden und somit verbringe ich den halben Tag jeweils damit, per Fahrrad die verschiedenen Geschäfte in San Fernando und Tigre abzuklappern. Neuer Wasserhahn für Marions Küche, Brenner für unsere Heizung ( 640 Dollar - die ganze Heizung war nicht viel teurer!), neuer Schalthebel für den Aussenborder - zwischendurch kommt `ne Mail von "Caledonia"-Jürgen, ob ich ihm nicht einige Teile nach Colonia mitbringen könnte. Claro, düse ich a... Wytze auchlso nochmal nach Tigre, um die Teile zu kaufen. Am nächsten Tag gleich noch einmal, da ich hoffe, dort auch ein neues Überdruckventil für unseren Warmwasserboiler zu bekommen. Klappt nicht, dafür hat Alfredo (unser hilfreicher Werkstattbetreiber im Yachtclub Argentino) eine Idee - heute konnte ich mir bei ihm das neue Ventil abholen. Die "to-do-Liste" wird langsam kürzer: Wasserhahn in der Küche tropft nicht mehr, der Boiler auch nicht, Aussenborder schaltet wieder, im Motorraum habe ich jetzt einen Lüfter (der bestklimatisierte Raum an Bord ;) - einzig die Heizung verweigert weiterhin konsequent jeglichen Dienst. Mittlerweile bin ich im Ausbau richtig gut (deutlich weniger Schrammen an den Armen), habe diverse Varianten ausprobiert, zum Schluss sogar einen Versuchsaufbau mit blankem Brenner am Steuerteil: Diesel wird reingepumpt, Glühstift glüht munter drauflos, alles brennt schön ... ganz wohl war mir mit dieser Fackel im Motorraum ja nicht, aber nach 2 Minuten ging mein provisorisches Lagerfeuer wieder aus und die Heizung schaltet wie üblich auf Störung. Um zu verhindern, dass ich das Ding vor Wut über Bord schmeisse, machen wir uns heute Nachmittag mittels Dusche duftig und neuem Sommerdress chic, packen ein paar kalte Bier in den Rucksack und machen einen Ausflug zum benachbarten Yachtclub "Barlovento". Dort liegen Mia und Wytze mit ihrer "Skua", mit denen wir im Frühjahr schon öfter zusammengehockt haben. Grosse Freude, als wir an ihr Boot klopfen und super Timing: Mia wird gerade berühmt - Nathalie vom Nachbarboot "Iron Lady" macht ein Interview mit ihr für die Zeitschrift "Yacht". Wytze posiert mit Akkordeon für die Kamera und wir rutschen mit den Biergläsern je nach Aufnahmeposition immer im Cockpit hin und her, aus dem Bild, damit für die Zeitschriftenleser nicht der Eindruck entsteht, Fahrtensegeln besteht nur aus kollektiven Besäufnissen. Später klettern noch Louis und Claudine (mit Rotweinflaschen, wie es sich für Franzosen gehört) ins Cockpit, Mia tafelt diverse Snacks auf, Wytze lässt keinen Zweifel an der Unendlichkeit seiner Getränkevorräte aufkommen und weil es so schön lustig ist, lädt Louis für Sonntag alle zum Asado ein.

Freitag, 04.11.2011

Vier riesige Plastesäcke, vollgestopft mit Bettwäsche, Handtüchern, Marions nahezu sauberen und meinen hoffnungslos eingesauten Klamotten stehen jetzt im Cockpit bereit, um von ihr mit der Remise zur Wäscherei befördert zu werden. Das erhöht die Bewegungsfreiheit unter Deck ungemein! Ich kann mich mit meinen Werkzeugen gleich viel breiter machen. Ein paar Kleinreparaturen später fällt mir ein, dass unser Focksegel ja auch noch genäht werden muss, also verzurre ich das Teil irgendwie auf dem Gepäckträger und radele damit zu "Northsails". Nicht gerade die billigste Segelwerkstatt, aber dafür die dichteste. Kein Problem der kleine Riss - kann ich heute Nachmittag wieder abholen. Etwas weniger kompetent und wesentlich chaotischer geht es dann in der kleinen Werkstatt zu, wo ich als nächstes mit unserem Bimini hinfahre. Ein paar Risse sind zu flicken und an Bimini und den diversen Seitenteilen neue Plastikreissverschlüsse einzunähen. Ich habe selber einige Schwierigkeiten, alle Teile in der richtigen Reihenfolge aufzubauen - der Meister nickt unentwegt, kein Problem. Ich hab da so leichte Zweifel, aber schauen wir mal. Marion hat sich nicht nur der Wäschesäcke entledigt, sondern auf dem Rückweg auch gleich noch den "Carrefour" geplündert. Wieder gutes Timing, sie hat kaum die Beute ins Cockpit geworfen, da fängt es an zu schütten. Passt alles super, ihr Einkauf beschert mir ein saftiges Steak zum Abendbrot, der Regen verhindert, dass ich noch mal losradeln muss, um das Segel abzuholen.

Sonnabend, 05.11.2011

Die Sonne scheint wieder, ich radele zu "Northsails". Alle Segelmacher sind "ausgeflogen", um in den umliegenden Yachtclubs Segel auszumessen, anzubringen, zu reparieren oder sich sonstwie die Zeit zu vertreiben, einzig eine Empfangsdame sitz da. Deren Spanisch ist deutlich besser als meins, wir verstehen uns trotzdem prächtig. Dass ich ein Segel abholen will ist noch recht einfach erklärt, schwieriger ist es, das Teil zu finden. Meine Beschreibung, dass es weiss und klein ist, hilft da nur wenig. Wir finden es, aber sie ist der Meinung, das sei ein grosses Segel. Eine fremdsprachliche Meisterleistung meinerseits ist es, ihr beizubringen, dass das relativ und eine Frage der Schiffsgrösse sei. Das leuchtet nicht nur ihr ein, sondern auch den mittlerweile dazugekommenen anderen Kunden, die nicht nur viel Verständnis aufbringen, sondern auch jede Menge Spass an uns haben. Jetzt tut sich aber ein neues Problem auf: Sie weiss weder ob das Segel repariert ist, noch was das kostet und telefoniert verzweifelt, aber erfolglos herum. Irgendwann erlöse ich sie und erkläre, dass es mir nichts ausmacht, das Segel am Montag abzuholen, was sie nicht nur sichtlich erleichtert, sondern jetzt hat sie den netten "Chico" vollends in ihr Herz geschlossen. Die anderen Kunden vermutlich ebenfalls, jetzt kommen sie auch endlich an die Reihe! Nachmittags sind wir auf der französischen Segelyacht “Nabucco”, dicht neben uns eingeladen. Frisch geduscht klettern wir bei Anna und Damien aufs Boot. Die zwei liegen schon über ein Jahr hier, um ihr Schiff für die Weiterfahrt nach Süden vorzubereiten. Ihr Cockpit haben sie mittlerweile perfekt eingehaust, eine Heizung gebaut - nur die geplante zusätzliche "Motorkühlwasserheizungsanlage" macht noch Probleme. Könnte also noch ein weiteres Jahr dauern, meint Anna lachend. Später kommt Luiz und Carlos und Vicky, ein argentinisches Seglerpärchen dazu. Carlos ist gerade dabei, eine Segelyacht auszubauen und als er erfährt, dass wir unser Boot auch zusammengewerkelt haben, dauert es nicht lange, bis alles zu uns zieht. Marion ist froh, vorher etwas aufgeräumt zu haben, Damien und Carlos sind aus dem Motorraum nicht mehr rauszukriegen, Luiz als Motoryachtfahrer findet es bei den Frauen gemütlicher, ich fülle abwechselnd deren Gläser oder stecke den Kopf in den Motorraum, um eine weitere Frage der darin hockenden Männer zu beantworten. Carlos ist ganz begeistert, Damien hat vermutlich weitere Anregungen für seine "bootstechnischen Reisevorbereitungen" und Anna unkt, dass es jetzt vielleicht auch noch zwei Jahre bis zur Weiterfahrt dauern könnte. Irgendwann antworte ich blöderweise auf die Frage wie alt ich sei, mit Blick auf die Uhr: noch achtundvierzig. Vicky ist ganz aus dem Häuschen, ...dann habe ich ja morgen Geburtstag, sie übermorgen! Ist doch ganz klar, dass wir zusammen feiern und da das irgendwie auch gar nicht erst als Frage formuliert isMaestro de Asado, Louist und es ohnehin eine lustige Runde ist, lade ich also für morgen alle auf die "Mira" ein.

Sonntag, 06.11.2011

Käptn`s Geburtstag: Bordfrau versucht sich nicht nur mit Geburtstagsständchen, sondern hat auch noch ein neues T-Shirt, nebst Grappa-Flasche neben die Kerze (nur eine - es gab keinen Laden, der einen entsprechend grossen Kerzenvorrat hatte) auf den Tisch gelegt. Äh, eigentlich wollten wir uns doch nichts gegenseitig schenken und ausserdem fand ich es immer ganz nett, wenn sie sich eine Schleife umgebunden hatte und das Geschenk war... Der praktische Sinn einer GrapEssen bis zum Umfallenpaflasche leuchtet ja noch ein, aber T-Shirt, ich hab doch schon eins?! Ehe ich weiter darüber nachgrübeln kann und vor allem: WAS schenke ich ihr denn nun? - drängt Marion auch schon zum Aufbruch. Um Eins sind wir in "Barlovento" zum Asado eingeladen, wir sollen das Bier mitbringen, haben heute abend ein paar Leute durchzufüttern und müssen also vorher noch einkaufen. Fussmarsch zum Supermarkt, Biervorräte der Kühlung dort plündern, diverse Leckereien in den Korb werfen, dann mit schepperndem Einkaufs-Caddy zurück, duschen, umziehen und auf nach "Barlovento". Asado nennen die Argentinier das kollektive Verschlingen mehr oder weniger lecker auf dem Holzfeuer gegrillter Fleischberge - Louis beherrscht die Kunst der Zubereitung perfekt! Allerdings hat er sich irgendwie bei dem Fleisch vertan, nicht was die Qualität, sondern was die Menge betrifft - er könnte problemlos den halben Yachtclub abfüttern! Claudine deckt den Tisch, Mia und Marion helfen dabei, Wytze, Richard (ein weiterer Franzose) und mir bleibt nichts weiter, als das Bier zu trinken solange es noch kalt ist und dem "Maitre de Cuisine" sein Glas regelmässig nachzufüllen. Das erste Fleisch kommt kommt auf den Tisch, dazu noch mehr Weinflaschen. Noch hauen alle mit Heisshunger rein, das lässt später nach. Louis kenCumpleanos feliz - Zum Geburtstag viel Glücknt aber kein Erbarmen, immer neues Fleisch, alles lecker und saftig, die Frauen geben auf, wir Männer reiben uns auch schon verzweifelt die Bäuche - hilft alles nichts, ein Stück geht immer noch! Irgendwann bringt Louis tatsächlich das letzte Stück. Die Knochen- und Fleischreste werden immer grosszügiger zu den, hinter uns lauernden, Clubhunden geworfen - wir schaffen trotzdem nicht alles. Auch nicht schlimm, das schmeckt auch kalt - sinniert Louis, als wir nach vier Stunden das Gelage beenden. Die Frauen machen sich über den Abwasch her und die Männer versuchen, das restliche Chaos zu beseitigen. Über die vollen Bäuche jammernd zotteln wir mit unserem Wägelchen zurück zur "Mira", können gerade noch alles verstauen, als die Invasion über uns hereinbricht. Luiz, Anna und Damien, die gleich noch Tito und Kathy (zwei weitere Franzosen, die gerade aus Mar del Plata eingetrudelt sind) mitbringen, Vicky und Carlos. Alle vollgepackt mit Torten, Trockenfleisch, Marmelade und sonstigen Dingen, die als Geschenk oder In dem Alter brauchts beim Kerzenauspusten dicke Backen ...Abendessen herhalten können. Vicky muss morgen arbeiten und will heute nur Wasser trinken, vergisst diesen Vorsatz aber beizeiten, Carlos grinst mit dem Weinglas in der Hand - er muss erst Donnerstag wieder mit seinem Cello im "Teatro Colon" auflaufen. Naja, und alle anderen sind Fahrtensegler ... Der Abend wird LANG, LAUT und LUSTIG. Um Mitternacht versuchen wir uns als gemischter Chor - nicht ganz ausgereift für`s Theater, aber als Geburtstagsständchen für Vicky super. Marion zottelt aus den Tiefen unserer Bilgen den Brotbackautomaten heraus (das Ding schleppen wir jetzt echt schon drei Jahre mit uns rum, ohne es je benutzt zu haben) und drückt es dem Geburtstagskind in die Hand, die sich gar nicht mehr einkriegt vor Freude. What a day!

Montag, 07.11.2011

Äh, irgendwie geht uns das heute aber gar nicht gut! Marion macht sich nach dem Frühstück auf der Salonsitzecke breit und ist wenig später auch schon entschlummert. Ich frage im Marina-Office nach ob es ein Problem wäre, wenn wir bis morgen bleiben. Kein Problem. Gracias! DanOut of ordern schwinge ich mich auf`s Fahrrad, erst einmal mit den Schiffspapieren zum Yachtclub "Barlovento", um alles für unseren morgigen Umzug vorzubereiten. Anschliessend zur Werkstatt, ob es mit dem Bimini voran geht? Alles supi, können wir Mittwoch abholen. Sollte doch eigentlich morgen fertig sein?! Naja, auch egal. Weiter zur Segelwerkstatt. Hier entschuldigt man sich erstmal ausgiebigst für das Durcheinander vom Sonnabend, selbstverständlich ist das Segel fertig. Was habe ich zu zahlen? Nichts, das wäre ja nur so eine kleine Reparatur gewesen und überhaupt ... Jetzt bloss nicht widersprechen - ich bedanke mich überschwenglich, schnappe mir das Segel und radele zurück. Marion liegt jetzt andersrum auf dem Sofa. Leise schleich ich mit dem Netbook ins Cockpit, beantworte ein paar Mails, erwische unsere "Bodenstation" per Skype, werde von Christiane mit aktuellen Fotos von ihrer Bootsbaustelle versorgt und von Sven mit Tipps für unser Heizungsproblem. Beim Telefonieren wecke ich meine schlafende Prinzessin, die mir aber nicht böse ist, sondern beim Aufziehen des Segels hilft. Später verschwinde ich voller Optimismus noch mal im Motorraum, um zum x-ten Mal die Heizung auszubauen, zu zerlegen, wieder einzubauen und hinterher mit langem Gesicht auf die selbe Fehlermeldung zu starren. Sch...! Dafür war Marion wenigstens erfolgreich und schiebt einen leckeren Auflauf auf den Tisch.

Dienstag, 08.11.2011

Heute müssen wir aber wirklich umziehen. Schnell noch zu den Mädels im Marina-Office zwecks Bezahlung. Für den einen Tag Verlängerung wollen sie kein Geld - nette Mädels! Dann schieben wir uns ganz vorsichtig aus der Box, bloss keine der teuren Motoryachten links und rechts antitschen - fädeln uns trotz der "excellenten" Manövriereigenschaften unseres Doppelkielers (erst mal schauen, wo wir hintreiben und dann so tun, als ob man da hinwollte) auch schadensfrei aus der Boxenreihe, jetzt noch eine scharfe Rechts- und sofort Linkskurve und schon schwimmen wir im Rio Lujan. Erstmal flussaufwärts, zum Tanken in den Yachtclub Argentino - die Tankstelle ist abgesperrt, der Weg war umsonst. Wieder zurück, die Einfahrt zum Yachtclub "Barlovento" finden, dort ein paar Kreise drehen bis ein Marinero mit Boot auftaucht und uns eine Lücke zeigt, von der ich bezweifele, dass wir dort überhaupt reinpassen. Klappt aber doch. Wir zotteln uns die Mooringleinen aus dem Wasser - fertig! Fussmarsch zum "alten" Yachtclub, die Fahrräder holen, dann mach ich mich, ausgestattet mit einem Brief des Yachtclubs auf den Weg zum Zoll nach Tigre. Keine Ahnung, was wir dort sollen, aber der Club "Barlovento" besteht (vermutlich als einziger Yachtclub in Argentinien) auf diesen Besuch. Also radele ich munter los, um dann erstmaIn Barloventol anderthalb Stunden vor verschlossener Tür zu stehen. Dahinter residiert Senor Golzmann - kaum ein Segler im Club hat seinen Namen ausgesprochen, ohne die Augen zu verdrehen. Boot hier liegen lassen und mal eben ins Ausland fahren ist nicht, Inlandsausflüge bedürfen seiner Genehmigung und ohnehin gibt`s bei ihm nur ein Zolldokument für dreimonatigen Aufenthalt. Kann uns nicht stören, wir haben ein gültiges bis 31. Mai 2012. Entsprechend aufmerksam studiert Senor Golzmann nach Erscheinen, dann auch unsere Papiere. Sein absoluter Favorit ist unser Zettel aus Puerto Madryn mit den neuen acht Monaten für`s Boot. Ganze dreimal liest er sich das von oben bis unten durch, kontrolliert akribisch unsere diversen argentinischen Ein- und Ausreisestempel, Prefectura-Schriebse - macht sich etliche Kopien und entlässt mich schliesslich kopfschüttelnd. Weiss gar nicht was die anderen Segler haben, war doch ganz einfach. Auf dem Rückweg noch schnell zwecks Heizung beim "Baron" (so heisst der Laden nun mal) vorbeifahren und zurück zum Boot. Hier erfahre ich von Marion, dass es zum schlechten Wifi-Netz unseres vorherigen Liegeplatzes noch eine Steigerungsform gibt: ein ganz schlechtes! Verzweifelt hatte sie inzwischen versucht, ein paar Aktualisierungen der Website ins Netz zu stellen und starrt grimmig auf die Fehlermeldungen auf dem Monitor. Ich verdrück mich mal lieber in den Motorraum - Heizungsausbau - und anschliessend zum "Baron", wo ich ihnen den unwilligen Warmluftbläser in die Hand drücke, damit sie ihn an ihren Diagnosecomputer stöpseln. OK, sie rufen mich morgen an. Äh, geht nicht - dann eben `ne Mail - geht vermutlich auch nicht - ich komm einfach vorbei. Marions Computer strotzt immer noch vor Fehlermeldungen, ich leg uns erstmal ein Stromkabel. Schlauchboot ins Wasser werfen, mit Kabel die 2 Meter bis zum Ufer paddeln - am Stromkasten sind alle Dosen besetzt. Also weiter bis zur nächsten. Dose frei, aber Kabel zu kurz. Wytze ruft von der "Skua" rüber, ich soll lieber mit ihm ein Bier trinken. Gute Idee - das Stromproblem wird auf morgen vertagt!

Nachtgrillen

Mittwoch, 09.11.2011

Auf Wunsch der Bordfrau widme ich mich zuerst dem "Stromproblem", bastel schnell einen Verteiler für den Stromkasten - einstecken, fertig. Marion räumt gerade Schränke leer, um mit Lappen und Staubsauger darin herumzukriechen. Ich verdrück mich mal lieber zum "Baron". Unsere Heizung ist jetzt Computergecheckt, entstört und soll, amtlich abgesegnet von der "Webasto-Vertragswerkstatt", funktionsfähig sein. Na hoffentlich beeindruckt sie das. Es könnte jetzt nur noch am externen Temperaturfühler liegen - zur Sicherheit lasse ich mir gleich einen mitgeben. An Bord habe ich Schwierigkeiten, mich bis zum Motorraum durchzuschlagen - Marion hat scheinbar den Inhalt sämtlicher Schränke im Schiff verteilt. Ich verrenke mich wie üblich beim Einbau der Heizung, dann der grosse Moment: Einschalten ... abwarten - NIX!!! Das Spiel wiederhole ich noch einige Male mit unserem und dem geborgten Temperaturfühler - die HeizuKuscheligng bleibt unwillig. OK, das war ihre letzte Chance!! Schweisstriefend hangele ich mich zum Cockpit durch - Wytze kommt gerde richtig zum Frustbier und Schladdern. Wenig später kommt "Iron Lady" - Micha vorbei - um Fünf zum Asado auf dem Grillplatz? Claro, wir kommen! Ein Glück, dass wir die meisten Arbeiten schon im anderen Yachtclub erledigt haben - das "social life" hier ist nicht gerade förderlich für die Arbeitsmoral. Andrerseits muss man manchmal auch Prioritäten setzen. Meine ist jetzt, mit dem Fahrrad zum Supermarkt zu düsen, um Bier für`s Asado zu kaufen - Marion kann inzwischen Wytze bespassen. Punkt Fünf bin ich zurück, im selben Augenblick fängt es an zu schütten. Eine Stunde später hat der Wettergott dann doch Erbarmen mit hungrigen Seglern - Micha versucht aus feuchtem Holz ein Feuer zu entfachen, Marion und Nathalie kaufen ihren beiden Kindern Maya und Lena frischgebackenen Schlammkuchen ab, Martin und Andreas (Schweden), Gustavo (Italien), ein Spanier und ich gruppieren uns um die Bierflaschen, eifrig darauf bedacht, auch den Grillmeister nicht zu kurz kommen zu lassen. Dauert alles ein bisschen länger - macht nix, die Stimmung ist supi, obwohl es mittlerweile richtig kalt geworden ist - irgendwann landet trotzdem saftiges Fleisch und Würstchen auf dem Tisch, alles wird heisshungrig verschlungen und fast genauso begehrt wie Micha`s Steaks sind die, mittlerweile eingeschlafenen Kids, die auf dem Schoss eine super Wärmflasche abgeben. Am Ende sind auch nicht die Temperaturen, sondern die leeren Getränke Schuld am Aufbruch!"

Donnerstag, 10.11.2011

Heute mal nicht lange rumtrödeln beim Frühstück - um Neun bringt Nathalie die beiden Kids vorbei, damit Marion wen zum Betuddeln hat und sie und Micha das Boot in Ruhe für die Abfahrt fertig machen können. Hexenbilder malen, kontrollieren, was unser "Bordhasi" unter seiner Hose hat, Pinguinfotos angucken - Maya und Lena sind tatsächlich echt pflegeleicht - so für ein paar Stunden ist das gar nicht so schlimm. Muss echt mal `ne Mail an unsere Kinder schreiben, ob es in der Beziehung Neuigkeiten gibt. Irgendwann muss Marion die beiden aber wieder abgeben. Michas Idee, uns eine neue Heizung zu kaufen und mit nach Süden zu segeln deckt sich dann aber doch nicht ganz mit unseren Wunschtemperaturen für die nächste Reisezeit. Die "Iron Lady" wirft die Leinen los - winke, winke - bis Irgendwann vielleicht. Marion macht sich auf, ihre Wäschesäcke wieder einzusammeln, ich radele los, um den geborgten Temperaturfühler wieder los zKinderbetreuung - machen wir doch gerneu werden, dreimal zur "Bimini-Werkstatt", um zu erfahren, dass unsers morgen ganz bestimmt fertig ist und ein paar andere Besorgungen zu erledigen. Nachmittags werfen wir uns dann unter die Dusche und in "Schale" - wir sind bei Walter und Christin zum Abendessen eingeladen. Die beiden hatten wir im März im "Yachtclub Argentino" kennengelernt, sie hatten uns zum Segeln mit auf ihr Boot verschleppt, zum Asadoessen bei sich im Haus gezwungen - wir freuen uns natürlich riesig, sie wiederzusehen. Über eine Stunde Weg, etwas verschwitzt stehen wir mit Weinflasche und Pralinen vor der Tür "... was ha´m die Kinder denn da mitgebracht, Christinchen?" - Marion könnte sich schon wieder wegschmeissen vor Lachen. Ist ohnehin immer echt lustig mit den beiden, Christin hat lecker Paella, nebst diversen Vor- und Nachspeisen gekocht, wir müssen natürlich ausfürlichst von unseren letzten Reisen berichten, erfahren viel Interessantes über Land und Leben hier - irgendwann ist es Eins, die letzte Bahn längst weg - wir wollen eine Remise nehmen, geht ja gar nicht (!), selbstverständlich fahren sie uns nach "Barlovento"! "Bis vor zwei Jahren war es für einen Argentinier ganz normal, nach Abendessen und einer Flasche Wein mit dem Auto nach Hause zu fahren, aber neuerdings kontrolliert die Polizei ja sowas. Aber nur auf der Hauptstrasse, wir müssen die schmalere Uferstrasse nehmen - da ist nachts nur etwas mehr Verkehr." Logisch, da fahren ja dann auch alle Argentinier nach ihrem Abendessen und der Flasche Wein nach Hause! ...Sie tut s wieder - endlich mal ein Erfolgserlebnis

Freitag, 11.11.2011

Heute schlafen wir tatsächlich mal aus - wir werden von dem Getröte einer französischen Yacht geweckt, die damit allen kundtut, dass sie jetzt ausläuft. Soll sie, wir machen uns einen Kaffee. Wenig später hupt auch die "Skua" - winke, winke, bis Colonia! Marion macht sich über den Wäschekorb her, ich schwing mich auf`s Fahrrad, um die Werkstatt wegen unserem Bimini zu nerven. Ist natürlich immer noch nicht fertig, aber heute Nachmittag ganz bestimmt. Marion hat sich inzwischen mit ihren Waschschüsseln im ganzen Cockpit breitgemacht - ich beanspruche die Hälfte für mein heutiges Bastelprojekt - die Waschmaschine. Das Teil erstmal aus dem Motorraum nach oben wuchten, zerlegen, mit Kennermine überall ein bisschen dran herumwackeln, dann mittels Gartenschlauch einen Wasserzulauf basteln, den Generator zwecks solider Stromversorgung anschmeissen ...bereit zum Probelauf! Marion hat gerade ihre letzten Wäschestücke fertig, als die Maschine zu rödeln beginnt. Sofort findet sie unter meinen Sachen noch welche, die schon wieder einer Wäsche bedürfen, also Programmwechsel, jetzt darf die Maschine richtig waschen. Macht sie dann auch ganz brav, Marion hat noch ein paar mehr Sachen auf der Leine zu verteilen, ich bau der Maschine ihre Bleche wieder an, wuchte sie in den Motorraum, dort alles anschliessen, hinterher duschen, zur Werkstatt radeln, um zu erfahren, dass das Bimini morgen fertig ist, nochmal duschen - Feierabend! Naja fast, in einem Anfall von Euphorie habe ich gestern verkündet, heute kochen zu wollen. Pilzpfanne! Marion ist sich allerdings nicht sicher, ob ich weiss, dass man die Dinger vorher putzen muss und übernimmt diesen Part dann vorsorglich lieber selber. Schmeckt trotzdem lecker!

 

SonnabeGeburtstagsgruss aus Gran Canariand, 12.11.2011

Früh um Sieben schleiche ich mich aus der Koje, rudere leise zu den Schweden rüber, wo ich das Geschenk geparkt habe und mache mich anschliessend an die Frühstücksvorbereitung. Eier kochen, mit Herzchen bemalen, Tisch decken, Kaffee kochen - als die Prinzessin sich endlich aus ihren Polstern quält, findet sie nicht nur einen gedeckten Frühstückstisch nebst Kerze, sondern auch ein paar neue Fahrradreifen als Geburtstagsgeschenk darauf vor. Männer schenken eben praktisch! Sie freut sich trotzdem, verbannt die Teile dann aber zum Frühstück nach draussen ins Cockpit. Hinterher düse ich zur Werkstatt, zwecks Bimini, obwohl ich eigentlich weiss, dass das umsonst ist:Gruss zurück und SALUD (lecker eiskaltes Quilmes) Am Montag ist es aber auf jeden Fall fertig! - Marion findet unter ihren Geburtstags-mails ein Foto, auf dem Karl und Karin ex "Taygete", Tom und Susi von der "Aorai" und "Eden"-Claudia ihr zuprosten. Coole Überraschung! Ihr gelüstet heute nicht nach grosser Party, mit grölenden, durch´s Schiff tanzenden Geburtstagsgästen - sie wünscht sich einen Buenos-Aires-Stadtbummel. Also machen wir uns "Hauptstadt-fein" und wandern zum Zug. Kurzer Stopp in "China Town" - der Zug hält sogar noch eine Station vorher wegen Gleisarbeiten. Wandern sind wir ja gewohnt und somit schnell im Viertel mit den Schriftzeichen über den Läden und dem Tünnef darin. Eigentlich reicht es ja sich einen Laden anzuschauen - es steht eh überall der selbe Kram rum - aber Marion hat Geburtstag und darf in mehrere. Zwischendurch ein paar Snacks - dann machen wir uns per Bus an die Weiterfahrt in die City. Wochenende, Sonnenschein - die Strassen sind rammelvoll - wir lassen uns mittreiben, geniessen den Trubel und am Abend fallen wir in eins der "angesagten" Restaurants am Hafen ein. Nicht gerade die preiswerteste Gegend - was soll`s ein 400g-Filet muss es schon sein, Marion begnügt sich mit bescheidenen 300 Grämmchen. Alles superlecker, wir reiben uns genüsslich die Bäuche - wenn jetzt nur nicht der ewig lange Heimweg wär ...

Sonntag, 13.11.2011

Susana, unsere "Heim-Mutti" während des Werftaufenthalts im Februar, hat uns für heute zum Asado eingeladen. Wir sollen vorher anrufen, wenn wir kommen - mangels Telefon sparen wir uns das. Entsprechend aus dem Häuschen ist sie dann, als wir mit Blumen und Pralinen vorm Haus stehen ... oh Gott, sie hat noch gar nichts vorbereitet! Sofort fegt sie los, Holz auf den Grill werfen, Kohle rüberschütten, Streichholz drunter halten, zurück in die Küche Fleischberge rauslegen, dabei im Vorbeilaufen im Garten Blätter von irgendwelchen Kräutern reissen, Salatschüsseln verteilen, zum Grill, um im Feuer zu stochern, Stühle auf der Terasse austauschen, dabei ununterbrochen erzählend, ... ich kümmere mich mal lieber um das Feuer, Marion nimmt ihr einige Sachen in der Küche aus der Hand. Nicht, dass Susana dadurch irgendwie zu bremsen wäre, aber es verhindert zumindest, dass sie sich bei ihrem hektischen Treiben die Glut auf die Füsse schubst, oder mit dem Messer einen Finger abschneidet. Irgendwann ist alles so, wie es soll, saftiges Fleisch, nebst diversen Salaten und Sossen stehen auf dem Tisch, wir sind alle am Palavern und hauen uns die Bäuche voll, Susana muss unbedingt Fotos von unserer Rucksackreise gucken, uns hinterher mit einer "absoluten Tortenspezialität" beglücken, da wir langsam nicht mehr sitzen können, wandern wir zu einer Wiese am Rio de la Plata (was Susana Strand nennt), später zu einem "Strand-Lokal", wo der Kellner sogar Deutsch spricht, lassen uns von Susana erklären, wer in den protzigen Grundstücken hier am Ufer wohnt und landen irgendwann wieder in ihrem Garten, wo sie sofort darüber nachgrübelt, was wir denn zur Nacht noch essen könnten. NICHTS MEHR! Und weil sie in ca einer Woche nach Colonia/Uruguay muss, laden wir sie sofort ein, mit uns da rüber zu segeln. Sie kriegt sich gar nicht mehr ein vor Begeisterung und ist sofort am Überlegen, was sie für die Überfahrt denn zu Essen vorbereiten könnte ... "Mama Susana" eben!

 

Montag, 14.11.2011 - “Never change a running system!”

Gemütlich beim "Nachfrühstückskaffee" sitzend lese ich auf meiner "to-do-Liste": Kohlebürsten kaufen! Ach ja, hätt ich fast vergessen, für unsere original Hydraulikpumpe vom Autopiloten. Also das Teil mal aus der Versenkung herausholen, die alten Kohlebürsten ausbauen und auf`s Fahrrad schwingen. Vorher an der Biminiwerkstatt vorbei - die haben ihren Laden sicherheitshalber gar nicht auf. Weiter zu einer Werkzeugbude. Nach einigem Suchen finden wir eine halbwegs passende Grösse. Zurück zum Boot, da herrscht mittlerweile Chaos: Marion hat den Plan, die Salonsitzpolster zu waschen. Also hat sie versuchsweise den ersten zwei Polstern ihre Knöpfe abgeschnitten, sie vorsichtig ihrer Bezüge beraubt und weicht diese gerade in einer Schüssel mit braunem Wasser ein. Das war vorher noch klar, behauptet sie. Grosszügig biete ich ihr meine Waschmaschine an, entrüstet lehnt sie ab: Die Bezüge können nur mit kaltem Wasser und manuell von zarten Frauenhänden gewaschen werden! Ok! Ich such mir eine Ecke im Cockpit, feile an meinen Kohlebürsten rum und wenig später passen sie perfekt. Alles zusammenschrauben, Motor kurz ausprobieren - läuft supi! Und dabei hätte ich es auch belassen sollen! Halbherzig überlege ich so laut vor mich hin, ob ich denn die originale, gefühlt etwas schnellere Pumpe wieder einbauen sollte? “Mach das doch!” kommt von Marion. Natürlich will sie mich bloss zwischen ihren Polstern loswerden und ich Blödmann fall drauf rein und verziehe mich mit meinem Werkzeug nebst Pumpe in den Motorraum. Hydraulikschläuche abschrauben klappt super, die Pumpe selbst dauert schon etwas länger, Schläuche an die neuen Pumpe, Pumpe anschrauben, zwischendurch alles mal vom ausgelaufenem Öl trocken legen, Schläuche fest anziehen - Knacks! Ein Verbindungsstück zwischen Pumpe und Schlauch ist "abgedreht". Sch...!!! An dem Schlauch hängt nicht nur die Autopilotpumpe, sondern auch das Steuerrad - sprich: Wir können überhaupt nicht mehr steuern! Vielleicht habe ich ja in meiner Kramkiste noch so ein Teil? Ich tauche schweiss- und ölverschmiert aus dem Motorraum auf - Marions Blick ist eindeutig: erst duschen, bevor ich unter ihren Sitzpolstern in meinen Kramkisten wühlen darf. Natürlich finde ich nichts passendes, ok, so etwas werde ich hier wohl zu kaufen kriegen. Kurzer Blick auf die Uhr, in Rekordzeit rase ich mit dem Fahrrad nach Tigre, packe hoffnungsvoll den abgebrochenen Nippel auf den Tresen ... kurzes Suchen. Nö, haben sie nicht. Aber bevor ich zusammensacken kann, ein neuer Hoffnungsschimmer: In der "Calle Italia" soll irgendwo eine Hydraulikbude sein, die haben sowas bestimmt. Ich also los zur "Calle Italia", die ist natürlich ellenlang. Argentinier lieben ewig lange Strassen - schliesslich gibt es nichts Aufregenderes, als in der Avenida sowieso, Hausnummer 12728 zu wohnen. Zweieinhalb mal fahre ich die "Italia" auf und ab, bis ich den Laden endlich finde. Schweissgebadet, kurz vor Feierabend - aber erfolgreich! Er hat so ein Teil, ich kaufe als Reserve gleich noch ein zweites. Zurück beim Boot, verschwinde ich sofort wieder in mein Reich, drehe den Schlauch mit neuem Verbindungsstück fest, ganz sachte den nächsten, dann den letzten - Knacks! Gibt`s doch nicht! Zum Glück bekomme ich das abgebrochene Gewindestück raus, setze das gekaufte RESERVESTÜCK ein und drehe vorsichtig alles fest. Mittlerweile ist es stockdunkel, mit Marion als Taschenlampen- und Trichterhalter fülle ich in der Steuersäulenpumpe Öl auf. Richard, unser französischer Nachbar guckt leicht irritiert als ich fast mitten in der Nacht wie blöd am Steuerrad drehe - aber irgendwann ist die Luft aus den Leitungen, ich kann alles zuschrauben, sauber wischen, wegräumen - FEIERABEND!

Dienstag, 15.11.2011

Gleich frühs fahre ich erneut nach Tigre, um zwei neue Reserveanschlussstücke zu kaufen. Man(n) weiss ja nie ... Auf dem Rückweg zur Biminibude und - es geschehen noch Wunder: Unser Bimini ist fertig!! Freudestrahlend komme ich zum Boot, bau es gleich mal an und merke, dass ich die Spanngurte vergessen habe. Die hatte ich ja auch abgegeben, damit die Metallspanner gegen Plastikteile ausgetauscht werden. Also zurück. Der Meister ist nicht da, Geselle weiss von nichts... “Manana!” An Bord ist Marion, vom Erfolg ihrer ersten Waschversuche beflügelt, inzwischen dazu übergegangen sämtliche Polster zu enthäuten. Die Sitzecke besteht aus blanken Brettern, überall im Salon stehen nackte Polster, die aber nicht berührt werden dürfen, damit die empfindliche Gaze, die sich auf den Sitzseiten befindet nicht verrutscht. Abgeschnittene Knöpfe liegen rum, die nicht durcheinandergebracht werden dürfen, im Cockpit stehen Schüsseln mit eingeweichten Bezügen, woanders bereits gewaschene an der Leine - ich hab hier eigentlich nichts zu suchen. Da wäre ja noch die Geschichte mit dem selbst zerstörten neuen Navi-Rechner ... mittlerweile habe ich entdeckt, dass es genau diesen Rechner in Buenos Aires zu kaufen gibt und heute früh sogar, in welchem Laden. Also mache ich mich auf nach Flores: Halbe Stunde Fussweg bis zur Bahn, dann eine Stunde bis Retiro, U-Bahn Linie C, umsteigen in Linie A, bis zur Endstation, dann Fussweg. Klingt ganz easy, muss man natürlich vorher erstmal alles rauskriegen. Dafür ist der Rechner dann auch wirklich vorhanden, bisschen über`n Preis nörgeln, kaufen und alles retour. Um Neun bin ich zurück auf dem Schiff, präsentiere stolz meine Beute. Marion ist auch happy weil ich ihr heute nicht im Weg rumgestanden habe und präsentiert stolz das Abendessen. Wir ergänzen uns irgendwie immer besser!

Mittwoch, 16.11.2011

Schlechte Nachrichten von zu Hause: Marions Oma geht`s nicht gut, sie muss ins Krankenhaus. Marion überlegt, ob sie nach Deutschland fliegt, ich, was ich in der Zeit alleine an Bord alles so anstellen könnte. Ich schau schon mal, was ein Flug von heut auf morgen kostet - würg, stolze Preise! Dafür gute Nachrichten bei mir zu Hause, wir haben eine Erstattung vom Finanzamt bekommen: ganze 6,32 Euro! Na, da relativieren sich doch gleich die Flugpreise!

 

Donnerstag, 17.11.2011Gott sei Dank - die Bezüge passen wieder rauf

Heute herrscht schon fast sowas wie Normalität im Salon, die Sitzecke könnte zu drei Vierteln benutzt werden (wenn MANN sich denn auf die frischgewaschenen Bezüge setzen dürfte), es stehen nur noch wenige Polster rum - der Aufenthalt unter Deck wird mir wieder gestattet, wenn er sich denn auf den einen Quadratmeter der Navi-Ecke beschränkt. Das muss ich ja geradezu als Aufforderung verstehen, mich dem neuen Navirechner zu widmen, krame also meine Computer-Bastelkiste raus, Wand von der Navi-Ecke abschrauben, alten Rechner abbauen und alles um mich herum verteilen. Erster kritischer Blick der Bordfrau - der Quadratmeter wird deutlich überschritten. Sie ist mittlerweile bei den letzten zwei Eckteilen angelangt, meine spontane Hilfe beim Einfädeln der Knöpfe bringt Pluspunkte und sie toleriert die "Grenzverletzung". Netzteil umbasteln, Kabel, Festplatte, Monitor, etc. provisorisch anklemmen, einschalten - Yep!, die Versuchsanordnung lebt! Jetzt noch Betriebssystem aufspielen, das Computergehäuse mit der Flex etwas anpassen - Marion ist mitlerweile mit ihrer Sitzecke fertig und weil ihr die ungewohnte Ordnung auf ihrer Salonseite missfällt, dazu übergegangen, erneut Schränke auszuräumen um darin zu putzen. Ich bau schon mal alles zusammen, schraube das Computergehäuse an, Kabel neu verlegen, leise vor mich hin fluchend, dass ich nirgends mehr ankomme und nichts sehe, werde dank weiblichem Taschenlampenhalter irgendwann doch damit fertig, Monitorwand anbringen, einschalten - funktioniert immer noch! Jetzt nur noch die Navi-Programme aufspielen, von Marion zwischendurch zum Abendessen gezwungen werden, Seekarten, AIS-Software, Airmail, ... Marion schläft schon längst als unsere Schiffsposition auf dem Bildschirm erscheint, die Bewegung der anderen Schiffe mittels AIS dargestellt wird, das Airmail-Programm den Kurzwellensender steuert, das Pactor-Modem erkannt wird, ...

Buenos Aires - heiss wie im Backofen

Freitag, 18.11.2011

Und weil wir die letzten zwei Wochen so schön fleissig waren, belobigen wir uns heute nochmal mit einem Buenos-Aires-Bummel. Per Bahn geht`s in die City, mit der "Subte" (U-Bahn) nach Once. Das heisst "Elf", ist ein Stadtteil und neben vielen jüdischen Geschäften soll es auch sehr multikulturell sein. Also hasten hier nicht nur viele Kappenträger mit Locke durch die Strassen, sondern es versuchen auch Schwarze original Goldringe und Rolex-Uhren an den Mann/Frau zu bringen, verkaufen Peruaner Adidas-Turnschuhe und Bolivianer alles, was man sonst noch so braucht. Macht Spass, ich investiere umgerechnet 1,50 Euro in eine Handnähmaschine, Marion kauft siIn der Subte Linie C ist es auch nicht gerade kühlerch endlich ihren Mate-Topf und braucht ewig, bis sie sich für eine "Bombilla" dazu entscheiden kann. Das ist grob übersetzt ein Strohhalm aus Metall mit Löchern unten drin, den man in seinen Matetopf steckt und ständig dran saugt. Wir schlendern weiter durchs Zentrum, gönnen uns ab und zu ein Päuschen, einen Imbiss oder ein Kaltgetränk, sind wie immer begeistert von der Stadt und dem Trubel darin, essen irgendwo Abendbrot und eigentlich schon auf dem Weg zur Bahn landen wir "zufällig" noch in der "Reconquista", eine Strassenkneipe neben der anderen, lange Sitzbänke nebst Tischen auf der Strasse - hier trinkt der Hauptstädter sein Feierabendbier - rammelvoll, laut, herrlich - das Zuschauen macht ja schon Spass, aber mittendrin ist schöner! Wir finden noch zwei Plätze, quetschen uns auf ein Bierchen dazwischen, noch eins, ... als ich die Rechnung ordern will, ruft eine vom Alkohol enthemmte Bordfrau: Eins geht noch! ... Recht hat sie!

Sonnabend, 19.11.2011Hier müssen 80 L reinpassen ...

Eigentlich war für Montag die Abfahrt geplant aber Crew-Mitglied Susana meldet sich krank. Dicke, fette Erkältung - bis Dienstag wäre sie bestimmt wieder fit. OK, verschieben wir die Abfahrt um einen Tag und kümmern uns heute erstmal um den Einkauf. Die Wasserlinie der “Mira” ist wieder zu sehen, das heisst, die Vorräte gehen zur Neige. Auf zum "Carrefour"! Fast drei Stunden packen wir dort Einkaufswagen voll. Am Schluss stehen sechs Wagen an der Kasse, wegen dem 1000-Peso-Limit werden vier Rechnungen daraus, wir klären die Anlieferung zum Yachthafen ab, hasten zurück, um vor dem Transporter da zu sein, warten dort doch noch eine Stunde auf ihn. Mit mehreren Schlauchbootfahrten wird dann alles auf`s Boot befördert und den Rest des Tages bringen wir mit dem Verstauen zu. Fast 250 Liter Getränke, acht Dosen Ananas, acht Dosen Pfirsich (eine vorher versehentlich versenkt), zwölf Dosen geschälte Tomaten, zwölf Dosen ... das reicht wieder ´ne ganze Weile.

 

Sonntag, 20.11.2011

Wir haben Walter und Christin zum Essen eingeladen - ein schwieriges Unterfangen weil die Touristensaison in Buenos Aires auf Hochtouren läuft und Christin arbeitet als Reiseleiterin. Sie können erst um 16 Uhr kommen, um 20 Uhr müssen sie schon wieder los, da Christinchen sich noch mit Touris ihre vermutlich tausendste Tango-Show ansehen muss. Mit Weinkarton unterm Arm klettern sie dann zum ersten Mal auf unser Boot, Walti ist fasziniert von meinen "Navi-Spielzeugen", Christinchen von Marions Küche. Marions Auflauf wird hochgelobt, nicht nur weil es sich so gehört, er schmeckt wirklich lecker. Walti versorgt uns mit Tipps und Seekarte für unsere geplante Rio-Negro-Tour und ärgert sich, dass er vergessen hatte uns schon vorige Woche zur "Buenos Aires - Punta del Este - Regatta" einzuladen. Ich bin sofort begeistert von der Idee - die Meldefrist für Yachten ist aber schon abgelaufen. Schade, hätte die Rennleitung doch arg ins Schwitzen gebracht, das Handicap für unser Boot zu berechnen. Eine Waschmaschine, Mikrowelle, Weinkartons, ... Er lädt uns zur Teilnahme als Crew (Winchkurbeldreher) auf seinem Schiff ein, aber nächster Freitag ist uns zu kurzfristig. Vielleicht eine Woche später zur Rückregatta von Punta del Este aus ...

Montag, 21.11.2011

Neue Mail von unserem Hilfsmatrosen Susana: Sie hat einen neuen Mieter für ihre Wohnung in Buenos Aires und der kommt ausgerechnet am Dienstag per Flugzeug aus den USA ... Sie ist furchtbar traurig, sie würde sooo gerne mit uns segeln, versorgt uns schon seit Tagen mit spannenden Wetterprognosen für die Überfahrt - wir verschieben auf Mittwoch. Also noch keine Behördenrunde heute, Marion lädt kurz entschlossen Louis und Claudine zum Kaffee ein und schickt mich los, frische Erdbeeren für die Torte zu besorgen. Ich kenne hinterher die meisten Obst- und Gemüsehändler von San Fernando, bis ich endlich die begehrten Früchte einsacke. An Bord beschliesse ich, um bei der Kuchenzubereitung nicht im Weg zu stehen, unsere Schotleinenenden mit dem Heissschneider zu erneuern und mache dabei die schmerzliche Erfahrung, dass es nicht sinnvoll ist, diese Tätigkeit mit den Leinenenden über den nackten Beinen auszuüben, da schmelzende Kunstfasern hässliche Brandblasen hinterlassen ... Wir laden unseren Nachbarn Richard auch noch zum Kaffee mit ein, da es eh eine französische Runde ist und wir sicher sein wollen, dass die Torte auch alle wird, haben einen lustigen Nachmittag zusammen ... und stellen fest, dass es endlich Zeit wird, das wir loskommen!

Dienstag, 22.11.2011

Wir schwingen uns auf die Fahrräder zur Behördenrunde. Erster Stopp: Marina-Office - da ist gerade der Computer abgestürt, Maria, die nette Empfangsdame hat keine Ahnung, wann wir mit dem Schiff angekommen sind, was mich zu dem Versuch verleitet, ihr grinsend einzureden, dass wir erst gestern eingetrudelt sind. Klappt nicht. Wir geben ehrlich die fünfzehn Tage zu, ich fahre sogar nochmal zurück zum Boot um Bargeld zu holen, da unsere Plastikkarte im Augenblick ebenso nutzlos ist, bringe damit unseren Zeitplan etwas durcheinander, was wir aber mit einer Hochgeschwindigkeitsfahrt, durch den nachmittäglichen Autoverkehr wieder wettmachen können. Senor Golzmann erwischen wir gerade noch als er seine "Aduana-Bürotür" abschliessen will, überreden ihn, sich unserer Dokumente noch anzunehmen, füllen hinterher bei der "Migracion" brav Zettel aus, bekommen unseren Ausreisestempel und ein Formular, das wir nochmal Senor Golzmann zum Abstempeln unterschieben müssen, treffen den schon leicht genervten Richard, der über eine Stunde vor uns aufgebrochen war und auch noch nicht weiter ist ... Prefectura lassen wir uns dann für morgen, schliesslich muss Susana da auch mit ... oder auch nicht. Gerade habe ich die Fahrräder einzeln mit dem Gummiboot übergesetzt und aufs Schiff gewuchtet, da entdeckt Marion eine neue Mail von ihr. Diesmal kein Wetterbericht für morgen: ... United Airlines hat wegen Vulkanasche ihre Flüge nach Buenos Aires gecancelt, ihr Mieter kommt erst einen Tag später ...

Mittwoch, 23.11.2011

Wir haben ausklariert, also müssen wir heute auch los. Zähneknirschend bringe ich die Fahrräder wieder an Land, ist einfach mal der schnellste Weg, sich durch die Stadt zu bewegen. Ab zur Prefectura, ich muss alles, was ich bisher über deren Arbeitsweise geschrieben habe revidieren - es gibt unter den vermutlich dreissig Beamten dort tatsächlich einen, der A: Englisch spricht, B: weiss, was er zu tun hat und das C: auch noch schnell erledigt. Weiter zur Aduana, wo uns ein erstaunlich gutgelaunter Senor Golzmann genüsslich vorspielt, mit was für einem Zappen heute schon ein anderer Segler bei ihm auflief (das war Richard, der im Gegensatz zu uns zweimal sinnlos zwischen den beiden Behörden hin- und hergeschickt wurde und alles per Bus erledigen muss) und uns anschliessend unserer endgültIm Hafen von Colonia del Sacramentoiges Zolldokument aushändigt. Zum dritten Mal gurke ich mit den Fahrrädern im Schlauchboot rum, alles wird auf Deck verstaut, Leinen los. Wir schieben uns gerade vorsichtig aus unserer Lücke raus, als Richard auch endlich von seiner zweitägigen Behörden-Odyssee zurück kommt. Winke, winke, wir tuckern in den Rio Lujan, biegen noch einmal kurz zur "Petrobras-Tankstelle" ab, lassen uns vom Tankwart wortgewaltig über die Vorzüge seines brasilianischen Kraftstoffs informieren, verstehen nur die Hälfte, nehmen ihm aber trotzdem 300 Liter ab, haben mittlerweile Niedrigwasser und dementsprechend beim Blick auf den Tiefenmesser leichte Schweissperlen auf der Stirn, als wir die Flachs bei der Ausfahrt im Rio del la Plata passieren ... haben irgendwann beruhigende 2,5 m Wasser unterm Kiel, lassen die Segel ausrauschen - Bye, bye, Argentina! Jetzt geht`s nach Uruguay! Heisst ja eigentlich "Republik östlich des Uruguay" und genauso lang wie die Staatsbezeichnung war auch unsere Überfahrt. Wind schläft ein, Motor an, Segel rein, Wind wieder da, Motor aus, Segel ausrollen, Wind wieder weg, ... und als besonderen Leckerbissen gab`s auf halber Strecke noch eine Invasion riesiger Insektenschwärme, die, zu faul zum Weiterfliegen beschlossen haben, auf unserem Schiff heimisch zu werden, sich je nach persönlicher Vorliebe zu Tausenden im Cockpit oder unter Deck niederlassen und trotz stundenlanger verzweifelter Versuche Marions durch nichts zu bewegen sind, diesen Platz wieder aufzugeben. Somit erreichen wir "Colonia del Sacramento" dann mit einer nicht genau feststellbaren Anzahl Illegaler an Bord. Wir machen uns an einer Mooringtonne im Hafen fest, schlüpfen in die "Behörden-Gala" und fahren erstmal zu "Caledonia-Jürgen" ran, der schon ganz aufgeregt von seinem Boot winkt. Da bleiben wir auch für den Rest des Abends, weil man, wie Jürgen uns aufklärt, hier A: alles ganz tranquillo macht, B: die Behörde jetzt eh nicht mehr arbeitet und es C: auch so schön gemütlich ist auf seinem Schiff.

 

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